Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
Titel des Wettbewerbsbeitrags
Kurzfassung des Wettbewerbsbeitrags
Es handelt sich um fünf Präventionstage an verschiedenen Orten für Jugendliche in Schulen und Qualifizierungsmaßnahmen zum Thema Drogenkonsum. Innovativ ist die Aufführung eines Ein-Frau-Theaterstücks aus Sicht einer Betroffenen, das einen veränderten Zugang zum Thema schafft: nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern mit realistischen Darstellungen des Alltags mit Drogenkonsum will das Stück zu einer erhöhten Konsumkompetenz und einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Thema beitragen. Der Vortrag des Präventionsbeauftragten lieferte eine sachliche
Basis, und die Anwesenheit von verschiedenen Beratungsinstitutionen bot die Möglichkeit zur informellen Kontaktaufnahme.
Die Kooperation im Rahmen des Arbeitskreises Kinder- und Jugendschutz und die Organisation der Veranstaltung durch den Berufsbildungsverein Prenzlau e.V. führten zu verbesserter Kooperation der verschiedenen Träger und Institutionen.
Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
Anlass und Ausgangssituation
Der Landkreis Uckermark zählt mit 3.077 Quadratkilometern und 120.829 Einwohnern (Stand - 31.12.2014) zu den am dünnsten besiedelten Regionen Deutschlands. Präventionsveranstaltungen für SchülerInnen müssen daher dezentral stattfinden, um den Schulen die Teilnahme ohne lange Fahrzeiten und hohe Fahrtkosten zu ermöglichen.
Im Rahmen der Prävention wird deutlich, dass für die Jugendlichen auch in der Uckermark die Begegnung mit illegalen Drogen zum Alltag gehört, während große Teile der Elterngeneration durch ihr Aufwachsen in der ehemaligen DDR über wenige oder gar keine eigenen Erfahrungen mit dem Thema verfügen, so dass sie den Erfahrungen ihrer Kinder recht hilflos gegenüberstehen. Die Jugendlichen bilden sich ihre Meinung daher weitgehend im Kreis Gleichaltriger. Das vorliegende Projekt bezieht diese Faktoren mit ein.
Im November 2013 fanden Jugendfilmtage zum Thema Nikotin und Alkohol in Zusammenarbeit mit der BzgA statt, an denen knapp 1000 Schüler teilnahmen. Auf die Kontakte und Erfahrungen dieser Veranstaltung konnte das Projekt aufbauen.
Die Kooperationspartner
Es handelt sich um ein Kooperationsprojekt des Berufsbildungsvereins Prenzlau e.V. (BBVP e.V.) mit dem Arbeitskreis Kinder- und Jugendschutz am Jugendamt des Landkreises Uckermark, finanziert durch die Stiftung Aktion Mensch. Der BBVP e.V. als Antragsteller ist vertreten im Arbeitskreis Kinder- und Jugendschutz am Landkreis Uckermark. Dieser Arbeitskreis verfolgt zentral die Ziele des §14 SGB 8 (erzieherischer Kinder- und Jugendschutz) und bietet eine Plattform zur Vernetzung von Freizeit- und Hilfeeinrichtungen, Beratungsstellen und Sozialarbeit. In diesem AK wurde die inhaltliche Planung des Projekts geleistet. Er verfügt über die notwendige Vernetzung zur Gewinnung von Veranstaltungsräumen und stellte auch die notwendigen personellen Ressourcen für die Veranstaltungsdurchführung (z.B. Logistik und Moderation).
Der Arbeitskreis steht unter der Leitung des Jugendamts des Landkreises Uckermark und hat folgende Teilnehmer:
- Angermünder Bildungswerk (Schulsozialarbeit)
- Arbeiterwohlfahrt Kreisverband Uckermark (Schulsozialarbeit)
- Berufsbildungsverein Prenzlau
- Evangelischer Kirchenkreis Uckermark (Jugendhaus "Kurkuma", Streetworker Prenzlau)
- Evangelisches Jugend und Fürsorgewerk (mit Sucht-, Erziehungs-, Familien und Schwangerschaftskonfliktberatung in Prenzlau, Beratungsstelle "Lichtblick“ in Templin)
- Impuls Prenzlau (Mehrgenerationenhaus)
- Interessengemeinschaft Frauen und Familie Prenzlau (Jugendhaus "Puzzle", Haus des Kindes, Schulsozialarbeit, Kinder- und Jugendnotdienst)
- Jugendkulturzentrum "Alte Brauerei" Angermünde
- Kommunale Kinder- und Jugendarbeit der Stadt Templin
- Medizinisch-Soziales Zentrum Uckermark (Suchtberatungen Angermünde und Templin)
- SoFa Stegemann und Göde (Sozialpädagog. Familienhilfe)
- Stadt Prenzlau (Schulsozialarbeit)
Konzeption, Ziele und Zielgruppen
Das Projekt „Rausch und Risiko“ bestand aus fünf Präventionstagen zum Umgang mit Drogen, an verschiedenen Orten mit verschiedenen Zielgruppen.
Das Oberziel der Drogenprävention wurde untergliedert in die folgenden Unterziele:
- Aktualisierung/Thematisierung suchtspezifischer Schemata (Vermeidung, Verleugnung, Tabuisierung, doppelte Buchführung, Fassadenbildung)
- Induktion persönlicher Betroffenheit
- Ausdifferenzierung von Suchtstereotypen (Abbau von Vorurteilen)
- Ausdifferenzierung des Bewusstseins für gesellschaftlichen Druck als suchtbegünstigenden Faktor
- Kommunikation der professionellen Hilfsangebote
- Vernetzung von Helfersystem, Multiplikatoren und Zielgruppe
- Sensibilisierung für Häufigkeit und Vorliegen von Suchtproblematiken und Suchtrisiken
- Aufklärung zu Konsumkompetenzen, zur Differenzierung von Genuss und Sucht
Die Veranstaltungstage setzten sich aus den folgenden Bausteinen zusammen (der zeitliche Ablaufplan kann dem beiliegenden Flyer entnommen werden):
- "Rausch und Risiko", Referat der Präventionsfachstelle des Landes Brandenburg, Carsten Schroeder. Das Referat leitete in das Thema ein, klärte auf hinsichtlich des Wesens von Suchterkrankungen und thematisierte aus Sicht der Gesundheitsförderung Konsumkompetenzen.
- "Welche Droge passt zu mir?", Ein Monolog zum Thema Drogensucht aus Sicht einer Betroffenen, gespielt von Schauspielerin Katja Hensel. Das Ein-Frau-Schauspiel schildert eindringlich die typischen Umgangsweisen mit Drogen und inszeniert lebhaft die Hilflosigkeit der Betroffenen in ihrer Suche nach einer gesellschaftlichen Nische und persönlichem Glück.
- Moderierte Gesprächsgruppen zur Reflexion des Erlebten und Abpufferung aktualisierter Suchtproblematiken (leitfadengestützt, Leitfaden s. Anhang). Die Gruppen dienten der Nachbereitung des Zuschauer-Erlebens und boten so einen Raum für den Austausch persönlicher Ansichten zu Drogenerfahrungen, -gefährdungen und Konsumkompetenzen. Die Gruppen sollten ebenfalls negative Effekte abpuffern, falls Teilnehmer von persönlicher Betroffenheit überschwemmt würden. Es konnte auf Erfahrungen der Suchtberatungsstellen mit derartigen Gruppen zurückgegriffen werden.
- begleitend Wanderausstellung der Beratungsstelle Lichtblick (Kunstprojekt Betroffener zum Thema "Wie sehe ich mich in der Gesellschaft")
- begleitend Informationsstände der örtlichen Hilfsinstitutionen (Suchtberatung,
Polizei, Schuldnerberatung)
Zielgruppe waren Jugendliche ab 16 Jahre bis ca. 25 Jahre (genderunspezifisch). Die Ansprache der Zielgruppe erfolgte über Multiplikatoren allgemeinbildender und beruflicher Bildungsträger der vier Veranstaltungsorte, es waren somit deren Schüler beziehungsweise Auszubildende. Die Untergrenze von 16 Jahren ist zunächst durch die Ausrichtung des Schauspiels (und dessen sprachlich-kognitiven Anspruch) gesetzt. Eine Eingrenzung des Alterspektrums ist ebenfalls wichtig, um eine hinreichend homogene Zielgruppe zu gewährleisten. Diese ist Voraussetzung für den Veranstaltungsbaustein der nachsorgenden Gruppen.
Vorgehen und Umsetzung
An folgenden Orten wurden Aktionstage durchgeführt:
in Prenzlau:
- Berufsbildungsverein Prenzlau e.V. am 16.09.2015
- Christa-und-Peter-Scherpf-Gymnasium am 22.09.2015,
- Max-Lindow -Schule mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt „Lernen“ am 13.10.2015;
in Templin:
- Oberstufenzentrum Uckermark am 01.10.2015;
in Angermünde:
- Jugendkulturzentrum „Alte Brauerei“ mit Beteiligung Oberschule und Teilnehmern berufspädagogischer Maßnahmen am 07.10.2015
Schwedt konnte aufgrund des kurzfristigen Ausfalls der rekrutierten Zielgruppe nicht bedient werden, es wurde auf einen dritten Termin in Prenzlau ausgewichen. Es konnten insgesamt 376 Teilnehmer im Alter von 15 bis 25 erreicht werden. Sie kamen aus verschiedenen Bildungsgängen, junge Erwachsene in der
Erzieherausbildung waren ebenso dabei wie Jugendliche ohne Schulabschluss und Förderschüler. Sinnvoll erschien die Mischung der Teilnehmer.
Innovationsgehalt
Die Veranstaltung stellte die Auseinandersetzung mit der Abhängigkeitsproblematik durch das empathische Erleben der Gefühle und Probleme der Protagonistin des Theaterstücks in den Vordergrund. In den Austauschrunden ging es um die Erfahrungen und eigenen Erlebnisse der Jugendlichen und um ihre emotionale Betroffenheit durch das Theaterstück. Die fachlichen Inputs durch den Präventionsbeauftragten boten das Gerüst, um diese emotionalen Erlebnisse einzuordnen.
Die Rückmeldungen der Jugendlichen zeigten, dass sie sich ernst genommen und persönlich angesprochen fühlten. Im Gegensatz zu anderen Veranstaltungen, die mit „erhobenem Zeigefinger“ arbeiten und von Jugendlichen sehr schnell abgelehnt wurden, haben sich die Teilnehmer auf das Theaterstück und die Diskussionsrunden mehrheitlich eingelassen.
Die Zusammenarbeit der verschiedenen Institutionen (Jugendamt, Bildungsträger, Beratungsstellen, Schulen, freie Träger der Jugendhilfe) während der Präventionstage bot den Teilnehmern die Möglichkeit, die Institutionen kennen zu lernen und Berührungsängste abzubauen. Für die Mitarbeiter der Institutionen bot sich die Möglichkeit zur Vernetzung.
Ergebnisse und Erreichtes
Das Referat der Überregionalen Suchtpräventionsfachstelle wirkte auf die Teilnehmer eingangs zu umfangreich und informationsgeladen. Es wurde deswegen im Verlauf der Veranstaltungsreihe zunehmend auf das Klientel zugeschnitten, indem es übersichtlicher, interaktiver und umgangssprachlicher abgehalten wurde.
Das Schauspiel erwies sich als extrem gut geeignet, um die Drogenthematik zu veranschaulichen und zu enttabuisieren. Bestehende Problematiken bei den Teilnehmern konnten so aktualisiert und damit der Reflexion potentiell zugänglich gemacht werden. Um angesichts dieser Authentizität die für eine Reflexion nötige Distanzierung gewährleisten zu können, wurde ab dem zweiten Termin darauf geachtet, die dargestellte Rolle im direkten Anschluss des Spiels aufzulösen und damit von der privaten Person der Schauspielerin zu trennen.
In den moderierten Kleingruppen konnten insbesondere die Ziele der Enttabuisierung und Aufklärung (z.B. bezüglich Hilfsangeboten) verfolgt werden. Der Ausschluss der Klassenleitung beziehungsweise Multiplikatoren der Einrichtungen aus diesen Gruppen erwies sich meist als hilfreich im Sinne des Ziels der Selbstöffnung. In Einzelfällen wurde von Seiten der Teilnehmer wie der von Einrichtungen aber auch das Gegenteil berichtet, weshalb zukünftig die Entscheidung gemeinsam mit der Zielgruppe im Voraus der Veranstaltung getroffen werden sollte. Einmalig mussten Teilnehmer wegen störenden Verhaltens aus den Gruppen verwiesen werden. Die Bereitstellung eines alternativen, eher informellen Angebots für dieses Klientel erscheint für den Fall der Durchführung ähnlicher Maßnahmen zukünftig sinnvoll.
Der Hintergrunddienst parallel zu den Kleingruppen (zwecks individueller Stützung einzelner Teilnehmer bei Überforderung in der Gruppensituation) wurde von den Teilnehmern nicht in Anspruch genommen.
Dem Kunstprojekt wurde leider zu geringe Aufmerksamkeit geschenkt. Das mag einerseits an dem erheblichen Aufwand liegen, der technisch-räumlich für eine verstärkt ansprechende Installation notwendig wäre. Andererseits könnte es zukünftig eine Perspektive sein, das Kunstprojekt gezielt vorzustellen und anhand von Gesprächen mit den Künstlern zu moderieren. Im Rahmen der im Verlauf befindlichen Veranstaltungsreihe hätte dies allerdings die Ressourcen gesprengt.
Die Vorstellung von Beratungsangeboten in Form von Präsentationsständen wurde eingangs etwas zögerlich angenommen. Auch deshalb wurden die Präsentationsstände ergänzt um persönliche Kurzvorstellungen der Beratungsfachkräfte im großen Kreis. Hier nutzten die Teilnehmer dann die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Auch wurden in sich direkt anschließenden Einzelgesprächen individuelle Kontakte mit Hilfsinstitutionen hergestellt.
Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit gingen vor, während und nach der Veranstaltungsreihe Presseinformationen an die einschlägigen Medien. Die Resonanz auf das Projekt war dabei erstaunlich stark. Positiv hervorgehoben wurde die „Neuartigkeit“ des Veranstaltungskonzepts: der Verzicht auf den „erhobenen Zeigefinger“, der provokative Einblick in die Welt einer Drogenabhängigen, sowie der zentrale Ansatz der Enttabuisierung. Die Veröffentlichungen soweit sind als Anlage beigefügt.
Die Evaluation der Veranstaltungsreihe (s. Anlage) erfolgte anhand leitfadengestützter Interviews mit den Ortskoordinatoren bzw. Multiplikatoren. Die Ergebnisse deuten auf eine in den wesentlichen Bausteinen hohe bis sehr hohe Zufriedenheit (geschlossenes Antwortformat im Zufriedenheitsurteil). Sie sind Grundlage für die weitere Arbeit im Arbeitskreis Kinder- und Jugendschutz und geben insbesondere auch Hinweise auf Bedarfe nach verstärkter Kooperation der Veranstalter/Anbieter mit den Einrichtungen.
Fragen zum Wettbewerbsbeitrag
C 1 Fragen zur gesamtkommunalen Einbindung des Wettbewerbsbeitrags
C 2 Fragen zur Konzeption und Ausrichtung des Wettbewerbsbeitrags
Partydrogen (extasy/ecstasy etc.)
Einsatz künstlerischer Mittel (Theaterstück) durch Schauspielerin, Zusammenarbeit mit Einrichtungen der Benachteiligtenförderung
C 3 Fragen zur Umsetzung des Wettbewerbsbeitrags
Schuldnerberatung, Mehrgenerationenhaus
Protokolle Vorbereitungstreffen mit verbindlicher Aufgabenverteilung und Ablaufplanung