Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
I. Ausgangssituation
Der Ostalbkreis ist ein Flächenlandkreis im Osten Baden-Württembergs mit ca. 317.000 Einwohner/innen in 42 Städten und Gemeinden. Er war einer der ersten ländlich strukturierten Kreise, der zum 01. August 1992 im Rahmen des "Gesamtkonzepts Suchtprophylaxe Baden-Württemberg" die Stelle eines hauptamtlichen Beauftragten für Suchtprophylaxe eingerichtet hat. Aufgabe dieser Stelle war und ist es, Strukturen in allen pädagogischen Bereichen aufzubauen, die eine Implementierung und langfristige Auseinandersetzung mit der Thematik Suchtprävention gewährleisten. Hierbei gilt es, sich an den jeweils neuesten Erkenntnissen moderner Suchtprävention zu orientieren. Insbesondere war es erforderlich, informations- bzw. aufklärungslastige Aktionen durch ursachenorientierte Lebenskompetenzmodelle zu ersetzen. Angestrebt (und in der Zwischenzeit auch verwirklicht) war die Kooperation mit allen Partnern im Landkreis, die sich mit diesem Aufgabengebiet beschäftigen. Insbesondere zu nennen sind natürlich die Suchtberatungsstellen, aber auch Selbsthilfegruppen, Krankenkassen und die Polizei.
II. STRATEGIEN
Ziel von Suchtvorbeugung im Ostalbkreis ist eine möglichst umfassende Auseinandersetzung mit der Gesamtproblematik. Ausgehend von den Erkenntnissen der Suchtpräventionsforschung (siehe "Expertise zur Primärprävention des Substanzmissbrauchs") hat der Ostalbkreis vor 13 Jahren einen Weg beschritten, der wegführt von einmaligen, Stoff orientierten "Abschreckungsveranstaltungen" hin zu einer ursachenorientierten, Lebenskompetenz fördernden Primärprävention, die nach dem Motto "Kinder stark machen" eine möglichst umfassende Auseinandersetzung im Alltag möglichst aller pädagogischen Handlungsfelder - von der Familie über Kindergärten und Grundschulen hin zu weiterführenden Schulen und den Einrichtungen der offenen, verbandlichen und stationären Jugendarbeit - sicherstellen soll.
Einen ganz besonderen Wert legt die Landkreisverwaltung mit ihrem Beauftragten für Suchtprophylaxe darauf, Maßnahmen nicht "Top down" durchzusetzen, sondern gemeinsam mit allen relevanten Organisationen und Institutionen "Bottom up" zu entwickeln. Nach aller Erfahrung kann durch diese Vorgehensweise eine deutlich höhere Akzeptanz bei allen Beteiligten erzielt werden als durch einseitiges "Verordnen" einer von der Verwaltung für gut befundenen Strategie.
In aller Regel werden sowohl strukturelle als auch kommunikative Maßnahmen verfolgt.
1. Kommunikativer Ansatz
Dieser zielt darauf ab, die Handlungskompetenzen von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zu stärken. "Kinder stark machen" ist hier genauso Motto wie "Starke Kinder brauchen starke Eltern" bzw. "Starkmachen – für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen". Umschrieben wird das Bestreben, die Zielgruppen jeweils zu befähigen, Probleme des Alltags aus eigener Kraft anzugehen und zu lösen, ohne hierzu in missbräuchliche Konsum- oder Verhaltensmuster zu verfallen. Unter dem Begriff "kommunikative Maßnahme" verbergen sich demnach alle Fortbildungs-, Informationsveranstaltungen und Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit, welche sich an die genannten Zielgruppen wenden. Mit eingeschlossen sind selbstverständlich Einheiten mit vorwiegend informativem Charakter: Trotz aller - vielerorts sogar beklagter - Informationsflut ist in fast allen Bereichen eine zum Teil erschreckende Unwissenheit über den Legalitätsstatus einzelner Drogen wie z.B. Alkohol, die möglichen Gefährdungen für Körper und/oder Seele beziehungsweise auch von Alternativen zu konstatieren.
2. Strukturelle Maßnahmen
Setzt man die Gültigkeit des sogenannten Suchtdreiecks voraus, ist für eine erfolgreiche Suchtprävention die Durchführung struktureller Maßnahmen zwingend erforderlich. Für eine nachhaltige Wirkung auch der kommunikativen Maßnahmen ist dies eine absolute Notwendigkeit. Im Rahmen der Möglichkeiten wird deshalb versucht, eine langfristige Veränderung bestehender Verhältnisse zu bewirken. Dies soll an einigen kurzen Beispielen aufgezeigt werden:
- Die Pädagogik in Kindertageseinrichtungen ist sich einig, dass die Arbeit in "offenen" Gruppen einer gesunden Entwicklung von Kindern und einer Erhöhung der Lebenskompetenzen deutlich zuträglicher ist als die in "geschlossenen" Gruppen. Im Rahmen der Arbeitsgruppe "Kinder stark machen - Suchtvorbeugung im Kindergarten" wird das Bewusstsein der Kindergartenleitungen hierfür geschärft. Im Rahmen praxisbegleitender Maßnahmen (wie z.B. "Spielzeugfreien Kindergärten") kann langfristig die Veränderung der pädagogischen Konzeption eines Kindergartens erreicht werden.
- Offene Lernformen, Gruppenarbeit und die Durchführung von Projekten tragen zu einer erhöhten Kompetenz von Schülerinnen und Schülern bei. Die Arbeitsgruppe "Schule" mit der Schulbehörde, Schulleitungen und Suchtpräventionslehrer/innen kann es erreichen, dass diese Lernformen verstärkt Einzug in den Schulalltag finden. Gleichzeitig kann erreicht werden, dass eine bauliche Umgestaltung von zum Beispiel Schul– und Pausenhöfen stattfindet.
III. ALKOHOLPRÄVENTION IM OSTALBKREIS
Eingebettet in dieses "Gesamtkonzept Suchtprophylaxe" im Ostalbkreis wurden in den vergangenen Jahren unterschiedliche Maßnahmen und Projekte speziell zur Alkoholprävention durchgeführt. Allen Projekte ist eigen, dass sie
- mit einer Vielzahl von Kooperationspartnern entwickelt wurden,
- flächendeckend im gesamten Landkreis durchgeführt wurden und
- alle sowohl strukturelle als auch kommunikative Elemente enthalten.
Wichtig ist den Verantwortlichen im Ostalbkreis die Feststellung, dass Alkoholprävention nicht isoliert durchgeführt wird, sondern in einem engen inhaltlichen Zusammenhang mit den sonstigen Maßnahmen zur Suchtprävention steht. Auch wurde immer Wert darauf gelegt, diese zusätzlichen Projekte zur Alkoholprävention regelmäßig wiederkehrend durchzuführen bzw. gleich zu Beginn langfristig anzulegen. Dies kann für die vergangenen (jetzt schon:) Jahrzehnte festgestellt werden. Im Folgenden werden die Einzelprojekte vorgestellt, die – ergänzend zu den primär- und sekundärpräventiven Konzepten – speziell für die Alkoholprävention entwickelt und gemeinsam mit den Partnern auf kommunaler Ebene umgesetzt wurden.
1. Alkoholfrei billiger
Bereits in den 1980er Jahren nahm sich der Arbeitskreis Suchtprophylaxe im Ostalbkreis (Gründungsjahr: 1984) unter Federführung der Landkreisverwaltung dem Aufgabenbereich Alkoholprävention an. Als eine der wesentlichen Problemstellungen, die auch von den in der Regel Ehrenamtlichen des Arbeitskreises angegangen werden können, war seinerzeit die Preisgestaltung in öffentlichen Gaststätten gesehen worden. In aller Regel waren alkoholische Getränke - und darunter wieder Bier - im Liter-Vergleich die deutlich am billigsten angebotenen. Dies legte die Schlussfolgerung nahe, dass Kinder und Jugendliche bei Aufenthalt in öffentlichen Gaststätten allein schon aus finanziellen Gründen zum Konsum alkoholischer Getränke veranlasst werden können. Aufgrund fehlender rechtlicher Eingriffsmöglichkeiten wurde deshalb versucht, durch eine möglichst zugkräftige Kampagne möglichst viele Gaststättenbetreiber dazu zu bewegen, auf freiwilliger Basis alkoholfreie Getränke billiger als Alkoholikas anzubieten. Gaststättenbetreiber, die sich an diesem Projekt beteiligten, sollten durch die öffentliche Nennung in Presseartikeln sowie die Verleihung einer Plakette "Alkoholfrei billiger" entsprechend ausgezeichnet werden.
Im Verlauf des Projektes wurden ca. 1.300 Gaststätten von der Kreisverwaltung angeschrieben und um Mitarbeit gebeten. Sie sollten dem Landratsamt rückmelden, ob und – wenn ja – welches Getränk billiger als das billigste alkoholische angeboten wird. Die Zusendung einer Kopie der Getränkekarte diente hierfür als Beleg.
Das Projekt wurde vom Arbeitskreis Suchtprophylaxe im 2-jährigen Rhythmus bis einschließlich 1992 regelmäßig durchgeführt. Die Beteiligungsquote lag durchschnittlich bei (anfänglich) 10 bis 7 Prozent. An diesem Projekt war die geringe Beteiligung gewerblicher Anbieter (Gaststätten, Bars, Cafes) sehr auffallend. Große Resonanz dagegen erfuhr es bei Vereinsgaststätten und Jugendhäusern. Die mangelnde Bereitschaft gewerblicher Unternehmer wurde von diesen überwiegend damit begründet, dass die Pachtverträge in der Regel mit Brauereien abgeschlossen und diese sowohl eine klare Preisregelung als auch Mindestabnahmemengen an Bier vorsehen würden.
Die Verantwortlichen bewerteten die Effekte des Projekts trotzdem als durchweg positiv: Zum einen konnte das Thema "Jugend und Alkoholkonsum" über einen längeren Zeitraum in der breiten Öffentlichkeit diskutiert werden. Zum anderen wurde insbesondere in Vereinen schon sehr früh die Notwendigkeit eines umfassenden Jugendschutzes erkannt und – zumindest in dieser Form – auch umgesetzt.
Das Projekt wurde letztmals im Herbst 1992 durchgeführt, nachdem unterschiedliche Sportverbände in einer Kooperation mit dem Sozialministerium Baden-Württemberg ein ganz ähnliches Projekt mit der klar definierten Zielgruppe "Vereinsgaststätten" ins Leben gerufen hatten. Seit Einführung des sogenannten "Apfelsaftgesetzes" (§ 6 Gaststättengesetz) hat sich dieses Projekt durch eine gesetzlichen Normierung auf Bundesebene erübrigt.
2. 6 Wochen ohne
Ebenfalls in den 1980er Jahren startete der Arbeitskreis Suchtprophylaxe unter Schirmherrschaft des Landrats das Projekt "6 Wochen ohne". Möglichst viele Teilnehmende sollten bewogen werden, im Projektzeitraum ganz bewusst auf Alkohol zu verzichten. Der Projektzeitraum wurde auf die Fastenzeit gelegt, welche in dem ländlich strukturierten und überwiegend katholisch geprägten Flächenlandkreis nach wie vor eine große Rolle spielt. Im Vorfeld wurden Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens (Abgeordnete, Bürgermeister/innen, Behörden-, Firmenleitungen) angeschrieben und gebeten, sich an dem Projekt zu beteiligen. Möglichst viele Bürgerinnen und Bürger sollten durch ihr Beispiel angehalten werden, ebenfalls an dem Projekt mitzuwirken.
Begleitend hierzu wurden unterschiedliche Veranstaltungen organisiert. "Genießerabende" standen hierbei ebenso auf dem Programm wie Informationsveranstaltungen der Suchtberatungsstellen zur Suchtentstehung sowie Präventionsmaßnahmen zum Thema "Alkohol" für Schulklassen.
Seit Mitte der 1990er Jahre wird dieses Projekt unter Federführung einer gesetzlichen Krankenkasse mit Begleitung des Suchtbeauftragten beim Landratsamt weitergeführt.
3. Alkoholprävention am Arbeitsplatz
Das Thema Alkoholprävention hat für die Kreisverwaltung als einen der großen Arbeitgeber im Landkreis mit ca. 1.600 Mitarbeiter/innen allein im Kernbereich (also ohne Beteiligungsgesellschaften u.Ä.) eine herausragende Bedeutung. Nicht zu unterschätzen ist auch die Vorbildfunktion, welche das Landratsamt als einer der größten Arbeitgeber in der Region nicht nur auf die "kommunale Familie", sondern ebenso auf Unternehmen und weitere Dienstleister ausübt.
Obligatorisch ist aus diesem Grund die Dienstvereinbarung, welche zwischen Landrat und Personalrat abgeschlossen wurde. Diese regelt nicht nur den Umgang mit alkoholkranken Mitarbeiter/innen, sondern ebenso
- den Umgang mit alkoholischen Getränken während der Arbeitszeit und bei Empfängen sowie
- die Verpflichtung des Landkreises, für seine Bediensteten regelmäßige Schulungen und Informationsveranstaltungen anzubieten.
Eine "Dienstvereinbarung Sucht" gibt es allerdings nicht nur bei der Kreisverwaltung, sondern auch bei den "Töchtern" des Landkreises, den drei rechtlich selbstständigen Kliniken.
Seiner darin formulierten Informationspflicht kommt die Kreisverwaltung auf unterschiedliche Art und Weise nach. So werden für alle Mitarbeiter/innen mit Personalverantwortung (ab Fachgebietsleitung aufwärts) ein- bis zweitägige Fortbildungen angeboten. In regelmäßigen Abständen dient die Personalversammlung der Grundinformation aller Bediensteten, das Extranet, welches nur für Mitarbeiter/innen zugänglich ist, darüber hinaus einer schriftlichen, zum Teil auch vertiefenden Information.
Der Umgang mit dem Thema Alkohol steht auch im Mittelpunkt der wiederkehrend stattfindenden Fachtage "Sucht am Arbeitsplatz". Diese werden von einem regelmäßig tagenden "Arbeitskreis betriebliche Suchtprävention" organisiert, in welchem neben Arbeitnehmer- und -gebervertretungen auch die Betriebsseelsorge, gesetzliche Krankenversicherung, Suchtberatung, Selbsthilfe, betriebliche Sozialarbeit und andere vertreten sind. Die Moderation des Arbeitskreises liegt beim Beauftragten für Suchtprophylaxe des Landkreises. In diesen Kontext ist auch die Organisation und Durchführung eines Fachtages zu stellen, welcher sich mit unterschiedlichen Referaten und Arbeitsgruppen an Personalverantwortliche in Betrieben und (öffentlichen) Dienstleistungsunternehmen richtete. Mehr als 120 Teilnehmende zeigten, dass in diesem Bereich eine große Nachfrage vorhanden ist.
Dieser Fachtag wurde nicht evaluiert. Die Beratungsstellen im Landkreis berichteten allerdings, dass in den Wochen nach dieser großen Veranstaltung, über welche die Presse breit berichtet hat, eine deutlich höhere Zahl an Klient/innen als üblich über die Betriebe an die Beratungsstellen gekommen sind.
4. Alkoholprävention im Sportverein
Es ist richtig: Im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen mit Sportvereinen steht die Frage, wie diese nach dem Motto "Kinder stark machen" zu einer ursachenorientierten Suchtprävention beitragen können. Nichts desto trotz nimmt bei allen Veranstaltungen das Thema Alkohol einen herausragenden Stellenwert ein. Vielleicht hat das damit zu tun, dass im ländlichen Bereich der Mannschaftssport und hier insbesondere der Fußball eine herausragende Rolle spielt. Brettschneider und andere haben in ihren Studien zum Alkoholkonsum in Vereinen herausgefunden, dass hier teilweise ein nicht unproblematischer Zusammenhang besteht. Aus diesem Grund wird der Landkreis in beiden Schwerpunkten aktiv. Im Folgenden sollen die Maßnahmen vorgestellt werden, welche die Sportvereine mit Unterstützung des Landkreises insbesondere zur Alkoholprävention durchführen.
4.1 Jugend-Fußballturnier des DJK-Diözesanverbandes
Eine jahrzehntelange Tradition hat das diözesanweite Jugendfußballturnier der DJK Aalen. Die an der katholischen Kirche orientierten DJK-Vereine in der Diözese Rottenburg-Stuttgart führen dieses zweitägige Turnier jeweils im Februar in einer Sporthalle in Aalen aus. Aufgrund unterschiedlicher Veröffentlichungen der Landkreisverwaltung zum Thema "Suchtvorbeugung im Sportverein" haben sich die Verantwortlichen der DJK Aalen und die Diözesan-Vertretung entschlossen, dieses reine Kinder- und Jugendturnier unter dieses Motto zu stellen. Die Beteiligung des Beauftragten für Suchtprophylaxe beim Landratsamt wurde den Veranstaltern in Aussicht gestellt, wenn während des Turniers die gesamte Halle zur rauch- und alkoholfreien Zone erklärt wird: Rauchen und Alkoholkonsum soll für Jugendliche, vor allem aber auch für Erwachsene tabu sein. Gleichzeitig wurden ein attraktives Rahmenprogramm für die Spielerinnen und Spieler organisiert sowie Informationsmöglichkeiten für Eltern und Betreuer/innen angeboten.
Obwohl diese Idee von den Verantwortlichen im Verein einhellig unterstützt wurde, stieß es bei einfachen Mitgliedern, vielen Eltern und weiteren Besuchern insbesondere bei der ersten Auflage auf zum Teil erheblichen Widerstand bzw. großes Unverständnis. Trotzdem setzte die DJK das Projekt in den Folgejahren fort. Es wurde in 2005 bereits zum siebten Mal in Folge umgesetzt. Nachdem es in den ersten 5 Jahren von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und vom Landkreis personell und materiell unterstützt wurde, führt die DJK das Turnier zwischenzeitlich in Eigenregie nach diesen Qualitätsmerkmalen durch. Es ist zu einem Turnier mit Vorbildcharakter für andere Vereine geworden.
4.2 Gauturntag 2003
Der Turngau Ostwürttemberg veranstaltet jährlich einen Gauturntag. Einen großen Platz nahm das Thema "Suchtvorbeugung im Sportverein" beim Gauturntag 2003 ein. Bereits in seiner Rede ging der Vorsitzende auf die Bedeutung der Vereine für die gesunde Entwicklung von Kindern und Jugendlichen ein. In zwei Workshops mit insgesamt 150 Teilnehmenden (Vereinsvorstände, Übungsleiter/innen) konnte der Beauftragte für Suchtprophylaxe des Landkreises die Bedeutung eines verantwortungsbewussten Umgangs mit Alkohol im Sportverein und die Vorbildfunktion der Übungsleiter/innen herausarbeiten. Im Rahmen eines Informationsstandes, welcher innerhalb des Veranstaltungsraumes aufgebaut war, konnten sich alle ca. 250 Besucher/innen des Gauturntages über die Methodik sowie die Materialien der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung informieren.
4.3 U-16-Parties
Durch die intensive Öffentlichkeitsarbeit und die direkte Ansprache durch die Landkreisverwaltung fühlen sich zahlreiche Vereine und Organisationen gestärkt in dem Anliegen, alkoholfreie Diskos für Kinder und Jugendliche zu organisieren und durchzuführen. Sie werden hierbei vom Beauftragten für Suchtprophylaxe fachlich beraten und teilweise finanziell unterstützt. Beispielhaft hervorzuheben sind die Veranstaltungen des SV Kirchheim/Ries sowie des SV Buch. Beide haben drogenfreie Veranstaltungen bereits zum wiederholten Mal durchgeführt und darüber hinaus Zubringerdienste mit regionalen Omnibus-Unternehmen organisiert.
Beide Vereine führen diese U-16-Parties mit sehr hoher Professionalität durch. Ein professioneller DJ ist ebenso Standard wie die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen oder eine ansprechende Lokalität. Für die ehrenamtlichen Vereinsmitglieder, die z.B. den Ausschank und ähnliche Aufgaben übernehmen, ist der Verzicht auf Alkohol und Nikotin bei diesen Veranstaltungen obligatorisch.
Es geht den Vereinen nicht um lästige Alibi-Veranstaltungen, sondern vielmehr um ein ganz bewusstes attraktives Ergänzungs-Angebot für Kinder und Jugendliche aus "ihren" Gemeinden. Sie nehmen damit in ganz hervorragender Weise ihre Aufgabe im Gemeinwesen wahr.
Veranstaltungen beider Organisationen wurden durch die Landkreisverwaltung öffentlichkeitswirksam begleitet.
4.4 Club 2006 - die FIFA-WM im Verein
Im Rahmen der Kampagne "Kinder stark machen im Sportverein" hat sich die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung mit dem Deutschen Fußballbund auf eine Kooperation im Rahmen des Vereinswettbewerbs "Club2006" verständigt. Demnach kann jeder Verein Punkte sammeln, wenn er sich im Rahmen des Wettkampfs z.B. mit dem Thema "Suchtvorbeugung im Sportverein" auseinander setzt. Im Ostalbkreis haben sich mehrere Vereine diese Thematik zu eigen gemacht und neben Mitmachangeboten für Kinder und Jugendliche, welche mindestens einen halben Tag auf dem Sportgelände durchgeführt wurden und - natürlich - nikotin- und alkoholfrei für alle Beteiligten waren, auch Schulungen für Übungsleiter/innen durchgeführt.
Bei diesen Schulungsveranstaltungen für Übungsleiter/innen aus dem Bereich Fußball, welche vom Beauftragten für Suchtprophylaxe des Landkreises durchgeführt wurden, nahm einen Schwerpunkt das Thema "Alkohol und Vereinssport" ein. Es wurde auf Untersuchungsergebnisse hingewiesen, wonach insbesondere männliche Jugendliche in Jugendabteilungen der Fußballclubs überdurchschnittlich früh mit dem regelmäßigen Konsum beginnen und dabei einen überdurchschnittlich großen Konsum entwickeln. Es wurden die "10 Regeln zum Umgang mit Alkohol im Verein" vorgestellt und mit den Teilnehmenden diskutiert. Einen weiteren Schwerpunkt in den Veranstaltungen nahm die Vorbildfunktion der Übungsleiter ein.
5. Jugendschutz geht alle an - Die Ostalb-Kinder sind’s uns wert
Zwischenzeitlich ist bekannt, dass Kinder und Jugendliche heute deutlich früher mit dem regelmäßigen Konsum von legalen Suchtmitteln wie Alkohol oder Nikotin beginnen als dies noch vor wenigen Jahren der Fall war. Diese Entwicklung ist trotz guter und ausreichender Bestimmungen zum Schutz der Jugend und gemeinsamer Anstrengungen z.B. der Landkreise, freier Träger und der Polizei in der Prävention eingetreten. Verantwortlich dafür werden u.a. massive Werbeanstrengungen der Suchtmittel-Industrie und ein deutlich gesunkenes Bewusstsein für die Notwendigkeit eines umfassenden Jugendschutzes gemacht.
Der Ostalbkreis hat zusammen mit den Partnern von der Polizei und dem Kreisjugendring im Jahr 2003 ein Handlungskonzept erarbeitet, welches diese Aspekte wieder deutlich mehr ins Bewusstsein der Verantwortlichen rücken will. Es folgte der Erkenntnis, dass nur in einem Zusammenwirken aller Akteure erreicht werden kann, den Missbrauch insbesondere legaler Drogen wie Alkohol und Nikotin durch Kinder und Jugendliche einzudämmen.
Ausschlag gebend für die Erarbeitung dieses Konzeptes waren neben den bereits genannten Beobachtungen die Besorgnis erregenden Entwicklungen im Hinblick auf den Konsum der Alkopops wie Rigo oder Smirnoff sowie die Missachtung der Altersbeschränkungen beim Besuch "öffentlicher Tanzveranstaltungen" durch Kinder und Jugendliche. Regelmäßig und in großer Zahl – ihr Anteil beläuft sich häufig auf über 50% - waren auf solchen Veranstaltungen Personen anzutreffen, die aufgrund ihres Alters längst in den elterlichen vier Wänden sein sollten. Natürlich sind Kinder und Jugendliche nicht primäre Zielgruppe des Projektes: Wer sich seiner eigenen Jugend erinnert, weiß, wie interessant für 15-jährige ein nächtlicher Disco-Besuch sein kann. Aber er erinnert sich vielleicht auch daran, wie er regelmäßig an der Kasse wieder umkehren musste, beim Versuch, Alkoholikas zu kaufen, nach einem Ausweis gefragt wurde, oder weiche Knie bekam, als eine Kontrolle der Polizei angekündigt wurde. Oder zu Hause von Eltern empfangen wurde, deren Reaktion – egal, wie sie ausfiel – tiefste Missbilligung für dieses Verhalten zum Ausdruck brachte.
Das Handlungskonzept im Ostalbkreis richtet sich also insbesondere an drei Zielgruppen:
- Veranstalter öffentlicher Tanzveranstaltungen,
- Inhaber von Verkaufsstellen jeder Art und
- Erziehungsberechtigte, also die Eltern.
Es wurde vom Beauftragten für Suchtprophylaxe beim Landratsamt gemeinsam mit dem Kreisjugendring und der Polizeidirektion erarbeitet. In seiner Zielrichtung hat es eine absolute Priorität: Diejenige der Information. Egal, mit welchen Vertretern einer dieser drei Zielgruppen man sich unterhält, deutlich wird immer, dass entweder keine bzw. nur eine völlig unzureichende Kenntnis der gängigen Bestimmungen zum Schutz der Jugend vorhanden ist oder aber diesen eine sehr untergeordnete Bedeutung eingeräumt wird. "Ich als Vater weiß wohl am Besten, wann mein Kind nach Hause zu kommen hat" ist eine genauso gängige Aussage wie "Alles halb so schlimm – wir waren doch auch mal jung und haben einen über den Durst getrunken" eines Veranstalters, der Alkopops an deutlich unter 16-jährige ausgeschenkt hatte.
Die Information der drei Zielgruppen erfolgt auf sehr unterschiedliche Art durch verschiedene Akteure:
- Veranstalter öffentlicher Tanzveranstaltungen
Potentiell kommen hier Vereine und ähnliche Organisationen in Frage. Sie wurden vom Kreisjugendring und den angeschlossenen Verbänden direkt informiert. Speziell zu diesem Themenbereich wurde ein Sonderheft des "Rundbriefs" herausgegeben, der in großer Startauflage an interessierte Vereine weiter gegeben wurde. In mehreren Abendveranstaltungen wurden Vereinsverantwortliche in der Umsetzung der Jugendschutzbestimmungen bei Abendveranstaltungen geschult. Ebenfalls wurden die kreisangehörigen Städte und Gemeinden in das Informationsnetz mit einbezogen. - Inhaber von Verkaufsstellen
In einer groß angelegten Kampagne haben die Jugendsachbearbeiter/innen der Polizei und Bedienstete der Polizeireviere nahezu alle ca. 900 Verkaufsstellen – von der Tankstelle über den Einzelhandel bis hin zu Getränkemärkten - im gesamten Landkreis aufgesucht. Den Verantwortlichen wurde ein gemeinsames Anschreiben des Landrates und des Leiters der Polizeidirektion übergeben, in welcher die Notwendigkeit eines umfassenden Jugendschutzes betont wurde. In dem Info-Paket waren ebenfalls Merkblätter zu Jugendschutzbestimmungen und Alkopops enthalten. - Erziehungsberechtigte
Diese wurden über Schulen und Einrichtungen der Erwachsenenbildung in Form von Elternveranstaltungen und weiteren öffentlichen Vorträgen erreicht.
Die gesamte Kampagne wurde durch eine intensive Öffentlichkeitsarbeit begleitet. Hierzu gehörten neben Pressemitteilungen auch Artikel in den Gemeinde- und Amtsblättern.
Die Projektpartner beließen es allerdings nicht bei Informationen zum Jugendschutz. Sämtlichen Veranstaltern wurde als Dienstleistung angeboten, sie bei der Durchführung öffentlicher Tanzveranstaltungen unter Einhaltung des Jugendschutzes zu beraten. Ebenfalls wurden ganz konkrete Tipps erarbeitet, wie sichergestellt werden kann, dass unter 16-jährige nach 22.00 Uhr nicht mehr anwesend sind oder Minderjährige keine Alkopops ausgeschenkt bekommen. Ergänzend wurden die zuständigen Stellen auch nachdrücklich darauf hinweisen, dass Jugendschutz eine Verpflichtung darstellt, deren Verstoß mit einem sehr empfindlichen Bußgeld belangt werden kann.
Bei mehr als 100 Jugendschutzkontrollen durch die Polizei in einem Zeitraum von 3 Monaten nach dieser intensiven Informationskampagne wurden lediglich 12 Verstöße
gegen die Jugendschutzbestimmungen festgestellt.
Eine Evaluation der Info-Kampagne bei den Verkaufsstellen durch die ansässige Fachhochschule hatte zum Ergebnis, dass deren Anteil, welcher Alkopops an unter 16-jährige verkaufte, durch die Kampagne von 52% auf unter 8% gesenkt werden konnte.
Das Ostalb-Konzept ist in der Zwischenzeit auf eine sehr große Resonanz gestoßen. Unter Anderem wurde es als eines von drei kommunalen Projekten zum Jugendschutz auf einer Tagung der Aktion Jugendschutz Baden-Württemberg präsentiert. Teile der erarbeiteten Materialien wurden von der Landes-Verkehrswacht übernommen und landesweit gestreut.
Seine Fortsetzung hat das Projekt im ersten Halbjahr 2005 erfahren. So wurde festgestellt, dass insbesondere Gemeindefeste aus dem "Raster" des ersten Teils gefallen sind - bei einem Flächenkreis mit 42 Städten und Gemeinden, die über ein äußerst reges Vereinsleben verfügen, eine nicht zu unterschätzende Größe. Mit den bisherigen Partnern wurde ein Gestattungsmuster nach § 12 des Gaststättengesetzes entwickelt, welches durch Nebenbestimmungen und Auflagen insbesondere den Jugendschutz in den Mittelpunkt stellt. Dieses wurde den Leitungen der Ordnungsämter im Rahmen einer Jugendschutzkonferenz vorgestellt; der Landrat brachte es den Bürgermeister/innen im Rahmen einer Dienstversammlung näher.
Auch hier stand nach der Information die Kontrolle. Nachdem zu diesen Festen in der Regel mehrere tausend Besucher/innen kommen, wurden die regionalen Polizeidienststellen hierbei durch die Bereitschaftspolizei unterstützt.
Fragen zum Wettbewerbsbeitrag
Essstörungen
- Erstellung eines Gestattungsmusters nach § 12 GastG mit hoher Priorisierung des Jugendschutzes mit Empfehlung zur Umsetzung an kreisangehörige Städte und Gemeinden
- Einheitliche Festsetzung von Bußgeldern bei Verstößen gegen das Jugend-schutzgesetz
Jugendreferat
Suchtpräventionsstelle
Arbeitskreis Suchtprophylaxe und Beauftragter für Suchtprophylaxe beim Landratsamt
- Landesstelle für Suchtfragen, - Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen Aktion Jugendschutz Baden-Württemberg Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
Entsprechend des "Gesamtkonzepts Suchtprophylaxe" (s. Anlage 2) besteht der Anspruch, möglichst viele Maßnahmen zur Suchtprävention nach geschlechts-spezifischen Gesichtspunkten auszudifferenzieren. Exemplarisch genannt werden können hier
- Schülermultiplikatorenseminare zur Suchtprävention, die sowohl suchtmittel-spezifische als auch -unspezifische Inhalte haben und (teilweise) in geschlechterhomogenen Gruppen durchgeführt werden und
- Maßnahmen mit Jugendgruppen und Schulklassen im Rahmen des Baden-Württemberg weiten interaktiven Präventionsprojekts "Mädchen Sucht Junge", welches seiner Grundkonzeption nach auf der Arbeit mit geschlechterhomogenen Gruppen basiert.
1. Alkoholfrei billiger
<br/>2. Alkoholprävention im Sportverein
<br/>3. Jugendschutz geht alle an - die Ostalbkinder sind’s uns wert
<br/>4. Alkohol am Arbeitsplatz
<br/>5. Weitere s. Anlage
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Für Kinder und Jugendliche aus Einrichtungen der stationären Jugendhilfe wurden in Kooperation mit der Suchthilfe Möglichkeiten einer frühen Intervention geschaffen. Im Rahmen ihrer pädagogischen Konzeptionen haben die Einrichtungen diesem Themenkomplex einen hohen Stellenwert eingeräumt und gleichzeitig eine strukturierte Vorgehensweise implementiert.
Die pädagogischen Fachkräfte der Einrichtungen wurden über Präventionsmaßnahmen in ihrem Arbeitsfeld geschult.
- Es gibt mehrere Alateen-Gruppen im Landkreis
<br/>- Die Suchtberatungsstellen führen regelmäßig Gruppenangebote durch.
<br/>- Die pädagogischen Fachkräfte aus den kommunalen Jugendhäusern sowie den stationären Jugendhilfe-Einrichtungen wurden im Umgang mit dieser Zielgruppe gesondert geschult. Ziel ist eine niedrigschwellige Krisenintervention und die schnelle Weitervermittlung an Fachstellen.
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