Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
Alkoholprävention vor Ort
Stadt Nürnberg, Jugendamt – Präventive Jugendhilfe
- Ausgangssituation: Alkoholkonsum bei Jugendlichen
- Rahmenbedingungen Alkoholprävention in der Jugendhilfe
- Arbeitsfeld Präventive Jugendhilfe des Jugendamtes Nürnberg
- Maßnahmen und Angebote der Alkoholprävention im Rahmen der Suchtprävention und des Kinder- und Jugendschutzes
1. Ausgangssituation: Alkoholkonsum bei Jugendlichen
Der durchschnittliche Verbrauch je Einwohner lag in der Bundesrepublik Deutschland 2003 bei 117,5 Litern Bier, 19,8 Litern Wein und 5,9 Litern Spirituosen. Der Alkoholverbrauch je Einwohner an reinem Alkohol betrug in diesem Jahr 10,2 Liter. Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (DHS) geht in der Altersgruppe von 18 bis 69 Jahren aktuell von 9,3 Mio. Menschen mit riskantem Konsum aus. Davon liegt bei 2,7 Mio. Personen missbräuchlicher Konsum und bei 1,6 Mio. Personen abhängiger Konsum vor.
Das Konsumverhalten von Jugendlichen bei Alkohol spiegelt die gesellschaftlichen Realitäten. Kinder und Jugendliche kommen in der Mehrzahl mit Alkohol erstmals in der Familie bzw. bei Familienfeiern in Kontakt und nicht - wie häufig angenommen wird – in dunklen Kaschemmen oder in und an (informellen) Jugendtreffs.
Von den 12- bis 25-Jährigen trinken etwa 30% regelmäßig, d. h. mindestens einmal pro Woche, Alkohol. Bei den männlichen Jugendlichen ist der Anteil der regelmäßigen Alkoholkonsumenten mit 39% fast doppelt so hoch wie bei den weiblichen Jugendlichen (20%). Von den 12- bis 13-Jährigen geben 85% an, selten oder nie Alkohol zu trinken. Die Altersstufe 14 – 15 Jahre ist für die meisten Jugendlichen offenbar die entscheidende Übergangsphase von (weitgehender) Abstinenz zum regelmäßigen Alkoholkonsum. Ab 16 bis 17 Jahren verfestigen sich die Trinkgewohnheiten dann zunehmend.
Die langfristige Entwicklung des regelmäßigen Alkoholkonsums zeigt jedoch auch, dass der Anteil Jugendlicher, die mindestens einmal pro Woche Bier, Wein und/oder Spirituosen konsumieren, in den vergangenen 30 Jahren zurückgegangen ist. Auch wenn sich kein einheitliches Bild zeigt, kann doch davon ausgegangen werden, dass bei den jüngeren Altersgruppen in den vergangenen fünf Jahren wieder ein leichter Anstieg zu verzeichnen ist.
Seit 2001 spielen dabei die alkoholischen Mixgetränke (sog. Alcopops) eine wesentliche Rolle. Für diese alkoholischen Mixgetränke gilt ein Abgabe- und Trinkverbot für Minderjährige (unter 18 Jahren). Eine 275-ml-Flasche enthält, bei durchschnittlich 5,5 Volumenprozent Alkohol ca. 12 bis 13 g reinen Alkohols. Dies entspricht einem "doppelten" Schnaps oder zwei Gläsern Wodka (auch wenn dies nicht zu schmecken ist).
"Alcopops" gelten in der Jugendszene als trendy, chic und cool.
Vor diesem Hintergrund ergeben sind damit drei Tendenzen:
- "Alcopops" sind zunehmend auch für jüngere Jugendliche (ab ca. 12 Jahren) interessant.
- "Alcopops" erreichen verstärkt Jugendliche, denen der Konsum von Bier und/oder Spirituosen zu "prolohaft" ist.
- "Alcopops" werden im Vergleich zu anderen alkoholischen Getränken überdurchschnittlich häufig von Mädchen konsumiert.
Das "Gesetz zur Verbesserung des Schutzes junger Menschen vor Gefahren des Alkohol- und Tabakkonsums" wurde am 06.05.2004 vom Bundestag beschlossen. Dieses Gesetz enthält zwei wesentliche Inhalte im Hinblick auf alkoholische Mixgetränke:
- Warnhinweis auf dem vorderen Flaschenetikett, dass diese Getränke erst an Personen ab 18 Jahren verkauft werden dürfen.
- Sondersteuer pro Flasche (Inhalt: 275 ml) von ca. 0,84 €.
Allerdings schreiben weder dieses neue Gesetz noch das Lebensmittelgesetz vor, dass alkoholische Mixgetränke in den Geschäften neben den Spirituosen zu lagern sind. Die fachlich zuständigen Ministerien einzelner Bundesländer haben den Handel aufgefordert, die "Alcopops" nicht neben Limonaden und ähnlichen nichtalkoholischen Getränken zu platzieren.
Aus Sicht des Jugendamtes Nürnberg ist die neue gesetzliche Regelung ein richtiger Schritt. Ob die mit der Sondersteuer erfolgte Preiserhöhung zu einer wesentlichen Minderung des Konsums von Jugendlichen beigetragen hat, kann noch nicht abschließend beurteilt werden. Die Praxiserfahrungen aus der Offenen Jugendarbeit zeigen jedenfalls, dass der Konsum von Alcopops seit Ende 04 leicht zurückgegangen ist.
"Ersatzstoffe" in Pulverform haben sich in der örtlichen Jugendszene (bisher) nicht durchgesetzt.
Es bleibt jedoch festzuhalten: Alkohol ist und bleibt bei Jugendlichen die Droge Nummer eins.
2. Rahmenbedingungen Alkoholprävention
Durch strukturelle Maßnahmen im Rahmen der Jugendhilfeplanung sollen positive Lebensbedingungen für junge Menschen und deren Familien geschaffen werden.
Die fachlichen Zugänge der Jugendhilfe zur Thematik Alkoholkonsum von Jugendlichen ergeben sich neben der oben angeführten Norm des SGB VIII, § 1 aus folgenden gesetzlichen Aufträgen:
SGB VIII, § 14 Erzieherischer Kinder- und Jugendschutz:
(1) Jungen Menschen und Erziehungsberechtigten sollen Angebote des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes gemacht werden.
(2) Die Maßnahmen sollen
1. junge Menschen befähigen, sich vor gefährdeten Einflüssen zu schützen und sie zu Kritikfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit und Eigenverantwortlichkeit sowie zur Verantwortung gegenüber ihren Mitmenschen zu führen.
2. Eltern und andere Erziehungsberechtigte besser befähigen, Kinder und Jugendliche vor gefährdenden Einflüssen zu schützen.
Durch Information, Erziehung und Bildung wird eine aktive persönliche Auseinandersetzung von Kindern und Jugendlichen mit Gefährdungspotentialen unterstützt.
Jugendschutz ist (auch) Prävention. Der präventive Ansatz, d. h. Jugendschutz durch positive erzieherische Einwirkung und die Stärkung von Eigenverantwortlichkeit bei Kindern und Jugendlichen wird betont.
Daneben kommt weiterhin der Aspekt der Gefahrenabwehr zum Tragen, wonach Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl zu schützen sind.
Für diesen Bereich schafft der Staat durch Rechtsvorschriften die Rahmenbedingungen für den gesetzlichen Kinder- und Jugendschutz (siehe Jugendschutzgesetz (JuSchG), § 4 ff. sowie Bayerisches Kinder- und Jugendhilfegesetz (BayKIJG), Jugendschutzbestimmungen Art. 42 ff.).
Die Bestimmungen zum Jugendschutz in der Öffentlichkeit sind im Jugendschutzgesetz (JuSchG), § 4 – 10, festgelegt (u. a. § 9 Alkoholische Getränke und § 10 Rauchen in der Öffentlichkeit, Tabakwaren).
Präventive Angebote im Bereich Kinder- und Jugendarbeit sind abzuleiten aus SGB VIII, § 11 Jugendarbeit:
(1) Jungen Menschen sind die zur Förderung ihrer Entwicklung erforderlichen Angebote der Jugendarbeit zur Verfügung zu stellen...
(3) Zu den Schwerpunkten der Jugendarbeit gehören:
1. außerschulische Jugendbildung mit allgemeiner, politischer, sozialer, gesundheitlicher, kultureller, naturkundlicher und technischer Bildung...
(6) Jugendberatung
Die Beratung von Kindern und Jugendlichen (auch) zu gesundheitlichen Fragen ist explizit Arbeitsauftrag in den Einrichtungen und Arbeitsfeldern der Offenen Kinder- und Jugendarbeit (Kinder- und Jugendhäuser, Jugendtreffs, Straßensozialarbeit).
Die kommunalen Planungsgrundlage für den Bereich Sucht (Prävention) bildet der Rahmenplan Suchthilfe in Nürnberg.
Für den Bereich Kinder- und Jugendarbeit ist der Rahmenplan Jugendhilfe, Teilplan Offene Jugendarbeit, Arbeitsgrundlage.
Beide Rahmenpläne sind vom Nürnberger Stadtrat beschlossen und werden fortgeschrieben und weiterentwickelt.
Konkretisierungen für einzelne Arbeitsfelder erfolgen in Form von Einzelkonzeptionen und Arbeitsprogrammen, wie z. B. dem "Arbeitsprogramm Kinder- und Jugendschutz" des Jugendamtes, das am 21.07.2005 vom Jugendhilfeausschuss beschlossen wurde.
Ein aktualisiertes Arbeitsprogramm Suchtprävention mit dem Schwerpunkt Alkoholprävention wird zur Zeit vom Jugendamt erarbeitet und Mitte 2006 dem Jugendhilfeausschuss zur Beschlussfassung vorgelegt.
3. Arbeitsfeld Präventive Jugendhilfe des Jugendamtes Nürnberg
Tangiert sind in erster Linie die Arbeitsfelder "Präventive Jugendhilfe" (Suchtprävention und Kinder- und Jugendschutz) und die Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit der Abteilung Kinder- und Jugendarbeit des Jugendamtes sowie der Kreisjugendring Nürnberg-Stadt und seine Mitgliedsorganisationen mit ihrem Angebot der Jugendverbandsarbeit und der Offenen Kinder- und Jugendarbeit.
Personelle Ressourcen im Sachgebiet Präventive Jugendhilfe:
2,5 Stellen für Suchtprävention
0,5 Stellen für Jugendschutz.
Die Thematik Alkoholprävention ist dabei jeweils ein wichtiger Teilbereich im Gesamtkontext Suchtprävention und Jugendschutz.
Das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen gewährt für die 2,5 Stellen Suchtprävention einen jährlichen Personalkostenzuschuss in Höhe von 34.000 €.
Die Offene Kinder- und Jugendarbeit des Jugendamtes umfasst 25 Kinder- und Jugendhäuser bzw. Jugendtreffs in Verbindung mit Straßensozialarbeit.
Der Kreisjugendring Nürnberg-Stadt und seine Mitgliedsverbände verfügen über vier Einrichtungen der Offenen (Kinder- und) Jugendarbeit mit hauptamtlichem Personal: JugendKinderKultur "Quibble", "Cultfactory Luise", Jugendhaus St. Andreas und das Integrative Kinder- und Jugendhaus "Mobile" (Kreutzerstr. 5).
Die Arbeit der Jugendverbände umfasst ebenfalls präventive Aspekte. Die verschiedenen Mitgliedsverbände des Kreisjugendrings Nürnberg-Stadt (schwerpunktmäßig die Evangelische Jugend und der Bund der Katholischen Jugend) haben 30 stadtteilbezogene Angebote der Offenen Kinder- und Jugendarbeit in ihrem Programm.
4. Maßnahmen und Angebote der Alkoholprävention im Rahmen der Suchtprävention und des Kinder- und Jugendschutzes
- Information und Beratung
- Schulung, Fort- und Weiterbildung
- Pädagogische Angebote für Kinder und Jugendliche.
Adressaten sind:
- Kinder und Jugendliche
- Eltern
- Multiplikatoren, wie z. B. Lehrer und pädagogisches Personal in Einrichtungen (Kindertagesstätten, Jugendfreizeiteinrichtungen)
- Kooperationspartner im Kontext der Jugendhilfe
- im Jugendschutz auch: Gewerbetreibende.
Die Prioritäten und Schwerpunktsetzung der Maßnahmen und Angebote richtet sich nach den Adressaten:
Bei Kindern und Jugendlichen stehen Information, Beratung sowie pädagogische Angebote und Projekte im Mittelpunkt.
Bei Eltern ist in erster Linie Information und (kurzfristige) Beratung gefragt, teilweise besteht auch Bedarf nach Schulung im Sinne von Erweiterung der Erziehungskompetenz.
Information, Schulung und Fortbildung stehen im Zentrum der Arbeit mit Multiplikatoren, schwerpunktmäßig mit Lehrkräften und Fachkräften der Jugendhilfe. Bei Gewerbetreibenden, wie z. B. Besitzern/Pächtern, Gaststätten, Spielhallen, Internet-Cafes oder Tankstellen sind Information und Beratung, aber auch (Jugendschutz) Kontrolle notwendig. Dabei ist besonderer Wert auf die Einhaltung der einschlägigen Jugendschutzbestimmungen zu achten. Dies kann auch den Aspekt einer Einschränkung der Verfügbarkeit von alkoholischen Getränken und Tabakwaren für Kinder und Jugendliche implizieren.
Angebote und Maßnahmen der Alkoholprävention im fachlichen Kontext des Arbeitsprogrammes Kinder- und Jugendschutz des Jugendamtes Nürnberg, Präventive Jugendhilfe, sind in der folgenden Matrix aufgeführt.
Einzelmaßnahmen und Projekte sind unter Punkt P beschrieben.
Fragen zum Wettbewerbsbeitrag
Stadtrat Nürnberg
Maßnahmen des gesetzlichen und strukturellen Jugendschutzes
Projekte im Rahmen der Offenen Kinder- u. Jugendarbeit (Kinder- u. Jugendhäuser, Jugendtreffs, Straßensozialarbeit),
Suchtbeauftragter der Stadt Nürn-berg
Jugendamt Nürnberg (Altergruppe bis 27 Jahre)
Kreisjugendring Nürnberg-Stadt
Arbeitskreis Legale Drogen (LEDRO)
Landeszentrale für Gesundheit in Bayern eV. (LZG), Bundeszentrale für gesundheit-liche Aufklärung (BZgA), Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (BHS)
Geschlechtsspezifische Differenzierung und Ausrichtung der Informations-, Beratungs- und Freizeitangebote.
- Umsetzung von Maßnahmen des gesetzlichen Jugendschutzes
- Informationsbroschüre "Jugendliche und Alkohol"
- Fortbildung, Schulung und Fachberatung von Multiplikatoren aus dem Bereich Schule
- Qualifizierung von Fachkräften aus der Offenen Jugendarbeit zur Beratung von alkoholkonsumierenden Jugendlichen
- Suchtpräventive Angebote und Projekte in der Offenen Jugendarbeit
Jugendliche mit Problemen bei der sozialen und beruflichen Integration; Migrations-jugendliche
aufsuchende Arbeit / Streetwork im Bereich Jugendliche (bis 27 Jahre)