In dem Dortmunder Arbeitskreis "Hilfen für Kinder alkoholkranker Eltern" thematisierte die Kollegin aus der Kinderklinik die zunehmende Zahl der komatrinkenden Jugendlichen und berichtete, dass auch die Eltern häufig den Eindruck vermittelten, zu viel Alkohol zu konsumieren. Aus diesem Grund entwickelten die Kinderklinik und das Jugendamt folgendes Konzept:
Die Kinderklinik Dortmund meldet Jugendliche unter 16 Jahren per Fax an das Jugendamt Dortmund. Das Jugendamt nimmt sofort zu den Eltern Kontakt auf und bietet Eltern und Jugendlichen für die laufende Woche ein gemeinsames Beratungsgespräch im Jugendamt an. Bereits in der Kinderklinik wird den Eltern dieses Gespräch empfohlen.
Im Jahr 2009 wurden dem Jugendamt insgesamt 87 Jugendliche gemeldet. Lediglich vier Jugendliche konnten nicht erreicht werden. 33 Jugendliche wurden bereits durch das Jugendamt im Rahmen von "Hilfen zur Erziehung" betreut und mit 66 Jugendlichen und deren Eltern wurden nach dem Klinikaufenthalt Gespräche geführt.
Grundlagen für die Gesprächsführung sind neben einer dialogischen Grundhaltung und einer systemischen Sichtweise u.a. die Ergebnisse der Resilienz- und der Suchtforschung. Deshalb wird nicht nur über das Trinkereignis selbst und das Trinkverhalten von Eltern und Jugendlichen gesprochen, sondern auch - je nach Einzelfall - über die Familie und den Freundeskreis des Jugendlichen, sein Freizeitverhalten, seine Zufriedenheit oder auch Unzufriedenheit mit sich selbst in der Schule und in anderen Bereichen. Der Focus wird - mit Blick auf die Zukunft - auf die Ressourcen der Jugendlichen und Eltern gerichtet.
Gemeinsam werden Strategien zur Veränderung des Trinkverhaltens bzw. zur Bewältigung der Schwierigkeiten entwickelt, wobei Wert darauf gelegt wird, dass Eltern und Kinder miteinander ins Gespräch kommen. Auf Wunsch findet nach ein bis drei Monaten ein zweites reflektierendes Gespräch statt. Auch Gespräche mit der peer-group des Jugendlichen sind möglich.
In Einzelfällen sind weiterführende Hilfen für die Jugendlichen und ihre Eltern erforderlich. Durch die enge Kooperation mit Jugendhilfediensten, Erziehungsberatungsstellen, Suchtberatungsstellen, Gesundheitsamt, Schulen, Kinderärzten, Therapeuten u.a. ist in der Regel eine geeignete weitere Hilfe schnell installiert.
In regelmäßigen Abständen finden Besprechungen von Kinderklinik und Jugendamt statt, um über den aktuellen Stand zu informieren und die Zusammenarbeit abzustimmen.
Durch die enge Vernetzung und Kooperation mit der Kinderklinik ist es möglich, schnell und unmittelbar an die Alkoholvergiftung anknüpfende Hilfe zu leisten. So lässt sich bei einer hohen Anzahl an Jugendlichen eine Normalisierung des Trinkverhaltens erreichen und auch Eltern kann die nötige Unterstützung angeboten werden.