Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
Titel des Wettbewerbsbeitrags
Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
Abgestimmte Maßnahmen gegen den Alkoholmissbrauch durch Kinder und Jugendliche bei öffentlichen Veranstaltungen
Ausgangslage
Bis zum Alter von 14 Jahren hatten hier wie anderenorts bereits 50% der Schülerinnen und Schüler zumindest einen Alkoholvollrausch. Obwohl insgesamt, vor allem nach der Erhöhung der Alkopopsteuer im August 2004 ein leichter Rückgang des Alkoholkonsums bei Jugendlichen zu beobachten ist, gibt es Teilgruppen Jugendlicher mit außerordentlich hartem Konsummuster. „Binge-drinking“ oder „Koma-Saufen“ kennzeichnen treffend dieses Trinkverhalten. Ziel dieses Verhaltens ist der Vollrausch.
Leider ist dieses problematische Trinkverhalten Jugendlicher auch bei Großveranstaltungen in Karlsruhe zunehmend häufiger zu beobachten. Nach Berichten der Polizei kommt es bei einzelnen Veranstaltungen zu regelrechten Saufgelagen. Die Veranstaltung bildet lediglich den äußeren Rahmen für dieses Phänomen. Im Extremfall können sich die Betroffenen nicht mehr auf den Beinen halten und müssen von den vor Ort tätigen Hilfs- und Rettungsorganisationen versorgt werden. Die Karlsruher Klinik für Kinder- und Jugendmedizin wird mit steigender Tendenz für nachfolgende körperliche Entgiftungen in Anspruch genommen. Im Jahr 2005 mussten 25 Kinder und 58 Jugendliche entgiftet werden, im Jahr 2006 noch 11 Kinder und 65 Jugendliche. Diese Problematik veranlasste die Stadt Karlsruhe in Kooperation mit dem Polizeipräsidium und vielen weiteren Beteiligten, das Konzept „Jugendschutz Karlsruhe“ zu entwickeln und umzusetzen.
Zielsetzung
Reduzierung des riskanten Alkoholkonsums bei Kindern und Jugendlichen zur Förderung einer körperlich, psychisch und sozial gesunden Entwicklung einschließlich der Verminderung des Risikos einer Suchtentwicklung. Gleichzeitig werden mit den nachfolgend beschriebenen Maßnahmen ordnungspolitische und jugendschützerische Ziele verfolgt. Die Anzahl verübter Straftaten durch Jugendliche unter Alkoholeinfluss soll vermindert werden.
Maßnahmenübersicht
Die durchzuführenden Maßnahmen sind drei Bereichen zugeordnet: Strukturelle Voraussetzungen, pädagogische Einflussnahme und anlassbezogener Einsatz von Jugendschutzteams.
I. Strukturelle Voraussetzungen
Alle Verkaufsstellen für alkoholische Getränke, die Gesamtheit bestehender Gaststätten aber auch die anlassbezogene Gastronomie werden zielgerichtet über die Bestimmungen des Jugendschutzgesetzes informiert. Jeder Betreiber hat einen Ansprechpartner oder eine Ansprechpartnerin für Fragen des Jugendschutzes zu benennen. Das vor Ort tätige Verkaufspersonal wird in der Umsetzung des Jugendschutzgesetzes geschult. Kontrollmaßnahmen werden im Vorfeld von Großveranstaltungen durchgeführt. Sowohl Auflagen für Veranstalter als auch Verkaufsbeschränkungen bezogen auf alkoholische Getränke sind möglich. Verstöße gegen konkrete gesetzliche Regelungen werden sanktioniert.
II. Pädagogische Einflussnahme
Speziell für diesen Themenbereich konzipierte Elternabende sollen Eltern sensibilisieren, informieren, ihnen Handlungsmöglichkeiten aufzeigen, ihre Vorbildfunktion verdeutlichen. Kenntnisse über rechtliche und medizinische Grundlagen werden ebenso vermittelt wie Kenntnisse über schützende Faktoren. Flankierend wird Informationsarbeit zum Thema des riskanten Umgangs mit Alkohol in Schulen und bei Vereinen angeboten. In Anlehnung an das bundesweit umgesetzte Projekt „HaLT“ bietet die Jugend- und Drogenberatungsstelle der Stadt Karlsruhe für erstmals mit Alkohol auffällig gewordene Jugendliche das Programm „RESET (Alkohol)“ an.
III. Jugendschutzteams
Für den Einsatz vor Ort wurden mehr als 100 „Jugendschützer“ ausgebildet, die in Teams zum Einsatz kommen. Jedes Team besteht aus einer Polizeibeamtin bzw. einem Polizeibeamten, einem Vertreter der Hilfsorganisationen, d.h. Rettungsdienste, sowie einem Vertreter aus dem sozialen Bereich. Aufgabe dieser Teams ist die direkte und gezielte Intervention vor Ort, d.h. Kinder werden bei Alkoholkonsum in jedem Fall angesprochen, Jugendliche immer dann, wenn Handlungsbedarf vorliegt, aber auch dann, wenn erkennbar gegen das Jugendschutzgesetz verstoßen wurde.
Die Vertreter der Hilfeorganisationen entscheiden über notwendige medizinische Hilfeleistungen wie z.B. die Hinzuziehung eines Arztes. Im einfachsten Fall werden die Eltern der so betroffenen Kinder oder auch Jugendlichen darüber informiert, wo sie ihre Tochter bzw. ihren Sohn abholen sollen. Bei der Übergabe findet ein kurzes Elterngespräch statt; die Eltern werden eingeladen, einen Beratungstermin in den folgenden Tagen zeitnah wahrzunehmen. Den Eltern wird ein entsprechender Informationsbrief ausgehändigt. Sollte ein polizeiliches Eingreifen erforderlich sein, so wird der Vorgang an die zuständigen Beamten übergeben. Verstärkt werden die Jugendschutzteams durch polizeiliche und psychosoziale Hintergrundbereitschaft. Sollte beispielsweise eine Inobhutnahme eines Kindes erforderlich sein, so wird sie durch den psychosozialen Dienst veranlasst, ebenso wie eine erforderlich polizeiliche Maßnahme durch den polizeilichen Einsatzleiter veranlasst werden kann.
Maßnahmenumfang 2007
Für insgesamt 13 Einsatztage bzw. -nächte wurden in der Summe 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter benötigt; fast 4.000 Kinder und Jugendliche wurden angesprochen; in 200 Fällen wurden die Eltern schriftlich informiert; in weiteren 70 Fällen erfolgte entweder die Übergabe an Personensorgeberechtigte oder aber eine Inobhutnahme.
Das Projekt „Jugendschutz Karlsruhe“ zeigt im zweiten Projektjahr bereits deutliche Erfolge im Hinblick auf die Anzahl der im öffentlichen Raum alkoholisiert angetroffener Kinder und Jugendliche. Auch die Zahl der erforderlichen Entgiftungen für diese Zielgruppe sinkt.
Maßnahmenumfang 2008
Veranstaltungen: 7 mit 12 Einsatztagen
Mitarbeiter: 350 (70)
Kontaktierte Jugendliche: 4940
Eltern: Übergaben: 30, Briefe: 59
Klinik: 4
Alkohol: entsorgte Flaschen: 235
Wirte: 125 Betreiber (Poster/Informationsgespräche), Je Einsatz 1 – 3 Vorteams für Betreibe
Das gesamte Projekt wurde analog vom Landkreis Karlsruhe übernommen.
Homepage zum Thema: www.jugendschutz-ka.de