Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
Titel des Wettbewerbsbeitrags
Kurzfassung des Wettbewerbsbeitrags
Ausbildung von Jugendlichen zu Protektoren in Bezug auf exzessiven Alkoholkonsum
Das Peerprogramm "Cliquenguides" ist Teil des HaLT Projektes im Landkreis Osterode zur Verhinderung exzessiven jugendlichen Alkoholkonsums.
Es trägt der Tatsache Rechnung, dass Jugendliche innerhalb ihrer normalen pubertären Entwicklung zumeist Widerstände haben, Ratschläge, Regeln u. Ä. von Erwachsenen für sich anzunehmen. Jedoch sind sie leichter zu motivieren, für ihre Peers Verantwortung zu übernehmen. Durch die Schulung überprüfen sie zwangsläufig eigenes Konsumverhalten, um der Aufgabe als Protektor gerecht zu werden.
Sie wirkt auf zwei Ebenen:
a) Intensive Schulung zum Thema Alkohol, um in Peer Group zur Verhinderung der Alkoholkonsum-Eskalation beizutragen
b) Initiierung von Reflektionsprozessen über eigenen Alkoholkonsum und damit einhergehend entsprechende Verhaltensänderungen
Methodisch stehen Informationserarbeitung in Expertengruppen zu Alkohol, Erlebnispädagogische Methoden rund um Risikokompetenz und Vertrauen sowie Rollenspiele zu Interventionsstrategien im Zentrum.
Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
Der Landkreis Osterode am Harz belegt in der niedersächsischen Statistik von Krankenhauseinlieferungen Jugendlicher nach Alkoholintoxikation den zweiten Platz (Statistische Monatshefte des Landes Niedersachsen, Hannover, Januar 2010). Auch Erhebungen der örtlichen Kliniken Herzberg und Osterode belegten, dass es in diesem Bereich einen Handlungsbedarf gab. (In 2008 wurden nach Angaben des Krankenhauses 26 Jugendliche mit Alkoholvergiftung behandelt.)
Im Dezember 2009 wurde im Landkreis das Bundesmodellprojektes HaLT (www.halt-projekt.de) implementiert, welches einen proaktiven und einen reaktiven Baustein beinhaltet. Aufgrund großer zeitlicher Zwischenräume zwischen Vorfällen sowie erheblicher Differenzen in Alter und Persönlichkeit der Jugendlichen, gelang jedoch nicht, wie ursprünglich vorgesehen, eine Risikocheckgruppe mit den Jugendlichen durchzuführen, die nach einer Alkoholintoxikation ins Krankenhaus eingeliefert worden waren, um das Erlebte und dessen Dynamik aufzuarbeiten und neuen Vorfällen vorzubeugen.
Aus diesem Manko entwickelte sich die Idee, eine Schulung für Jugendliche anzubieten, mit dem Ziel das Bewusstsein der Jugendlichen für destruktive Gruppenprozesse zu schaffen und einer solchen Dynamik vorzubeugen. Außerdem sollte die erhebliche gesundheitliche Gefahr des Alkoholrausches pointiert werden.
Zielgruppe der Maßnahme sind Jugendliche im Alter von 14-16 Jahren, wobei dennoch auch interessierte 13-Jährige oder auch ältere Jugendliche aufgenommen werden können. Hauptsächlich werden Opinionleader gesucht, die einen gewissen Status in ihrer Clique haben (sofern nicht eine bestehende Gruppe geschult werden soll).
Ein wesentliches Merkmal des Konzeptes ist, dass es auf dem Multiplikatorenprinzip beruht. Nicht nur sollen die Jugendlichen in ihrer Clique zu Multiplikatoren werden, wichtig ist auch die Funktion der einzubeziehenden Multiplikatoren zur Motivation der Teilnehmenden. Die Jugendlichen sollen auf Vorschlag von Jugendleitern, Lehrern oder Sozialarbeitern vorgeschlagen werden, wenn sie geeignet scheinen. Zum einen erfahren sie hierdurch Anerkennung dafür, dass sie sich diesem wichtigen Thema widmen, zum anderen ist das Thema hierdurch auch bei Multiplikatoren präsent.
Ziele für die Teilnehmenden
- Die Teilnehmenden erhalten Informationen über die schädigende Wirkung von Alkohol.
- Sie setzten sich mit dem eigenen Konsum- bzw. Trinkverhalten sowie mit dem Gruppendruck auseinander.
- Sie werden motiviert, den eigenen Alkoholkonsum in einen situativ angepassten Alkoholkonsum zu überführen.
- Personale und soziale Ressourcen der Peers werden gestärkt.
- Die Peers steigern ihre Kommunikationsfähigkeit und entwickeln alternative Strategien zur Vermeidung von riskanten Prozessen.
- Die Jugendlichen werden befähigt, in ihrer Clique in Bezug auf Alkoholkonsum zu intervenieren.
Ziele für den Landkreis
- Multiplikatoren stärken Peers in Bezug auf das Thema Alkohol den Rücken.
- Durch öffentliche Anerkennung werden die Peers gestärkt.
- Durch die öffentliche Anerkennung der Peers werden positive Zeichen zum Thema exzessiver Alkoholkonsum gesetzt.
Entwickelt wurde die Schulung ursprünglich als Wochenendseminar in einem Landheim o. ä., wurde jedoch mittlerweile konzeptionell auch an das Setting Schulprojektwoche oder Schulung an Vereinsabenden angepasst. Jedes der Settings bietet die Möglichkeit den Rahmenbedingungen entsprechend unterschiedliche Schwerpunkte zu setzen. Die Seminarzeit in einer offenen Gruppe in einem Landheim wird von den Teilnehmenden sehr intensiv erlebt, dahingegen ist innerhalb einer Projektwoche die Themendichte geringer und es besteht außerdem sowohl die Möglichkeit schulinterner Kooperation mit z.B. den Schulsanitätern (Maßnahmen im Alkoholnotfall) als auch zur Ergebnispräsentation bei einem offenen Nachmittag für Eltern (Einbezug weiterer Multiplikatoren).
Gerade weil es bei dem Projekt um ein Multiplikatorenkonzept geht, bedürfen die organisatorische Planung und der Einbezug verschiedenster Akteure und Multiplikatoren besonderer Aufmerksamkeit. Durch Informationsabende wird über Schulung und Konzept informiert. Ziel ist es, dass die anwesenden Lehrer, Jugendleiter u. Ä. die Jugendlichen ansprechen, die sie für die Schulung geeignet halten, so dass diese über den Verein, die Jugendgruppe oder die Klassenleitung angemeldet werden. Nicht wünschenswert ist eine Anmeldung durch Eltern.
Umsetzung
Verlauf und Zeit:
- ein Seminar (Wochenende: Freitagnachmittag bis Sonntagmittag oder
- 4 Schulvormittage einer Projektwoche oder
- 4 Abende innerhalb der Übungszeiten eines Vereins)
- zusätzlich ein Nachbereitungstreffen für Teilnehmer (nach ca. 4 Monaten)
- Teilnehmerurkunde über die Ausbildung zum HaLT Cliquenguide
Thematische Schwerpunkte und Fragestellungen:
- Kennenlernen (sich persönlich kennen lernen, eigene Geschichte und Umgang mit Alkohol reflektieren)
- Meinungsbilder zum Thema Alkohol
- Alternativen zu Alkohol: Cocktailmix-Party
- Erlebnispädagogik (Risiko und Risiko Alkohol, Wagnis, Vertrauen: Kann ich meinen Freunden vertrauen?)
- Kommunikationstraining (wie spreche ich Themen rund um Alkohol an?)
- Erste Hilfe im Alkoholnotfall (Schulung durch medizinischen Rettungs- und Hilfsdienst wie z.B. DRK)
- Feedback
Nachbereitungstreffen: Reflektion und Supervision
- (Wie) \ Hat sich meine Einstellung zu Alkohol seit dem Seminar entwickelt?
- Gab es Situationen, in denen ich wirksam werden konnte?
- Welche Probleme gab es eventuell hierbei?
Es wurde Wert darauf gelegt, dass den Teilnehmenden von Vertretern der Institution oder Gemeinde persönlich Anerkennung und Dank ausgedrückt wurde (z.B. vom Samtgemeindebürgermeister von Walkenried oder Schulleitern).
Methode:
Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass Jugendliche Alkohol konsumieren. Aufgrund dieser Voraussetzung sollen Jugendliche als Konsumenten und Experten ihrer Lebenswelt aktiv an dem Seminar beteiligt werden und eingebunden werden. Es werden drei methodische Ansätze angewandt:
- Erlebnispädagogik (Auseinandersetzung mit Vertrauen, Risiko, Wagnis)
- Wissenserarbeitung in Workshops (z.B. Wirkungsweise von Alkohol)
- Kommunikationstraining
Auswertung der Seminare
Besonderer Wert wurde auf die Auswertung der Cliuenguide-Schulung durch die Teilnehmenden gelegt. Diese war durchweg positiv bewertet, besonders positiv fielen das Mixen von alkoholfreien Cocktails und motivierende interaktive Methoden ins Gewicht.
Teilnehmerfeedback im Originalton:
- ich habe die erste Hilfe gelernt, ab wann Alkohol echt gefährlich wird
- …, ich hab erst jetzt gelernt wie gefährlich Alkohol wirklich ist
- …, dass man auch ohne Alkohol Spaß haben kann
- …, dass Alkohol schädlich ist und man so gut gelernt hat, was bei einem Alkoholunfall wichtig ist
- …, dass ich in Zukunft nicht mehr ganz so viel trinke und meine Freunde auch davor schützen werde…
- … mit Alkohol umzugehen und im Notfall jemandem zu helfen
Die Ziele der Wissensvermittlung und der Erweiterung der persönlichen Kompetenz wurden erreicht. Die Aussagen über die Protektorenwirkung müssen im Nachgang noch speziell erhoben werden, denn es stehen noch 3 Nachtreffen zu bereits stattgefundenen Schulungen an.
Durchführung
Es wurden bereits 4 Peerschulungen im Landkreis Osterode am Harz durchgeführt:
- 25.-27.9.2009 Peers innerhalb Jugendpflege und Jugendkirche Bad Lauterberg als Wochenendseminar (18 TN)
- 04.-08.10.2010 Schüler der KGS Bad Lauterberg innerhalb der Projektwoche (12 TN)
- 28.10.-11.11.2010 Peers des Jugendrotkreuzes Bad Lauterberg innerhalb von 3 Vereinsabenden (11 TN)
- 05.-07.11.2010 Peers der Samtgemeinde Walkenried (Präventionsrat) (13 TN)
weitere zwei sind konkret geplant in 2011:
- 04.2011 Schüler der Hauptschule Neustädter Tor, Osterode am Harz
- 06.2011 Peers der Samtgemeinde Hattorf (Präventionsrat)
Finanzierung
Die hauptsächliche Umsetzung der Schulung erfolgte durch die Präventionsfachkraft im Landkreis, welche in der Fachstelle für Sucht und Suchtprävention angestellt ist und deren Stelle vollständig vom Landkreis Osterode am Harz finanziert wird. Bei einem Wochenendseminar wird die Unterbringung und Verpflegung der Jugendlichen wird von der initiierenden Gemeinde übernommen und bisher zumeist mit etwa 600,- Euro bezuschusst.
Öffentlichkeit
Da das HaLT Projekt im Landkreis Osterode am Harz durch wirksame Presse- und Öffentlichkeitsarbeit einen hohen Bekanntheitsgrad in der Bevölkerung hat, ist auch die Cliquenguide Schulung positiv im Landkreis aufgenommen worden. Schon nach der ersten Durchführung kamen Interessierte Gemeinden und Schulen auf uns zu um dieses Projekt ebenfalls zu realisieren. Die Lokalpresse berichtet regelmäßig über dieses wichtige Thema und auch überregional ist über das Peerkonzept berichtet worden (Radio FFN, Lokalredaktion Göttingen sowie Niedersachsenreporter). Der bebilderte Radiobericht ist bei you-tube abrufbar und ist vor allem von den geschulten Jugendlichen gewertschätzt worden. Zu der noch anstehenden Schulung in der Samtgemeinde Hattorf ist ein Filmbeitrag geplant.
Das ursprüngliche Konzept der Wochenendschulung ist auf der Seite des Bundesmodellprojektes HaLT schon in 2009 eingestellt worden (http://www.halt-projekt.de), Erweiterungen sind beim HaLT Netzwerktreffen des Landes Niedersachsen am 1.12.2010 als Best Practice Modelle vorgestellt worden.
Ziel
Ziel ist die regelmäßige und flächendeckende Realisierung der Peerschulung sowie deren Weiterentwicklung um dem Multiplikatorenprinzip Rechnung zu tragen. Eine Perspektive besteht darin, das Projekt, sofern es an Schulen durchgeführt wird, in Form von Arbeitsgemeinschaften im Nachmittagsbereich zu implementieren. Hierzu müssten durchführende Lehrkräfte geschult werden, wobei sie bei der Durchführung einzelner Bausteine und Sequenzen durchaus von der Präventionsfachkraft im Landkreis unterstützt werden sollen.
Das Konzept soll auf der einen Seite die Thematik jugendlichen Alkoholkonsums präsent halten, andererseits für die Öffentlichkeit mit einem positiven Impetus versehen. Vorbeugend soll die Cliquenguideausbildung auf die Risikokompetenz und das Sozialverhalten in der Clique selbst wirken, womit die Jugendlichen in unserem Landkreis geschützt werden sollen, die gerade im strukturschwachen Harzvorland mit erheblichem Alkoholkonsum konfrontiert sind.
Erläuterung
Die Bedarfsanalyse wurde im Vorfeld der Implementierung des HaLT Projektes erstellt. Die Tatsache, dass der geplante Risikocheck nicht durchgeführt werden konnte, hinterließ eine Leerstelle in Bezug auf die Jugendlichen. Ziel des Projektes sollte die Schulung von Jugendlichen sein, welche das Gelernte aktiv in ihre Peergroup zurücktragen. Einzelziele sind dem Konzept und der Projektbeschreibung zu entnehmen.
Evaluation durch Teilnehmerfeedback ist ein wichtiger Bestandteil und hat im Verlauf auch zur Verbesserung der Schulung beigetragen.
Die Durchführung in verschiedenen Setting und das Erreichen der Jugendlichen in verschiedenen Settings ist wichtiger Bestandteil des Konzeptes.
Verschiedene Altersgruppen werden insofern eingebunden, dass ältere Jugendliche in Ihrer Funktion als Jugendgruppenleiter als Multiplikatoren eingebunden werden, sowie einige motivierte ältere Jugendliche auch in die Durchführung mit einbezogen wurden. Dies hat den Effekt, dass sie ein besonders gutes Vorbild für die Jüngeren darstellen. Die Schulung erreicht Jugendliche und Multiplikatoren in den verschiedensten sozialen Lagen.
Bei der Durchführung ist stets Diskussionsthema, aus welchen Motiven Jungen oder Mädchen trinken, und wie das jeweils auf das andere Geschlecht wirkt.
Auf spezielles Einbeziehen der Eltern, abgesehen von der Präsentation innerhalb des Projektwochenendes, ist absichtlich verzichtet worden, da diese Funktion von Multiplikatoren übernommen werden soll, da oftmals Widerstände gegenüber dem, was Eltern vorschlagen oder propagieren, entstehen.
Das HaLT Projekt ist in der Kommune gut verankert und auch die Cliquenguide-Schulung wurde im Ausschuss für Jugend, Soziales und Integration vorgestellt und diskutiert (Sitzung vom 9.6.10). Präventionsräte haben sich engagiert und für die Umsetzung der Schulung in der Gemeinde stark gemacht. Eine langfristige und flächendeckende Umsetzung im Landkreis ist angestrebt.
Auch über den Landkreis hinaus hat das Schulungskonzept bereits Beachtung gefunden.
Fragen zum Wettbewerbsbeitrag
C 1 Fragen zur gesamtkommunalen Einbindung des Wettbewerbsbeitrags
C 2 Fragen zur Konzeption und Ausrichtung des Wettbewerbsbeitrags
Clique und Freizeit, Jugendliche, Vereine und Verbände
C 3 Fragen zur Umsetzung des Wettbewerbsbeitrags
Konzept Risflecting
Projekt wurde als Best-Practice bei NLS in Hannover vorgestellt. Allerdings gibt es keine Erkenntnisse darüber, ob es durch andere Institutionen übernommen wurde.