Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
Titel des Wettbewerbsbeitrags
Kurzfassung des Wettbewerbsbeitrags
Der thematische Schwerpunkt des Projektes "Wir geben Halt" liegt bei der Prävention von riskantem Alkoholgebrauch von Kindern und Jugendlichen.
Die Besonderheit: Der ganze Landkreis ist mit einbezogen: Bürgermeister, Ordnungsämter, Supermärkte, Tankstellen, Fahrschulen, Gaststätten, Vereine, Schulen und Fachleute. Es werden bestehende Angebote und Projekte miteinander verknüpft, weiterentwickelt und dadurch Ressourcen gebündelt.
"Wir geben Halt" betrifft die ganze Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen, fängt in der Familie an, bezieht Schule und Freizeit mit ein, wendet sich an Handel, Gewerbe und Gastronomie, fördert und fordert das verantwortliche Denken und Handeln von Politik und Verantwortlichen in der Kinder- und Jugendarbeit, sowie im Umgang mit Kindern und Jugendlichen. Es geht nicht um Abstinenz, sondern um Kompetenz!
Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
"Wir geben HALT"
Eine Aktion des Präventionskreises Sucht gegen den Alkoholmissbrauch von Jugendlichen im Landkreis Weilheim-Schongau seit 2010
Alkohol hat in unserer Gesellschaft eine hohe Akzeptanz. Koma-Saufen und Bindge-drinking nehmen in erschreckendem Umfang zu. Alkoholvergiftete Jugendliche werden immer jünger. Mädchen überrunden die Jungen, "sich-zu-saufen" ist zu einer Freizeitsportart bei Jugendlichen geworden, auch und gerade im öffentlichen Raum.
Um diesen Tendenzen entgegenzuwirken hat sich unser Landkreis geschlossen zur Alkoholprävention bekannt, mit Landrat Dr. Friedrich Zeller an der Spitze.
Alle Bürgermeister der 34 Landkreisgemeinden und Städte schlossen sich dem Programm "Wir geben Halt" an. Jeder Bürgermeister bekam, zusammen mit seinen Angestellten aus dem Ordnungsamt, dem Jugendreferenten und verschiedenen Vorsitzenden von Vereinen, ein eigenes Beratungsgespräch durch eine Präventionsfachkraft, bei dem abgeklärt wurde, welche Angebote es in dem Ort bereits gibt, wo es mangelt und was wünschenswert wäre. So entstand praktisch für jeden Ort ein eigenes Konzept. Angebote verschiedener Orte wurden optimiert und vernetzt, Ideen gesammelt und erprobt.
Eine zentrale Rolle spielen die Ordnungsämter der einzelnen Gemeinden, da sie für die Genehmigung von Festen und Veranstaltungen zuständig sind.
Gemeinsam erarbeiteten wir den Leitfaden "5 aus 12", in dem festgelegt wird, dass ein Veranstalter sich 5 aus 12 Maßnahmen aussuchen kann, die dem Jugendschutz dienen, wobei der 1. Punkt, eine Schulung zum Thema Alkohol und Jugendschutz ("no alc for kids"), obligatorisch ist. Inzwischen gibt es so gut wie keine Veranstaltung mehr im Landkreis, bei der Alkohol ausgeschenkt wird und das Personal nicht geschult ist.
Die Schulungen erfolgen durch eine Präventionsfachkraft des Gesundheitsamtes oder der Psychosozialen Beratungsstelle von Herzogsägmühle in Zusammenarbeit mit der Polizei.
Zusätzlich unterstützen wir Veranstalter, die alkoholfreie Feste anbieten mit Verleih-Geschirr in unseren "Partykisten".
In vielen Gemeinden des Landkreises und bei einer großen Anzahl von Vereinen und Verbänden halten wir Vorträge und Gesprächsabende zum Thema "Jugendliche und riskanter Alkoholkonsum".
Die meisten Gemeinden haben eine Grünflächenverordnung, die besagt, dass Alkoholkonsum nur mit Ausnahmegenehmigung auf öffentlichen Plätzen erlaubt ist.
Der regionale, öffentliche Nahverkehr wird in unserem Landkreis als eher unproblematisch erlebt, da Alkoholverbot in Bussen (auch in den Party-Nachtbussen) besteht. Die Einhaltung wird durch das Ordnungsamt kontrolliert.
Sofern es sich um den gewerblichen Ausschank von Alkohol handelt (Supermärkte, Tankstellen, Gaststätten, usw.), konnten wir durch gezielte Schulungen die Kompetenz des Verkaufspersonals stärken und so Verstöße gegen das Jugendschutzgesetz reduzieren.
Besonderes Augenmerk legen wir weiterhin auf problematischen Alkoholkonsum von Jugendlicher im Kontext von:
- Aktivitäten von Vereinen und Verbänden, bei Festen, nach dem Training, in Vereinsheimen, usw.
- "Vorglühen" vor Festen und Veranstaltungen
- bei Festen und Feiern die von privaten Anbietern ausgehen ( z.B. Stadelfeste)
- Bauwägen, Buden und Hütten, bei denen es keinen Verantwortlichen gibt
- Großveranstaltungen, wie z.B. Konzerte
- Spontanen Treffen Jugendlicher, Verabredungen an Szene-Plätzen
- Bei Partys im Elternhaus oder beim angeblichen Übernachten bei Freundinnen und Freunden
Hier fiel besonders auf: Jugendliche bekommen Alkohol meist von volljährigen Freunden oder Bekannten.
Deshalb setzen wir verstärkt auf Peer-Arbeit: ältere Schüler übernehmen die Rolle von Tutoren in der Suchtprävention für Jüngere unter dem Motto "Fang ned o!"
An vielen Schulen im Landkreis finden regelmäßig präventive Projekte und Aktionstage statt, die durch Fachleute und Polizei unterstützt werden. ("Sauba bleim", Rauschbrillenparcours, Voll die Party, u.v.m.)
Für alle Schüler ab der 9-ten Jahrgangsstufe wird eine Unterrichtseinheit über die Weitergabe von Alkohol (Basics zu Sucht ) angeboten, in der die medizinischen, sozialen und rechtlichen Folgen der Weitergabe von Alkohol besprochen werden.
Bei Elternabenden klären wir über die Risiken und Gefahren eines übermäßigen Alkoholkonsums auf.
Das "Weilheimer HALT- Projekt" (angelehnt an "Hart am Limit ") konnte in den 4 Krankenhäusern des Landkreises etabliert werden, mit der Überleitung zu Beratungsangeboten der Psychosozialen Beratungsstelle von Herzogsägmühle, der Suchtberatungsstelle im Landkreis.
Folgende Ziele sind uns immer präsent:
- Einhaltung der bestehenden Jugendschutzgesetze
- eine konsequentere Ahndung der Weitergabe von Alkohol an Jugendliche und die Ausschöpfung des Strafrahmens
- Aufklärung über die möglichen medizinischen, sozialen und rechtlichen Folgen der Weitergabe von Alkohol
- Verantwortung und Zivilcourage fördern und fordern (hinschauen, eingreifen, "niemanden betrunken liegen lassen")
- Die Zahl der medizinischen Notfälle durch Alkoholmissbrauch verringern (das spart nicht nur Kosten, sondern senkt auch das Risiko einer Folgeerkrankung)
- Reduzierung von Risikofaktoren und damit Vermeidung von Todesfällen
- Förderung von verantwortungsvollem Umgang mit Alkohol: Risikokompetenz !
- Aufzeigen von Schutzfaktoren
- Diskussion über die Allgegenwärtigkeit von Alkohol, vor allem von hochprozentigem Alkohol ("muss unbedingt noch Rum in den Glühwein!?")
- Diskussion über eine allgemeine Abgabe von Alkohol erst ab 18 Jahren (wird von verschiedenen Supermärkten schon praktiziert)
Wir arbeiten mit folgenden Kooperationspartnern zusammen:
- Beratungsstellen
- Jugendamt
- Polizei
- Schulen/Schulsozialarbeit
- Eltern/Elternvertretungen, Gemeinsamer Elternbeirat des Landkreises
- Kollegen in Einrichtungen, wie z.B. Jugendzentren und Streetworker
- Betriebe, die ausbilden
- Rettungsdienste
- Ärzte
- Gericht/Richter
- Ordnungsämter
- Krankenhäuser
- "Peergroups": Jugendliche in verantwortungsvollen Positionen (z.B. SMV)
- Vertreter des Handels (von Supermärkten, Tankstellen, Getränkemärkten und Kiosken)
- Kommerzielle Betreiber von Festen und Veranstaltungen (z.B. Volksfest)
- Wirte von Gasstätten, Kneipen und Diskotheken
- Fahrschulen
Folgende Methoden und Aktionen führen wir durch:
- Informationsgespräche mit Gemeinden (Bürgermeistern und Ordnungsamtsleitern) zur Vernetzung und Optimierung der Angebote
- Informationstage und Abende an Schulen, Jugendeinrichtungen, Vereinen, etc.
- Wettbewerbe für Gemeinden, Vereine, Supermärkte, Tankstellen, Gaststätten, Betriebe, Einrichtungen und Gewerbetreibende, die mit dem Verkauf oder der Abgabe von Alkohol zu tun haben. Prämiert werden aus jeder Gruppe die drei Vertreter, der sich am intensivsten und kreativsten gegen die Abgabe und/oder Weitergabe von Alkohol an Jugendliche einsetzen
- Basics zu Sucht für Schüler (Aufklärung über die möglichen medizinischen, sozialen und rechtlichen Folgen der Weitergabe von Alkohol)
- Peer-Arbeit: Tutoren in der Suchtprävention
- Ausbau der Vernetzung, wie z.B. Fortbildungstage zum Kennenlernen der beteiligten Fachleute im Landkreis Alkoholfreie Konzerte mit bekannten Jugendbands
- Ü 14 Partys für Jugendliche von 14 bis 17 Jahren in den größeren Orten des Landkreises
- Erstellung von Videoclips zum Thema Sucht und
- Workshops in Fahrschulen
Umsetzung
- Die Umsetzung und Koordination erfolgt über den Präventionskreis Sucht des Landkreises Weilheim-Schongau, Mitarbeiter des Gesundheitsamtes Weilheim und der Psychosozialen Beratungsstelle der Herzogsägmühle.
- Es werden kostenlose Alkoholschulungen für die verschiedenen Gruppen, wie Handel, Gewerbe, Ehrenamtliche, Vereine, Betriebe, Fahrschulen, usw. angeboten.
- Mit den Gemeinden werden individuelle Gesamtkonzepte erarbeitet.
- Jeder Partner kann das Logo "Wir geben Halt" für sich verwenden und erweitern.
- Die Kosten für die Aktivitäten werden weitgehend durch Sponsoring gedeckt.
- Die Personalkosten für die Mitarbeiter der Psychosozialen Beratungsstelle werden von Herzogsägmühle-Diakonie in Oberbayern und der Lekos-Stiftung getragen.
Ergebnisse seit 2010:
- Beratungsgespräche bei allen Städten und Gemeinden mit durchschnittlich 5 Teilnehmern
- 14 Auftaktveranstaltungen in Städten und Gemeinden mit durchschnittlich 40 Teilnehmern
- 30 Alkoholschulungen pro Jahr "no alc for kids" vor Veranstaltungen bei Vereinen und Verbänden mit durchschnittlich 40 Teilnehmern
- 10 Informationsabende pro Jahr bei Jugendleitungen von Vereinen und Verbänden mit durchschnittlich 30 Teilnehmern
- 8 Informationsgespräche pro Jahr in Schulen mit Vertretern der Schulleitung, Lehrern, Eltern und Schülern mit durchschnittlich 12 Teilnehmern
- 30 Einsätze pro Jahr in 10-ten Klassen "Basics zu Sucht" (siehe Projekt D20 ) mit durchschnittlich 30 Teilnehmern
- 12 Elternabende pro Jahr zu Jugend und Alkohol
- 24 Mal pro Jahr Verleih der Partykisten (siehe Projekt D 30 ) an Veranstalter von alkoholfreien Partys oder alkoholfreien Ständen auf Großveranstaltungen
- Organisation und Durchführung von 16 alkohol- und rauchfreien Partys pro Jahr im Landkreis, (Ü 14 Partys) für Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren
In unserem Landkreis haben wir erreicht, dass die Problematik "riskanter Alkoholgebrauch bei Jugendlichen" von den unterschiedlichsten Gruppierungen erkannt und bearbeitet wurde. Wir können auf eine deutliche Senkung der Zahl von alkoholvergifteten Jugendlichen blicken, sowie eine höhere Sensibilisierung von Erwachsenen und Gleichaltrigen feststellen, was zu früherem Eingreifen, bzw. zu einem Überdenken der Verfügbarkeit und der Weitergabe von Alkohol an Jugendliche geführt hat. Ein stabiles Netz hat sich gebildet, das auch in den nächsten Jahren zum Schutz unserer Jugend einen wesentlichen Beitrag leisten wird.
Januar 2013
Petra Regauer
Dipl. Sozial.päd. (FH)
Fragen zum Wettbewerbsbeitrag
C 1 Fragen zur gesamtkommunalen Einbindung des Wettbewerbsbeitrags
C 2 Fragen zur Konzeption und Ausrichtung des Wettbewerbsbeitrags
Wissen über die Gefahren der Weitergabe von Alkohol an Minderjährige, medizinische, sozial und rechtliche Aspekte
Supermärkte, Tankstellen, Gaststätten, Vereinsheime, Bars, Diskotheken, Bauwägen, Buden
Gemeindeverwaltungen, Fahrschulen, Supermärkte, Tankstellen, Gaststätten, Vereinsheime, Bars, Diskotheken, Bauwägen/Hütten/Buden
C3 Fragen zur Umsetzung des Wettbewerbsbeitrags
Justizbehörden, Rettungsdienste, Krankenhäuser
Verbindliche Vereinbarung/Vertrag "5 aus 12" für Festveranstalter
Halt - Hart am Limit
"no alc for kids"- Alkoholschulungen, Ü 14 Partys, Partykisten