Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
Titel des Wettbewerbsbeitrags
Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
Ein präventives Projekt erster Wahl, das längst aus seiner Modell- bzw. Erprobungsphase heraus ist, ist die Einzel-, Kleingruppen- und Familienberatung vor Ort in Schulen. Diese Art von Primär- wie Sekundärprävention ist eine der sinnvollsten und ergiebigsten Methoden, schulische Präventionsarbeit zu gestalten.
Das Angebot, welches wesentlich in Form offener Sprechstunden stattfindet, ist für die Teilnehmer und Teilnehmerinnen freiwillig. Es kommt ebenso unspektakulär wie unaufdringlich daher.
Die längste Zusammenarbeit in dieser Form existiert zwischen:
Der "Arbeitsstelle für Prävention",
der "Aktionsgemeinschaft Drogenberatung e.V"
Saargemünderstraße 76;
66119 Saarbrücken
als durchführender Präventionsstelle und der
Erweiterten Realschule
Saarbrücken-Klarenthal
Hauptstraße 53;
66127 Saarbrücken
einer Schule des Stadtverbandes Saarbrücken mit zwei Standorten als kooperierender Einrichtung.
Gestartet wurde das Projekt in besagter Schule im Jahre 1999 durch sogenannte Tagesseminare für die Klassenstufen 7 und 8. Sie hatten die Funktion von "Türöffnern", um die Person des Beraters bei den Schülerinnen und Schülern als "Gesicht" bekannt zu machen. Seither leistet die Schule die organisatorische Vorarbeit zur Durchführung der regelmäßigen offenen Sprechstunden sowie aller begleitenden Maßnahmen für Eltern beziehungsweise Lehrerinnen und Lehrer. Die Organisationsarbeit in der Schule wird im wesentlichen getragen von einer hauptamtlichen Sozialarbeiterin und einer Lehrerin. Sucht- und Drogenprävention ist an der Schule eine wesentliche Säule im Gesamtkonzept von "Miteinander Schule bauen". Rechtliche Grundlage des Projekts sind die "Richtlinien zur Suchtprävention an den Schulen des Saarlandes".
Die Schülerinnen und Schüler nehmen das ihnen zur Verfügung gestellte Beratungsangebot bereitwillig an. Die Erfahrungen der ersten beiden Jahre übertreffen die kühnsten Erwartungen und Prognosen. Eine für die Schülerinnen und Schüler wichtige Sicherheit im Abhängigkeitsgefüge der Institution "Schule" ist die ihnen zugesicherte Schweigepflicht der Beratungsperson, die sie von jeder noch so akzeptierten Vertrauensperson in der Schule von vorneherein unterscheidet.
Auf keine Schülerin und keinen Schüler, die das Angebot wahr nehmen, wird mit dem Finger gezeigt. Alle Beteiligten wissen, daß die persönliche In-Anspruch-Nahme der offenen Sprechstunden durch die Schülerinnen und Schüler nicht gleichbedeutend mit dem Eingeständnis eines eigenen Drogengebrauchs ist. Die Beratungstermine sind mit Absicht sehr offen gehalten. Die Schülerinnen und Schüler kommen durchweg mit ernsthaften Anliegen und nicht bloß deswegen, um dem regulären Unterricht zu entgehen. Die Bandbreite ihrer Interessen, Schwierigkeiten, Sorgen und Nöte ist ein trauriger Beweis dafür, wie alleine gelassen sich zahlreiche junge Menschen im Alltag mit ihren Problemen fühlen.
Eher wenige Schülerinnen und Schüler kommen alleine in die offene Beratung. Die meisten erscheinen mir vertrauten Freunden aus der Clique. Sehr häufig kommen sie zu viert oder zu fünft zu einem Gespräch. Nach dem Motto: "Was ich schon immer über Sucht und Drogen wissen wollte", suchen einige von ihnen ebenso ehrliche wie sachgerechte Antworten auf ihre neugierigen Fragen. Andere beabsichtigen zu überprüfen, ob Informationen, welche sie irgendwo gelesen oder gehört haben, tatsächlich stimmen oder wie sie zu bewerten sind. Viele verleihen ihrer Unsicherheit oder gar ihren Ängsten im Umgang mit dem Thema "Sucht und Drogen" Ausdruck und wünschen sich konkrete Hilfestellungen zur Erlangung größerer Verhaltenssicherheit in vorgestellten Situationen. Natürlich sind zahlreiche Probierer, Experimentierer und auch bereits gewohnheitsmäßige Drogenkonsumenten unter den Ratsuchenden. In 95% der Fälle von Eigenerfahrungen geht es dabei um den Gebrauch von Haschisch und Marihuana. Aber auch Amphetamine, Ecstasy und sonstige Designerdrogen spielen eine Rolle. Bei den vielen Gesprächen um ihren eigenen Drogengebrauch zeigen die Jugendlichen eine bemerkenswerte Fähigkeit zur Ernsthaftigkeit. Sie geben sich weit weniger "cool", wie sie es besonders als männliche Jugendliche für gewöhnlich nach außen hin tun. Quasi durch die Hintertür fließt auf diesem Wege sogar noch eine geschlechtsspezifische Variable in das präventive Angebot ein.
Wenn es nicht um illegale Drogen geht, sind Alkohol und Zigaretten die Themen. Vor allem männliche Jugendliche geben wiederholt unumwunden zu, selbst der Meinung zu sein, viel zuviel Alkohol zu trinken. Sie fragen gezielt nach realistischen Möglichkeiten, wie sie anders als bisher mit alkoholischen Getränken und Situationen, die zum Trinken animieren, umgehen können. Jungen wie Mädchen erhoffen sich praktisch umsetzbare und zum Erfolg führende Tips und Strategien, um sich das Rauchen wieder abgewöhnen zu können. Methodisch kommen häufiger "Verträge mit sich selbst" zum Einsatz, die eine große Bindungswirkung nach sich ziehen. Regelmäßig erbitten sich die Schülerinnen und Schüler auch Hinweise, wie sie Freundinnen und Freunden helfen können, bei denen sie einen zu Persönlichkeitsveränderungen führenden Suchtmittelgebrauch beobachten. Großes Vertrauen wie große innere Not beweisen diejenigen Schülerinnen und Schüler, die Hilfe im Zusammenhang mit dem Suchtmittelkonsum eines engen Familienmitglieds suchen.
Bemerkenswert oft äußern die Rat suchenden Schülerinnen und Schüler auch Anliegen, die zunächst einmal übehaupt nichts mit Rauschmitteln zu tun haben. Unterschiedlich verursachte familiäre oder persönliche Schwierigkeiten, vielfältige Ängste, verunsichernde Krankheiten, bisher verschwiegene Erfahrungen mit Gewalt und Erpressung sowie nicht zuletzt Verlusterlebnisse und Todesfälle nehmen ihre Gedanken und Gefühle gefangen; mithin alles Probleme, die zunächst völlig anders gelagert sind, die sich aber zu Ursachen eines späteren Drogengebrauchs auszuwachsen vermögen, wenn kein Weg gefunden wird, sie zu bewältigen. In solchen Fällen funktioniert die offene Sprechstunde als "Clearing"-Stelle, die zu den Einrichtungen im sozialen Hilfesystem weiter verweist, welche für das benannte Problem die geeignetste Unterstützung anbieten. "Fälle" mit dringendem Handlungsbedarf wandern mit in den präventiven "psychosozialen" Bereich der Drogenberatung. Sofern es für den Erfolg der Arbeit angeraten erscheint, stimmen spätestens an dieser Stelle viele Rat suchende Schülerinnen und Schüler zu, ihre Eltern mit in die Arbeit einzubeziehen.
Bei vielen Gelegenheiten nehmen die Schülerinnen und Schüler aus der Einzel- und Gruppenberatung gemeinsam besprochene, direkt erprobbare Verhaltensalternativen mit. Ist der Berater von ihnen als Mensch akzeptiert, trifft er die Themen und die Sprache der jungen Menschen, ohne sich jedoch anzubiedern, und wird er als ebenso aufmerksam für die leisen Zwischentöne im Gespräch wie fähig zur dosierten Konfrontation erlebt, fragt ein Großteil der Schülerinnen und Schüler nach Wiederholungsterminen. Insofern hat sich das Projekt zu einem absoluten Selbstläufer entwickelt. Regelmäßige Wiederholungstermine bieten die Gelegenheit, früher Besprochens zu vertiefen sowie Verhaltensalternativen und getroffene Absprachen auf ihre Erfolge hin zu überprüfen. Das ist Projektevaluation "auf Sicht". Es zeigt sich überraschend schnell, zu welchen Änderungen junge Menschen von sich aus in der Lage sind, wenn sie sich einerseits ernst genommen fühlen und andererseits lernen, sich selbst als Menschen mehr zu achten. Wer sich einen höheren Selbstwert beimißt, geht fürsorglicher mit seinem Leben um. Viele Schülerinnen und Schüler drängen zu Wiederholungsterminen und berichten zufrieden oder gar zu recht stolz auf sich selbst über gelungene Fortschritte, seien sie unspezifischen "psychosozialen" Charakters oder suchtmittelspezifischer Art durch Aufgeben oder zumindest Einschränken von Nikotin-, Alkohol-, Cannabis- und "Party"-Drogengebrauch. Binnen weniger Wochen sind mit dieser Form schulischer Beratungsarbeit in vielen Fällen sichtbare Ergebnisse zu erzielen. Perspektivisch ist die Kleingruppenberatung vor Ort eine präventive Methode erster Wahl. Ihr unschätzbarer Vorteil ist, daß sie gefährdete Kinder und Jugendliche erreicht, die alleine von sich aus niemals einen Fuß in eine Beratungsstelle setzen würden, weil die Schwelle für sie viel zu hoch wäre.
Bis heute (Stand Dezember 2001) gab es über Erst- und Wiederholungsgespräche etwa 400 Kontakte zu Schülerinnen und Schülern der Klassenstufen 7, 8, 9 und 10. Begleitet wird die Arbeit mit ihnen durch direkte Elternberatung sowie allgemeine offene Elternabende und -seminare für die Eltern aller Schülerinnen und Schüler der beiden Schulstandorte. Für die Eltern der jeweils neuen Klassenstufe 5 werden frühzeitig primärpräventive Veranstaltungen angeboten. Ab Klassenstufe 7 greift das offene Beratungsangebot für die Jugendlichen. Auch die Lehrerinnen und Lehrer der Schule bleiben nicht außen vor. Die präventiven Maßnahmen für sie umfassen pädagogische Tage, Teamberatungen und Fachkonferenzen.
Da das Projekt Früchte trägt, ist nicht beabsichtigt, die Arbeit in absehbarer Zeit einzustellen. Im Gegenteil: Für beide Kooperationspartner ist das Projekt auf Langfristigkeit und Kontinuität hin angelegt.
Fragen zum Wettbewerbsbeitrag
- den Einstieg in den Konsum von Suchtmitteln zu verhindern bzw. hinauszuzögern
- den frühzeitigen Ausstieg aus riskanten Konsummustern zu fördern
- einen suchtmittelfreien Lebensstil zu fördern
- Lebenskompetenz fördern
- Selbstwertgefühl stärken
ja, Den Informationsstand der Zielgruppe erhöhen, damit angemessene Entscheidungen getroffen werden.
- Arbeitsstelle für Prävention der "Aktionsgemeinschaft Drogenberatung"
ja, folgendermassen: Durch Ermittlung der Bedürfnisse nach einem solchen Angebot
- das Gefährdungspotential der Zielgruppe - die altersgemäßen Entwicklungsaufgaben - die modellhafte Zusammenarbeit mit der kooperierenden Schule
- durch gute organisatorische Vorarbeit in der Schule - durch die Akzeptanz der beratenden Person - die Nachfrage des Angebots durch die Zielgruppe ist ein Selbstläufer
-Neugier, Informationsbedarf, Problemklärungswünsche - Bedürfnisse der jugendlichen Persönlichkeitsentwicklung
nein
- Schulen (Schwerpunkt)
- Sozialamt (federführend)
- Freie Träger
- Institutionen bzw. Fachkräfte der Suchtprävention
- Schule
1999
2000
wahrscheinlich gesichert
ja, institutionaliesierte Einzel- und Kleingruppenberatung vor Ort in der Schule, vernetzt mit Elternarbeit und LehrerInnenfortbildung
ja, das Projekt erreicht Jugendliche, junge Erwachsene und Eltern, die aus eigener Motivation heraus niemals einen Kontakt zur hochschwelligen Beratungstelle suchen würden
- fortlaufendes, kontinuierliches Angebot - eingebunden in ein Gesamtkonzept: "Gemeinsam Schule bauen" - Verzahnung zwischen Primär- und Sekundärprävention
ja,
nein
- Förderung von Alternativen zum Substanzmissbrauch
- Informationsvermittlung
- Konzept der Gesundheitsförderung
- Konzept der Lebenskompetenzförderung
- Konzept des sozialen Lernens
- Gemeinde, Abbau von Zugangsschwellen, Vernetzung
- Protektive Faktoren, Lebenskompetenzen, Selbstwertgefühl, Entscheidungsfähigkeit ...
- Risikofaktoren, Gefährdungssituationen, Umgang mit Suchtstoffen, riskantes Verhalten
Teamfortbildungen für die LehrerInnen der beteiligten Schule
ja, 3 Jahre und mehr
400