Samtgemeinde Amelinghausen

Foto der Preisträger

Auszug aus der Wettbewerbsdokumentation

Kommune und Wettbewerbsbeitrag im Überblick

Einwohnerzahl 8.1891
Bundesland Niedersachsen
Landkreis Lüneburg
Titel des Beitrags "Gemeinsam mehr erreichen - Wir achten auf den Alkoholkonsum Jugendlicher"
Schwerpunkt des Beitrags Alkoholprävention bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in unterschiedlichen Settings
Einzelprojekte
  1. "Jugendschutz - wir kümmern uns
  2. "Cola statt Koma"
  3. Mitternachtssport
Kontakt Stephan Kuns
Samtgemeinde Amelinghausen
Servicecenter für Familie, Jugend und Soziales
Lüneburger Straße 50
21385 Amelinghausen
Tel.: 04132/933475
E-Mail: stephan.kuns@sozialraumteam-amelinghausen.de

Anlass und Ausgangssituation

Im Laufe der letzten zehn Jahre wurde in der Samtgemeinde Amelinghausen beobachtet, dass der Alkoholkonsum von Jugendlichen stieg - auch infolge von neuen gewerblichen Angeboten wie "Meter-Bier", "Happy Hour" -, so dass in der Folge Aggressivität und Delinquenz zunahmen, bei öffentlichen Festen Jugendschutzbestimmungen missachtet wurden und das Durchschnittsalter beim Erstkonsum sank. Bestätigt wurde dies durch die empirischen Ergebnisse einer "Sozialraum- und Lebensweltanalyse", bei der 2005 alle 10- bis 18-Jährigen der Samtgemeinde zum Thema Drogen befragt wurden, sowie durch eine 2007 durchgeführte Schülerbefragung an der größten Schule vor Ort (einer Hauptschule). In den Ergebnissen zeigte sich, dass Alkohol als legale Droge in dem ländlichen Raum mit seinem geselligen Vereinsleben insgesamt eine große Rolle spielt und von den Erwachsenen weitgehend akzeptiert wird, der Alkoholmissbrauch von Jugendlichen wird dagegen bagatellisiert.

Poster zum Projekt "Cola statt Koma"; Das Poster zeigt den Schriftzug "Cola statt Koma" vor einem Hintergrund aus gezeichneten Flaschen und Gläsern.Konzeption und Ziele

Vor diesem Hintergrund beschlossen die Mitglieder der Amelinghauser Sozialraumkonferenz, sich ab 2010 intensiv des Themas Alkoholprävention anzunehmen und sich dabei nicht nur auf Kinder, Jugendliche und deren Erziehungsberechtigte zu konzentrieren, sondern auch Wirte, Festveranstalter, Gewerbe und Tankstellen in den Blick zu nehmen.

Dazu wurde ein Leitbild zum Alkoholkonsum in der Gemeinde entwickelt: verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol und kritisches Reflektieren des eigenen Konsums fördern, Jugendschutzbestimmungen akzeptieren, attraktive Alternativen zu Alkoholika aufzeigen. Darüber hinaus sei Jugendschutz als kommunale Querschnittsaufgabe zu betrachten, erzieherischer und kontrollierender Jugendschutz müssten kooperieren und sich ergänzen.

Vorgehen und Umsetzung

Aus diesem Leitbild wurden in Zusammenarbeit von Sozialraumkonferenz mit Ordnungsamt, Sozialraumprojekt und Jugendpflege der Samtgemeinde Amelinghausen sowie mit Polizei, Kreisjugendpflege, Drogenberatungsstelle Lüneburg und örtlichen Vereinen konkrete Ziele abgeleitet und Maßnahmen ergriffen. Dazu zählen die verstärkte Überprüfung der Einhaltung von Jugendschutzbestimmungen bei Festen und Großveranstaltungen (insbesondere beim alljährlichen, großen "Heidefest"), der Ausbau der "Sicherheitspartnerschaft" der Polizeiinspektion, des Landkreises, der kreisangehörigen Kommunen und der Drogenberatungsstelle, inkl. "Testkäufe" von Jugendlichen unter Aufsicht des Ordnungsamtes, sowie die Schaffung attraktiver Alternativangebote.

Besonders herausgestellt werden im Beitrag folgende drei Einzelprojekte:

  • "Jugendschutz - wir kümmern uns":
    Im Fokus dieses Projekts stehen Information und Auflagen für Gewerbetreibende und Festveranstalter. Unter anderem müssen Festveranstalter vier Wochen vor Veranstaltungstermin bei der Gemeinde vorstellig werden und eine schriftliche Vereinbarung unterzeichnen, die sie zur Einhaltung von Jugendschutzbestimmungen, zur Bereitstellung von Alternativen zu Alkohol und weiteren präventiven Maßnahmen verpflichtet. Hierzu zählen die Bestellung eines Jugendschutzbeauftragten für die Dauer der Veranstaltung, Einlasskontrollen, Verzicht auf Trinkanimation wie "Kübelsaufen", Verzicht auf Alkopops, Bereitstellung eines preisgünstigen Heimbringdienstes, telefonische Verständigung der Eltern von betrunkenen Minderjährigen, Rückmeldung der gemachten Erfahrungen an die Gemeinde nach der Veranstaltung. Bei ausbleibender Kooperation wird keine Konzession erteilt.
  • "Cola statt Koma":
    Aktionswoche während des "Heidefests" mit alkoholfreier Cocktailbar, Atemalkoholtests, Motivwagen für Festumzug, Partys u.a.m.
  • Mitternachtssport als Alternative zu Alkohol, Drogenkonsum und Randale in den attraktionsarmen "Schlafgemeinden" im Hamburger Umland. Mit diesem Angebot werden gezielt Spätaussiedler, Bevölkerungsgruppen türkischer, bosnischer und albanischer Herkunft, weitere Migranten und auch Bewohner von Jugendhilfeeinrichtungen angesprochen.

Unterstützt werden die Aktivitäten und Maßnahmen der Sozialraumkonferenz durch Öffentlichkeitsarbeit und die Akquise von Sponsoren. Eine zusammenfassende Evaluation der suchtpräventiven Maßnahmen ist für 2011 und jeweils die Folgejahre geplant.

Fotos aus dem Projekt "Cola statt Koma"

Begründung der Prämierung

Die alkoholpräventiven Angebote (insbes. Mitternachtssport) der Samtgemeinde Amelinghausen richten sich explizit auch an jugendliche Migranten und Bewohner von Jugendhilfeeinrichtungen. Sie sind geeignet, junge Menschen in besonderen Lebenslagen zu erreichen.

Der Ausgangspunkt der Alkoholprävention in Amelinghausen waren Beobachtungen im Gemeindeleben, aber auch zwei große Befragungen, bei denen differenzierte Erkenntnisse zum Umgang der örtlichen Jugendlichen mit Suchtstoffen gewonnen werden konnten. Somit liegen ortsspezifische fundierte Ausgangs- und Bedarfsanalysen vor, die ein zielgerichtetes, der spezifischen Situation vor Ort angepasstes Vorgehen ermöglichen.

Der Umgang der Erwachsenen im Ort mit Alkohol und ihre Vorbildfunktion wurden thematisiert und problematisiert. Es wurde - in einem kooperativen Prozess - ein "Leitbild" zum verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol im Ort entwickelt.

Die kleine Gemeinde Amelinghausen nutzt ihre kommunalen Einflussmöglichkeiten optimal aus, indem sie alle relevanten Settings und Einrichtungen (Schulen, Jugendtreff, Sportverein, Einzelhandel, Gaststätten, Festveranstalter) in die Präventionsarbeit einbezieht und eine Vielzahl von Akteuren auf Gemeinde- und Kreisebene für gemeinsame und abgesprochene Alkoholpräventionsmaßnahmen aktivieren und zu verbindlichen Kooperationen bewegen konnte.

Die Kombination aus Verhaltens- und Verhältnisprävention ist vorbildlich, ordnungspolitische Maßnahmen zur Einhaltung von Jugendschutzbestimmungen werden flankiert von attraktiven Angeboten für die Jugendlichen und von aufsuchender Sozialarbeit.

Der Beitrag enthält innovative Elemente, z.B. das frühzeitige Einbestellen von Festveranstaltern, um diesen eine Checkliste vorzulegen und sie auf alkoholpräventive Maßnahmen schriftlich zu verpflichten - oder auch die Verpflichtung der Festveranstalter, der Gemeinde nach dem Fest einen Erfahrungsbericht vorzulegen.

Die Sozialraumkonferenz berichtet regelmäßig über die "Einhaltung des Jugendschutzgesetzes unter Berücksichtigung des Themas Alkohol" an die politischen Gremien.

Fotos aus dem Projekt "Mitternachtsfußball" und dem Projekt "Cola statt Koma"

 

Zum Originalwettbewerbsbeitrag der Samtgemeinde Amelinghausen.

 

1 Die Einwohnerzahlen der prämierten Kommunen wurden folgender Quelle entnommen: Statistische Ämter des Bundes und der Länder (2010): Statistik Lokal. Daten für die Gemeinden, Kreisfreien Städte und Kreise Deutschlands. Ausgabe 2010. Gebietsstand 31.12.2008 (CD-ROM).