Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
Titel des Wettbewerbsbeitrags
Kurzfassung des Wettbewerbsbeitrags
Unser Suchtpräventionskonzept setzt in zwei Aktionsbereichen an:
- Im Bereich der Schulen und Bildungseinrichtungen
- Im Bereich öffentlicher Veranstaltungen, an denen Kinder und Jugendliche teilnehmen.
Je nach Anforderung des Einsatzortes, der Veranstaltungsart und der zu erwartenden Zielgruppe kommen entsprechende Fachkräfte, ausgebildete peers und geeignete Module der Präventionsarbeit zum Einsatz. Die Kommunikation mit der Zielgruppe wird durch die Ansprache von Gleichaltrigen erleichtert. Dies schafft eine besondere Form von Glaubwürdigkeit, in dem die peers sich innerhalb der Zielgruppe - ausgestattet mit Präventionsangeboten wie Alkoholtests oder "Überlebens-Packs" (z. B. Condom, Taschentücher, Suchtinformation, Obst) in der Verteilung über "Bauchläden" - bewegen. Dieses erfolgreiche peer-education-Konzept ist nur erreichbar durch eine umfassende Ausbildung der peers zum Thema Sucht, Suchtvorbeugung, Gesprächsführung, Reflektion der eigenen Konsumgewohnheiten etc. In den persönlichen Kontakten mit den anderen Jugendlichen geben sie ihre Erfahrungen und ihr Wissen weiter.
Das entsprechende Equipment wird je nach Art der Präventionsveranstaltung zusammengestellt und mobil eingesetzt. Das eigens zu Präventionszwecken ausgestattete Fahrzeug wird insbesondere bei öffentlichen Veranstaltungen eingesetzt.
Das Konzept spricht zwei Zielgruppen an: Einerseits die Kindern und Jugendlichen, die (noch) keine Suchtmittel konsumieren. Sie werden darin unterstützt, suchtmittelfrei zu Feiern bzw. ihre Freizeit zu gestalten und sie werden über Risiken des Suchtmittelkonsums z.T. auf spielerische und erlebnisorientierte Weise informiert bzw. geschult.
Andererseits setzt das Konzept konkret beim Suchtmittelkonsum junger Menschen an: Der Suchtmittelkonsum wird bei bereits konsumierenden Jugendlichen mit einer grundsätzlich offenen und zunächst akzeptierenden Haltung thematisiert und die jungen Menschen mit dem Konzept der motivierenden Kurzintervention zur Auseinandersetzung des eigenen Konsumverhaltens angeregt. Ziel ist dabei, den verantwortungsbewussten und aufgeklärten Konsum zu fördern sowie bereits Suchtgefährdete zur Reduktion des Konsums anzuregen bzw. weitere Unterstützung anzunehmen. Ziel ist es, mit einer offenen und akzeptanzorientierten Kommunikation:
- einen persönlichen und positiven Erstkontakt der Jugendlichen mit dem Suchthilfesystem zu ermöglichen,
- ihre Suchtmittelkonsumenten-Mündigkeit, d. h. ihr Bewusstsein für persönliche Risiken im Umgang mit Suchtmitteln zu erweitern,
- Kontrollstrategien und Ausstiegshilfen zu vermitteln.
Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
1. Ausgangs- und Bedarfsanalyse
Der Rhein-Kreis Neuss geht alleine von 16.577 erkrankten Alkoholabhängigen im Rhein-Kreis Neuss aus (Psychiatriebericht für den Rhein-Kreis Neuss – 03/2008). Dabei sind die Personen, die Alkohol riskant (suchtgefährdend) konsumieren, nicht mitgezählt. Gerade Kinder und Jugendliche sind vor allem zu dieser Gruppe hinzu zu rechnen.
Sowohl bei den Jungen als auch bei den Mädchen nimmt die Bereitschaft zu, innerhalb kürzerer Zeit mehr als 5 Gläser alkoholischer Getränke hintereinander zu trinken. Dies auch als "Binge-Drinking" bezeichnete Verhalten ist ein Indikator für riskanten Alkoholkonsum. Jeder 2. Jugendliche im Alter von 16-17 Jahren gibt Anfang 2007 an, im letzten Monat mindestens an einem Tag 5 oder mehr Gläser Alkohol getrunken zu haben. Im Jahr 2005 lag dieser Wert noch bei 40 % der Jugendlichen. Dabei ist die Gefahr für junge Menschen, in eine sogenannte "Suchtkarriere" einzusteigen größer, je jünger das Einstiegsalter beim ersten Konsum von Alkohol liegt.
Im Rahmen einer Überprüfung der Bedarfslage wurde im Rhein-Kreis Neuss eine Befragung zur Kinder- und Jugendgesundheit insbesondere zum Suchtmittelkonsum angelehnt an die "KiGGS-Studie" durchgeführt. Danach haben in den Altersklassen 11-17 Jahre 30,6 % der Kinder und Jugendlichen Alkohol mindestens einmal pro Woche konsumiert und gelten damit als regelmäßige Konsumenten. Die Frage nach dem Rauschtrinken im Rahmen der letzten 30 Tage bejahten 56,9 % der Befragten. Auch die Anzahl der um 443 % (Vergleichszeitraum 2000 zu 2007) gestiegenen stationären Entgiftungsmaßnahmen von Jugendlichen nach akuter Alkoholintoxikation im Rhein-Kreis Neuss lassen darauf schließen, dass der missbräuchliche Konsum von Alkohol in den vergangenen Jahren unter dieser Zielgruppe massiv zugenommen hat.
2. Vorliegen festgelegter Ziele
Die im vorliegenden Präventionskonzept definierten Maßnahmen orientieren sich an den geforderten Gesundheitszielen des Rhein-Kreises Neuss aus dem Aktionsprogramm "Kinder- und Jugendgesundheit/Gesundheitsziele für den Rhein-Kreis Neuss" (verabschiedet durch den Kreistag des Rhein-Kreises Neuss am 20.12.06). Diese Gesundheitsziele waren Ergebnis der Bedarfsprüfung im Themenfeld A-2 "Suchtprävention":
- Der Alkoholkonsum bei Jugendlichen wird reduziert, das Rauschtrinken wird reduziert.
- Das Einstiegsalter in den (problematischen) Alkoholkonsum wird erhöht.
3. Qualitätsmanagement und Evaluation
Qualitätsmanagement und Qualitätssicherung ist für die Umsetzung des Konzeptes obligatorisch. Struktur, Prozess- und Ergebnisqualität werden erhoben und die KundInnen über die Akzeptanz der Angebote befragt (siehe Anlage). Ziel ist die kontinuierliche Verbesserung der Maßnahmen auch in der Anpassung an wechselnde Bedarfe.
4. Verfolgung innovativer Strategien
Ein besonderer Vorteil dieses aufsuchenden Präventionsansatzes besteht darin, dass sich sozial Benachteiligte am besten in ihrem gewählten Lebensumfeld erreichen lassen und andererseits eine kontraproduktive Stigmatisierung vermieden wird, da in diesen Settings häufig nicht ausschließlich sozial Benachteiligte anzutreffen sind. Im Rhein-Kreis Neuss sind besonders geeignete Settings vor allem die Lebenskontexte, in denen erfahrungsgemäß viel Alkohol oder andere Suchtmittel konsumiert werden (Schützenfeste, Karneval, Straßenfeste sowie besondere (Musik-) Veranstaltungen in Gaststätten und anderen Lokalitäten wie Hallen, Zelte etc.).
Moderne Suchtpräventionskonzepte orientieren sich an der Lebenswelt der Zielgruppe. Es werden Kinder und Jugendliche dort aufgesucht, wo ihr Aktionsraum im Sinne eines gewohnten und gewählten Umfeldes ist. Für die Präventionsarbeit bedeutet dies die Notwendigkeit, flexibel und mobil diese Orte mit umfangreichem Präventionsmaterial aufzusuchen. Insofern ist es sinnvoll, ein einfach zu handhabendes, für unterschiedliche Präventionsthemen ausreichend bestücktes Fahrzeug einzusetzen.
- Einen Schutz- und Ruheraum innerhalb des Fahrzeugs zur Basisversorgung (Chill-out-Area) wird bereitgestellt. In diesem Rahmen kann auch Krisenintervention geleistet werden. Ggf. können hier auch Beratungsgespräche in einem geschützteren Rahmen durchgeführt werden.
- Risikobewusstes Konsumverhalten und konsumkritische Haltung werden gefördert. Dies beinhaltet die Sensibilisierung für riskante und weniger riskante Konsummuster, die Entwicklung der Fähigkeit zwischen Genuss, Missbrauch und Abhängigkeit unterscheiden zu können, die Verbesserung der Selbsteinschätzung und Selbstreflektion und die Sensibilisierung für psychosoziale Risiko- und Schutzfaktoren. Hergestellt werden diese Ziele durch den Einsatz eines DVD-Players für Infofilme, Infobroschüren, Suchtwissenstest, Rauschbrillen-Parcours, Befragung und Verlosungsaktionen etc.
- Die o. g. Sensibilisierung und positive Konnotation des Angebotes wird auch erreicht durch "Tauschbörsen" (z. B. alkoholhaltiges gegen alkoholfreies Getränk), Versorgung mit Wasser, warmen Getränken, frischen Früchten, Snacks etc.. Hier soll insbesondere ein akzeptierendes Angebot bereichert werden durch "Attraktionen", um in Kontakt mit den Jugendlichen zu kommen.
5. Ganzheitliche und umfassende Ausrichtung
Da der Einstieg in den Suchtmittelkonsum in den meisten Fällen zwischen dem 12. und 18. Lebensjahr beginnt richtet sich unser Präventionskonzept an diese Zielgruppe. In dieser Lebensphase sind die Möglichkeiten am günstigsten, Verhalten zu modifizieren, bevor es zu einer Etablierung süchtiger Strukturen kommen kann. Dabei handelt es sich um Jugendliche und junge Erwachsene mit Probier- oder Gelegenheitskonsum sowie um (Hoch-)Risikokonsumenten von Suchtmitteln. Wir berücksichtigen dabei die Kinder und Jugendlichen immer als Gesamtpersönlichkeit und respektieren ihre eigenen Entscheidungen.
6. Kombination von Maßnahmen der Verhaltens- und Verhältnisprävention
Das vorliegende Präventionskonzept wird häufig kombiniert mit einem Ansatz, die Rahmenbedingungen insbesondere in Schulen zu verändern. Hier wird die Entstehung von Suchterkrankung im Kontext Schule zum Thema gemacht:
- In Schulen (bei so genannten Schwerpunktwochen Sucht, bei Schulfesten etc.).
- Einsatz bei "Aktionswochen". In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass im Rahmen der Gesundheitsförderung von verschiedenen Akteuren (Gesundheitskonferenz des Rhein-Kreises Neuss, Deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgefahren, Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Krankenkassen und Rentenversicherungsträger, betriebliche Suchtarbeit etc.) das Thema Sucht aus verschiedenen Anlässen heraus aufgegriffen wird. Dies ist mit der Kombination von Verhältnis- und Verhaltensprävention hervorragend möglich.
7. Berücksichtigung von Eltern und Familien
Das Präventionskonzept spricht durch die medialen Module und durch die Präsenz auf Festen beide Generationen gleichzeitig an. Es sind immer sowohl Peers als auch Erwachsenen vorhanden, um ggf. Informationen altersgerecht weiterzugeben.
8. Geschlechtsspezifische/-sensible Ausrichtung
Vor allem im Kontext Schule werden geschlechtsspezifische Angebote gemacht, um der Unterschiedlichkeit der Suchtentstehung Rechnung zu tragen.
Aufgrund der Reichweite des Konzeptes werden auch Kinder und Jugendliche erreicht, die illegale Suchtmittel konsumieren, Essprobleme haben oder Glücksspiel betreiben.
9. Partizipation von Kindern und Jugendlichen
Die große Stärke dieses Konzeptes liegt im Einsatz von Peers. Es gilt, Jugendliche mit Informations- und Orientierungsangeboten so früh wie möglich dort erreichen, wo der Konsum stattfindet. Die Kommunikation mit der Zielgruppe wird durch die Ansprache von Gleichaltrigen erleichtert. Dies schafft eine besondere Form von Glaubwürdigkeit, in dem die peers sich innerhalb der Zielgruppe – ausgestattet mit Präventionsangeboten wie Alkoholtests oder "Überlebens-Packs" (z. B. Condom, Taschentücher, Suchtinformation, Obst) in der Verteilung über "Bauchläden" - bewegen. Dieses erfolgreiche peer-education-Konzept ist nur erreichbar durch eine umfassende Ausbildung der peers zum Thema Sucht, Suchtvorbeugung, Gesprächsführung, Reflektion der eigenen Konsumgewohnheiten etc. In den persönlichen Kontakten mit den anderen Jugendlichen geben sie ihre Erfahrungen und ihr Wissen weiter.
10. Einbindung von nicht unmittelbar mit Suchtprävention befassten Akteuren
Die Kooperation mit Schulen, öffentlichen Veranstaltungen (Stadtfesten, Schützenfeste, Konzerten etc.) machen es erst möglich, Kinder und Jugendliche anzusprechen.
11. Vernetzung und Kooperation von Akteuren
Das Präventionskonzept ist eingebunden in einen größeren Zusammenhang mit anderen Präventionsprojekten ("Fitnetz" des Rhein-Kreises Neuss) und gewährleistet damit die Vernetzung und Kooperation von verschiedenen Akteuren.
12. Ausnutzung kommunaler Einflussmöglichkeiten
Die Kommune hat i.R. ihrer vorhandenen Kommunikationsstruktur zu den Schulen und Jugendeinrichtungen eine "Türöffnerfunktion" und kann in bestimmten Fällen auch mögliche ordnungspolitischen "Stellschrauben" wahrnehmen (z. B. "Auflage" der Integration des Präventionskonzeptes in "Events").
13. Flächendeckende Wirkung
Die flächendeckende Einsatzmöglichkeit im gesamten Rhein-Kreis Neuss ist gegeben.
14. Langfristige und nachhaltige Implementation
Ein Effekt der aufsuchenden Arbeit i. R. des Präventionskonzeptes ist das Beobachten der Jugendszene. Durch die Wahrnehmung, Auswertung und Dokumentation der Entwicklung mit der "Szene" fungiert das Projekt auch als "trendscout". Solide Kenntnisse einer sich rasch entwickelnden Jugendkultur machen eine kontinuierlich differenzierte Analyse der Bedarfssituation möglich. Damit kann der fachliche Diskurs über die Lebens- und Problemlagen der Zielgruppe gefördert werden und einfließen in die Gesundheitsberichtserstattung der Gesundheitskonferenz des Rhein-Kreises Neuss. Durch die Interventionsbreite des Konzeptes sind sowohl Aspekte der Verhaltensprävention (bezogen auf den einzelnen Menschen) wie auch die Verhältnisprävention (bezogen auf die Beeinflussung gesellschaftlicher Strukturen) möglich.
15. Kommunalpolitische Verankerung und Unterstützung
Das Präventionskonzept wird auf der Basis der guten Vorbereitung durch die Analyse der Bedarfe und der Anbieter vor Ort durch die Geschäftsstelle der Gesundheitskonferenz umgesetzt. Es existiert eine klare Zieldefinition durch den Beschluss des Kreistages des Rhein-Kreises Neuss. Damit ist das Konzept über Parteigrenzen hinweg anerkannt und erfährt breite Unterstützung von unterschiedlichen Akteuren im "sozialen Netz".
16. Transfergehalt
Der Transfergehalt ist daran abzulesen, dass bereits andere Kommunen und Verbände Kontakt aufgenommen haben, um nach unserem Vorbild Suchtprävention in der eigenen Region umzusetzen.
Fragen zum Wettbewerbsbeitrag
C 1 Fragen zur gesamtkommunalen Einbindung des Wettbewerbsbeitrags
C 2 Fragen zur Konzeption und Ausrichtung des Wettbewerbsbeitrags
Betriebe
(Schützen-) Feste, Musikveranstaltungen
Essstörungen/neue Phänomene wie "Spice"/"Shisha"
C 3 Fragen zur Umsetzung des Wettbewerbsbeitrags
Festgelegt im "fitnetz - das gesunde Netzwerk" im Rhein-Kreis Neuss
Diverse Module des vorliegenden Konzeptes.