Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
Titel des Wettbewerbsbeitrags
Kurzfassung des Wettbewerbsbeitrags
Der thematische Schwerpunkt
Die Zielsetzung des vorliegenden Konzeptes ist es, exzessivem Alkoholkonsum von Kindern und Jugendlichen auf unterschiedlichen Ebenen früh und präventiv zu begegnen und diese Thematik deshalb auch im Schulalltag zu integrieren.
Die „Rauschfreie Schule“ bietet Schulen ein Präventionskonzept passend zu dieser Thematik, aber auch in Bezug auf weitere Suchtmittel. Das Angebot ist in Module aufgeteilt. Jede Schule kann diese Module nach Absprache einzeln und individuell buchen.
Eine Evaluation auf Effektivität und Erfolg ist Bestandteil des Konzeptes und erfolgt begleitend zu den durchgeführten Modulen.
Bisherige Durchführung und Effekte
Seit Sommer 2013 nimmt eine kontinuierlich steigende Zahl von Schulen im Landkreis das Programm an, 2019 waren es 13 von 17 weiterführenden Schulen, 2020 werden es bereits 15 sein. Mit allen besteht mittlerweile eine kontinuierliche, jährliche Kooperation.
Neben Klassenworkshops werden dabei zunehmend Elternabende sowie Teamfortbildungen gebucht.
2018 ist die „Rauschfreie Schule“ durch die Hochschule Hannover evaluiert worden, wobei dem Programm positive sowie nachhaltige suchtpräventive Effekte bescheinigt wurden.
Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
Anlass und Ausgangssituation
2010 führte der Landkreis Grafschaft Bentheim eine Schülerbefragung in den Klassen sieben bis zehn der weiterführenden allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen durch (s. Anlage 1). In dieser Jugendstudie gaben 1.418 (26,4% der an der Umfrage teilnehmenden) Schüler*innen an, mindestens einmal innerhalb der letzten 30 Tage Rauschtrinken praktiziert zu haben (Binge Drinking = fünf oder mehr alkoholische Getränke bei einer Trinkge-egenheit; Konsum in sehr kurzer Zeit).
Dabei übten Jungen (28,8%) in der Altersgruppe der zwölf bis 17jährigen das Rauschtrinken häufiger aus als Mädchen (24,7%). Im Bundesdurchschnitt beliefen sich die Zahlen laut der Drogenaffinitäts-Studie aus dem Jahr 2011 der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) auf 20,4% für Jungen und 12,8 % für Mädchen. Dies bedeutet, dass die Zahlen im Landkreis Grafschaft Bentheim höher als im Bundesdurchschnitt lagen. Daher war ein eigenes speziell auf diese Zielgruppe ausgerichtetes Konzept notwendig. Es wurde von der Ökumenischen Fachambulanz Sucht im Landkreis Grafschaft Bentheim in enger Kooperation mit dem Kreisjugendamt entwickelt. Die Ökumenische Fachambulanz Sucht ist ein Kooperationsverbund aus Diakonie und Caritas. Ihr gehören das evangelisch-reformierte Diakonische Werk Grafschaft Bentheim und das Diakonische Werk des evangelisch-lutherischen Kirchenkreises Emsland-Bentheim sowie der Caritasverband Grafschaft Bentheim an.
Das in diesem Kooperationsverbund entwickelte Projekt wurde 2012 nach Umstrukturierung der Fördermodalitäten des Landkreises neu darin implementiert und im Sommer 2013 erstmalig durchgeführt.
Konzeption, Ziele und Zielgruppen
Konzeption
Die „Rauschfreie Schule“ ist ein modulares Angebot, das der individuellen Situation vor Ort und der Eigenverantwortlichkeit der Schulen Rechnung trägt.
Zielgruppen:
- Schüler*innen an weiterführenden Schulen im Landkreis Grafschaft Bentheim
- Lehrkräfte, Erzieher*innen, Schulsozialarbeiter*innen, etc.
- Eltern, Erziehungsberechtigte
Ziele
- Dem Trend des exzessiven Alkoholkonsums entgegenwirken (bei Bedarf können auch Informationen über andere Suchtmittel gegeben werden)
- Schüler*innen unterschiedlicher Altersstufen über die Problematik des riskanten Konsums (Rauschtrinken) informieren und sensibilisieren
- Lehrer*innen/Erzieher*innen/Schulsozialarbeiter*innen, etc. und Eltern in ihrer Verantwortung stärken und in ihrer Erziehungskompetenz unterstützen
- Durch Alkohol auffällig gewordene Schüler*innen sowie deren Eltern und Peergroup zeitnah Gesprächsmöglichkeiten anbieten
- Ziel für die Peerschulung ist es, Klassen- und Schülersprecher*innen den Anreiz zu geben, ihr Wissen zu erweitern und ihr eigenes Verhalten zu hinterfragen, aber auch betroffenen Schüler*innen Hilfestellung zu geben. Hier wird die Funktion als Vorbild und Ansprechpartner genutzt.
- Mit Schüler*innen und den an deren Erziehung beteiligten Personen über das Thema „Grenzerfahrungen“ sprechen
Vorgehen und Umsetzung
Es handelt sich bei der „Rauschfreien Schule“ um ein modulares Angebot, das der individuellen Situation vor Ort und der Eigenkompetenz der Schulen Rechnung trägt. Allen Schulen im Landkreis werden fünf verschiedene Module angeboten, die einzeln oder als Gesamtpaket gebucht werden können:
1. Schüler*innen-Workshops / 90 Minuten pro Schulklasse
2. Peergroup-Schulung / 6 x 45 Minuten
3. Elterninformationsabend / 90 Minuten
4. Elternschulung / 120 Minuten
5. Lehrer*innenfortbildung / 120 Minuten
Zur Auswahl der einzelnen Module wurde für die Schulen ein Modulbuchungsformular erstellt, das die einzelnen Module detaillierter erläutert. Alle Module werden von den Sozialarbeiter*innen der Ökumenischen Fachambulanz Sucht im Landkreis (ÖFAS) durchgeführt, die auch das Konzept der „Rauschfreien Schule“ entwickelt haben. Sie stehen den Schulen auch bei der Auswahl und Ausrichtung der Module beratend zur Verfügung. Detaillierte Information können dem Konzept entnommen werden.
Innerhalb der Module selbst haben die Schüler*innen die Möglichkeit durch eigene Impulse oder vorliegende Fälle Einfluss auf die Ausrichtung und Inhalte zu nehmen. Dies ist auch möglich durch den Einsatz von Sozialarbeiter*innen, die sowohl in der präventiven als auch der Einzelfallarbeit erfahren sind. Auch die übrigen Module können auf aktuelle Fragen eingehen und interaktiv gestaltet werden.
Jeder Schule wird dieses Programm zu folgenden Konditionen angeboten:
Bei Buchung eines einzelnen Moduls übernimmt der Landkreis Grafschaft Bentheim 80% der entstehenden Honorar- und Materialkosten, die verbleibenden 20% die Schule selbst. Werden mindestens zwei Module (für zwei verschiedene Zielgruppen) gebucht, übernimmt der Landkreis 100% der entstehenden Kosten. Diese abgestufte Förderung trägt dem Ansatz Rechnung, in der Suchtprävention möglichst viele Akteure auf unterschiedlichen Ebenen miteinzubeziehen. Mittlerweile macht der Großteil der Schulen von dieser Möglichkeit Gebrauch, sodass neben Klassenworkshops zunehmend Module für die Zielgruppen der Eltern und des Kollegiums stattfinden (s. hierzu Förderrichtlinien und Flyer für Maßnahmen zur Alkoholprävention im Anhang).
Ergebnisse und Erreichtes/Wirkungen
Das Präventionskonzept wurde 2018 von der Hochschule Hannover wissenschaftlich evaluiert.
Wesentliche Aussagen aus der Evaluation sind:
- Das Präventionsprojekt erzielt positive Effekte durch die hohe Akzeptanz durch die Zielgruppen. Es ist wissenschaftlich fundiert und ressourcenorientiert. Das Projekt erreicht mit geringen Mitteln relativ viel, es besteht dennoch ein hoher Bedarf an Präventionsmaßnahmen.
- Es muss eine weitere Sensibilisierung von Erwachsenen erfolgen, insbesondere der Erziehungsberechtigten, da diese als „Vorbild für den Suchtmittelkonsum“ genommen werden.
- Die teilnehmenden Jugendlichen haben nach Abschluss des Projektes weniger konsumiert. Es setzt in der Altersstufe an, in der der Alkoholkonsum thematisiert wird und in der Jugendliche Orientierung benötigen.
- Es bedarf neuer Konzepte bzw. der Erweiterung bestehender Formate, da Themen wie z.B. Onlinesucht noch nicht mitabgedeckt werden.
- Durch Rückmeldungen in den Schülerveranstaltungen sowie Ergebnisse aus den Konsumprofilen ist während der Laufzeit des Projektes bereits ein neuer Baustein für den neunten Jahrgang entstanden. Der Schwerpunkt liegt hier auf dem Konsum von Tabak, THC, Amphetaminen und Legal Highs.
Zusätzlich werden fortlaufend am Ende jeder Schülerveranstaltung Fragebögen durch die Teilnehmenden bzgl. des eigenen Konsumverhaltens sowie zur Zufriedenheit des Projektes ausgefüllt. Somit ist eine zeitgerechte Reaktion auf Veränderungswünsche- und bedarfe gewährleistet.
2019 führte der Landkreis Grafschaft Bentheim zum zweiten Mal eine flächendeckende Schülerbefragung in den Klassen sieben bis zehn durch, in der wiederum auch der Alkoholkonsum abgefragt wurde. Im Vergleich zu 2010 verzeichnete die Studie einen Rückgang des Alkoholkonsums unter den Jugendlichen. Dieser ist besonders deutlich hinsichtlich des Anteils von Jugendlichen, die regelmäßig Alkohol konsumieren und aus Sozialräumen stammen, in denen 2010 ein überproportional hoher regelmäßiger Alkoholkonsum verzeichnet wurde.