Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
Titel des Wettbewerbsbeitrags
Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
Ziele der Alkoholprävention
Es gab mehrere Ausgangspunkte für die Entwicklung dieses Konzeptes:
- die unrühmliche Tatsache, dass Hannover als Geburtsort der "Flatrate-Parties" noch einmal mehr die Bedeutung von Alkohol beim Feiern betont hat
- die jährlich steigenden Zahlen von alkoholisierten Minderjährigen, die ins Kinderkrankenhaus auf der Bult eingeliefert werden
- die relativ hohe Zahl von anrufenden Eltern, die rat- und hilflos sind, wenn sie ihren Kindern Grenzen setzen und erklären sollen. Dies bezieht sich auch auf den Bereich des Alkoholkonsums
- die eigenen Beobachtungen bei Diskothekenkontrollen, auf Großveranstaltungen und Sportevents
- die Anfragen von Lehrer/innen, die zeigen, dass das Problem im Umgang mit Alkohol in allen Schulformen und gesellschaftlichen Gruppen anzutreffen ist
- die Zahlenmaterialien, die den bundesweiten Umgang von Kindern und Jugendlichen im Umgang mit Alkohol in den letzten Jahren dokumentieren (z.B. von der BZgA)
Daraus entstanden die Ideen für das Konzept zur Alkoholprävention. Es stellt ein Mix aus traditionellen Ansätzen (z.B. Angebote in Schulen) und innovativen Bausteinen (z.B. Sportbereich) dar. Neben eigenen Ideen hat der Jugendschutz auch Anregungen aus anderen Kommunen aufgegriffen. Die Länge des Handlungskonzeptes (2008/2009) begründet sich aus der Informationsdrucksache, die der Rat der Stadt Hannover nahezu einstimmig begrüßt hat.
Erklärtes Ziel ist eine möglichst breit angelegte Kampagne, die viele gesellschaftliche Bereiche einbezieht und auch neue Wege gehen soll. Inhaltlich sollen den Kindern und Jugendlichen keine verbindlichen Normen "anerzogen" werden. Vielmehr soll ihnen ein Problembewusstsein im Umgang mit dem Alkohol vermittelt werden. Außerdem sollen sie gestärkt werden, für sich individuell Grenzen zu definieren und Strategien zu entwickeln, diese auch in ihren peer-groups einzuhalten. Deshalb ist es nicht der Grundsatz in dem Präventionskonzept, den Alkohol vollständig zu verbieten, sondern attraktive, alkoholfreie Alternativen zu entwickeln (z.B. soll es kein alkoholfreies Fußballstadion geben, sondern eines mit Angeboten, die auch für Fans interessant sind, die keinen Alkohol trinken wollen) In der konkreten Umsetzung geht es neben attraktiven, interessanten Tagesveranstaltungen besonders um nachhaltige Veränderungsprozesse.
Als Beispiele sind hier exemplarisch angeführt:
- in der Aktionswoche mit Hannover 96 wurde dauerhaft der Verkauf von alkoholfreiem Bier eingeführt, dass bislang nur dem VIP-Bereich vorbehalten war
- nach dem Workshop mit dem Stadtsportbund überarbeiten die Vereine nachhaltig ihre Satzungen, um Belohnungssysteme, Vereinsfeiern und Trainingsbetriebe im Sinne der Alkoholprävention zu verändern
Ein selbstverständlicher Bestandteil der Kooperation ist immer die Kombination von Tagesveranstaltung und einer intensiven Nachbereitung.
Eine weitere, wichtige Zielgruppe sind die Eltern. An sie sind Tipps und Ideen gerichtet, die sie bestärken sollen, ihren Erziehungsauftrag wahrzunehmen und ebenfalls bei der Grenzsetzung ihrer Kinder für den Umgang mit Alkohol mitzuwirken.
Das nachfolgend beschriebene Konzept ist ambitioniert und nur in einem engen Vernetzungssystem mit derzeit 17 Kooperationspartnern zu erreichen, die in unterschiedlicher Intensität mitarbeiten:
- Drogenberatungsstellen "drobs" und "prisma"
- die Anonymen Alkoholiker und Angehörigengruppen "Al-Anon und "alateen"
- Bundespolizeiinspektion und Polizeidirektion Hannover
- Deutsche Bahn, Großraumverkehr Hannover AG und üstra (Hannoversche Verkehrsbetriebe)
- Hannover 96 und der NFV (Niedersächsischer Fußballverband)
- Stadtsportbund Hannover
- Jugendschutz der Region Hannover
- Jugendwerk der Arbeiterwohlfahrt Hannover
- Stadtbücherei
Darüber hinaus gibt es einen intensiven Austausch mit institutionellen Zusammenschlüssen wie z.B. dem KKP (Kommunaler Kriminalpräventionsrat) und dem Runden Drogentisch. Außerdem werden die Dienstleistungen aus der eigenen Abteilung "Kinder- und Jugendarbeit" (Straßensozialarbeit, Fanprojekt, Sportkoordination, Einrichtungen der offenen Kinder- und Jugendarbeit) in einzelne Angebote einbezogen.
Das Konzept steht unter dem Motto "Mehr Fun - weniger Alkohol". Der ungenaue Begriff "weniger" ist bewusst gewählt, weil
- ein Einstieg in die Diskussion möglich wird, wie viel weniger denn genug ist,
- der erhobene Zeigefinger der vollständigen Abstinenz vermieden wird,
- vermittelbar wird, selbst die Kontrolle über den Genuss von Alkohol zu behalten und zu entscheiden, wann, wo und wie viel Alkohol jemand trinken will
- die eigene Fähigkeit (Ressourcen), Konsumverzicht in bestimmten und/oder riskanten Situationen zu entscheiden und durchzuhalten thematisiert werden kann.
Diese Definitionsarbeit wird im Einzelnen in den Präventionsveranstaltungen und der anschließenden Nachbereitung geleistet.
Dieses Konzept richtet sich momentan an
- Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren
- Eltern (als Vorbilder und zur Wahrnehmung ihres Erziehungsauftrages)
- pädagogische Mitarbeiter/innen und Lehrer/innen (als Fortbildungsangebot und für die Nachhaltigkeit von Angeboten)
Aus den eigenen Erfahrungen wie auch den Materialien aus dem Kinderkrankenhaus auf der Bult und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung sind Mädchen wie Jungen in gleichem Maße vom Alkoholkonsum betroffen. Ablösungsprozesse von zu Hause, Kontakte in der peer-group und Orientierungsschwierigkeiten für die eigene Zukunftsplanung sind bei beiden Geschlechtern dominante Themen. Deshalb wurden keine spezifischen Angebote entweder für Mädchen oder für Jungen entwickelt.
Die Beschreibung der nachfolgenden Angebote basieren auf den Pfeilern des erzieherischen wie auch dem kontrollierenden Jugendschutz. Dabei werden Elemente sowohl der Verhaltens- wie auch der Verhältnisprävention benutzt.
Aus dem beigefügten Konzept sind hier folgende Bausteine besonders hervorzuheben:
1. Zusammenarbeit mit Schulen
10 Anti-AlkoholAktionsTage in Schulen für 1.700 Schüler/innen
Diese Aktionstage fanden in allen Schulformen statt. Vormittags waren die Klassen 6 bis 10 eingeladen. Ihnen wurde ein Theaterstück "Flasche leer" mit anschließender Diskussion angeboten. Außerdem gab es einen Infomarkt. Der Jugendschutz hat dort zusammen mit den Kooperationspartnern eine Mischung aus Informationen und Mitmachaktionen (z.B. Geschicklichkeitsparcours mit Rauschbrille (Motto: "Auch bei alltäglichen Tätigkeiten fällt auf, wenn ihr Alkohol getrunken habt"), Postkartenaktion ("Ich trinke weniger Alkohol, weil…" mit Preisen für die originellsten Sprüchen) etc.) aufgebaut. Mittels eines Laufzettels wird sichergestellt, dass sämtliche Stationen angelaufen werden. Als Belohnung für einen komplett ausgefüllten Laufzettel gibt es eine Gratismilch. Der Laufzettel vermittelt eine hohe Verbindlichkeit, die zum Teil auch von den Klassenlehrer/innen eingefordert wird, so dass wirklich sämtliche Stationen des Infomarktes angelaufen werden.
Abends werden die Eltern eingeladen. Inhalte sind:
- Vorstellung des Angebotes für die Schüler/innen (incl. Postkarten, Fotos)
- Vorstellung der Kooperationspartner und ihrer Angebote
- Ausschnitt des Theaterstückes und
- Diskussionsangebote
2 AlkoholPräventionsTage im CinemaxX für 1.700 Schüler/innen und Lehrer/innen
In einem Lehrer/innen-Workshop werden die Lehrkräfte über aktuelle Trends im jugendlichen Umgang informiert und didaktische Möglichkeiten zur Alkoholprävention im Unterricht vorgestellt. An dem Präventionstag werden die Jugendlichen und die Lehrer/innen in einem Infomarkt wie oben beschrieben informiert und sensibilisiert. Die anschließend gezeigten Filme und Theaterstücke sollen in den darauf folgenden Tagen im Unterricht nachbereitet werden. Für die Nachbereitung bietet der Jugendschutz seine Unterstützung an.
Diese beiden Angebote werden sehr gut angenommen! Die Nachfrage übersteigt bei weitem das mögliche Angebot, so dass nicht durch quantitative Rahmenbedingungen, sondern auch durch qualitative Anforderungen eine Auswahl getroffen wird.
Aus diesen Großveranstaltungen ergeben sich häufig Diskussionsbedarfe in Klassen, Anfragen für gemeinsame Projekttage oder schulübergreifende, stadtteilweite Aktionstage.
2. Kooperation mit dem Kinderkrankenhaus auf der Bult und der Region Hannover
Die bisherige Situation, Minderjährige mit einer Alkoholintoxikation ausschließlich medizinisch zu versorgen, wurde von allen Seiten als unbefriedigend empfunden. Deshalb hat der Jugendschutz Hannover einen wichtigen Beitrag zur Initiierung und Entwicklung eines Konzeptes zur Nachbetreuung geleistet, welches für die Minderjährigen und deren Eltern eine Nachsorge auf freiwilliger Basis anbietet. In einem Brückengespräch wird die Motivation und Situation, die zur Einlieferung geführt hat, besprochen und Hilfen angeboten. Außerdem wurde vereinbart, dass eine Meldung an das zuständige Jugendamt erfolgt, wenn entweder eine wiederholte Einlieferung stattfand oder ein Beikonsum illegaler Drogen bzw. Medikamenten festgestellt wurde oder die Person jünger als 16 Jahre alt ist. Im zuständigen Jugendamt findet dann eine Überprüfung statt, ob eine Kindeswohlgefährdung nach § 8a KJHG vorliegt.
Dieses Angebot befindet sich derzeit in der Erprobung und wird mit über 90% angenommen. Ziel aller Beteiligten ist die dauerhafte Implementierung dieses Angebotes dort wie auch in anderen Krankenhäusern im Stadtgebiet und der Region.
3. Alkoholprävention und Sport
Die Freizeitgestaltung im sportlichen Bereich (Besuch von Veranstaltungen, Mitglied im Verein) wie auch die Identifikation mit Vorbildern aus diesem Bereich ist für Minderjährige eine wichtige Erziehungsinstanz. Besonders problematisch ist, dass auch dieser Bereich eine vielfach genutzte Projektionsfläche für den Umgang mit Alkohol ist (Stichworte: Bierdusche beim Feiern, Sponsoren und Werbeverträge mit Brauereien, Rituale im Verein, die automatisch mit Alkohol verbunden sind).
Ziel dieses Bausteines ist es, sowohl sportliche Vorbilder für die Alkholprävention zu gewinnen, als auch das Thema in die alltägliche Vereinsarbeit zu tragen und dort dauerhaft zu verankern. Anfangs wurde über die sportlichen Vorbilder eine Aktionswoche mit Hannover 96 organisiert (Aktionen und Informationen zum Heimspiel, Promitalk zum Thema, dauerhafte Einführung von alkoholfreiem Bier und des Angebots eines alkoholfreien Wagens zu jedem Auswärtsspiel von Hannover 96).
Bei der Zusammenarbeit mit Sportvereinen entstand die Idee, gemeinsam mit dem Stadtsportbund und den interessierten Vereinen ein Konzept zu entwickeln und keine fertigen Vorhaben vorzusetzen. Der entsprechende Workshop brachte einige Ideen, die jetzt und im nächsten Jahr umgesetzt werden:
- Baustein Alkohol dauerhaft in die Trainerausbildung und die Fortbildung für Betreuer/innen einzubauen
- Videoclip mit Jugendlichen drehen als Input für Themenabende im Verein
- klares Regelwerk zum Umgang mit Alkohol im Verein; dazu gibt es eine Handlungsempfehlung des Jugendschutzes (Anlage 4)