Landkreis Trier-Saarburg

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Foto von der Preisverleihung durch Prof. Dr. med. Heidrun Thaiss (BZgA) an den Landkreis Trier-Saarburg © BZgA, Foto: Christoph Petras/pr bild
Preisverleihung durch Prof. Dr. med. Heidrun Thaiss (BZgA) an den Landkreis Trier-Saarburg © BZgA, Foto: Christoph Petras/pr bild

Auszug aus der Wettbewerbsdokumentation

Kommune und Wettbewerbsbeitrag im Überblick

Einwohnerzahl 148.9451
Bundesland Rheinland-Pfalz
Titel des Beitrags Dezentrales Bildungs- und Qualifizierungsprojekt der Suchthilfe und Suchtprävention im Landkreis Trier-Saarburg
Schwerpunkt des Beitrags Mit dem mobilen und dezentralen Angebot wird den jungen Menschen aller Verbandsgemeinden des Landkreises ein Zugang zu Beratungsangeboten ermöglicht, für die aufgrund mangelnder Mobilität, schlechter ÖPNV-Anbindungen sowie fehlender finanzieller Mittel für Fahrtkosten die Nutzung eines Beratungsangebotes in der Stadt Trier nicht möglich ist. Ergänzt wird dies durch die Begleitung und Beratung von Eltern, Fachkräften der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit sowie Ehrenamtlichen.
Einzelprojekte Medienwerkstatt Smartphone – „Appgefahren“
Baustein „Sucht“ im Rahmen von Jugendleiterschulungen
Kontakt Bettina Krüdener
Kreisverwaltung Trier-Saarburg
Jugendamt/Referat Jugendpflege und Sport
Willy-Brandt-Platz 1
54290 Trier
Tel.: +49 651 715-386
E-Mail: jugenschutz@trier-saarburg.de
1 Die Einwohnerzahlen der prämierten Kommunen wurden den folgenden Quellen entnommen: Gemeindeverzeichnis-Online sowie "Daten aus dem Gemeindeverzeichnis.Kreisfreie Städte und Landkreise nach Fläche, Bevölkerung und Bevölkerungsdichte. Statistisches Bundesamt, 2019". Beide Quellen beziehen sich auf den Stichtag 31.12.2018.

Anlass und Ausgangssituation

Der ländlich geprägte Kreis Trier-Saarburg (sieben Verbandsgemeinden und insgesamt 104 Ortsgemeinden) hat derzeit knapp 150.000 Einwohner*innen, darunter sind knapp 25.000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von zwölf bis 27 Jahren. Gerade in der Jugendphase brechen Jugendliche und junge Erwachsene oftmals aus Normen aus, suchen Grenzerfahrungen und Bewältigungsformen. In dieser Phase ist es wichtig, Alkohol-, Drogen- und Medienkonsum in unterschiedlichen, pädagogisch fundierten Angebotsformen zu thematisieren und den Jugendlichen, jungen Erwachsenen, aber auch ihren Eltern qualifizierte Gesprächs- und Bildungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen.

Die aus der Struktur der Jugendpflege im Landkreis Trier-Saarburg zurückgemeldeten Bedarfe bildeten den Ausgangspunkt für die Erstellung des dezentralen Bildungs- und Qualifizierungskonzeptes. Viele Veranstaltungen, Beratungsstellen und Unterstützungsdienste für Jugendliche und junge Erwachsene sind häufig in der Stadt Trier angesiedelt, was die Erreichbarkeit aus dem Kreisgebiet erschwert oder zum Teil unmöglich macht. Den jungen Menschen aller sechs Verbandsgemeinden wird mit dem dezentralen Bildungs- und Qualifizierungskonzept ein Zugang zu Beratungsangeboten ermöglicht, für die aufgrund mangelnder Mobilität, schlechter ÖPNV-Anbindungen sowie fehlender finanzieller Mittel für Fahrtkosten die Nutzung eines Beratungsangebotes in der Stadt Trier nicht möglich ist.

Konzeption und Ziele

Auf der Grundlage der Bedarfe aus der dezentralen Jugendarbeit wurde im Rahmen der Kooperation mit der „Suchtberatungsstelle Trier e.V. – Die Tür“ ein dezentrales Bildungs- und Qualifizierungskonzept erstellt, das es seit 2017 gibt. Es bietet den Jugendlichen, den Erziehungsberechtigten sowie den sozialen Fachkräften der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit im gesamten Landkreis vielfältige Möglichkeiten, sich hinsichtlich des Konsums und der Abhängigkeit von Suchtmitteln weiterzubilden und Handlungssicherheit zu erlangen.

Die Zielgruppen der Maßnahmen sind die Jugendlichen und jungen Erwachsenen selbst sowie die Erziehungsberechtigten und die Akteur*innen der dezentralen Jugendarbeit. Diese unterschiedlichen Zielgruppen wurden gewählt, um das Konzept möglichst breit in der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit im Landkreis zu etablieren. Ziel aller Bemühungen ist eine nachhaltige, dezentrale Suchtprävention im Landkreis.

Vorgehen und Umsetzung

Die Angebote des dezentralen Bildungs- und Qualifizierungsprojekts umfassen Maßnahmen, die unabhängig voneinander von und für verschiedene Zielgruppen nachgefragt werden können. Es werden bereits evaluierte Programme der Suchtprävention angeboten (z.B. SKOLL: Selbstkontrolltraining, Tom & Lisa: Präventionsworkshop zum Thema Alkohol für Schulklassen 7 und 8, MOVE: motivierende Kurzintervention bei konsumierenden Jugendlichen und jungen Erwachsenen), ergänzt um Bausteine, die sich in der Praxis der Suchtberatung bewährt haben (Sprechstunde vor Ort, Expert*innenbefragung). Als dritter Baustein werden infolge des festgestellten Bedarfs durch die „Suchtberatungsstelle Trier e.V. – Die Tür“ neue Projekte entwickelt (z.B. Werkstatt Smartphone – Medienworkshop, Gesprächsrunde Rauchen).

Die Angebote verfolgen einen niedrigschwelligen Ansatz und sollen Jugendliche und junge Erwachsene in ihren Lebens- und Risikokompetenzen stärken. Weiterer wichtiger Baustein ist der Einbezug der Eltern in Form einer gezielten Elternbildung, um ihnen Handlungssicherheit bei der Auseinandersetzung mit ihren Kindern zu vermitteln und sie über neu aufkommende Trends im Bereich Suchtmittel zu informieren.

Zwei Einzelprojekte veranschaulichen den Charakter der Angebote. In der Werkstatt Smartphone – „Appgefahren“ werden Jugendliche und junge Erwachsene angeregt, ihr Smartphone kreativ zu nutzen und es zur Erreichung eigener Lebensziele einzusetzen, so z. B. als Lernhilfen, zur Rauchentwöhnung oder zur Kontrolle des Alkoholkonsums. Ziele des Angebotes sind das Kennenlernen der digitalen Medien und das Aufzeigen von kreativen und bildungsorientierten Nutzungsmöglichkeiten. Des Weiteren werden die Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der Reflektion ihrer Techniknutzung unterstützt. Das Angebot wird inzwischen auch in einer anderen Kommune außerhalb des Landkreises Trier-Saarburg umgesetzt.

In einem weiteren Projekt werden die Schulungen zur Jugendleitercard um den Baustein „Sucht“ erweitert. Jugendliche und junge Erwachsene, die sich in der Kinder- und Jugendarbeit engagieren, werden zum Thema Sucht/Suchtprävention ausgebildet. Dadurch werden sie nicht nur selbst in ihren Kompetenzen gestärkt, sondern fungieren auch als Multiplikator*innen im Kontakt mit anderen Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Sie lernen eigene Vorerfahrungen mit Konsum und auch mit Sucht zu reflektieren und eine Haltung zum Thema zu entwickeln. Außerdem wird das örtliche Suchthilfesystem dargestellt, um die Hemmschwelle zu senken, sich im konkreten Fall Hilfe zu holen.

Ergänzend werden Fortbildungen und Informationsveranstaltungen für Fachkräfte der Sozialen Arbeit und Ehrenamtliche als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren aus Jugendvereinen und -verbänden angeboten, um diese gezielt zu informieren und im Umgang mit konsumierenden Jugendlichen zu qualifizieren. Dies erfolgt sowohl themenspezifisch und -methodisch als auch als Konzeptberatung. Themen der Konzeptberatung können beispielsweise die Entwicklung einer Festkultur in einer Verbandsgemeinde oder ein abgestimmtes Suchtpräventionskonzept für Jugendzentren sein. Damit wird das Ziel verfolgt, langfristig Strukturen aufzubauen und zu qualifizieren, um die Nachhaltigkeit der Angebote sicherzustellen.

Begründung der Prämierung

Das mobile Angebot des Landkreises zur Suchtprävention stößt in eine Lücke der suchtpräventiven Arbeit in einem ländlich geprägten Raum, der durch eine schlechte Erreichbarkeit/ÖPNV-Anbindung gekennzeichnet ist. Mit dem mobilen Angebot wird verschiedenen Gruppen ein Zugang zu Beratungs- und Qualifizierungsangeboten ermöglicht. Im Selbstverständnis des Jugendamts ist dies ein notwendiges Angebot zur Qualifizierung der sozialen Infrastruktur und ein Baustein der Daseinsvorsorge im ländlichen Raum. Auch die Politik unterstützt diesen Weg – finanziell und politisch – durch den Jugendhilfeausschuss und die politische Spitze des Landkreises.

Mit den dezentralen Angeboten, und dies ist hervorzuheben, findet Suchtprävention nicht mehr in einer „Kommstruktur“ (zum Beispiel in der Beratungsstelle) statt, sondern in einer „Gehstruktur vor Ort“, in den Gemeinden, Jugendtreffs und Jugendzentren sowie Dorfgemeinschaftshäusern.

Anerkennenswert ist, dass sich die Angebote nicht allein an Jugendliche und junge Erwachsene richten, sondern die Einzelfallberatung von jungen Menschen durch die Begleitung und Beratung von Eltern sowie Fachkräften der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit sowie Ehrenamtlichen ergänzt wird.

In der kurzen Laufzeit von etwa 18 Monaten ist die quantitative Bilanz beachtlich. Es wurden 74 Veranstaltungen durchgeführt, die 924 Teilnehmerinnen und Teilnehmer erreichten. Zudem erzeugten die Veranstaltungen weitere Nachfrage. Vor allem Angebote für die Zielgruppen der Jugendlichen und jungen Erwachsenen sowie für Fachkräfte und Ehrenamtliche werden stark nachgefragt.

In Erweiterung des ursprünglichen Ansatzes werden inzwischen Module angeboten, die Jugendliche und junge Erwachsene als Multiplikator*innen qualifizieren. Diese Jugendlichen und jungen Erwachsenen werden im Rahmen der Jugendleitercard-Schulungen (Juleica) erreicht und zu Themen der Sucht und Suchtprävention fortgebildet – diese Themen stellen keinen „üblichen“ Baustein von Jugendleiterschulungen dar.

Hervorzuheben ist die Akquise von Fördermitteln zur Mitfinanzierung der Personalstelle. Da das Konzept der dezentralen Suchtprävention innovativen Charakter hat, wurde zur Refinanzierung der Stelle bei der Aktion Mensch ein Förderantrag gestellt, der positiv beschieden wurde. Am Ende der Laufzeit (2020) findet eine Evaluation des Programms statt. Die Fortsetzung der dezentralen Arbeit wird angestrebt.

Zum Originalwettbewerbsbeitrag des Landkreises Trier-Saarburg.