Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
Titel des Wettbewerbsbeitrags
Kurzfassung des Wettbewerbsbeitrags
Angesichts einer zunehmenden Verbreitung des intensiven Cannabiskonsums, besonders unter Schüler/innen berufsbildender Schulen in Frankfurt (Mosyd 2004) wurde auf Initiative des Drogenreferates das Projekt CaBS entwickelt. CaBS realisiert ein innovatives Konzept zur frühzeitigen Kontaktaufnahme zu riskant konsumierenden Schüler/innen. Auffällig werden die intensiv konsumierenden Schüler/innen dadurch, dass sie zu spät, unregelmäßig oder gar nicht zum Unterricht kommen, Schwächen in der Konzentration und Arbeitsleistung zeigen, einen starken Leistungsabfall haben, Stimmungsschwankungen unterliegen oder sich insgesamt problematisch verhalten. CaBS nimmt in der Schule unter Vermittlung der zuständigen Lehrkraft Kontakt auf. Die Anforderungen an CaBS lassen sich mit der Begleitung des Hilfeprozesses vom Anfang bis zum Ende eines Falles umschreiben. Dabei hält CaBS zu allen Personen und Institutionen, die an der Zielerreichung mitwirken, kontinuierlich Kontakt. Auf der Grundlage einer umfassenden Analyse des Hilfebedarfs des Betroffenen werden gemeinsame Ziele festgelegt und deren Erreichung unterstützt. Einzelgespräche werden auf Grundlage des Motivational Interviewing durchgeführt. Die Veränderungsbereitschaft wird nach dem Transtheoretischen Modell ermittelt.
Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
1. Ausgangslage
Ausgangssituation für CaBS war zum Einen, dass das seit 2002 jährlich in Frankfurt durchgeführte Drogen-Monitoring zeigte, dass es viele Jugendliche mit täglichem Cannabiskonsum gab und zum Anderen dass herkömmliche Drogenberatungsstellen nur sehr wenige junge Drogenkonsumierende erreichten. Im Jahr 2001 waren bspw. lediglich 3,3% der Nutzer ambulanter Beratungs- und Betreuungsangebote unter 18 Jahre alt (vgl. STROBL et al., 2002). Dies, sowie der Umstand, dass Personen mit einem problematischen Cannabiskonsum durchschnittlich erst gut sechs Jahre nach ihrem Konsumbeginn ambulante Hilfen nachfragen, verweist auf Akzeptanzprobleme bestehender Angebote der Sucht- und Drogenhilfe sowie auf die Notwendigkeit einer verbesserten Früherkennung und -intervention.
Hieraus erwächst unmittelbar die Verpflichtung der ambulanten Suchthilfe konkrete Angebote zu entwickeln: BROEKMANN & SCHMIDT (2001) konnten zeigen, dass neben ungelösten Fragen im Zusammenhang mit dem Zugang zu cannabiskonsumierenden Jugendlichen und Heranwachsenden kaum zieladäquate Angebote bestehen. Probleme bei Anamnese und Diagnostik sowie eine unzureichende Differenzierung bestehender Angebote konstatieren auch SIMON et al. (2004).
Um jugendspezifische Angebote realisieren zu können müssen Mitarbeiter/innen adäquat ausgebildet werden und über spezifisches Fachwissen verfügen. SIMON et al. (2004) stellten in einer Mitarbeiterbefragung von Sucht- und Drogenberatungsstellen fest, dass drei von vier Mitarbeitenden sich für die Arbeit mit jungen Cannabiskonsumierenden nicht ausreichend gerüstet empfinden.
In einem zweiten Schritt muss eine weitere Differenzierung der Angebote erfolgen. In der gleichen Studie wurde deutlich, dass die Interventionen und Maßnahmen ambulanter Beratungs- und Behandlungsstellen nicht nach Risikogruppen differenzieren. Ausgewählte regionale Studien zeigen schließlich, dass bestehende Hilfesysteme (noch) weitgehend auf die Hilfebedarfe langjährig Drogenabhängiger ausgerichtet sind (vgl. GÖRGEN et al., 2004; PERKONIGG et al., 2004) und das Versorgungsangebot für suchtgefährdete Jugendliche nur gering entwickelt ist (vgl. ALTE-TEIGELER, 1999).
Die Jugendberatung und Suchthilfe (JBS) Am Merianplatz verfolgt seit gut 15 Jahren das Ziel suchtgefährdete Jugendliche über jeweils unterschiedliche zielgruppenspezifische Angebote zu erreichen. Die Einrichtung ist nach DIN EN ISO 9001:2008 zertifiziert.
Seit 1993 gibt es eine enge Zusammenarbeit zwischen der JBS Am Merianplatz und dem Jugendhaus Heideplatz, zunächst im Rahmen einer Aufsuchenden Suchtberatung heute durch vielfältige gemeinsame Veranstaltungen. Die Aufsuchende Suchtberatung konnte 1995 auf einen weiteren Frankfurter Stadtteil (Fechenheim) ausgeweitet werden. Seit 1995 ist die JBS Am Merianplatz Fachstelle für synthetische Drogen mit der seit Oktober 1997 eröffneten Drogenberatung-Online, mit FreD - Frühintervention bei erstauffälligen Drogenabhängigen (seit Juli 2004), HaLT - Hart am Limit (seit November 2004) sowie CaBS-Casemanagement und Beratung für cannabiskonsumierende Schülerinnen und Schüler (seit November 2005) konnten neue Projekte zur Frühintervention etabliert werden. Diese Projekte stellen zu jeweils unterschiedlichen Zielgruppen einen Kontakt her und versuchen mit unterschiedlichen Methoden, das Konsumverhalten junger Menschen zu beeinflussen. Die seit November 2008 bestehende Fachberatung für Verhaltenssucht ist eine konsequente Weiterentwicklung unserer Angebote.
Die Weiterentwicklung dieser Angebote wird durch das Drogenreferat der Stadt Frankfurt koordiniert. Abstimmungsgremium ist der Arbeitskreis (AK) Jugend, Drogen und Suchtprävention unter Federführung des Drogenreferats. In diesem sind Mitarbeitende des Jugendamtes, der offenen Jugendarbeit, der Schulen sowie der Suchthilfe einschließlich der Fachstelle für Suchtprävention vertreten.
CaBS ist ein wichtiger Baustein in den Anstrengungen der Stadt Frankfurt suchtgefährdete Jugendliche mit einem intensiven Cannabiskonsum frühzeitig zu erreichen und damit einen Schul- oder Ausbildungsabbruch sowie die Manifestation einer Sucht zu vermeiden.
Auf der Grundlage der seit 2002 im Auftrag des Drogenreferats erfolgenden jährlichen repräsentativen SchülerInnenbefragung (Monitoring-System Drogentrends - Mosyd) durch das Centre for Drug Research - CDR der Goethe Universität Frankfurt am Main konnte 2003 ein deutlicher Anstieg der Anzahl intensiv konsumierender Schülerinnen an Berufsschulen ermittelt werden.
Diagramm 1
Quelle: Monitoring System Drogentrend, Frankfurt, 2005
Im Rahmen von MosyD werden jährlich ca. 1500 Schülerinnen und Schüler an Frankfurter Schulen aller Schultypen im Alter von 15 bis 18 Jahren zu ihrem Drogenkonsum und Freizeitverhalten befragt. Die anonyme Befragung erfolgt in schriftlicher Form im Klassenverband. Die Befragung wird von einem geschulten Interviewer ohne Anwesenheit von Lehrkräften durchgeführt Das Ergebnis der MoSyD-Befragung 2003 war Ausgangspunkt für die Etablierung von CaBS.
2. Ziele von CaBS
Das Projekt CaBS will Jugendliche unterstützen bei
- der Reduzierung des Cannabiskonsums,
- der Erlangung von Abstinenz bei vorhandener Suchtmittelabhängigkeit,
- der Verbesserung der Leistungsfähigkeit,
- der Erweiterung sozialer Kompetenzen,
- der Wiedereingliederung in Schule
- der Erreichung von Zielen in ihren Lebenszusammenhängen.
Das Projekt CaBS unterstützt außerdem Angehörige/ Lehrkräfte im Umgang mit auffälligen Jugendlichen.
3. Zielgruppe
Das Projekt CaBS wendet sich an Schülerinnen und Schüler berufs- und allgemeinbildender Schulen in Frankfurt, die Verhaltensauffälligkeiten im Zusammenhang mit Cannabiskonsum zeigen. Ebenso richtet sich das Projekt an die Bezugspersonen bzw. Familien der jungen Menschen. Den Verhaltensauffälligkeiten liegen psychosoziale Problemlagen zugrunde, die im Zusammenhang mit Drogenmissbrauch stehen und sich zeigen können als:
- Suchtmittelmissbrauch/Abhängigkeit,
- Schwierigkeiten in Schule, Ausbildung und Beruf hinsichtlich der Leistung, Pünktlichkeit und Teilnahme,
- Depressives und aggressives Verhalten,
- Psychische Probleme/ drogeninduzierte Psychosen,
- Starke familiäre Konflikte.
Die erreichten Personen (2009) sind insbesondere sehr stark durch eine psychiatrische Komorbidität belastet.
Diagramm 2
N=50
Diagramm 2 bezieht sich auf die Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die wir 2009 erreichen konnten, d. h. mehr als 50 % hatten eine fachärztliche psychiatrische Diagnose.
Diagramm 3
N = 320
Wie Diagramm 3 zu entnehmen ist, haben wir zunächst auch sehr viele Mädchen und junge Frauen erreichen können. Leider hat sich dieser Trend trotz spezifischer Vorgehensweise der Mitarbeitenden im CaBS-Projekt nicht fortgesetzt.
Das Durchschnittsalter der über CaBS erreichten Jugendlichen und jungen Erwachsenen liegt seit Projektbeginn bei 18,5 Jahren. Knapp 50% waren also unter 18 Jahren (siehe Ausgangslage STROBL et al., 2002).
4. Vorgehensweise
Bei Verhaltensauffälligkeiten von Schüler/innen haben Angehörige, Lehrkräfte und Sozialarbeiter/innen die Möglichkeit, CaBS zu kontaktieren und Hilfen für das weitere Vorgehen zu erhalten. CaBS ermöglicht, die ersten Gespräche vor Ort, an den Schulen oder zu Hause, durchzuführen. Diese finden sehr zeitnah, im wöchentlichen Turnus statt und können auch direkt von den Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der Beratungsstelle genutzt werden. Häufig findet eine Vermittlung der Einzelbetreuung in CaBS über Angehörige und Lehrkräfte statt, indem die Einleitung der Beratung, die Kontaktaufnahme gemeinsam mit den Angehörigen/ den Lehrkräften geschieht. Diese Gespräche schaffen die Voraussetzung dafür, die betreffenden Jugendlichen einzubinden.
Dabei steht zunächst die jeweilige Verhaltensauffälligkeit des Jugendlichen/jungen Erwachsenen im Fokus, unabhängig von einer eventuellen bestehenden Cannabisproblematik.
Gemeinsam mit dem Jugendlichen wird der Hilfebedarf ausführlich analysiert und gegebenenfalls in stationäre Einrichtungen oder spezialisierte Jugendhilfemaßnahmen vermittelt. CaBS organisiert und steuert den Hilfeprozess, bündelt die (institutionellen) Ressourcen und begleitet den Jugendlichen über das Erreichen seines Zieles hinaus. Als Rückmeldung erhält die/der Schüler/in eine schriftliche Teilnahmebescheinigung unter Wahrung datenschutzrechtlicher Grundsätze.
5. Ergebnis
Insgesamt wurden im Jahr 2009 98 Jugendliche und junge Erwachsene in CaBS betreut. 42 von ihnen befinden sich in Behandlung. In 14 Fällen konnte die Beratung planmäßig abgeschlossen werden, d.h. die vereinbarten Ziele wurden vollständig erreicht. Bei weiteren acht Fällen gelang die geplante Weitervermittlung in stationäre Drogentherapien, zu Psychotherapeuten oder in schulische Maßnahmen.
In wenigen Fällen waren Einmalkontakte ausreichend. Überwiegend nutzten Schüler das Angebot aufgrund einer schulischen Auflage. 20 Jugendliche brachen die Beratung vorzeitig ab.
6. Fazit
- Die Inanspruchnahme der Betreuung durch CaBS ist seit Beginn des Projektes kontinuierlich angestiegen und aktuell auf hohem Niveau. Besonders die Anzahl der Jugendlichen, die dauerhaft das Betreuungsangebot für sich nutzen, ist stark angestiegen. Dies belegt eine sehr gute Haltekraft.
- Das Durchschnittsalter in CaBS liegt bei 18,5 Jahren seit Projektbeginn. Somit konnte über das Projekt CaBS die Zielgruppe Jugendliche und junge Erwachsene wesentlich früher erreicht werden als durch das übliche Angebot von Beratungsstellen.
- Die Zielgruppe der Cannabisintensivkonsumenten wurde erreicht. In nahezu allen Fällen lag ein problematisches Cannabiskonsummuster vor.
- Die Einbeziehung der Angehörigen/Eltern in die Beratung hat sich als besonders hilfreich erwiesen, sowohl im Hinblick auf die Erleichterung des Zugangs zu CaBS, als auch hinsichtlich eines Behandlungserfolges.
- Die familienorientierte Beratung hat sich als unterstützendes System in vielen Fällen herauskristallisiert und entstand auf Wunsch der Jugendlichen.
- Die Etablierung eines spezifischen CaBS-Netzwerkes hat zu einer gelungenen Zuweisung der Jugendlichen geführt.
- Da die JBS Am Merianplatz Teil des Suchthilfeverbundes Jugendberatung und Jugendhilfe e.V. ist konnte CaBS nach den ersten Erfahrungen in Frankfurt am Main in die Beratungsstellen im Umland transferiert werden.
Fragen zum Wettbewerbsbeitrag
C 1 Fragen zur gesamtkommunalen Einbindung des Wettbewerbsbeitrags
C 2 Fragen zur Konzeption und Ausrichtung des Wettbewerbsbeitrags
Drogenreferat
C 3 Fragen zur Umsetzung des Wettbewerbsbeitrags
Transfer ins Umland