Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
Titel des Wettbewerbsbeitrags
Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
1. Einleitung/Bedarfsfeststellung
Die im PrEvent-Mobil definierten Maßnahmen orientieren sich an den geforderten Gesundheitszielen des Rhein-Kreises Neuss aus dem Aktionsprogramm "Kinder- und Jugendgesundheit/Gesundheitsziele für den Rhein-Kreis Neuss" (verabschiedet durch den Kreistag des Rhein-Kreises Neuss am 20.12.06). Diese Gesundheitsziele waren Ergebnis der Bedarfsprüfung im Themenfeld A-2 "Suchtprävention".
2. Zur Bedarfslage:
Der Rhein-Kreis Neuss geht alleine von 16.577 erkrankten Alkoholabhängigen im Rhein-Kreis Neuss aus (Psychiatriebericht für den Rhein-Kreis Neuss – 03/2008). Dabei sind die Personen, die Alkohol riskant (suchtgefährdend) konsumieren, nicht mitgezählt. Gerade Kinder und Jugendliche sind vor allem zu dieser Gruppe hinzu zu rechnen.
Sowohl bei den Jungen als auch bei den Mädchen nimmt die Bereitschaft zu, innerhalb kürzerer Zeit mehr als 5 Gläser alkoholischer Getränke hintereinander zu trinken. Dies auch als "Binge-Drinking" bezeichnete Verhalten ist ein Indikator für riskanten Alkoholkonsum. Jeder 2. Jugendliche im Alter von 16 – 17 Jahren gibt Anfang 2007 an, im letzten Monat mindestens an einem Tag 5 oder mehr Gläser Alkohol getrunken zu haben. Im Jahr 2005 lag dieser Wert noch bei 40% der Jugendlichen. Dabei ist die Gefahr für junge Menschen, in eine sogenannte "Suchtkarriere" einzusteigen größer, je jünger das Einstiegsalter beim ersten Konsum von Alkohol liegt. Der Rhein-Kreis Neuss hat dieses Phänomen erkannt und den Handlungsbedarf über zu erreichende Gesundheitsziele definiert:
- Der Alkoholkonsum bei Jugendlichen wird reduziert, das Rauschtrinken wird reduziert.
- Das Einstiegsalter in den (problematischen) Alkoholkonsum wird erhöht.
Im vorliegenden Konzept werden Maßnahmen beschrieben, die insbesondere durch die Passgenauigkeit geeignet sind, diese Gesundheitsziele zu erreichen. Aufgrund der Reichweite des Konzeptes werden auch Kinder und Jugendliche erreicht, die illegale Suchtmittel konsumieren, Essprobleme haben oder Glücksspiel betreiben.
3. Präventionsansatz:
Der Präventionsansatz des PrEvent-Mobils setzt konkret beim Suchtmittelkonsum junger Menschen an. Er ist also weniger auf das Stärken allgemeiner Entwicklungsprozesse im Sinne einer umfassenden Gesundheitsförderung gerichtet, sondern soll zum verantwortungsbewussten und aufgeklärten Konsum einerseits führen sowie andererseits gefährdete junge Konsumenten sowie Hochrisikokonsumenten zur Reduktion des Konsums anregen. Dabei wertschätzen wir die Kinder und Jugendlichen als Gesamtpersönlichkeit.
Ziel ist es, mit einer offenen und akzeptanzorientierten Kommunikation:
- einen persönlichen und positiven Erstkontakt der Jugendlichen mit dem Suchthilfesystem zu ermöglichen,
- ihre Suchtmittelkonsumenten-Mündigkeit, d. h. ihr Bewusstsein für persönliche Risiken im Umgang mit Suchtmitteln zu erweitern,
- Kontrollstrategien und Ausstiegshilfen zu vermitteln.
Diese Ziele sind in unserem Verständnis nur durch einen Mix aus primär- und sekundärpräventiven Angeboten bzw. Angeboten nach dem individuellen Ansatz und dem Settingansatz zu erreichen. Bei der Wahl des Ansatzes muss je nach Situation der Soziallagenbezug geprüft werden und eine genderbezogene Betrachtungsweise eingenommen werden. Der Settingansatz wird jedoch in unserem Konzept bevorzugt eingesetzt. Ein besonderer Vorteil dieses Ansatzes besteht darin, dass sich sozial Benachteiligte am besten in ihrem gewählten Lebensumfeld erreichen lassen und andererseits eine kontraproduktive Stigmatisierung vermieden wird, da in diesen Settings häufig nicht ausschließlich sozial Benachteiligte anzutreffen sind. Im Rhein-Kreis Neuss sind besonders geeignete Settings vor allem die Lebenskontexte, in denen erfahrungsgemäß viel Alkohol oder andere Suchtmittel konsumiert werden (Schützenfeste, Karneval, Straßenfeste sowie besondere (Musik-) Veranstaltungen in Gaststätten und anderen Lokalitäten wie Hallen, Zelte etc.).
4. Zielgruppen:
Da der Einstieg in den Suchtmittelkonsum in den meisten Fällen zwischen dem 12. und 18. Lebensjahr beginnt richtet sich unser Präventionskonzept an diese Zielgruppe. In dieser Lebensphase sind die Möglichkeiten am günstigsten, Verhalten zu modifizieren, bevor es zu einer Etablierung süchtiger Strukturen kommen kann. Dabei handelt es sich um Jugendliche und junge Erwachsene mit Probier- oder Gelegenheitskonsum sowie um (Hoch-) Risikokonsumenten von Suchtmitteln.
5. Angebotsstruktur des PrEvent-Mobils:
Moderne Suchtpräventionskonzepte orientieren sich an der Lebenswelt der Zielgruppe. Es werden Kinder und Jugendliche dort aufgesucht, wo ihr Aktionsraum im Sinne eines gewohnten und gewählten Umfeldes ist. Für die Präventionsarbeit bedeutet dies die Notwendigkeit, flexibel und mobil diese Orte mit umfangreichem Präventionsmaterial aufzusuchen. Insofern ist es sinnvoll, ein einfach zu handhabendes, für unterschiedliche Präventionsthemen ausreichend bestücktes Fahrzeug einzusetzen.
Das PrEvent-Mobil wird bereits in verschiedenen Präventionsbereichen eingesetzt.
- In Schulen (bei so genannten Schwerpunktwochen Sucht, bei Schulfesten etc.).
- Einsatz bei "Aktionswochen". In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass im Rahmen der Gesundheitsförderung von verschiedenen Akteuren (Gesundheitskonferenz des Rhein-Kreises Neuss, Deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgefahren, Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Krankenkassen und Rentenversicherungsträger, betriebliche Suchtarbeit etc.) das Thema Sucht aus verschiedenen Anlässen heraus aufgegriffen wird. Dies ist mit dem PrEvent-Mobil hervorragend möglich.
- Akut präventive Angebote können auf Festen mit bereits konsumierenden Jugendlichen gemacht werden (Karneval, Schützenfeste, Party-Events etc.).
Hier übernimmt das PrEvent-Mobil die Funktion:
- Jugendliche mit Informations- und Orientierungsangeboten so früh wie möglich dort erreichen, wo der Konsum statt findet. Die Kommunikation mit der Zielgruppe wird durch die Ansprache von Gleichaltrigen erleichtert. Dies schafft eine besondere Form von Glaubwürdigkeit, in dem die peers sich innerhalb der Zielgruppe – ausgestattet mit Präventionsangeboten wie Alkoholtests oder "Überlebens-Packs" (z. B. Condom, Taschentücher, Suchtinformation, Obst) in der Verteilung über "Bauchläden" - bewegen. Dieses erfolgreiche peer-education-Konzept ist nur erreichbar durch eine umfassende Ausbildung der peers zum Thema Sucht, Suchtvorbeugung, Gesprächsführung, Reflektion der eigenen Konsumgewohnheiten etc. In den persönlichen Kontakten mit den anderen Jugendlichen geben sie ihre Erfahrungen und ihr Wissen weiter.
- Einen Schutz- und Ruheraum innerhalb des Fahrzeugs zur Basisversorgung (Chill-out-Area) wird bereit gestellt. In diesem Rahmen kann auch Krisenintervention geleistet werden. Ggf. können hier auch Beratungsgespräche in einem geschützteren Rahmen durchgeführt werden.
- Risikobewusstes Konsumverhalten und konsumkritische Haltung werden gefördert. Dies beinhaltet die Sensibilisierung für riskante und weniger riskante Konsummuster, die Entwicklung der Fähigkeit zwischen Genuss, Missbrauch und Abhängigkeit unterscheiden zu können, die Verbesserung der Selbsteinschätzung und Selbstreflektion und die Sensibilisierung für psychosoziale Risiko- und Schutzfaktoren. Hergestellt werden diese Ziele durch den Einsatz eines DVD-Players für Infofilme, Infobroschüren, Suchtwissenstest, Rauschbrillen-Parcours, Befragung und Verlosungsaktionen etc..
- Die o. g. Sensibilisierung und positive Konnotation des Angebotes wird auch erreicht durch "Tauschbörsen" (z. B. alkoholhaltiges gegen alkoholfreies Getränk), Versorgung mit Wasser, warmen Getränken, frischen Früchten, Snacks etc.. Hier soll insbesondere ein akzeptierendes Angebot bereichert werden durch "Attraktionen", um in Kontakt mit den Jugendlichen zu kommen.
Ein weiterer Effekt der aufsuchenden Arbeit durch das PrEvent-Mobil ist das Beobachten der Jugendszene. Durch die Wahrnehmung, Auswertung und Dokumentation der Entwicklung mit der "Szene" fungiert das PrEvent-Mobil auch als "trendscout". Solide Kenntnisse einer sich rasch entwickelnden Jugendkultur machen eine kontinuierlich differenzierte Analyse der Bedarfssituation möglich. Damit kann der fachliche Diskurs über die Lebens- und Problemlagen der Zielgruppe gefördert werden und einfließen in die Gesundheitsberichtserstattung der Gesundheitskonferenz des Rhein-Kreises Neuss. Durch die Interventionsbreite des Konzeptes sind sowohl Aspekte der Verhaltensprävention (bezogen auf den einzelnen Menschen) wie auch die Verhältnisprävention (bezogen auf die Beeinflussung gesellschaftlicher Strukturen) möglich.
6. Qualitätsmanagement:
Qualitätsmanagement und Qualitätssicherung ist für die Umsetzung des Konzeptes obligatorisch. Struktur, Prozess- und Ergebnisqualität werden erhoben und die KundInnen über die Akzeptanz der Angebote befragt (s. Anlage). Ziel ist die kontinuierliche Verbesserung der Maßnahmen auch in der Anpassung an wechselnde Bedarfe.
7. Träger
Die o. g. Angebote werden von der Suchtkrankenhilfe der CaritasSozialdienste Rhein-Kreis Neuss GmbH umgesetzt.
8. Zwischenbewertung
Das Konzept des PrEvent-Mobils wird nun seit einigen Monaten umgesetzt. Es gibt sehr positive Resonanzen der beteiligten Kooperationspartner und der entsprechenden Kinder und Jugendlichen vor Ort. Hilfreich war dabei:
- die gute Vorbereitung durch die Analyse der Bedarfe und der Anbieter vor Ort durch die Geschäftsstelle der Gesundheitskonferenz
- die klare Zieldefinition durch den Beschluss des Kreistages des Rhein-Kreises Neuss
- der Einsatz der Instrumente des Qualitätsmanagements und der Evaluation
- der Einsatz einer für den Rhein-Kreis Neuss innovativen sucht-präventiven Strategie
- der bimodale Focus sowohl auf das Setting "Schule und Jugendeinrichtung" und "Events"
- die Ergänzung der Verhaltensprävention durch die Verhältnisprävention
- die flexible Geschlechter sensible Ausrichtung der einzelnen Veranstaltungen
- die Soziallagensensibilität durch die Ausrichtung auf "Events"
- die partizipative Einbindung von Kindern und Jugendlichen durch das Peer-Konzept
- die Einbindung von weitergehenden Beratungsangeboten (z. B. von Hilfen für Kinder von Suchtkranken) in das Konzept
- die Einbindung von "fachfremden" Akteuren wie z. B. Schützenvereinen
- die Einbindung in das "Fitnetz" des Rhein-Kreises Neuss und die damit gewährleistete Kooperation von verschiedenen Akteuren
- die möglichen ordnungspolitischen "Stellschrauben" der Kommune (z. B. "Auflage" der Integration des PrEvent-Mobils in "Events")
- die flächendeckende Einsatzmöglichkeit im gesamten Rhein-Kreis Neuss.