Angebot gegen Komatrinken "ZiL- Zurück ins Leben" in der Stadt Heilbronn

Ausgangslage

In den letzten Jahren stieg die Zahl jugendlicher Koma-Trinker bundesweit um mehr als das Doppelte an. In Anlehnung an das Bundesmodellprojekt "HaLT–Hart am Limit" wurde den Kommunen die Umsetzung von Projekten gegen Koma-Trinken empfohlen. Im Rahmen der ARGE Sucht führt der Träger Diakonisches Werk Heilbronn auf Grundlage der GR-Drucksache Nr. 273 vom 22.11.2010 das Angebot gegen Koma-Trinken "ZiL - Zurück ins Leben" in der Stadt Heilbronn mit einer sozialpädagogischen Fachkraft mit 25%durch. Das Projekt wurde 2008 bis 2010 mit jeweils befristeter städtischer Förderung  durchgeführt. Seit 2011 wurde das Projekt in das Regelangebot der ARGE Sucht aufgenommen.

Diagramm zur Entwicklung der alkoholbediongten Krankenhausbehandlungen bei 13- bis 19-Jährigen in der Regiion Heilbronn

Zielgruppe

Das Angebot richtet sich an Kinder und Jugendliche, welche mit Alkoholvergiftungen ins Krankenhaus eingeliefert oder wegen riskantem Alkoholkonsum bei Ärzten, Ordnungsbehörden, etc. auffällig geworden sind. Das Beratungsangebot kann ebenfalls von deren Familien und Freunden in Anspruch genommen werden. In Ergänzung zu "HaLT" sollen auch Angebote für junge Erwachsene bis 21 Jahren stattfinden (Siehe Anlage: Flyer).

Konzeption

Krisenintervention:

Ziel ist es, Jugendliche, die wegen akuter Alkoholvergiftung in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des SLK am Gesundbrunnen aufgenommen wurden, möglichst direkt im Krankenhaus für ein Erstgespräch aufzusuchen. Dies erfolgt nach Möglichkeit innerhalb der ersten 48 Std. nach der Einlieferung. Im "Brückengespräch mit den Jugendlichen und im "Elterngespräch wird die familiäre Situation erhoben. Das Beratungsangebot kann auch von "jungen Erwachsenen bis 21 Jahren in Anspruch genommen werden.

Diagramm zu Einlieferungen in die Kinder- und Jugendklinik und die Anzahl der Teilnehmer an Projekten gegen Koma-Trinken in den Jahren 2009, 2010 und 2011

Diagramm zur Teilnahme an Projekten gegen Koma-Trinken bezogen auf den Landkreis Heilbronn, Stadt Heilbronn und andere Landkreise in den Jahren 2009, 2010 und 2011

Auszug aus der Statistik 2011:

  • Unter den 66 Jugendlichen befinden sich 27 Mädchen und 39 Jungen.
  • Die jungen Menschen sind zwischen 12 und 17 Jahre alt. Die Promillewerte reichen von 0,2 bis 3,1. Es sind alle sozialen Schichten und Schularten vertreten.
  • Gründe für das Komatrinken sind hauptsächlich Neugierde, Unwissenheit, Wetttrinken und das Dazugehören zu einer Gruppe.
  • Gleichaltrige oder ältere Freunde werden als Bezugsquelle genannt.

Nachbetreuung und Casemanagement:

Grundlage ist die lebensweltorientierte Ausrichtung von Sozialangeboten in der Stadt Heilbronn. Daher nimmt die sozialpädagogische Fachkraft Kontakt mit den Stellen und Diensten auf, die im Lebensumfeld der Jugendlichen angesiedelt sind, um die Angebote in eine sinnvolle Hilfekette zu verknüpfen. Die Bausteine der Nachbetreuung sind:

  • Der betroffene junge Mensch wird zur Teilnahme am "Risiko-Check, d. h. einem Gruppenangebot mit Informations- und erlebnispädagogischen Teil (Kletterarena zur Steigerung der Risikokompetenz), eingeladen. Das Gruppenangebot im Sinne von HaLT wird ca. viermal jährlich angeboten. Hierzu werden auch die wohnortnahen Räumlichkeiten z. B. der Jugend- und Familienzentren als Veranstaltungsort genutzt. An dem Angebot nehmen auch Freunde und weitere Jugendliche mit einem riskanten Alkoholkonsum aus den Jugendeinrichtungen teil (siehe Anlage: Bewertung Risikocheck durch Jugendliche).
  • Es werden Wege aufgezeigt, wie eine "Anbindung in das städtische Netzwerk (z. B. Jugend-und Familienzentren, Vereine, Schulsozialarbeit, Erziehungsberatung, etc.) aussehen kann und Kontakte hergestellt. Ziel ist es, Gründe für den missbräuchlichen Alkoholkonsum gemeinsam mit weiteren Stellen aufzuarbeiten und das individuelle Trinkverhalten des jungen Menschen zu klären.


Netzwerkarbeit und Rufbereitschaft:

Eine enge "Kooperation mit der Kinderklinik ist notwendig. Dies erfolgt über die Einrichtung des Notrufs, über den in Akutzeiten auch außerhalb der üblichen Beratungszeiten eine sozialpädagogische Fachkraft zur Beratung von betroffenen Jugendlichen erreicht werden kann. Die "Rufbereitschaft über das Bereitschaftshandy: Mo bis Do von 10:00-12:00 Uhr und von 13:00-15:00 Uhr sowie Fr bis So und an Feiertagen von 08:00-22:00 Uhr wird von dem Träger vorgehalten. Im Klinikum werden Info-Päckchen bereitgelegt.

Begleitkreis:

Um die Angebote fortlaufend zu optimieren und eine möglichst gute Koordination der Hilfe zu ermöglichen, wurde bereits im April 2009 der Begleitkreis initiiert. Neben den MitarbeiterInnen des Trägers sind hier die beiden Kommunen durch die Suchtkoordinatoren sowie das SLK-Klinikum am Gesundbrunnen durch den Klinikpsychologen vertreten. Der Begleitkreis tagt im Abstand von vier bis acht Wochen, lässt sich über die zwischenzeitlich erfolgten Aktivitäten berichten und bringt neue Ideen (z.B. in punkto Erreichbarkeit, Qualitätsstandards) ein. Die Hauptaufgabe besteht somit in einer kritisch-konstruktiven Begleitung. Die Tagesordnung und das Protokoll werden vom Träger erstellt.

Fazit:

  • Schnelle Reaktion und Nahtlosigkeit, daher können 90% der Jugendlichen direkt am Krankenbett beraten werden
  • Wirksamkeit des Projektes ist aufgrund der Vernetzung mit den regionalen Kooperationspartner hoch
  • Umfassende Aufklärung der Jugendlichen und Eltern zum Thema Alkohol
  • Projekt ist vielseitig, da es aus mehreren Bausteinen besteht
  • Ganzheitliche Beratung der betroffenen Familien und ggf. Weitervermittlung an andere Fachstellen

Ausblick: Erweiterung von Zugangswegen über die Polizei in Heilbronn

  • Polizeibeamte haben im Streifendienst regelmäßig Kontakt mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die riskant Alkohol konsumieren.
  • Wenn Jugendliche nach Hause geleitet werden, können die Eltern auf die Beratungsmöglichkeit aus den Projekten gegen Komatrinken hingewiesen werden.

Mit einer Einverständniserklärung der Eltern könnte die Suchtberatungsstelle der Diakonie Kontakt zu dieser Familie aufnehmen.

Welche Laufzeit hat das Projekt?: 
bis zu 2 Jahre
mehr als zwei Jahre (aber befristet)
Dauerangebot
Wie lange ist die Finanzierung des Projektes gesichert?: 
offen
bis zu zwei Jahre
dauerhaft
Wird das Projekt in seiner Qualität und Zielerreichung überprüft und bewertet bzw. evaluiert?: 
ja
geplant
nein
Anlagen: 

14_1581_1764_3265.pdf

Rückmeldebögen zum Risikocheck im Rahmen v. Angebot gegen Komatrinken
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