Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
Interdisziplinäres Hilfenetzwerk für alkoholgefährdete/alkoholabhängige Schwangere, Mütter, Väter und deren Kinder
Kurzfassung der Münchner Kooperationsvereinbarung "Alkohol"
1 Ausgangssituation
In Deutschland ist nach offiziellen Angaben von etwa 2,5 Millionen Alkoholabhängigen auszugehen. Demnach dürften mindestens 2 Millionen Kinder von der Alkoholerkrankung eines Elternteils betroffen sein. Das bedeutet, dass jedes achte Kind unter 18 Jahren aus einer Familie mit Alkoholproblem stammt. Nach der Statistik der Bezirkssozialarbeit der Landeshauptstadt München aus dem Jahr 2001 wurde in 8,5% der erfassten 32.094 Haushalte ein Alkoholproblem festgestellt. In ca. 750 Haushalten, in denen ein Alkoholproblem bei den Erwachsenen bekannt war, lebten rund 1300 minderjährige Kinder. Die Haushalte, die der Bezirkssozialarbeit bekannt werden, entsprechen etwa 4% der gesamten Münchner Haushalte. Dem gemäß ist von einer entsprechend hohen Anzahl der von der Alkoholerkrankung ihrer Eltern betroffenen Kinder auszugehen.
Aufgrund der hochambivalenten gesellschaftlichen Haltung gegenüber dem Alkohol in seiner vielfältigen Funktion für die Gesellschaft (Stimmungsmacher, Entspanner, Prestigeobjekt, Problemverdränger, Enthemmer, Genußvervollständiger, Spaßmacher etc.) ist die Gefährdungslage von Kindern in alkoholbelasteten Familiensituationen häufig schwieriger zu durchschauen, als dies beim Konsum illegaler Drogen allein aufgrund der Rechtslage ist oder zu sein scheint. Die Nachweiserbringung einer Gefährdungslage, aber auch die Bereitschaft von Eltern, Hilfen anzunehmen, gestaltet sich bei einem gesellschaftlich akzeptierten "Genussmittel" durchaus schwierig.
Mit dem vorliegenden Kooperationsmodell, das nach den Kooperationsvereinbarungen für drogenabhängige/substituierte Eltern und deren Kinder entwickelt wurde, wird ein verbindlicher Rahmen innerhalb des Hilfesystems und eine Regelung der Verantwortlichkeiten im Umgang mit Kindern und deren alkoholgefährdeten bzw. alkoholabhängigen Müttern und Vätern geschaffen. Die Chancen der Kinder auf eine gesunde Entwicklung sollen verbessert werden und evt. vorhandene Gefährdungslagen früher als bisher erkannt werden. Die Mütter oder Väter sollen geeignete Beratung und Behandlung hinsichtlich ihrer Alkoholerkrankung erhalten. Hierzu ist es notwendig, Beratung und Hilfen für Kinder und Eltern anzubieten, auf die Inanspruchnahme dieser Angebote hinzuwirken, die Maßnahmen zu koordinieren und deren Wirksamkeit zu überprüfen.
Im Laufe mehrjähriger Vorarbeiten zum Konzept wurde immer wieder deutlich, wie wenig Kenntnisse über die jeweils andere Arbeitsweise der verschiedenen Fachrichtungen und den Hilfeangeboten vorhanden ist. Dies hat gezeigt, dass geeignete Hilfen für Kinder von suchtkranken Eltern nur in einem Verbund von Diensten und Einrichtungen mit vernetzten Strukturen realisiert werden können.
Damit ist auch die Hoffnung verbunden, dass ein deutlicher Schritt hin zu einem offeneren und ehrlicheren Umgang mit dem Thema Alkohol in München erfolgt und die Öffentlichkeit über die Auswirkungen von Alkoholabhängigkeit auf Kinder sensibilisiert wird. Damit wird es alkoholgefährdeten und/oder alkoholabhängigen Eltern auch erleichtert, die Sucht als Krankheit anzunehmen und sich Unterstützung bei der Wahrnehmung ihrer Elternverantwortung zu holen.
2 Probleme in alkoholbelasteten Familien
Durch missbräuchlichen Alkoholkonsum werden eine Vielfalt von Problemsituationen und Schäden in der Entwicklung der Kinder verursacht. Nachstehend sind einige wesentliche der möglichen negativen Folgen für Kinder und Eltern aufgeführt:
2.1 Probleme bei den Kindern
- organische Schäden; Alkohol-Embryopathie-Syndrom
- Mangel an altersgemäßer Versorgung und Förderung mit der Folge eines Entwicklungsrückstandes, d.h. mögliche Behinderung für das ganze Leben bzw. Mangel an entsprechender Förderung, was möglicherweise zusätzliche Behinderungen zur Folge haben kann
- ein Lebensalltag, der sich an dem Rhythmus des Suchtmittels und nicht am Rhythmus des Kindes orientiert
- mangelnde emotionale Zuwendung durch die Wirkungen des Alkoholkonsums
- Wechsel zwischen übermäßiger Verwöhnung und plötzlicher Bestrafung, Störungen in der eigenen Wahrnehmung und im emotionalen Bereich
- fehlende Kindheit durch Übernahme von nicht altersgerechter Verantwortung für die Eltern (und evtl. jüngere Geschwister)
- Tragen von Schuldgefühlen für die Situation zu Hause
- Geheimhaltung des Suchtmittelkonsums als Familiengeheimnis
- Gewalterfahrungen in der Familie
- Einschränkung/Vermeidung sozialer Kontakte^
2.2 Probleme bei den Eltern
Das Ausmaß der Probleme ist grundsätzlich abhängig von der individuellen Lebenssituation der Familie bzw. auch der Alleinerziehenden. Die Situation der Eltern ist geprägt vom Alkoholkonsum, von Partnerproblemen, aber auch von Schuldgefühlen und einem schlechten Gewissen gegenüber den Kindern. Im Einzelnen stellen sich im Zuge des Alkoholmissbrauchs und der Alkoholabhängigkeit häufig folgende psychosoziale Probleme ein:
- Leugnen, Verdrängen, Umdeutung von Sachverhalten
- Heimlichkeiten vor den Kindern
- Allgemeine Lebensangst
- Soziale Isolation
- Entwürdigende Situationen, Zusammenbrüche
- Herabgestufte Hemmschwellen, Gewalt (-erfahrungen)
- Entzugsprobleme (Krampfanfälle, Kreislaufprobleme etc.)
- strafrechtliche Vorkommnisse, Führerscheinverlust
- wirtschaftliche Probleme bis hin zur Verarmung
- (drohender) Arbeitsplatzverlust
- Furcht, die Kinder zu verlieren
Die Kooperationsvereinbarungen sind jedoch nicht nur eine Antwort auf die o.g. Probleme von Suchtkranken und ihren Kindern; sie zielen auch ab auf das Beheben von Defiziten im bisherigen Hilfesystem.
3 Defizite im Hilfesystem
Das Hilfesystem wird hier unterteilt in die drei Hauptbereiche Suchthilfe (Alkoholberatung, ambulante und stationäre suchttherapeutische Hilfen), Kinder- und Jugendhilfe (Bezirkssozialarbeit im ASD, in den Sozialbürgerhäusern (SBH) oder in der Zentraleinheit für Wohnungslosigkeit (ZEW); in Einrichtungen der öffentlichen und freien Kinder- und Jugendhilfe und der Medizin (medizinische und psychologische Hilfen / entwicklungsfördernde Maßnamen.
Bei der Bearbeitung der oben genannten Probleme stellen sich Defizite im Hilfesystem heraus, die es im Rahmen der Vereinbarung zu beheben gilt.
Dies sind vor allem:
- Keine ausreichende Nutzung der Möglichkeiten differenzialdiagnostischer Expertisen für Kinder
- Suchtprobleme in der Familie werden häufig bei der Feststellung der Schwangerschaft weder erfragt noch erkannt
- die herkömmliche Suchthilfe sah die Probleme der Kinder bisher zu wenig
- Hilfsangebote der öffentlichen und freien Jugendhilfe werden noch immer aus Angst vor Kontrolle und den folgenden Konsequenzen von den Müttern/Vätern/Eltern eher gemieden
- Mangelnde Hilfen für Kinder aus Alkoholfamilien (beginnend mit der Embryopathie)
- Unterschiedliche Zielvorstellungen und gegenseitige Vorbehalte innerhalb des Hilfesystems
- Schwierigkeiten bei der Einschätzung der Erziehungsfähigkeit der Eltern (Alkoholkonsum / Alkoholmissbrauch als allgemeines Phänomen)
- Mangelnde fachliche Ausstattung und Qualifizierung für die Arbeit mit Suchtfamilien in der Jugendhilfe
- Mangelhafte Kooperation der verschiedenen Fachdisziplinen
- Unzureichende Früherkennung der Suchtprobleme im medizinischen Sektor
- Fehlen eines Schnittstellenmanagements (z.B. nach Klinikaufenthalten)
- Verharmlosende Meinung über Alkohol
4 Rahmenbedingungen der Kooperation
Suchthilfe (Alkohol- und Suchtberatungsstellen, Suchttherapeutische Einrichtungen und Therapiezentren, Entgiftungskliniken, Eltern/Kind-Entgiftungseinrichtungen)
Kinder- und Jugendhilfe (Bezirkssozialarbeit (ASD/Sozialbürgerhäuser, ZEW), Kinder-tageseinrichtungen, Schulen, Einrichtungen der ambulanten, teilstationären und stationären Erziehungshilfen, Frühförderstellen, Sozialpädiatrisches Kinderzentrum München)
Medizin (Psychiatrische Kliniken, Krankenhaussozialdienste, Frauen-Kliniken, Gynäkolog-Innen, Kinder-Kliniken, KinderärztInnen, Allgemeine ÄrztInnen, Kinder- und Jugendpsy-chiaterInnen, Gesundheitsdienste für Kinder (Kinderkrankenschwestern), Allgemein-Krankenhäuser (Spezielle Abteilungen))
Sonstige (Selbsthilfegruppen, Schwangeren-Konfliktberatung, Weitere Beratungsstellen, Frauenhäuser, Hebammen und MitarbeiterInnen im Bereich Geburtsvorbereitung
Darüber hinaus: Suchthilfekoordination der LHM, Stadtjugendamt, Familiengericht, Bewährungshilfe, Polizei München (insbesondere Frauenbeauftragte), Frauengleichstellungsstelle der LHM, Bayerische Akademie für Suchtfragen in Forschung und Praxis (BAS)
4.2 Zielgruppe
Das Konzept bezieht sich ausschließlich auf folgende Zielgruppen:
- Kinder (schwerpunktmäßig bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres), deren Mütter/Väter/ Eltern alkoholgefährdet/alkoholabhängig sind,
- alkoholgefährdete und alkoholabhängige schwangere Frauen und werdende Väter,
- alkoholabhängige sowie ehemals alkoholabhängige Mütter/Väter/Eltern und deren Kinder, die derzeitigen PartnerInnen
4.3 Ziele der Kooperationsvereinbarung
Die vorrangigen Ziele dieser Kooperationsvereinbarung sind:
- alkoholgefährdete/alkoholabhängige Frauen/ Männer / Eltern bei der Überwindung der Suchterkrankung zu unterstützen,
- alkoholbedingte Behinderungen bei den Kindern zu vermeiden,
- eine gesunde Geburt und Entwicklung der Kinder zu ermöglichen,
- die Kinder vor Gefährdungen zu schützen,
- und den Familien eine gemeinsame, suchtfreie und suchtmittelfreie Zukunft zu ermöglichen,
- den alkoholabhängigen Schwangeren und Eltern den Ausstieg aus der Alkoholabhängigkeit zu ermöglichen und/oder geeignete Hilfestellungen zur Reduktion des Alkoholkonsums zu geben,
- Sicherung des Kindeswohls,
- akute und langfristige Fehlentwicklungen von Kindern Alkoholgefährdeter/ Alkoholabhängiger zu vermeiden bzw. frühzeitig zu erkennen,
- ein dauerhaftes gemeinsames Leben des Kindes mit Mutter/Vater/Eltern oder in anderen tragfähigen Beziehungen zu ermöglichen.
Eine Aufgabe der KooperationspartnerInnen zur Erreichung der genannten Ziele ist es, die Mitbestimmung und aktive Beteiligung der betroffenen Mütter/Väter/ Eltern an der Gestal-tung des Beratungs- und Hilfeprozesses und bei der Auswahl der Hilfen zu gewährleisten.
5 Gefährdung des Kindeswohls
Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht (Art. 6 Abs. 2 GG). Suchtmittelmissbrauch und Abhängigkeit von Schwangeren und Eltern stellen jedoch eine Gefährdung /ein Risiko für die gesunde Entwicklung von Säuglingen und Kindern dar, bis hin zur Lebensgefahr.
5.1 Gefährdung
Als gefährdet im Sinne von § 1666 Abs. 1 Satz 1 BGB ist das Kindeswohl dann, wenn sich bei Fortdauer einer identifizierbaren Gefährdungssituation für das Kind eine erhebliche Schädigung seines körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls mit hoher Wahrscheinlichkeit annehmen und begründen lässt.
Generell schreibt das BGB im §1666 dazu vor: "Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes ... durch missbräuchliche Ausübung der elterlichen Sorge, durch Vernachlässigung des Kindes, durch unverschuldetes Versagen der Eltern oder durch das Verhalten eines Dritten gefährdet, so hat das Familiengericht, wenn die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden, die zur Abwehr der Gefahr erforderlichen Maßnahmen zu treffen".
5.2 Gefährdungseinschätzung und die Rolle des Round-Table
Ein gemeinsames Ziel der unterzeichnenden Institutionen ist es, Kindern suchtmittelmiss-brauchender und abhängiger Eltern grundsätzlich mehr Aufmerksamkeit zu schenken, um Gefährdungen frühzeitig zu erkennen. Die unterschiedlichen Wahrnehmungen der KooperationspartnerInnen werden im Rahmen der regelmäßigen Round-table-Gespräche ausgetauscht.
Im Rahmen des Round-table wird gemeinsam mit den Eltern und allen beteiligten Fachkräften eine Einschätzung abgegeben und über geeignete Strategien für die Förderung, Hilfe und Unterstützung mit dem Ziel der Sicherung des Kindeswohles entschieden. Liegt eine akute Gefährdung des Kindeswohls vor, müssen umgehend die geeigneten und verhältnismäßigen Maßnahmen zum Schutz des Kindes ergriffen werden.
Für den Fall, dass keine gemeinsame Entscheidung getroffen werden kann, übernimmt das weitere Verfahren aufgrund des gesetzlichen Auftrages die öffentliche Jugendhilfe.
5.3 Sicherstellung der Basisversorgung
Bestimmte Basiskriterien werden gemeinsam von allen KooperationspartnerInnen als notwendig für die Sicherung der Grundversorgung, die für das Aufwachsen eines Kindes erforderlich ist, anerkannt. Sie sind jedoch nicht als Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Hilfesystems zu verstehen, sondern müssen als kurz- und mittelfristige Ziele in einem absehbaren Zeitraum (mit Unterstützung des Hilfesystems) realisierbar sein. Diese Basiskriterien beinhalten im wesentlichen:
- Ausreichendes Problembewusstsein der Eltern
- Bereitschaft zur Behandlung der Alkoholabhängigkeit
- Inanspruchnahme der erforderlichen Hilfen für Schwangere
- Vorhandensein eines geeigneten bzw. in Aussicht stehenden Wohnraums
- Vorhandensein von geregelten Einkünften bzw. öffentlicher Unterstützung
- Vorhandensein von festen kontinuierlichen Bezugspersonen für das Kind
- Ausreichende emotionale Zuwendung und Entwicklungsförderung
- Sicherstellung der regelmäßigen täglichen Versorgung des Kindes
- Inanspruchnahme von Hilfen durch Säuglings- bzw. Kinderkrankenschwestern, von kinderärztlicher Versorgung und entwicklungsfördernden Maßnahmen
- Bereitschaft zur Annahme tagesstrukturierender Angebote für das Kind
6 Das Round-table-Verfahren
Keine Institution verfügt alleine über ein umfassendes Wissen und alle Handlungsmöglichkeiten, um das Problem der Vernachlässigung und Gefährdung von Kindern in Suchtfamilien zu lösen. Die komplexen Aufgaben, die sich aus der Arbeit mit dem "System Familie" ergeben, erfordern ein multiprofessionelles, abgestimmtes Prozessmanagement. Es ist darauf zu achten, dass alle betroffenen Mitglieder der Familie den Hilfeprozess aktiv mitgestalten. Der Round-table dient grundsätzlich der gemeinsamen Definition des Problems, der Geradlinigkeit und Durchschaubarkeit der Arbeit für alle Beteiligten, dem Austausch von Informationen und der gegenseitigen Konsultation zur Problemlage.
Die frühzeitige Hinzuziehung weiterer Institutionen sowie die Einberufung des ersten Round-table muss von der Fachkraft jener Institution veranlasst werden, bei der die Schwangere / Mutter / Vater / Eltern eine Erstbetreuung erfährt.
Die Round-tables finden mindestens zwei mal jährlich - auch ohne negativen Anlass – statt; im Einzelfall, insbesondere wenn Säuglinge betroffen sind, entsprechend häufiger.
6.1 Zusammensetzung des Round-table
Die regelmäßigen Round-tables setzen sich je nach Problemlage zusammen aus:
- der betroffenen Schwangeren / Mutter / Vater,
- einer Alkohol/Suchtberatungsstelle,
- einem/r VertreterIn der Bezirkssozialarbeit (Allgemeiner Sozialdienst/Sozialbürgerhäuser, Zentraleinheit Wohnungslosigkeit)
- einer Fachkraft zur Beurteilung der kindlichen Entwicklung.
Für das weitere Hilfeverfahren sind bei Bedarf weitere Institutionen hinzuzuziehen.
6.2 Aufgaben und Inhalte des Round-table
Grundsätzliche Vereinbarungen und Entscheidungen werden im Round-table getroffen. Die wichtigsten Absprachen und verbindlichen Vereinbarungen mit den Eltern sind in einem Ergebnisprotokoll festzuhalten. Dieses Protokoll ist die Grundlage für den nächsten Round-table. Im Einzelnen hat der Round-table folgende Aufgaben:
- Aktive Beteiligung der Betroffenen sowie Transparenz gegenüber den Betroffenen
- Klärung der Bedarfslage, der verschiedenen Positionen, Erwartungen und Wünsche
- Information und Austausch über die bestehende Situation (Gesundheits- und Entwicklungsstand der Kinder, Erfüllung der Basiskriterien u.a.)
- Austausch über evt. vorhandene Ressourcen oder bestimmte Schutzfaktoren (z. B. feste Bezugsperson außerhalb der Familie, besondere Talente/Hobbies, gute Einbindung in der Schule oder in anderen soziale Bezügen)
- Austausch über die verschiedenen Hilfemöglichkeiten und deren Zielsetzung
- Aushandlungsprozess und Einigung auf das weitere Vorgehen: Welche Hilfen werden installiert, für welchen Zeitraum und unter welchen Bedingungen?
- klare Vereinbarungen über den jeweiligen Auftrag und die Verantwortung der beteiligten Institutionen oder Fachkräfte
- verbindliche (schriftliche) Vereinbarungen mit den Eltern
6.3 Prozessverantwortung
Die Prozessverantwortung beinhaltet im wesentlichen die Einberufung der Round-tables, die Kontrolle über die Inanspruchnahme der vereinbarten Hilfen, das Erfassung von Rückmeldungen von Prozessbeteiligten, die Weitergabe von Informationen und Krisenmanagement.
Im ersten Round-table wird festgelegt, welche Einrichtung bzw. Fachkraft die Prozessverantwortung innehat. In der Regel wird dies die Bezirkssozialarbeit oder eine Suchtberatungsstelle sein. Grundsätzlich unterliegen ja alle beteiligten Fachkräfte hinsichtlich der ihnen von den KlientInnen anvertrauten Informationen der Schweigepflicht (§ 203 StGB; Ausnahme: ein rechtfertigender Notstand nach § 34 StGB). Vor dem ersten Round Table muss deshalb eine Schweigepflichtentbindung des Klienten/der Klientin ausgefüllt werden, was auch gleichzeitig die Zustimmung zur Betreuung innerhalb des Interdisziplinären Hilfenetzwerkes bedeutet.
6.4 Grenzen der Kooperation und Zusammenarbeit
Die Grenze der Zusammenarbeit ist vorläufig erreicht, wenn die Mutter/der Vater/die Eltern den Kontakt zu den KooperationspartnerInnen im Hilfesystem ganz meiden oder nicht die nötige Kooperationsbereitschaft zeigen. Bei akuter Gefährdung des Kindes wird von der prozessverantwortlichen Stelle eine Konferenz der beteiligten Fachkräfte einberufen, die über notwendige weitere Schritte entscheidet sowie Verantwortlichkeiten und notwendige Konsequenzen im Hinblick auf das Kindeswohl klärt.
7 Delegiertenkreis des interdisziplinären Hilfenetzwerkes und Evaluation
Das Konzept wird prozesshaft von allen beteiligten Institutionen reflektiert, um die Umsetzung auf ihre Durchführbarkeit hin zu überprüfen. Hierzu wurde ein Kreis aus Delegierten der verschiedenen Fachdisziplinen mit ca. 15 Mitgliedern gebildet, der sich alle zwei Monate trifft. Der Delegiertenkreis hat die Aufgaben, das Kooperationskonzept inhaltlich zu begleiten, Vorschläge zur Fortschreibung und Verbesserung des Verfahrens zu machen, Einzelfragen aufzugreifen und Lösungen hierzu zu erarbeiten.
Die Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarungen durch die KooperationspartnerInnen soll demnächst erfolgen. Eine Evaluation der Umsetzung der Kooperationsvereinbarungen durch ein wissenschaftliches Institut im Jahr 2006 ist vorgesehen.
München, im Dezember 2005
Fragen zum Wettbewerbsbeitrag
Präventive Veranstaltungsreihen im Grundschulalter für Kinder, Lehrkräfte und Eltern
Präventionsprojekte an Schulen, Kinderkrippen, Kindergärten; schulinterne Beratung (inside@school, s.a. Bericht der Bundesdrogenbeauftragten
Amt für Soziale Sicherung
Referat für Gesundheit und Umwelt / Suchthilfekoordination
Interdisziplinärer Arbeitskreis Alkohol, Delegiertenkreis „Kooperationsvereinbarung Alkohol“ (Wettbewerbsbeitrag), Arbeitskreis Sucht des Gesundheitsbeirates
Aktion Jugendschutz, Bay.Sta.Min. Gesundheit und Soziales
Genderpädagogik ist Standard bei allen Präventionseinrichtungen und deren Maß-nahmen
- Kooperationsvereinbarungen /Interdisziplinäres Hilfenetzwerk bzgl. Alkohol und Kindeswohl
- Beratungstelefon/Beratungsangebote für Kinder und Jugendliche aus alkoholbelasteten Familien
- Ambulantes Trainingsprogramm zum kontrollierten Trinken (AKT)
- diverse Projekte und Aktionen des Jugendamts/Jugendschutzes (u.a. zum Oktoberfest)
AKT im Wohnungslosenbereich
Projekt „SINE“ für Arbeitslose zur Wiedereingliederung
Wenn ja, welche? (Bitte benennen):
- Telefonische Beratung / Einzelberatung (auch anonym), Gesprächsgruppen und Gruppenaktivitäten (z. B. Freizeitangebote) diverser Einrichtungen;
- Angebote und Projekte an Schulen,
- speziell: Interdisziplinäres Hilfenetzwerk (= Wettbewerbsbeitrag)