Stadt Leipzig

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Preisverleihung durch Gernot Kiefer (GKV-Spitzenverband) an die Stadt Leipzig © BZgA, Foto: Christoph Petras/pr bild
Foto von der Preisverleihung durch Gernot Kiefer (GKV-Spitzenverband) an die Stadt Leipzig © BZgA, Foto: Christoph Petras/pr bild

Auszug aus der Wettbewerbsdokumentation

Kommune und Wettbewerbsbeitrag im Überblick

Einwohnerzahl 587.8571
Bundesland Sachsen
Titel des Beitrags Präventive Gruppenangebote für Kinder aus suchtbelasteten Familien
Schwerpunkt des Beitrags Angebote in den Bereichen Psychoedukation, Förderung der Resilienz sowie Stressreduktion: Kern sind zwei Angebote für Kindergruppen – „Drehscheibe“ und „Keep Cool“ –, die durch Fachkräfte des Fachbereichs Familienhilfe für Kinder im Alter zwischen sieben und zwölf Jahren durchgeführt werden und die Kinder mit unterschiedlichen Herangehensweisen unterstützen.
Kontakt Sylke Lein
Stadt Leipzig
Gesundheitsamt
Suchtbeauftragte
Friedrich-Ebert-Str. 19a
04109 Leipzig
Tel.: +49 341 123-6761
E-Mail: sylke.lein@leipzig.de
1 Die Einwohnerzahlen der prämierten Kommunen wurden den folgenden Quellen entnommen: Gemeindeverzeichnis-Online sowie "Daten aus dem Gemeindeverzeichnis.Kreisfreie Städte und Landkreise nach Fläche, Bevölkerung und Bevölkerungsdichte. Statistisches Bundesamt, 2019". Beide Quellen beziehen sich auf den Stichtag 31.12.2018.

Anlass und Ausgangssituation

Im Jahr 2009 wurde am Zentrum für Drogenhilfe am städtischen Klinikum „St. Georg“, Leipzig, der Fachbereich aufgebaut. Damit reagierte die Stadt Leipzig auf die Probleme und Auswirkungen einer Suchterkrankung auf die Familien. Gleichzeitig erfolgte die Anerkennung als Träger der Kinder- und Jugendhilfe. Neben der Suchtberatung für suchtkranke Eltern und Hilfen zur Erziehung werden spezifische Angebote für Kinder aus suchtbelasteten Familien unterbreitet. Gruppenangebote wurden zunächst als Modell über Fördermittel des Freistaates etabliert. Seit Juli 2017 ist das Angebot in die Regelfinanzierung durch die Stadt übernommen.

Konzeption und Ziele

Die Angebote (Kindergruppen „Drehscheibe“ und „Keep Cool“) richten sich an Kinder aus suchtbelasteten Familien mit dem Ziel, dem Risiko, als Kind suchtkranker Eltern selbst einmal eine psychische Erkrankung oder Abhängigkeit zu entwickeln, im Rahmen von psychoedukativen Angeboten entgegenzuwirken. Dazu wird eine Reihe verschiedener Bausteine realisiert: Informations- und Beratungsgespräche für Kinder von suchtkranken/psychisch kranken Eltern, um so u.a. – altersangemessen – das Thema Sucht oder psychische Erkrankung zu enttabuisieren. Es geht darum, Kindern situationsangemessene Stressbewältigungsstrategien zu vermitteln, insbesondere im Umgang mit ihren Emotionen. Kinder sollen Kenntnisse erlangen über die Wirkung von Alkohol und anderen Drogen sowie die damit verbundenen Verhaltensweisen. Außerdem sollen sie die für sie bestimmten Hilfsmöglichkeiten kennenlernen. Durch die präventiven und Resilienz fördernden Angebote werden die Selbstwirksamkeitserwartung und der Selbstwert der Kinder und Jugendlichen erhöht und sie werden beim Aufbau eines positiven Selbstkonzeptes unterstützt.

Auch im Hinblick auf die Eltern werden mit den Angeboten Ziele formuliert, um sie zur Mitwirkung im Interesse ihrer Kinder zu motivieren. Sie werden über Informations- und Beratungsgespräche für die Auswirkungen von psychischen Erkrankungen, insbesondere Suchterkrankungen in der Familie, sensibilisiert. Es gibt regelmäßige Entwicklungsgespräche im Hinblick auf den Ist-Stand der Kinder, die Eltern werden unterstützt bei der Erarbeitung eines Notfallplans bei Krisen mit dem Fokus, Hilfs- und Unterstützungsmöglichkeiten für die Kinder mit einzubeziehen, und sie erhalten passende Beratungs-, Hilfs- oder Behandlungsangebote.

Vorgehen und Umsetzung

Die Kindergruppen „Drehscheibe“ und „Keep Cool“ werden durch zwei Fachkräfte des Fachbereiches Familienhilfe für Kinder im Alter zwischen sieben bzw. acht und zwölf Jahren durchgeführt.

Das Projekt „Drehscheibe“ richtet sich an die Zielgruppe Kinder von suchtkranken und/oder psychisch kranken Eltern. Es beinhaltet einen psychoedukativen Teil und ein Sport- und Spielangebot. Anhand verschiedener Manuale, die wissenschaftlich entwickelt wurden („Trampolin“-Programm, „ECHT STARK!“-Manual, „Esmeralda – wie geht es dir?“), soll die Resilienz der teilnehmenden Kinder gestärkt werden. Es handelt sich um ein fortlaufendes Angebot, das einmal wöchentlich für 1,5 Stunden im Fachbereich Familienhilfe stattfindet. In den Ferien gibt es zusätzliche Angebote. Den Kindern wird in der Gruppe die Chance geboten, sich mit der belastenden familiären Situation, dem Tabuthema Alkohol und/oder Drogen auseinanderzusetzen und die damit verbundenen unterdrückten Gefühle wahrzunehmen und zuzulassen, um einen adäquaten Umgang damit zu finden. Die Teilnahme an der Gruppe ist für die Kinder im Alter von acht bis zwölf Jahren unabhängig vom Suchtverlauf, Konsumstatus oder Veränderungswillen ihrer Eltern möglich. Den Kindern wird ermöglicht, innerhalb der Angebote Verantwortung abzugeben und sich als Kind zu fühlen.

Das Projekt „Keep Cool“ richtet sich an Kinder im Alter von sieben bis zwölf Jahren. Es handelt sich um ein modulares Programm mit neun Einheiten von jeweils 1,5 Stunden, das an Leipziger Schulen durchgeführt wird. Altersgerecht wird den Kindern psychoedukativ Wissen über Suchterkrankung/psychische Erkrankungen, Stressbewältigungsstrategien sowie Unterstützungsangebote vermittelt. Es richtet sich auch an Kinder, die keine Berührung mit dem Thema haben – sie sollen so sensibilisiert werden.

Begründung der Prämierung

Die Angebote treffen im Kern das Ausschreibungsthema des Sonderpreises der Krankenkassen, nämlich Angebote zur Gesundheitsförderung und Prävention für Kinder aus suchtbelasteten Familien bereitzustellen. Diese Angebote sind zielgruppenspezifisch in Ansprache und Methoden aufgelegt. Sie ermöglichen Kindern aus suchtbelasteten Familien die Erfahrung, Verantwortung abgeben zu können und nicht allein zu sein. Darüber hinaus werden auch Kinder, die keine Berührung mit der Suchtproblematik haben, für das Thema sensibilisiert und gestärkt.

Hinter der Arbeit steht ein breit angelegtes Netzwerk (u.a. Suchtbeauftragte, Psychologin des Bereichs Suchtkrankenhilfe des Gesundheitsamtes, Förderverein Zentrum für Drogenhilfe e. V., Schulsozialarbeiter*innen, Erzieher*innen, Familienhelfer*innen, Allgemeiner Sozialer Dienst, Kinderpsycholog*innen, Erziehungs- und Familienberatungsstellen). Die Zusammenarbeit mit Netzwerkpartnern ist eine Voraussetzung für wirksame Hilfeleistungen.

Auch die Stadt Leipzig unterstützt die Arbeit. Das Angebot ist seit einigen Jahren in die Regelfinanzierung durch die Stadt übernommen und eingebettet in das Konzept der Leipziger Sucht- und Drogenhilfe. Es ist damit perspektivisch gesichert und erfährt eine politische Unterstützung durch die Stadtratsbeschlüsse, aber auch die Stadtspitze.

Die Angebote basieren auf wissenschaftlichen Konzepten, die nach den ersten Praxisanwendungen evaluiert und nachgesteuert wurden. Die Wirksamkeit ist damit langjährig in der Praxis erprobt. Zudem werden die Angebote der Kindergruppen regelmäßig in Arbeitskreisen und bei Fachgesprächen mit Netzwerkpartnern vorgestellt und diskutiert.

Bereits in der Konzeptphase wurde festgelegt, welche konkreten Wirkungen erreicht werden und anhand welcher Indikatoren diese überprüft werden sollen. Die Ziele sind differenziert für Kinder/Jugendliche und Eltern festgelegt, die über persönliche Informations- und Beratungsgespräche im Vorfeld zur Mitwirkung motiviert werden sollen.

Zur Qualitätssicherung wird eine Statistik geführt, die Auskunft über die Anzahl der teilnehmenden Kinder, die Suchtproblematik der Eltern, das Alter und die Geschlechtsverteilung der Kinder gibt. Die Angebote treffen auf eine große Nachfrage und haben hohe Teilnehmerzahlen. Zusätzlich wird ein Gruppentagebuch geführt, in welchem die besprochenen Inhalte der jeweiligen Gruppenstunde notiert werden. Den Kindern und ihren Eltern wird nach der Beendigung einer Einheit die Möglichkeit zu Familiengesprächen gegeben.

Die Angebote werden breit kommuniziert. Durch die Teilnahme an Fachveranstaltungen und die Vorstellung der Konzeption bei möglichen Kooperationspartnern wird auf das Angebot aufmerksam gemacht. Im Austausch mit den Netzwerkpartnern zeigt sich, dass Interesse an den durch die Fachkräfte angebotenen Gruppen besteht.

Zum Originalwettbewerbsbeitrag der Stadt Leipzig.