Stadt Karlsruhe

Foto der Preisträger

Auszug aus der Wettbewerbsdokumentation

Kommune und Wettbewerbsbeitrag im Überblick

Einwohnerzahl

290.7361

Bundesland Baden-Württemberg
Titel des Beitrags KiD - Hilfe für drogenabhängige Eltern und ihre Kinder
Schwerpunkt des Beitrags Suchtstoffübergreifende Primär- und Sekundärprävention bei Kindern aus suchtbelasteten Familien und deren Eltern
Einzelprojekte
  1. Betreuung schwangerer Frauen
  2. Elterntraining
  3. Sozialpädagogische Gruppenarbeit/Kindergruppe
Kontakt

Dieter Moser
Stadt Karlsruhe
Präventionsbüro der Drogenhilfe
Kaiserstraße 64
76133 Karlsruhe
Tel.: 0721/133-5391
E-Mail: dieter.moser@sjb.karlsruhe.de

Anlass und Ausgangssituation

In den 1990er-Jahren wies Karlsruhe eine große und offene Drogenszene auf. Damit einher gingen erhebliche Beeinträchtigungen der Gesundheitssituation der Drogenabhängigen und vielfältige Formen der Verelendung, die gerade auf öffentlichen Plätzen sichtbar wurden. Aus Angst vor dem Entzug des Sorgerechts verschwiegen Mütter während der Schwangerschaft zumeist ihre Drogenabhängigkeit - mit hohen gesundheitlichen Gefahren sowohl für die Mutter als auch für das ungeborene Kind. Vielfach kam es nach Geburt zu Sorgerechtsentzugsfällen und zur Fremdunterbringung der Kinder.

Konzeption und Ziele

Vor diesem Hintergrund wurde das Projekt "KiD - Hilfe für drogenabhängige Eltern und ihre Kinder" bereits 1994 als Teil eines Gesamtprojekts zur Erweiterung der bestehenden Drogenhilfe in Karlsruhe ins Leben gerufen. Karlsruhe war damit, nach Hamburg, die zweite Stadt Deutschlands, die ein Projekt zur Prävention für Kinder aus suchtbelasteten Familien und deren Eltern auflegte.

Zielgruppe von KiD sind von illegalen Drogen abhängige schwangere Frauen sowie drogenabhängige, substituierte oder ehemals drogenabhängige Eltern und ihre Kinder. Ziel des Projekts ist es, drogenabhängige Eltern frühzeitig - wenn möglich noch während der Schwangerschaft - zu erreichen. Im Mittelpunkt stehen dabei immer das Wohl der Kinder und die Verbesserung ihrer Lebenssituation. Faktoren, die Kinder vor einer krank machenden Familienumwelt schützen, sollen gefördert und belastende Faktoren verringert oder beseitigt werden.

Vorgehen und Umsetzung

KiD wurde zu Beginn mit einer Planstelle unter Trägerschaft der Arbeiterwohlfahrt Kreisverband Karlsruhe Stadt e.V. eröffnet. Es gab eine dreijährige Modellphase, in der das Projekt vom Land gefördert und wissenschaftlich begleitet  wurde. 2001 kam eine weitere halbe Stelle hinzu. Die derzeitige Finanzierung der 1,5 Planstellen wird überwiegend von der Stadt Karlsruhe und mit einem kleineren Anteil von der Arbeiterwohlfahrt getragen.

Niedrigschwellige Hilfs- und Unterstützungsangebote im psychosozialen, therapeutischen, sozialen und finanziellen Bereich, aufsuchende Arbeit in Krankenhäusern, Substitutionspraxen, Szeneplätzen und eine enge Kooperation mit Ärzten, den sozialen Diensten und Einrichtungen (Jugendhilfe, Gesundheitspflege, Beratungsstellen) sowie den Krankenkassen und dem städtischen Klinikum erleichtern den Zugang zu der Zielgruppe. Neben individueller und gruppenorientierter Beratung und Betreuung werden auch lebenspraktische Hilfen (Kinderbetreuung, Haushaltsführung, Möbel- und Sachspenden, Behördengänge und Schriftwechsel) sowie die Vermittlung an weiterführende Hilfen (Kindergärten, Erziehungsberatung, Schuldnerhilfe, therapeutische Angebote, finanzielle Hilfen, Gesundheitskurse) angeboten.

Im Wettbewerbsbeitrag werden drei Bausteine des KiD-Programms als Einzelprojekte herausgestellt:

  • Betreuung schwangerer Frauen:
    Ziel dieses niedrigschwelligen Unterstützungsangebotes für Schwangere ist es, dem ungeborenen Kind die bestmöglichen Voraussetzungen für einen gesunden Start ins Leben zu schaffen. Die werdenden Mütter werden dazu vor allem in ihrer Abstinenzabsicht gestärkt und motiviert, ärztliche Vorsorgeuntersuchungen, Hebammenhilfe, Geburts- und Säuglingspflegekurse sowie finanzielle, soziale und praktische Hilfen in Anspruch zu nehmen. Auf Wunsch werden die Frauen auch zur Geburt in die Klinik begleitet. Als besonders nachhaltig erweist sich die einzelfallbezogene Kooperation, z.B. wenn eine schwangere Frau zum Vorgespräch in die Geburtsklinik oder zum Erstkontakt bei einem Kinderarzt begleitet wird, wenn ein Entzugssyndrom des Neugeborenen zu erwarten ist.
  • Elterntraining:
    Die eigene Biographie, die Lebensumstände und der alltägliche Spagat zwischen Suchterkrankung und Erziehungsverantwortung führen dazu, dass drogenabhängige Eltern den Erziehungsanforderungen nicht immer gerecht werden oder stark verunsichert sind. Ziel der spezialisierten Elternkompetenzschulung ist es, eine Atmosphäre zu schaffen, die es drogenabhängigen Eltern ermöglicht, Erziehungsschwierigkeiten ohne Scheu zu benennen und zu bearbeiten. Kenntnisse über Entwicklungsphasen und spezielle Bedürfnisse von Kindern, die Reflexion des eigenen Erziehungsverhaltens sowie die Bewusstmachung von Wertvorstellungen und Erziehungszielen sollen die Eltern in ihrer Erziehungskompetent stärken und ihnen helfen, ihre eigenen Kinder zu "starken Kindern" zu machen. Das Elterntraining umfasst jeweils acht bis zehn Kurseinheiten.
  • Sozialpädagogische Gruppenarbeit/Kindergruppe:
    Ohne spezifische Hilfen sind Kinder von Suchtkranken hochgradig gefährdet, selbst süchtig oder co-abhängig zu werden oder unter anderen psychischen Störungen zu erkranken. Ziele des Angebots sind daher sowohl Prävention als auch die Bearbeitung bereits sichtbare Probleme. Die sozialpädagogische Kindergruppe bietet Kindern aus suchtbelasteten Familien Hilfestellung und Entlastung bei Problemen sowie Ansprechpartner für ihre Erfahrungen, Wünsche und Belange. Gemeinsame Aktivitäten wie Wochenendfreizeiten ermöglichen Kontakte und positives Erleben. Weiterer Schwerpunkt der Gruppenarbeit ist die kindgerechte Aufklärung über Suchtmittelmissbrauch und dessen Gefahren.

Der Erfolg des Projekts KiD lässt sich nachweisen: In der nunmehr 17-jährigen Projektlaufzeit wurden ca. 670 von illegalen Drogen abhängige Elternteile mit über 750 Kindern erreicht. 174 schwangere Frauen wurden zudem bislang begleitet. Jährlich werden zwischen 80 und 100 Familien betreut.

Begründung der Prämierung

Die Stadt Karlsruhe setzt sich mit dem Projekt KiD kontinuierlich und nachhaltig für die Suchtprävention bei Kindern aus suchtbelasteten Familien ein. Die in ein Gesamtkonzept der Drogenhilfe Karlsruhe eingebetteten Hilfsangebote für die Zielgruppe werden von einem breit angelegten Netzwerk gestützt und durch gezielte und am Bedarf orientierte Maßnahmen realisiert.

Das Projekt KiD ist in hohem Maße soziallagensensibel ausgerichtet. Neben der expliziten Orientierung auf suchtbelastete Familien rücken von Einzelfall zu Einzelfall weitere besondere Lebenslagen wie Armut, schlechte Wohnverhältnisse und soziale Isolation in den Fokus.

Vorbildlich ist die nachhaltig etablierte Kooperationsstruktur. Die Mitwirkung einer breiten Palette von Hilfe-, Beratungs-, Versorgungs- und Vorsorgeeinrichtungen sichert ein umfassendes Angebot, das individuelle und gruppenorientierte Betreuung und Hilfen umfasst. Dabei kommt dem Netzwerk und dem Projekt vor allem die gute und etablierte Zusammenarbeit von Gesundheitsamt, Jugendamt und Jugendhilfe bei der Betreuung von Kindern suchtbelasteter Familien zugute.

Hervorzuheben ist, dass die Stadt Karlsruhe mit ihren präventiven Angeboten bereits schwangere Drogenabhängige sowie Säuglinge und ihre Mütter in den Blick nimmt. Auf diese Weise ist es ihr gelungen, erfolgreich ein Angebot der "Frühen Hilfen" zu installieren, das familiäre Belastungen früher und effektiver erkennt und bedarfsgerechte Unterstützungsangebote bereitstellt.

Die Betreuungs- und Beratungsangebote sind niedrigschwellig ausgerichtet. Die hohen Fall- und Teilnehmerzahlen belegen den erfolgreich gelungenen Zugang zu den Zielgruppen.  

Besonders zu würdigen ist, dass das Angebot mit einer bislang 17-jährigen Laufzeit dauerhaft und fest in der kommunalen Suchtprävention der Stadt Karlsruhe verankert ist. Die gemeinsame Finanzierung von KiD durch die Stadt Karlsruhe und die Arbeiterwohlfahrt Kreisverband Karlsruhe Stadt e.V. ist langfristig gesichert.

 

Zum Originalwettbewerbsbeitrag der Stadt Karlsruhe.

 

1 Die Einwohnerzahlen der prämierten Kommunen wurden folgender Quelle entnommen: Statistische Ämter des Bundes und der Länder (2010): Statistik Lokal. Daten für die Gemeinden, Kreisfreien Städte und Kreise Deutschlands. Ausgabe 2010. Gebietsstand 31.12.2008 (CD-ROM).