Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
Titel des Wettbewerbsbeitrags
Kurzfassung des Wettbewerbsbeitrags
Der Wettbewerbsbeitrag ist Teil einer Präventionsstrategie des Ordnungs- und Bürgeramtes, mit dem jungen Menschen führerscheinrechtliche Maßnahmen aufgezeigt werden, wenn sie im öffentlichen Raum unter Alkoholeinfluss Straftaten oder schwerwiegende Ordnungsverstöße begangen haben.
Junge Menschen, die sich um eine Fahrerlaubnis bemühen bzw. eine solche erst erhalten haben, bekommen mit der symbolischen "Gelben Karte" einen deutlichen Hinweis, dass ihre Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen in Frage gestellt wird, sollten sie erneut im öffentlichen Raum unter Alkoholeinfluss strafbare Handlungen oder auch Ordnungsstörungen begehen, die das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung nicht unwesentlich beinträchtigen.
Eignungsbedenken ergeben sich in aller Regel nach Gewaltdelikten oder wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen.
Die Erfolgsaussichten dieser Strategiemaßnahme basieren auf der Erkenntnis, dass die Fahrerlaubnis bei vielen jungen Menschen auch als "Statussymbol" angesehen wird, welches nicht gerne "aufs Spiel gesetzt wird".
Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
1. Ausgangslage
Die Karlsruher Innenstadt ist mit ihren zahlreichen Diskotheken und Lokalen an den Wochenenden lokaler, regionaler und überregionlaer Treffpunkt junger Menschen. In diesem flächenmäßig kleinen Bereich befinden sich rund 450 Gaststättenbetriebe, von denen viele der Eventgastronomie zuzuordnen sind.
Durch den Event-Charakter der Nachtgastronomie bestehen für diese Betriebe in der Regel keine Sperrzeitverkürzungen. Dies sorgt dafür, dass sich zu Zeiten der Abwanderung in den frühen Morgenstunden, aber auch durch die hohen Besucherfluktuationen zwischen den Lokalitäten, eine große Personenzahl in diesem engen Raum bewegen.
Es ist festzustellen, dass zu den Morgenstunden der Grad der Alkoholisierung der Besucher ansteigt und die Hemmschwellen der Gewaltbereitschaft sinken.
2. Besondere Lage
Aufgrund dieser Ausgangslage war in den zurückliegenden Jahren ein Anstieg der Straßenkriminalität in dem beschriebenen Bereich der Stadt Karlsruhe festzustellen. Der überwiegende Teil der Besucher des Karlsruher Nachtlebens ist friedlich, lediglich ein kleiner Teil der Besucher ist polizeilich auffällig. Von diesem Anteil sind etwa 25 Prozent bereits mehrfach polizeilich in Erscheinung getreten.
Insbesondere ist festzustellen, dass ab Mitternacht einzelne Personen oder Gruppen in und um der Disco-Szene Auseinandersetzungen provozieren. Diese Situationen stellen die Vollzugspolizei - gerade mit Blick auf immer knapper werdende Ressourcen - vor große Herausforderungen, insbesondere personeller Art.
Um diesen Tendenzen entgegen zu wirken, setzt die Stadt Karlsruhe mit ihren Kooperationspartnern, dem Polizeipräsidium Karlsruhe und dem Landratsamt Karlsruhe seit 2008 die Präventionsmaßnahme "Gelbe Karte" ein.
3. Ziele der Präventionsmaßnahme "Gelbe Karte"
Mit der Präventionsmaßnahme "Gelbe Karte" zeigen das Ordnungs- und Bürgeramt der Stadt Karlsruhe und seine Kooperationspartner ihre gesellschaftliche Verpflichtung in der polizeilichen Gefahrenvorsorge gegenüber der Bevölkerung, als auch gegenüber den ordnungsstörenden Akteuren mit ihrem zu missbilligendem Verhalten auf. Im Vordergrund steht hinter dem Wettbewerbsbeitrag "Gelbe Karte" nicht die repressiven Sanktionsmöglichkeiten, vielmehr soll mit dieser Präventionsmaßnahme eine beratende und hilfegebende Funktion gegeben werden und letztendlich zu einer dauerhaften Verhaltensänderung führen.
Die Präventionsmaßnahme "Gelbe Karte" hat gegenüber der Anwohnerschaft, sowie den Besuchern des Karlsruher Nachtlebens eine Schutzfunktion vor Personen, welche andere provozieren, körperliche Auseinandersetzungen suchen oder sonstige Straftaten und Ordnungsstörungen begehen und somit das subjektive Sicherheitsgefühl nicht unwesentlich beeinträchtigen.
4. Umsetzung der Präventionsmaßnahme "Gelbe Karte"
Die "Gelbe Karte" kommt in Betracht, wenn die Schwelle zur Anordnung eines ärztlichen Gutachtens oder einer medizinisch-psychologischen Untersuchung noch nicht erreicht, die Schwelle einer erheblichen Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung aber überschritten ist. Bloße Raufereien, Pöbeleien oder Belästigungen genügen in aller Regel nicht. Als weitere Voraussetzung müssen gesicherte Tatsachen der nicht zu billigenden Handlung vorliegen. Unter diesen Voraussetzungen wird auch die mit der "Gelben Karte" verbundene Belehrung bzw. Warnfunktion als Präventiv- und Aufklärungsmaßnahme rechtlich für zulässig und insbesondere bei Jugendlichen für erzieherisch sinnvoll erachtet.
Eine wichtige Informationsquelle für die Fahrerlaubnisbehörde über mögliche Eignungsbedenken sowohl bei den Fahrerlaubnisbewerbern als auch bei Fahrerlaubnisinhabern ergibt sich aus der Meldepflicht der Polizei nach § 2 Absatz 12 Straßenverkehrsgesetz. Hiernach hat die Polizei Informationen über Tatsachen, die nicht nur auf vorübergehende Eignungsmängel schließen lassen, den Fahrerlaubnisbehörden zu übermitteln. Bei Personen, die noch keine Fahrerlaubnis besitzen oder beantragt haben, dürfen Informationen übermittelt und aufbewahrt werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer Antragsstellung in absehbarer Zeit zu rechnen ist, so beispielsweise bei Jugendlichen.
So erhält das Ordnungs- und Bürgeramt, Fachbereich Polizeirecht, vom Polizeipräsidium zeitnah einen detaillierten Vorkommnisbericht. Diese Vorkommnisberichte, die auch Grundlage für ein polizeirechtliches Aufenthaltsverbot nach den Bestimmungen des Polizeigesetzes Baden-Württemberg sind, werden ausgewertet und der Führerscheinstelle der Stadt Karlsruhe, als auch der Führerscheinstelle des Landratsamtes Karlsruhe übermittelt. Letzterer, da auch Bewohner der Landkreisgemeinden das Eventangebot der Stadt Karlsruhe annehmen.
Personen, die eine "Gelbe Karte" erhalten haben, werden statistisch erfasst, um in einem Wiederholungsfall eine erneute Beurteilung des Sachverhaltes vorzunehmen, ggf. auch mit dem Ziel eine sofortige Überprüfung der Kraftfahreignung anzuordnen.
Schriftstücke der Führerscheinstelle sind als Anlagen beigefügt.
5. Öffentlichkeitsarbeit
Die Präventionsmaßnahme "Gelbe Karte" wurde zu Beginn ihrer Umsetzung von einer intensiven Öffentlichkeitsarbeit begleitet.
Zunächst wurde das Konzept vom Ordnungs- und Bürgeramt und seinen Kooperationspartner, dem Polizeipräsidium Karlsruhe und dem Landratsamt Karlsruhe, in einer gemeinsamen Pressekonferenz unter starker Beteiligung und einem hohen Medieninteresse vorgestellt.
Nach zahlreichen Veröffentlichungen in den lokalen Printmedien hat das, bis dahin erstmalig in der Bundesrepublik von Karlsruhe geschaffene und praktizierte Konzept bundesweites Interesse gefunden. Medien, Kommunen, Polizeidienststellen, Gerichte, Staatsanwaltschaften und mit der Jugendfürsorge betraute Organisationen und Verbände aus allen Teilen der Bundesrepublik, richteten zahlreiche Anfragen an das Ordnungs- und Bürgeramt, mit dem Ziele diese Präventionsmaßnahme für ihre Zuständigkeitsbereiche zu übernehmen.
Unter dem Motto "Mach kein Stress" erfolgte eine Plakat- und Flyerkampagne mit der die Ziegruppe "junge Menschen" neben anderen ordnungsrechtlichen Maßnahmen auf diese führerscheinbezogenen Verwaltungsmaßnahmen hingewiesen wurde. Bewusst wurde für den Plakat- und Flyerinhalt eine Ausdrucksweise gewählt, die von diesem Personenkreis gesprochen wird. Mit dieser "markigen" Jugendsprache wurde u.a. die "Gelbe Karte" bekannter gemacht und erreichte auch die Zielgruppe. So ist der grammatische Fehler in der Hauptaussage "Mach kein Stress" wie auch die grobe Ausdrucksweise der Aussagen Absicht. Um die Wirkung der Aussagen bei den Jugendlichen und den jungen Menschen zu erfahren, wurden im Vorfeld der Plakat- und Flyergestaltung in Diskotheken Befragungen durchgeführt. Hierbei entschied sich die Mehrzahl der Befragten für diese deutliche Sprache. Mit diesem Ergebnis führte die Stadt Karlsruhe den nicht alltäglichen Dialog mit jungen Menschen, der jedoch nicht in der täglichen Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürger Anwendung findet.
Den Plakat- und Flyerinhalt fügen wir als Anlage bei.
Mit der Internetseite www.karlsruhe-handelt.de wird u.a. auf das Alkoholpräventionsprojekt "Gelbe Karte" hingewiesen.
6. Ergebnisse
"GELBE KARTEN" GEGEN ALKOHOLAUFFÄLLIGE UND GEWALTBEREITE JUNGE MENSCHEN
MASSNAHMEN |
2009 |
2010 |
2011 |
2012 |
Gelbe Karten |
20 |
24 |
18 |
38 |
Anordnung eines medizinisch- |
4 |
11 |
6 |
1 |
Nach "Gelber Karte" |
– |
– |
– |
1 |
7. Fazit
Mit dem vom Ordnungs- und Bürgeramt ins Leben gerufene Präventionskonzept "Gelbe Karte" nahm die Stadt Karlsruhe mit ihren Kooperationspartnern in Deutschland gleich zu Beginn der Projektumsetzung eine Vorreiterrolle im Kampf gegen Alkoholmissbrauch und Gewalt ein. Durch die zahlreichen bundesweiten medialen Veröffentlichungen hat es zwischenzeitlich bei vielen Kommunen Nachahmung gefunden. Auch das Innenministerium Baden-Württemberg hat, basierend auf der "Karlsruher Idee", im August 2011 eine Handlungsempfehlung an die Polizeidienststellen gerichtet, mit dem Ziel dieses Modell in der Praxis umzusetzen, um so landesweit ein einheitliches Verfahren sicherzustellen (siehe Anlage).
Das Präventionskonzept "Gelbe Karte" ist ein probates Mittel, den Alkoholmissbrauch und daraus resultierende Aggressions- und Gewaltdelikte im öffentlichen Raum zu reduzieren.
Die in Karlsruhe hiermit gewonnenen Erfahrungen verdeutlichen, dass junge Menschen, sobald es um ihr "Statussymbol Führerschein" geht, auf die Warnfunktion der "Gelben Karte" positiv reagieren und sich mit einer Änderung ihres Verhaltens im öffentlichen Raum auseinandersetzen.
Fragen zum Wettbewerbsbeitrag
C 1 Fragen zur gesamtkommunalen Einbindung des Wettbewerbsbeitrags
C 2 Fragen zur Konzeption und Ausrichtung des Wettbewerbsbeitrags
C3 Fragen zur Umsetzung des Wettbewerbsbeitrags
Gesamtkonzeption "Gelbe Karte"