Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
Titel des Wettbewerbsbeitrags
Kurzfassung des Wettbewerbsbeitrags
Im Mittelpunkt des Projektes, welches zum siebten Mal in Folge stattfindet, steht eine große Plakatausstellung inklusive Infomaterial zu stoff- und nicht stoffgebundenen Süchten und diversen anderen Themen. Täglich finden zwei niederschwellige, auf die Zielgruppe ausgerichtete Vorträge a 80 Minuten statt. Der thematische Schwerpunkt liegt in: der Aufklärung, alle Süchte, die die Kommune betreffen, zu erfassen, zu reagieren und einzubinden, Vernetzung, nicht „ausschließlich“ vorzubeugen, sondern ehemalige Suchtkranke zu unterstützen, mitwirken und mitarbeiten lassen. Die Wirkung ist weitreichend und nachhaltig - von Aufklärung, Informationsaustausch, vor allem Sensibilisierung aller Teilnehmer*innen. Es entstehen Diskussionen, einige Besucher*innen fangen an über ihre eigenen Probleme zu reden, zu erkennen und Hilfe zu suchen. Das Jugendzentrum wird als Ort des Vertrauens gesehen. Durch die Vernetzung der verschiedenen Akteur*innen werden wir oft in Krisensituationen hinzugezogen und vermitteln. Über lange Sicht gesehen hat sich in der Stadt ein Präventionsrat gegründet. Das Thema Sucht ist kein Tabu mehr, es wird darüber gesprochen und „angefasst“.
Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
Für uns als Jugendfreizeit- und Bildungszentrum der Stadt Helmstedt ist Prävention ein wichtiger Baustein in der Arbeit mit Jugendlichen. Das Austesten und Überschreiten von Grenzen ist ein fester Bestandteil der persönlichen Entwicklungsphase unserer Zielgruppe. Sozialraumanalysen, die die zuständigen Kooperationspartner wie das Lukaswerk Helmstedt liefert, besagen, dass die Anzahl der Beratungen der U18 jährigen seit 2017 um zehn Klient*innen gestiegen sind. Erwähnenswert und untypisch ist allerdings, dass die Anzahl der Eltern, die zu Beratungsgesprächen erscheinen, von 31 auf 46 gestiegen ist.
Aus Einzelgesprächen mit den Jugendlichen entnehmen wir, dass der aktuelle Trend zur riskanten Einnahme von Medikamenten tendiert. Kürzlich ist ein 17jähriger männlicher jugendlicher Besucher aus unserem Haus an einer Überdosis Opioide der Klasse drei zugehörig, verstorben. Krisen unter den Jugendlichen mussten mit vielen Gesprächen aufgearbeitet werden. Das Thema Sucht ist somit erneut in den Fokus geraten.
Klar erkennbar ist auch der ansteigende Cannabiskonsum der zwölf bis 17jährigen Jugendlichen im Landkreis Helmstedt. Nicht zu verharmlosen ist ebenso der Nikotinmissbrauch der 14/15jährigen Jugendlichen Besucher des JFBZs. Der Bedarf an Aufklärung, Prävention und Vernetzung aller Akteure ist von immenser Wichtigkeit wie die Bedarfsanalysen zeigen.
Das Modell der Sucht- und Präventionstage ist im Konzept des Jugendfreizeit- und Bildungszentrums der Stadt Helmstedt implementiert und somit kontinuierlich (personell und zeitlich). 2016 hat sich in der Stadt Helmstedt erneut ein Präventionsrat gegründet. Es wurden bisher verschiedene Themen behandelt, aktuell ist das Thema Suchtprävention im Fokus und wird intensiv bearbeitet. Alle Akteure tragen Ergebnisse aus den unterschiedlichsten Settings für eine vollständige Bedarfsanalyse zusammen und verständigen sich auf ein gemeinsames Verständnis von Suchtprävention.
Ziel der Sucht- und Präventionstage der Stadt Helmstedt ist es
- Das Thema soll niederschwellig für jedermann zugänglich sein.
- Das Thema Sucht soll in Helmstedt kein Tabuthema mehr sein.
- Nähe zur Zielgruppe um möglichst viel Lebenswelt der Jugendlichen und ihrer Familien zu erfahren um dort ansetzen zu können und Aufklärung zu leisten so früh als möglich.
- Stärkung und Gesunderhaltung eines jeden Individuums.
- Sensibilisierung der Jugendlichen und der Peer Group.
- Steigerung des Bekanntheitsgrades unseres Präventionsmodelles in Kombination mit ehemaligen Suchtkranken inklusive Profis aus der Suchtberatung.
- Aufzeigen von Gefahren von riskantem stoffgebundenen und nicht stoffgebundenen Konsumverhalten.
- Vernetzung aller Akteure und somit greifbare Anlaufstellen.
Unser Wettbewerbsbeitrag richtet sich an Besucher des Hauses, im Alter von 6 – 25 Jahren, an Schüler und Schülerinnen, Lehrkräfte, Multiplikatoren, Privatpersonen, Betroffene, Eltern, an alle, die interessiert sind, an die Öffentlichkeit.
Über das Jahr wird eine aktuelle Bedarfsanalyse erstellt. Wir richten unsere Sucht- und Präventionstage anhand der Bedürfnisse und der aktuellen Geschehnisse, sowie an einzelne Rückmeldungen der Schulsozialarbeiter*innen und unserer Besucher aus. Referent*innen zu den verschiedenen Themengebieten werden gewonnen. Die Mischung der verschiedenen Akteure und Referent*innen der Beiträge ist hier von hoher Bedeutung. So haben wir Referent*innen aus den unterschiedlichsten Bereichen, wie z.B. der Polizei, Sozialarbeiter*innen, Suchtberater*innen aus Therapieeinrichtungen, Mitglieder aus Selbsthilfegruppen, etc.. Die Inhalte der Vorträge richten sich nach der Bedarfsanalyse. Ein Programm wird auf die Beine gestellt und verteilt via Printmedien, Homepages des Jugendzentrums, der Stadt Helmstedt, die Presse wird eingeladen. Es werden Einladungen über Internetverteiler über diverse Arbeitsgruppen verschickt. Es werden gezielt Einladungen an die Rektor*innen aller weiterführenden Schulen geschickt, alle Schulsozialarbeiter*innen werden integriert.Außerdem werden Plakate im gesamten Stadtgebiet verteilt und ausgehängt.
Um besser planen zu können bitten wir große Gruppen darum, sich telefonisch, persönlich oder per Email anzumelden, damit wir die Kapazitätsgrenze einhalten können. Ebenso sind Angaben über die Schulform und das Alter wichtig, damit sich die Referent*innen auf die jeweilige Zielgruppe vorbereiten können. Präventionsmaterialien wie Flyer, Broschüren und „Giveaways“ werden auf Vollständigkeit überprüft. Fehlende Materialien werden bei der BZGA angefordert.
Am Wochenende, vor Beginn der Veranstaltung, wird im ersten Stock des Jugendzentrums, im Saal, eine große Plakatausstellung aufgebaut. Ein Team aus ehrenamtlichen Helfer*innen, Jugendlichen und hauptamtlichen Mitarbeiter*innen baut über mehrere Stunden unter Anleitung des ehemaligen Vorsitzenden des Selbsthilfezentrums Lichtblick e.V. die Ausstellung nach Themen gegliedert auf. Der hauseigene DJ des Jugendzentrums, auch ein ehemaliger Jugendlicher, kümmert sich um die Verkabelung des Soundsystems und baut ein Funkmikrofon für die Referenten auf. Unser DJ hat selbst von klein auf Erfahrungen mit alkoholabhängigen Eltern und selbst für ihn ist der Aufbau und die gesamte Begleitung der Projektwoche eine Herzensangelegenheit. Am Rande des Saales werden Tische aufgebaut, um themenspezifisch Broschüren, Flyer, Informationsmaterial, Aufklärungsbroschüren und Flyer von Anlaufstellen und Therapieeinrichtungen auszulegen.
In einem zweiten Raum werden verschiedene Flaschen Alkopops zur Veranschaulichung und ein Parcours aufgebaut. Hier wird für Interessierte ein Quiz zum Thema Alkohol angeboten, um niederschwellig Wissen zu vermitteln. Die Fragen des Quizes erklären z.B. Begriffe des reinen Alkohols, Ethanol, ein chemischer Stoff, der leicht entzündlich ist. Wir fragen die Jugendlichen, ob sie wissen, wieviel Alkohol eine Flasche Alkopops beinhaltet und warum dieses alkoholische Getränk so gefährlich ist. Der Höhepunkt allerdings ist im Anschluss der Parcours mit Rauschbrille. Diesen bieten wir unter Anleitung den freiwilligen Jugendlichen an. Das Haus ist im Besitz einer 0,8% Promille Brille (Tagsüber und bei Dunkelheit) und im Besitz einer 1,3 Rauschbrille (tagsüber und bei Dunkelheit). Der Brillenträger zeigt, verspürt sichtbar, dass Fehleinschätzungen von Nähe und Entfernung, Gleichgewichtstörungen und Verwirrtheit bei dieser Rauschsimulation dazu gehören. Gemeinsam sprechen wir über die Risiken, die damit einhergehen. Uns ist es wichtig, nicht nur hier praktisch zu agieren, sondern auch während den Vorträgen mit dem Publikum zu agieren, auf Fragen einzugehen. Alle Anwesenden haben jeweils die Möglichkeit, mit den Mitarbeitern des Jugendzentrums oder mit den Referenten ein Vier-Augen-Gespräch zu führen. Besonders, wenn ehemalige Abhängige sehr emotional berichten, wie sie in die Sucht geraten sind, was die Sucht zerstört hat und welche Folgen und Schäden das alles mit sich gebracht hat, muss danach oft „aufgefangen“ werden. Gerade in dieser Situation ist es das große Netzwerk wichtig, es kann im Notfall gleich vermittelt werden. Nicht selten machen Jugendliche nach solch einem Vortrag auf und erzählen von ihrer eigenen Problematik.
Zu Beginn unserer Sucht- und Präventionstage gibt es den jeweiligen Montag eine Eröffnung. Diese Eröffnung war in der Vergangenheit immer in den Vormittagsstunden. Da auch die Kommunalpolitik interessiert ist, die Sucht- und Präventionstage zu unterstützen und den Wunsch äußerte, das Ganze in den Nachmittag zu verschieben, haben wir dieses kurzerhand umgesetzt. Die Resonanz war eine bessere als in den Vorjahren.
Die Auslastung der Sucht – und Präventionstage ist jedes Jahr erstaunlicherweise eine komplett andere. Die letzte Aktionswoche war komplett ausgebucht.
Das Resümee der 7. Sucht- und Präventionstage der Stadt Helmstedt ist zusammenfassend einfach unglaublich positiv. Die ausgewählten Themen waren sehr ansprechend für alle Beteiligten. Die einzelnen Akteure waren unglaublich spontan und richteten sich nach dem Wissenstand und Schwerpunkten der Besucher. Die Rückmeldungen der Lehrer*innen und Schüler*innen waren sehr lobend. Einzelne Jugendliche verinnerlichten sich die Konsequenzen und Gefahren und verarbeiteten eigene Problemstellungen. Für uns als Team des Jugendfreizeit- und Bildungszentrums ist es einfach wichtig, eine jährliche Kontinuität in der Prävention vorzubringen. Nicht nur für die Besucher und Interessierten, sondern auch für unsere Mitarbeiterkultur. Sensibilisierung eines jeden einzelnen Akteurs und Besuchers. Über die Jahre
Prävention wird angenommen und es scheint, als wäre sie auch endlich angekommen in der Öffentlichkeit der Stadt Helmstedt. Das Ergebnis ist für uns ein Ansporn, immer wieder innovative Strategien zu entwickeln, um die Qualität der Suchttage und die Resonanz zu halten.
Bezug zu den einzelnen Bewertungskriterien
- Das Konzept des Jugendfreizeit- und Bildungszentrums ist partizipativ und ganzheitlich angelegt. Dieses Ziel zieht sich auch durch unser Projekt der Sucht- und Präventionstage. Die Jugendlichen werden mit eingebunden in den Aufbau, in die Themengestaltung und auch auf Wunsch in einzelne Vorträge. Unsere Klientel liefert uns durch Einzelgespräche Bausteine zur Ausgangssituation und gleichzeitig zur Bedarfsanalyse. Gute Ideen und Verbesserungsvorschläge der Jugendlichen setzen wir, wenn sie in unser Konzept passen, in die Tat um.
Dieses Jahr ist geplant, einen Jugendlichen mit in die Vorträge einzubinden. Wir hatten im letzten Jahr zum Beispiel einen Fachvortrag zum Thema Alkoholsucht mit Erfahrungsbericht eines trockenen Alkoholikers und in diesem Jahr ist geplant den gleichen Vortrag noch zusätzlich mit dem Erfahrungsbericht eines Familienangehörigen durchzuführen. Dieser Einfall fußt auf die Idee und auf den Wunsch eines jungen heranwachsenden Besuchers unseres Hauses. Mit Absprache aller beteiligten Akteure ist dieses fest geplant. Ebenso ist unser Hauptbesucherstamm von sich aus immer sehr interessiert daran, uns in allem zu unterstützen. Somit waren viele muslimische Jugendliche sehr interessiert daran, die Ausstellung mit Aufzubauen. Natürlich kamen dabei enorm viele Fragen und Gespräche auf, sowie Ideen für anderssprachige Flyer und Broschüren. Diese Idee wollen wir für nächstes Jahr mit berücksichtigen. Dieses sind einige Auszüge aus der partizipativen Arbeit mit der Zielgruppe.
- Im Präventionsrat der Stadt Helmstedt sind verschiedene Akteure vertreten, nicht nur Mitarbeiter*innen der Stadt Helmstedt aus dem Büro des Rates, des Ordnungsamtes, sondern auch Vertreter*innen der Polizei, Sozialarbeiter*innen, Suchtberater*innen aus Therapieeinrichtungen, etc., sondern auch Mitglieder der Parteien aus der Kommunalpolitik.
Gemeinsam erarbeiten wir Themen und Handlungsfelder. Das aktuelle Thema Suchtprävention ist in diesem Sinne auch Thema der Kommunalpolitik. Erstmals hatten wir einen offiziellen Besucher aus dem Bundestag zur Eröffnung unserer 7. Sucht- und Präventionstage im November 2019.
- Unser Wettbewerbsbeitrag ist nicht nur kontinuierlich, er ist auch ganzheitlich angelegt. Von stoffgebundenen Süchten über nicht stoffgebundene Süchte. Es ist unser Bestreben immer aktuell und innovativ ausgerichtet zu sein unsere Zielgruppe betreffend, sowie die neusten Erkenntnisse mit in unsere Ausstellung aufzunehmen. So sind zu den stoffgebundenen Süchten: Alkohol, Nikotin, Shisha, illegale Drogen (Cannabis, Kokain, Heroin, LSD, Crystal Meth, Speed, liquid Ecstasy, etc.), Medikamente und Drogen des NpSG hinzugekommen.
Zu den nicht stoffgebundenen Süchten wie Spielsucht ist Internetsucht, neue Medien, Apps wie Instagram, Facebook, YouTube und WhatsApp neu mit im Programm des Jugendfreizeit- und Bildungszentrums der Stadt Helmstedt.
Unser Präventionsmodell fußt auf einer mündlichen Ausgangs- und Bedarfsanalyse, die regelmäßig im Team des Jugendfreizeit- und Bildungszentrums aktualisiert wird. Diese Ergebnisse werden zum Quartalstreffen des Präventionsrates getragen. Dort werden Ergebnisse aller gemeinsamen Akteure zusammengetragen, verglichen und es wird sich auf ein gemeinsames Verständnis von Prävention verständigt.