Landeshauptstadt Dresden

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Foto von der Preisverleihung durch Gernot Kiefer (GKV-Spitzenverband) an die Landeshauptstadt Dresden © BZgA, Foto: Christoph Petras/pr bild
Preisverleihung durch Gernot Kiefer (GKV-Spitzenverband) an die Landeshauptstadt Dresden © BZgA, Foto: Christoph Petras/pr bild

Auszug aus der Wettbewerbsdokumentation

Kommune und Wettbewerbsbeitrag im Überblick

Einwohnerzahl 554.6491
Bundesland Sachsen
Titel des Beitrags Vorbildliche Strategien kommunaler Suchtprävention – Kinder suchtkranker Eltern
Schwerpunkt des Beitrags Information der Bevölkerung und von Multiplikatoren zum Thema suchtbelastete Familien und Hilfsangebote für betroffene Kinder. Arbeitsschwerpunkte sind die Sensibilisierung der Öffentlichkeit und die Implementierung von Hilfsangeboten in geschützten Räumen.
Einzelprojekte „Alltägliche Geschichten“ – Kindswohlgefährdung bei drogenkonsumierenden Eltern (Ausstellung)
„Dani und die Dosenmonster“ (Fachbuch für Kinder)
Kontakt Dr. Kristin Ferse
Landeshauptstadt Dresden
Koordinatorin Suchthilfe/Suchtprävention
Braunsdorfer Str. 13
01159 Dresden
Tel.: +49 351 488-5358
E-Mail: kferse@dresden.de
1 Die Einwohnerzahlen der prämierten Kommunen wurden den folgenden Quellen entnommen: Gemeindeverzeichnis-Online sowie "Daten aus dem Gemeindeverzeichnis.Kreisfreie Städte und Landkreise nach Fläche, Bevölkerung und Bevölkerungsdichte. Statistisches Bundesamt, 2019". Beide Quellen beziehen sich auf den Stichtag 31.12.2018.

Anlass und Ausgangssituation

In Deutschland wachsen geschätzt etwa 2,5 Mio. Kinder mit mindestens einem suchtkranken Elternteil auf. Die Suchterkrankung ist oft ein Tabuthema, in der Familie ebenso wie im sozialen Umfeld. Die betroffenen Kinder passen sich an und übernehmen früh Verantwortung für sich und die gesamte Familie. Dies ist eine große Belastung für die Kinder und hat Auswirkungen auf deren Entwicklung. Sie sind stärker als andere Kinder gefährdet, selbst abhängig zu werden. Deshalb ist es wichtig, Kindern aus suchtbelasteten Familien eine Stimme zu geben und frühzeitig Hilfestellung zu leisten. Der Aufbau von tragenden und vertrauensvollen Beziehungsstrukturen außerhalb des familiären Umfelds ist für die betroffenen Kinder eine wichtige Erfahrung.

Konzeption und Ziele

Vor diesem Hintergrund wurde im Jahr 2015 ämter- und trägerübergreifend das „Strategiepapier zur Suchtprävention in Dresden“ erarbeitet und vom Stadtrat einstimmig beschlossen. Ziel ist es, Kindern aus suchtbelasteten Familien Angebote zu machen, sie zu unterstützen und in ihrer Resilienz zu stärken. So werden vor allem verhaltenspräventive Maßnahmen für die Zielgruppe der Kinder suchtbelasteter Eltern entwickelt – als Angebot der selektiven Prävention für eine Gruppe mit erhöhtem Risiko für die Entwicklung einer Suchtproblematik.

Die Dresdner Suchtberatungsstellen, die freien Träger der Jugendhilfe und der Allgemeine Soziale Dienst arbeiten in fallbezogenen Workshops zur Qualifizierung der Schnittstelle Jugendhilfe/Suchthilfe unter dem Aspekt des Kinderschutzes zusammen. Die Sensibilisierung von Fachkräften und Multiplikatoren (u.a. in Schulen und Kindertagesstätten) sowie eine aktiv betriebene Öffentlichkeitsarbeit stellen neben der Arbeit mit Kindern und Eltern einen weiteren Schwerpunkt dar.

Vorgehen und Umsetzung

Das Angebot für Kinder aus suchtbelasteten Familien ist vielfältig. Um grundsätzlich auf das Thema aufmerksam zu machen, erhielten alle Kindertagesstätten und Schulen das Plakat „Kinder aus dem Schatten holen“ der Drogenbeauftragten der Bundesregierung zum öffentlichen Aushang. Es gibt das Kursangebot „Trampolin“, mit dem Kinder aus suchtbelasteten Familien ihre Stärken entdecken sollen. Ein „Stressbewältigungsprogramm für Kinder“ richtet sich an Kinder zwischen acht und zwölf, die durch abwechslungsreiche Aktivitäten bei Gruppenterminen ihre Stärken kennenlernen und ein stabiles Selbstbewusstsein entwickeln sollen. Im Rahmen des Kulturjahres Sucht des Gesundheitsamtes Dresden wurde mit Förderung durch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) ein Kinderfachbuch für Schulsozialarbeiter*innen und Kindertagesstätten über Alkoholprobleme in der Familie entwickelt. Das Buch richtet sich an Kinder von sechs bis elf Jahren. Es wurde an alle Dresdner Kindertagesstätten versandt. Es finden Lesungen in Kindertagesstätten und Schulen statt, um mit Kindern aus suchbelasteten Familien ins Gespräch zu kommen. Zusätzliche Materialien (z.B. Ausmalbilder) geben Anregungen für die pädagogische Arbeit.

Eine Aktionswoche für Kinder aus suchtbelasteten Familien fand nach Wettbewerbsschluss im Februar 2020 statt. Zu den Veranstaltungen und Aktionen gehörte die Ausstellung „Alltägliche Geschichten“ mit Fotos von Kindern, die auf Kindswohlgefährdung bei drogenkonsumierenden Eltern hinweisen. Auf Roll-Ups werden leicht verfremdete Kinderbilder dargestellt, die durch Kommentare aus dem Alltag von Kindern suchtbelasteter Familien ergänzt sind. Es handelt sich um eine Wanderausstellung in der Frauenklinik und in einem Kino in Dresden.

Über das Gruppenprogramm SHIFT – als kooperatives Angebot von Suchthilfe und Jugendhilfeträger – werden suchtbelastete Mütter und Väter angesprochen. Wöchentlich findet eine von insgesamt zehn (kostenfreien) Gruppensitzungen statt. Auch das Projekt „Mama denk an mich“ adressiert süchtige Erwachsene. Es ist ein Hilfesystem für drogenkonsumierende Frauen mit Kinderwunsch, Schwangere und Mütter.

Das Umfeld suchtkranker Erwachsener wird über zwei Broschüren einbezogen, die speziell für diese Zielgruppe entwickelt wurden: „Suchtgefahren thematisieren“ für die Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen sowie „Sucht erkennen“ für Angehörige und Freunde suchtkranker Menschen, die auch in anderen Sprachen zur Verfügung gestellt wird (Arabisch, Pasthu, Englisch, Persisch, Tigrinisch).

Begründung der Prämierung

Die Stadt Dresden führt ihre präventive Arbeit für Kinder aus suchtbelasteten Familien in einem umfassendem Netzwerk mit verwaltungsübergreifenden Kooperationen verschiedener Professionen und Hilfesysteme durch. So soll eine zügige Vermittlung der Betroffenen erreicht werden, um dann in die eigentliche Arbeit einsteigen zu können. Die Kommunikation zwischen den verschiedenen Akteuren, die in die Versorgung der Kinder aus suchtbelasteten Familien eingebunden sind, hat sich durch die regelmäßige Zusammenarbeit in verschiedenen Kontexten spürbar verbessert. So kann der familienorientierte Ansatz schnell und transparent umgesetzt werden.

Wichtig ist, dass nicht allein die Kinder einbezogen werden, sondern die Maßnahmen – im Rahmen des familienorientierten Ansatzes – flankiert werden durch Angebote für Mütter und/oder Väter sowie Personen im weiteren Umfeld, die vor allem sensibilisiert werden sollen. Da Kinder aus suchtbelasteten Familien besonders darauf bedacht sind, ihre Probleme nicht nach außen zu tragen und dort erkennbar zu machen, ist der Ansatz, Multiplikatoren (Erzieher*innen, Lehrer*innen) besonders zu sensibilisieren, wichtig, um die betroffenen Kinder zu erkennen und ihnen Hilfen anbieten zu können.

Der hohe Stellenwert dieses Arbeitsfeldes wird unterstrichen durch seine Verankerung im „Strategiepapier zur Suchtprävention in Dresden“, das 2015 einstimmig durch den Stadtrat beschlossen wurde. Die hohe Relevanz des Themas zeigt sich auch darin, dass das Projekt auf Dauer angelegt und finanziell abgesichert ist.

Da diese Arbeitsweise ein Vorbild für andere Kommunen sein könnte, wurde Dresden bereits als Partner für das Forschungsprojekt „Steuerungswissen und Handlungsorientierung für den Aufbau effektiver interdisziplinärer Versorgungsnetzwerke für suchtbelastete Familien“ angefragt und wirkt mit dem Institut für Kinder- und Jugendhilfe (IKJ) in Mainz, gefördert durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG), zusammen.

Zum Originalwettbewerbsbeitrag der Landeshauptstadt Dresden.