Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
Titel des Wettbewerbsbeitrags
Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
1. Ausgangslage
1.1 Das Bundesmodellprojekt Hart am LimiT (HaLT)
Sporadisch-exzessiver Alkoholkonsum ("binge-drinking", "Komasaufen") bzw. Trunkenheit im Jugendalter ist mit einer Vielzahl von negativen Konsequenzen für die Gesundheit und die weitere Entwicklung assoziiert.
Aus diesem Grunde empfehlen sowohl die Weltgesundheitsorganisation als auch der EU-Gesundheitsministerrat, die Verbreitung und Häufigkeit von Trinkgewohnheiten, die mit hohen Risiken verbunden sind, unter jungen Menschen wesentlich zu verringern. Jugendliche sollen über die Gefahren des Alkoholkonsums besser aufgeklärt und ein stützendes Umfeld geschaffen werden.
Auf nationaler Ebene wurde nach einem vielversprechenden Pilotprojekt 2003 das Bundesmodellprojekt "Hart am Limit (HaLT)" in vielen Städten und Landkreisen in neun Bundesländern eingeführt.
HaLT wurde als Reaktion auf die zunehmende Verbreitung exzessiver Alkoholkonsummuster bei Jugendlichen und - als Folge davon - steigender Zahlen stationärer Behandlungen wegen Alkoholintoxikationen entwickelt (zwischen den Jahren 2000 und 2006 ein Anstieg um 105 Prozent).
In einem "proaktiven Teil" beinhaltet HaLT verschiedene Präventionsbemühungen wie Workshops zum Thema Alkohol, beispielsweise in Schulklassen. In einem "reaktiven Teil" werden verschiedene Beratungsangebote zusammengefasst, die als "Hilfe am Krankenbett" für Jugendliche angeboten werden, die nach auffälligem Trinkverhalten in ein Krankenhaus eingeliefert werden mussten.
Am 31.12. 2007 endete die Finanzierung von HaLT als Bundesmodellprojekt durch das Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung. HaLT erhielt eine sehr positive Bewertung durch die wissenschaftliche Begleitung.
Nach den neuesten Zahlen der Repräsentativerhebung "Drogenaffinität Jugendlicher in der Bundesrepublik Deutschland" der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA, 2008) ist Alkoholkonsum nach wie vor die häufigste Suchtform unter Jugendlichen.
Alkohol ist bei den Heranwachsenden das am weitesten verbreitete Suchtmittel. Bei den 12 bis 17-Jährigen tranken 2008 noch 17,4 Prozent regelmäßig Alkohol, 2004 waren es 21,2 Prozent. Obwohl der größte Teil der 12- bis 17-Jährigen nach dem Jugendschutzgesetz eigentlich gar keinen Alkohol trinken dürfte, tranken im Jahr 2008 etwa 20 Prozent von ihnen im vergangenen Monat mindestens bei einer Gelegenheit 5 oder sogar mehr Gläser Alkohol. Dieser Trend zum exzessiven Trinken, das sog. "Binge Drinking", ist weiterhin ungebrochen. 2004 lag der Anteil der exzessiv trinkenden Jugendlichen bei 23 Prozent.
Nicht nur das Rauschtrinken zu bestimmten Anlässen, sondern auch die regelmäßig konsumierte Alkoholmenge stellt eine besondere Gefahr für Jugendliche dar. Schon ein Erwachsener sollte täglich nicht mehr als 24 g (Männer) und 12 g (Frauen) reinen Alkohol zu sich nehmen. Jugendliche können allerdings schon durch deutlich geringere Mengen gesundheitlich geschädigt werden. Deshalb ist es besonders bedenklich, dass etwa 8 Prozent der 12- bis 17-Jährigen pro Tag eine höhere Alkoholmenge zu sich nimmt. 2,5 Prozent der Jungen und 1,5 Prozent der Mädchen nehmen sogar so viel Alkohol zu sich, dass sie die für Erwachsenen geltenden Grenzen zum "gefährlichen Alkoholkonsum" (60g Reinalkohol Männer; 40g Reinalkohol Frauen) überschreiten.
Quelle: "Repräsentativerhebung zur Drogenaffinität von Jugendlichen: Ausgeraucht - aber oft betrunken!" in: www.jugenhilfeportal.de
1.2 Hart am LimiT (HaLT) in Frankfurt am Main - der bisherige Verlauf
Seit dem 01.11.2004 sind der Verein Jugendberatung und Jugendhilfe Am Merianplatz e.V. (JJ), das Bürgerhospital so wie das Gesundheitsamt beteiligt am HaLT-Projekt in Frankfurt am Main.
Nach Abschluss als. "Bundesmodellprojekt" wurde HaLT in Frankfurt am Main weitergeführt und aus kommunalen Mitteln der Stadt finanziert.
Alle intoxikiert aufgefundenen Jugendlichen werden zentral im Bürgerhospital zur Überwachung und Akutbehandlung auf die interdisziplinäre Station (notfalls auch auf die Intensivstation) aufgenommen. In der Regel sind sie am nächsten Morgen so stabil, dass sie auf die Entgiftungs- und Motivationsstation verlegt werden können. Hier führen der Stationsarzt (Erwachsenenpsychiater) und Sozialpädagogen Gespräche mit den betroffenen Jugendlichen und ihren Eltern. Dabei wird auch ein sogenannter PROGNOS-Bogen erhoben, unter anderem zur Analyse des Konsumverhaltens. Anschließend wird auf die Beratungsangebote der Drogenberatungsstelle "Am Merianplatz" (JJ) hingewiesen. Hier werden den Jugendlichen und ggf. deren Familienangehörigen Empfehlungen und Hilfestellungen angeboten.
Die stationären Aufnahmen erfolgen erwartungsgemäß häufiger an den Wochenenden (freitags und samstags) und während der Schulferien. Jährlich werden ca. 60 Jugendliche im Alter von 13 bis 19 Jahren aufgenommen. Bisher handelte es sich in 2/3 der Fälle um Jungen.
2. Das Projekt FOKUS
2.1 Anlass
Es ist in der Literatur hinreichend beschrieben, dass Alkoholkonsum und –missbrauch mit anderen psychischen Störungen assoziiert ist.
Zahlreiche Befunde bestätigen eine hohe Komorbidität zwischen dem Missbrauch von Alkohol und anderen psychischen Erkrankungen (Literatur z.B. Petrakis, Gonzalez, Rosenheck & Krystal, Comorbidity of alcoholism and Psychiatric disorders: an overview. Alkohol Research and Health, 26(2), 81 -89, 2002).
Jugendliche, die ein so riskantes Konsummuster aufweisen, dass sie wegen einer Alkoholvergiftung stationär behandelt werden müssen, können Risiken für die Entwicklung einer psychischen Störung aufweisen oder es besteht schon eine manifeste Störung. Der Anstoß zu dem Projekt FOKUS kam aus der Arbeitsgruppe des HaLT-Projektes Frankfurt.
Die Ausgangsanalyse basiert auf dem Abschlussbericht des Bundesmodellprojektes "Hart am Limit" ("Halt") für den Zeitraum vom 01.11.2004 - 31.12.2007 von der Jugendberatung und Suchthilfe "Am Merianplatz" in Frankfurt / Main sowie den aktuellen Zahlen der stationär aufgenommenen intoxikierten Kindern und Jugendlichen des Bürgerhospitals Frankfurt für das Jahr 2008.
2.2 Zielsetzung
Frühzeitiges und rechtzeitiges Erkennen von psychischen Störungen und ggf. Einleitung von zielgerichteten Maßnahmen, bei einer bereits auffällig gewordenen Gruppe von Jugendlichen (Risikoabschätzung).
Das Frankfurter HaLT-Projekt wird ergänzt durch das Angebot einer kinder- und jugendpsychiatrischen Untersuchung.
Das Bürgerhospital und der Verein Jugendberatung und Jugendhilfe Am Merianplatz e.V. werden durch die Einbindung einer kinder- und jugendpsychiatrischen Fachkompetenz unterstützt, unter den aufgenommenen Jugendlichen, diejenigen mit einer psychischen Belastung zu erkennen und Möglichkeiten einer angemessenen Anschlussversorgung aufzuzeigen. Dabei soll geschlechtspezifischen Unterschieden zwischen Mädchen und Jungen Rechnung getragen werden.
Die Zielgruppe sind demgemäß Kinder und Jugendliche, die nach einer Alkoholintoxikation stationär im Bürgerhospital behandelt wurden und bei denen der Verdacht besteht, dass neben der Alkoholproblematik noch eine psychische Belastung bzw. Störung vorliegt.
2.3 Konzeption
Das Projekt FOKUS wurde vom Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienst des Gesundheitsamtes entwickelt und stellt ein niedrigschwelliges Angebot dar. Das Angebot ist freiwillig und kostenlos und wird zeitnah vor bzw. nach der Entlassung der Jungendlichen in den Räumen des Bürgerhospitals durchgeführt.
In einem Gespräch mit einem Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie bzw. einem Psychologen soll eine diagnostische Einschätzung unter Einbeziehung der Bezugspersonen erfolgen. Es geht sowohl um die psychische Verfassung, als auch um die soziale Situation der Jugendlichen. Es sollen Risiken für die Persönlichkeitsentwicklung bzw. mögliche (komorbide) psychische Störungen erfasst werden. Auch die familiären Hintergründe werden für die Einschätzung hinzugezogen.
2.4 Vorgehen:
Das Projekt FOKUS enthält folgende Bausteine:
2.4.1 Anamnese
Ein Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie bzw. ein Diplompsychologe/Diplompädagoge bieten jeweils montags in der Zeit von 14 bis 16 Uhr im Wechsel eine Sprechstunde für einen stationär aufgenommenen Jugendlichen sowie dessen Familie an. Es werden Gespräche mit den Jugendlichen und den Eltern geführt. Dabei sollen die bisherige Entwicklungsgeschichte, die familiären Bedingungen und die aktuelle psychische Verfassung jenseits der Suchtproblematik erhoben werden. Es können insbesondere Informationen zu Temperamentsfaktoren der Jugendlichen erfragt werden, die häufig einer Suchtentwicklung vorausgehen, beispielsweise sozialphobische oder depressive Veranlagungen. Die Erziehungsberechtigten werden zuvor durch ein Merkblatt über dieses Angebot informiert.
2.4.2 Psychologisches Testverfahren
Ergänzt wird die Anamnese durch eine testpsychologische Untersuchung, die mit den Jugendlichen allein durchgeführt wird.
Es handelt sich um eine kurze Testbatterie, die aus Persönlichkeitsfragebögen und klinischen Fragebögen zusammengesetzt wurde. Die Skalen wurden dem "Freiburger-Persönlichkeits-Inventar" (FPI) sowie dem "Phobie-Fragebogen für Kinder und Jugendliche" (PHOKI) entnommen. Bei beiden Verfahren handelt es sich um standardisierte, normierte und evaluierte Testverfahren. EDV-gestützt erfolgt eine sofortige Auswertung des Fragebogens, um dessen Ergebnisse in das Gespräch mit dem betroffenen Jugendlichen und/oder dessen Eltern mit einbeziehen zu können.
2.4.3 Empfehlung
Zum Abschluss der Anamnese und der psychologischen Testung wird je nach Bedarf eine Empfehlung zur weiteren Beratung bzw. Behandlung gegeben (Erziehungsberatungsstelle, Suchtberatungsstelle, Kinder- und Jugendpsychiater u.a.). Die konkrete Empfehlung wird der Familie schriftlich ausgehändigt.
2.5 Auswertung
Nach sechs Monaten erfolgt eine Auswertung über die Akzeptanz und Inanspruchnahme des Projektes. Auch die Umsetzung der Empfehlungen soll evaluiert werden.
2.6 Befristung und Finanzierung
Das Projekt FOKUS ist nicht befristet und wird vom Stadtgesundheitsamt der Stadt Frankfurt finanziert.
2.7 Ergebnisse:
Evaluierte Ergebnisse liegen zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vor.