Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
Titel des Wettbewerbsbeitrags
Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
1. Anlass des Projekts:
Bei den Vorüberlegungen zu unserem Projekt waren uns folgende Punkte wichtig:
(1) Ganzheitliche Sichtweise
Wir fühlen uns im Sinne moderner Suchtpräventionsprogramme einem ganzheitlichen Ansatz verpflichtet, d.h. uns ist eine Kombination aus Verhaltens- und Verhältnisprävention wichtig. Deshalb wird bei SuPrA und SuPrA Junior sowohl der inhaltlichen und persönlichkeitsbildenden Dimension, als auch den Entstehungsbedingungen im unmittelbaren Umfeld (Schule, Familie, Freundeskreis) Aufmerksamkeit geschenkt. Effiziente Suchtprävention darf nicht nur auf das einzelne Individuum und dessen Peers gerichtet sein, sondern möglichst auf das komplette soziale Umfeld, deshalb werden Eltern und Lehrkräfte in unser Gesamtkonzept miteingebunden. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die stärkere Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Fragen in der Suchtprävention, da sich Mädchen und Jungen in diesem Alter in Bezug auf den Entwicklungsstand unterscheiden und später auch aus unterschiedlichen Gründen zu Suchtmitteln greifen.
(2) Nachhaltigkeit
Des Weiteren ist heutzutage der Begriff der Prävention nicht mehr vom Begriff der Nachhaltigkeit zu trennen. Präventive Maßnahmen sind dann wirkungsvoll und sinnvoll, wenn sie nachhaltig verinnerlicht werden. Dazu ist es wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler ihren eigenen Bezug zum Thema entdecken und diesen auf dem Hintergrund ihrer eigenen Persönlichkeitsstruktur beleuchten. Deshalb sind SuPrA und SuPrA Junior längerfristig angelegte Konzepte (ca. 3-4 Monate) und wir achten auf eine kontinuierlich Durchführung.
(3) Bedürfnisorientierung
In der modernen Suchtprävention wird ein Zusammenhang zwischen dem Suchtmittel und den Bedürfnissen der Konsumenten hergestellt. Fragen wie "Wozu wird ein bestimmtes Mittel konsumiert?", "Welchem Zweck dient der Konsum?" und auch "Welche Handlungsalternativen gibt es, um das gleiche Ziel zu erreichen?" stehen hier im Mittelpunkt. Der Focus wird bei SuPrA und SuPrA Junior also nicht mehr auf das Suchtmittel, sondern vielmehr auf den Menschen, seine Bedürfnisse und Ressourcen gerichtet.
2. Projektziel
Leitidee von SuPrA und SuPrA Junior ist es, Schüler dazu zu animieren, sich längerfristig, intensiv und aus verschiedenen Blickwinkeln mit dem Thema Sucht auseinanderzusetzen. Sie sollen dabei auf der kognitiven, emotionalen und behavioralen Ebene angesprochen werden. Des Weiteren soll eine Sensibilisierung im Hinblick auf sich selbst und die Peergroup stattfinden, die sie dazu befähigt in suchtdynamischen Prozessen handlungsfähig zu bleiben. Die wichtigsten Schlagworte dabei sind:
Längerfristig:
Um dem Anspruch der Nachhaltigkeit gerecht zu werden sollen sich die Schüler nicht nur punktuell mit dem Thema auseinandersetzen, sondern sich über einen geschlossenen Zeitraum immer wieder damit beschäftigen.
Intensiv:
Um eine Absichtsbildung (im Sinne von Prochaska und Di Clemente) bei Schülern positiv zu unterstützen, ist es wichtig, dass das Thema nicht nur kontinuierlich, sondern auch tiefgründig bearbeitet wird. Die Schüler sollen mit allen Sinnen ihren eigenen Bezug zum Thema entdecken; hierbei spielt der geschlechtsspezifische Zugang zum Thema eine wichtige Rolle.
Verschiedene Blickwinkel:
Um dem Anspruch der Ganzheitlichkeit gerecht zu werden ist es wichtig das Thema aus möglichst vielen verschiedene Perspektiven zu beleuchten. Schüler gewinnen so einen Eindruck von der Komplexität des Themas.
Sensibilisierung:
Um den Schülern Suchtentstehungsprozesse bewusst zu machen, ist es wichtig sie dazu zu befähigen einen Zusammenhang zwischen sich selbst, ihrer Lebenswelt und dem Konsum von Suchtmitteln herzustellen. Dadurch erkennen sie frühzeitig suchtdynamische Prozesse und können entsprechend intervenieren.
3. Konzeption/Umsetzung
3.1 SuPrA (umfasst vier Schülerworkshops)
Theoretische Grundlagen von Sucht
Mit den Schülern werden charakteristisch Kennzeichen der Sucht erarbeitet. Sie erhalten einen Überblick über verschiedene Suchtformen und lernen den Unterschied zwischen psychischer und physischer Abhängigkeit kennen. Die Schüler beschäftigen sich mit möglichen Ursachen und Auslösern von Suchtmittelkonsum und setzen sich danach mit dem theoretischen Modell zur Suchtentstehung auseinander (= kognitive Ebene). Am Ende des ersten Blockes wird der Umgang mit den eigenen Bedürfnissen (= emotionale Ebene) thematisiert und als eine mögliche Ursache für das Ausprobieren und Aufrechterhalten von Rauschmittelkonsum herausgegriffen und in konkreten Fallbeispielen der Umgang mit solchen Situationen erarbeitet (= behaviorale Ebene).
Geschlechtsspezifische Suchtprävention
Die Mädchen setzen sich mit ihrem eigenen Selbstbild auseinander und überprüfen dies anhand der Rückmeldungen der Mitschüler. Darauf aufbauend wird darüber diskutiert, in welchem Zusammenhang das eigene Selbstbild mit dem Thema Sucht steht. Dabei wird deutlich, dass die Übernahme der weiblichen Geschlechterrolle häufig von Unsicherheit, Selbstzweifel bis hin zum Selbsthass geprägt ist. Suchtmittelkonsum stellt dabei einen Versuch dar sich selbst besser akzeptieren zu können oder aber den eigenen Körper zu kontrollieren bzw. für seine mangelnde Perfektion zu bestrafen. Auf diesem Hintergrund wird anschließend die Rollenerwartung in Bezug auf das andere Geschlecht hinsichtlich der Fragestellung: "Wer soll ich sein?" Wer darf ich sein?" thematisiert und diskutiert (= emotionale Ebene). Die Schülerinnen sollen sich dabei ihrer eigenen Bedürfnisse bewusst werden und lernen diese auch zu vertreten (= behaviorale Ebene).
Die Übernahme der männlichen Geschlechterrolle geht häufig Hand in Hand mit geschlechtstypischem Risikoverhalten sowie entsprechend charakteristischem Suchtmittelkonsum. Dies stellt für Jungen den Versuch dar, sich der eigenen Männlichkeit zu versichern und/oder diese nach außen zu demonstrieren. Im Gegensatz zu den Mädchen zeigen sie oft sowohl andere Ausgangsmotivationen, wie auch qualitativ härtere, riskantere und rauschorientiertere Konsummuster. Gerade bei Identitätsfindung und Körperbewusstsein besteht für Jungen die Gefahr, eigene Befindlichkeiten, Wünsche und Gefühle zugunsten einer (fremdbestimmten) Rollenanpassung zu vernachlässigen. Mittels Kleingruppenarbeit, Rollenspiele und Diskussionen lernen sie, den zielgerichteten und funktionalen Konsum zu erkennen und durch Förderung von Selbstwahrnehmung und Reflexion von Männerbildern dem entgegen zu wirken. Dabei geht es schwerpunktmäßig um den Aspekt der Selbst- und Fremdwahrnehmung der eigenen Stärken und Schwächen, als auch um den Blickwinkel: Selbstwert und Selbstbewusstsein im Kontext von Suchtentwicklung verstehen zu lernen.
Rechtliche Information und Stoffkunde
Die Schüler setzen sich mit dem Jugendschutzgesetz auseinander und erhalten einen Überblick über ausgewählte Inhalte des BtmG und des Schulrechts. Des Weiteren wird ihnen objektives Wissen über einzelne Stoffe vermittelt (= kognitive Ebene).
Erlebnispädagogischer Ansatz
Die Schüler setzen sich im aktiven Erleben mit ihrem Körper und ihrem Selbst auseinander und werden sich ihrer eigenen Grenzen bewusst. Sie müssen sich Herausforderungen stellen und lernen Möglichkeiten kennen mit ihren selbst erlebten Stärken und Schwächen umzugehen (= emotionale Ebene).
3.2 SuPrA Junior (umfasst drei Schülerworkshops)
Genussfähigkeit
Mit den Schülerinnen und Schülern werden charakteristisch Kennzeichen von Genuss in Abgrenzung zu süchtigem Verhalten erarbeitet. Sie überlegen sich was sie in ihrem Leben als genussvoll erleben und wie viel Zeit sie sich in ihrem Alltag für Genuss nehmen. Anhand eines Modells über Suchtentstehung wird ihnen klar, wie aus Genuss Abhängigkeit werden kann.
Geschlechtsspezifischer Ansatz {Kindsein ↔ Erwachsensein)
Die Schülerinnen und Schüler werden nach Geschlechtern getrennt und setzen sich in der Kleingruppe mit den Vor- bzw. Nachteilen des Kindseins und Erwachsenenseins auseinander. In der Diskussion darüber wird deutlich, dass viele Jugendliche zu Suchtmitteln greifen, um sich klarer in der Welt der Erwachsenen zu positionieren. Sie verorten sich danach selbst auf einem Zeitstrahl zwischen Kind und Erwachsener und begründen ihre Position. Anschließend überlegen sie, wie sie sich von ihrem Umfeld (Eltern, Schule) behandelt fühlen (mehr als Kind oder mehr als Erwachsener) und es wird über daraus entstehende Spannungen diskutiert.
Sozialverhalten
Die Schülerinnen und Schüler setzen sich zunächst mit Thema Freundschaft auseinander und legen für sich fest, was wichtige Kennzeichen einer guten Freundschaft sind. Es wird dabei deutlich, dass Freundschaft ein wesentlicher Bestandteil in ihrem Leben ist. Danach stellen sie in einem Rollenspiel dar, was sie bereits sind für Freundschaft zu geben / zu riskieren. Es wird darüber diskutiert, weshalb jemand eventuell auch zu weit geht, um z.B. zu einer Gruppe dazu zugehören.
Im zweiten Teil geht es um die Frage nach Anerkennung. Die Schülerinnen und Schüler sollen formulieren für was und von wem sie sich Anerkennung wünschen und ob sie ihrer Meinung nach genug Wertschätzung bekommen. Danach sollen sie beurteilen, wie sie selbst mit dem Thema Wertschätzung umgehen und konkrete Beispiele benennen, in denen sie Mitmenschen Anerkennung gegeben haben.
Zu beiden Konzepten gehört verpflichtend:
Lehrerfortbildung
Ziel ist es, Lehrkräfte für das Thema Betäubungsmittelkonsum zu sensibilisieren. Sie erhalten einen Überblick über Angebote, Verfügbarkeit und Wirkung von Drogen sowie deren Stellenwert in der heutigen Jugendszene. Die rechtliche Situation in der Schule wird ebenso thematisiert wie die entsprechenden pädagogischen Handlungsmöglichkeiten und deren Grenzen. Ferner werden sie befähigt die einzelnen Präventionsveranstaltungen mit zu gestalten und fort zu führen. Eine entsprechende Vor- und Nachbereitung der Blöcke wird durch unmittelbar an die Veranstaltungen gekoppelte Rückmeldungen realisiert.
Elternabend
Die Eltern sind hinsichtlich des Betäubungsmittelkonsums ihrer Kinder oft unbedarft. Hier ist es wichtig, ein realistisches Bild der momentanen Situation aufzuzeigen, da sie wichtige Multiplikatoren sind und die präventiven Ansätze über das Lebensfeld Schule hinaus wirksam unterstützen können. Individuell an den häuslichen Rahmen angepasste pädagogische Handlungsmöglichkeiten sind deshalb ebenso Thema wie das Reflektieren des eigenen Verhaltens. Eltern werden sowohl befähigt, eigene Grenzen zu erkennen und zu akzeptieren, wie auch entsprechende Symptom- und Interventionsfragen zu formulieren.
4. Qualitätssicherung, Evaluation
Das Konzept SuPrA wurde durch das Gesundheitsamt der Stadt Augsburg für das Schuljahr 2006/07 evaluiert. Es erfolgte nach Abschluss des Projekts eine schriftliche Befragung der Schüler und Lehrer mit Hilfe eines standardisierten Fragebogens.