Lüneburg

Typ: 
kreisangehörige Stadt/Gemeinde
Einreichende Dienststelle: 
Dezernat V
Name des Ansprechpartners: 
Hubertus Heinrich
Funktion des Ansprechpartners: 
Stadtjugendpfleger
Straße/Postfach: 
Am Ochsenmarkt; Postfach 2540; 21315 Lüneburg
Postleitzahl: 
21335
Bundesland: 
Niedersachsen
Telefon des Ansprechpartners: 
04131309355
Telefax des Ansprechpartners: 
04131309384
E-Mail des Ansprechpartners: 
Hubertus.Heinrich@t.online.de
E-Mail der Kommune: 
Internetadresse der Kommune: 
http://www.lueneburg.de

Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags

Titel des Wettbewerbsbeitrags

Suchtprävention im Elementarbereich - 1993 - 1998

Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags

1. Projektplanung

1.1. Der Kommunale Arbeitskreis Sucht

1990 wurde auf Anregung des leitenden Kriminaldirektors des Regierungsbezirks Lüneburg der "Kommunale Arbeitskreis Sucht" gegründet. Mitglieder des Arbeitskreises waren zunächst: Vertreter der Landkreise Lüneburg und Marburg, der Stadt Lüneburg, der Universität Lüneburg (Zentrum für Angewandte Gesundheitswissenschaften), der Polizeiinspektion Lüneburg, der Bezirksregierung Lüneburg. Grundidee war die Intensivierung der Zusammenarbeit der Landkreise Lüneburg und Marburg in der Suchtprävention auf Grund der Nähe zu Hamburg und den dortigen besonderen Drogenproblemen einer Großstadt. In der Gründungsphase stand die Präventionsarbeit mit Jugendlichen - insbesondere an Schulen - im Zentrum der Überlegungen. Bereits vor der Gründung des Kommunalen Arbeitskreises Sucht hatte die drobs Lüneburg (DW) mit Fortbildungen für Erzieherinnen im Elementarbereich begonnen und erste Konzeptentwürfe für die Suchtprävention hier entwickelt. Der Arbeitskreis nahm diese Ideen auf und ab 1991 kamen Vertreter der drobs Lüneburg (Suchtberatung- und -behandlung, DW) und des Landesjugendamtes (Fachaufsicht für Kindertagesstätten) dazu und ein erster gemeinsamer Konzeptentwurf wurde für die beiden Landkreise und die Stadt Lüneburg als Kooperationsmodell für die Dauer von zunächst 3 Jahren, später insgesamt 5 Jahren, auf den Weg gebracht.

1.2. Die Finanzierung

1992 legte das Land Niedersachsen ein Programm zu Suchtprävention auf und finanziert seitdem pro Landkreis (oder kreisfreier Stadt) einen Sockelbetrag von 45.000 DM für eine Präventionsfachkraft, die in einer Suchtberatungsstelle eines Freien Trägers mit dem Arbeitsschwerpunkt "Suchtprävention" beschäftigt ist.
Der Kommunale Arbeitskreis Sucht beauftragte die drobs Lüneburg (DW) mit der Durchführung des Projektes' "Suchtprävention im Elementarbereich". Die drobs stellte zum 1.1. 1993 zwei Mitarbeiterinnen mit jeweils 19,25 Stunden ein, die dieses Projekt durchführten.
Die Restfinanzierung der Personalkosten stellten die Landkreise Lüneburg und Marburg und die Stadt Lüneburg zu gleichen Teilen sicher, die Restfinanzierung der Sachkosten übernahm der Träger der drobs (DW), der Kirchenkreis Lüneburg.

1.3. Zum Konzept

1.3.1. Die Prämissen

Für das Projekt gab es wenig konzeptionelle Vorbilder. So wurde zunächst mit der Ottawa-Charta zur Gesundheitsförderung von 1986 ein Rahmen gefunden, der eine politische und handlungsorientierte Perspektive gab: Gesundheitsförderung nutzt Ressourcen, fördert die Weiterentwicklung bestehender Einrichtungen und fördert die Vernetzung.
Gesundheitsförderung als Begriff ist wiederum eher positiv besetzt und die damit verbundenen Handlungsstrategien für den Elementarbereich attraktiv:

  • Voraussetzungen für Gesundheit schaffen und erhalten
  • Interessen vertreten
  • Befähigen und ermöglichen
  • Vermitteln und vernetzen

Die Einordnung der Suchtprävention in die Gesundheitsförderung ist alltagstauglich und nützlich.
Bereits vor dem ersten Projektjahr - 1992 - wurde die Expertise zur Prävention des Substanzmißbrauchs veröffentlicht und sie bot einen Rahmen zur Begründung der Suchtprävention im Elementarbereich und schließlich gab es - während der Projektlaufzeit - noch einen dritten begünstigenden Faktor:
Im September 1995 verabschiedete der niedersächsische Landtag ein neues Kindertagesstättengesetz.
Als Aufgabe der Tageseinrichtungen werden genannt:
§ 2.1. Tageseinrichtungen dienen der Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern. Sie haben einen eigenen Erziehungs- und Bildungsauftrag.

Tageseinrichtungen sollen insbesondere:

  • Die Kinder in ihrer Persönlichkeit stärken
  • Sie in sozial verantwortliches Handeln einführen
  • Ihnen Kenntnisse und Fertigkeiten vermitteln, die eine eigenständige Lebensbewältigung im Rahmen der jeweiligen Möglichkeiten des einzelnen Kindes fördern
  • Die Erlebnisfähigkeit, Kreativität und Phantasie fördern
  • Den natürlichen Wissensdrang und die Freude am Lernen fördern
  • Die Gleichberechtigung von Jungen und Mädchen erzieherisch fördern und
  • Den Umgang von behinderten und nicht-behinderten Kindern sowie von Kindern unterschiedlicher Herkunft und Prägung untereinander fördern.

Das Projekt ging entsprechend von folgenden Prämissen aus:

  • Suchtprävention muss früh beginnen, wenn sie erfolgreich sein soll
  • Nach der Familie ist der Kindergarten/die Kindertagesstätte der Ort, in dem Suchtprävention stattfinden sollte
  • Suchtprävention ist
    • Bezogen auf die Kinder: grundsätzlich suchtmittelunspezifisch
    • Bezogen auf die Erzieherinnen und Eltern: suchtmittelspezifisch und suchtmittelunspezifisch
    • Suchtprävention im Elementarbereich zielt auf die Förderung der Lebenskompetenzen der Kinder
    • Suchtprävention ist eine Gemeinschaftsaufgabe und nicht an Einzelne delegierbar.

1.3.2. Das Handlungsfeld

An dem Projekt nahmen Kindergärten aus den Landkreisen Lüneburg und Harburg und der Stadt Lüneburg teil. Die drei beteiligten Kommunen benannten jeweils 5 Kindergärten für die 1. Projektphase von 1993 - 1995 und insgesamt 14 Kindergärten für die 2. Projektphase von 1996 - 1997, die folgende Kriterien berücksichtigten:

  • Hohe Trägervielfalt (Gemeinden, Deutsches Rotes Kreuz, Arbeiterwohlfahrt, ev. luth. Kirchengemeinden)
  • Teilnahme von städtischen und ländlichen Kindergärten
  • Die Teilnahme von Kindergärten mit möglichst unterschiedlichen Kinderzahlen
  • Kindergärten mit einer homogenen Kinderzusammensetzung wie auch Kindergärten mit einer heterogenen Zusammensetzung (Euro-Kindergärten)

1.3.3. Die Zielgruppen

  • Im Elementarbereich gibt es 3 Zielgruppen, die jeweils spezifisch angesprochen werden. Die zentrale Gruppe sind die Erzieherinnen, sie sind für die Erarbeitung von Konzepten und deren Umsetzung im Kindergartenalltag verantwortlich. Ihre persönlichen und fachlichen Kompetenzen bestimmen das Klima und den Ablauf im Kindergarten. Sie bilden die eigentliche Zielgruppe der Präventionsfachkräfte
  • Die zweite Zielgruppe bilden die Eltern, sie bringen ihre Kinder in den Kindergarten und haben spezifische Erwartungen und Vorstellungen.
  • Die dritte Zielgruppe bilden die Kinder

Für alle drei Zielgruppen wurden gesonderte Strategien entwickelt und umgesetzt (s.u.)

1.3.4. Die Ziele

Das Projekt sollte die Erzieherinnen befähigen, Suchtprävention und Gesundheitsförderung als Arbeitsschwerpunkt in ihrer täglichen Arbeit in Bezug auf sich selbst, die Kinder und die Eltern umzusetzen. Ziele waren:

  • Den Alltag unter suchtpräventiven und gesundheitsfördernden Gesichtspunkten zu reflektieren
  • Ggf. Wissen neu zu erwerben
  • Eigene Einstellungen zu erkennen, zu überprüfen und ggf. zu verändern
  • Die eigene Handlungskompetenz zu erweitern

2. Das Projekt

2.1. Phase 1, 1993-1995

An dieser Projektphase nahmen 14 Kindergärten (wie oben beschrieben) der Region teil.
Das zentrale Instrument war ein sich regelmäßig einmal monatlich treffender Arbeitskreis, an dem aus jedem Kindergarten eine Erzieherin als Multiplikatorin teilnahm. In dieser Zusammenarbeit zwischen den Erzieherinnen und den Präventionsfachkräften wurden die Projektstruktur und die Projektinhalte gemeinsam entwickelt.

Zum Verlauf: siehe Dokumentation der wissenschaftlichen Begleitung

  • Besonderheiten: Durchführung der Tagungen:
    • 1994: "Kinderwelten" "Suchtprävention im Elementarbereich" im Rahmen der Europäischen Woche der Suchtprävention mit über 100 Teilnehmerinnen
    • 1995: "Kleine Zicken - kleine Macker" geschlechtsspezifische Suchtprävention im Elementarbereich mit ebenfalls über 100 Teilnehmerinnen
  • Entwicklung und Herausgabe des Kindergartenrundbriefes "Durchblick" in einer Auflage von jeweils 1200 Exemplaren
    • Gesundheit und Krankheit
    • Die Väter
    • Spielen - Spielräume - Spielträume - Traumspiele
    • Gefühle sind wie Farben
    • Oma, Opa, Urgroßeltern
    • Abschied
    • Freunde
    • Kleine Zicken - kleine Macker

Bewertung der 1. Projektphase:
Der gemeinsam entwickelte Arbeitsansatz:

  • Regelmäßig sich treffender Arbeitskreis
  • Vertiefende Fortbildungen
  • Ergänzende und vertiefende Kindergartenzeitung "Durchblick"
  • und eine gemeinsame Tagung pro Jahr

wurde als grundsätzlich richtig eingeschätzt, sollte aber für einen zweiten Projektdurchlauf mit anderen Kindergärten inhaltlich verbessert und ergänzt werden. Insbesondere lag ein Verbesserungsbedarf in der Verbindlichkeit der teilnehmenden Kindergärten in folgenden Bereichen:

  • Verbindlichkeit in der Durchführung von Elternabenden
  • Verbindlichkeit bei der Durchführung suchtpräventiver Projekte

Von den Präventionsfachkräften wurde vorgeschlagen, die zweite Projektphase wissenschaftlich durch das Zentrum für Angewandte Gesundheitswissenschaften begleiten zu lassen. Dies konnte für 1996 und das zweite Halbjahr 1997 umgesetzt werden, (siehe Abschlußbericht der wissenschaftlichen Begleitforschung)

2.2. Phase 2, 1996 -1997

Vierzehn Kindergartenteams hatten sich bereit erklärt über einen Zeitraum von zunächst zwei Jahren intensiv zusammen zu arbeiten. Sie erfüllten folgende Bedingungen:

  • Die notwendigen personellen Ressourcen für die Teilnahme an den Bausteinen waren vorhanden
  • Die Teams sicherten eine kontinuierliche Teilnahme zu
  • Die Teams hatten bereits eine Konzeption
  • Die Teams waren insgesamt über die Bausteine des Projekts informiert
  • Das gesamte Team hatte sich für die Teilnahme an dem Projekt ausgesprochen

Die Zusammenarbeit beinhaltete folgende Bausteine:

  • Einen Arbeitskreis, in den jedes Team eine Kollegin entsendet. Der Arbeitskreis traf sich einmal im Monat für drei Stunden.
  • Eine Teamfortbildung über zwei Tage pro Jahr
  • Planung, Durchführung und Dokumentation eines gesundheitsbezogenen und suchtpräventiven Projekts 1997 (s.u. und Anlage)
  • Durchführung von Elternabenden
  • Mitarbeit an einer überregionalen Tagung für Kolleginnen aus anderen Kindergärten
  • Teilnahme an der wissenschaftlichen Begleitung durch das Zentrum für Angewandte Gesundheitswissenschaften (ein Kooperationsprojekt der Universität Lüneburg und der Fachhochschule Lüneburg)

Die beteiligten Kindergärten liegen überwiegend in den Dörfern. Zwei Kindergärten sind große Einrichtungen mit Krippe und Hort, durchschnittlich haben die Kindergärten 3 Gruppen mit jeweils 24 Kindern, Träger sind die Kommunen, das DRK und die ev. Kirche.

Der regelmäßige tagende Arbeitskreis sollte: den Wissenstand erweitern, Einstellungen erkennen, überprüfen und ggf. verändern und die Handlungskompetenz erweitern. Die Teilnehmerinnen sollten das hier Gelernte als Multiplikatorinnen an ihre Teams weitergeben.

  • Das Thema des Jahres 1996 war: Sucht hat viele Ursachen, und damit die gemeinsame Erarbeitung von Ursachen und Reflexion des Arbeitsalltags in den Kindertagesstätten im Arbeitskreis unter suchtpräventiven Gesichtspunkten:
  • Persönlichkeit - Stärkung der Lebenskompetenz; positives Selbstkonzept; Selbstwertgefühl usw.
  • Soziales Umfeld - die Rolle der Erwachsenen als Eltern; im Kindergarten; im sozialen Nahfeld als Vorbild; die Bedeutung der sozialen Anerkennung usw.
  • Suchtmittel - um welche Mittel geht es im Kindergarten (Fernsehen, Süßigkeiten, Spielzeug, Kleidung); was ist Genuß? Erwachsene als Vorbild; Alltagsdrogen; Gebrauch, Mißbrauch, Abhängigkeit
  • Gesellschaftliche Bedingungen, die Suchtmittelmißbrauch begünstigen; Werte und Normen

Im Arbeitskreis wurden 3 Ausgaben des Kindergartenrundbriefe "Durchblick" erarbeitet:

  • Ausgabe 10: Was Kinder brauchen
  • Ausgabe 11: Eltern
  • Ausgabe 12: Kinder und Konsum

In den Teamfortbildung lag der Schwerpunkt in der Reflexion, inwieweit das Team bereits gesundheitsfördernd und suchtpräventiv im Alltag arbeitet und welche Bereiche zu verbessern sind. In diesem Jahr wurden also die theoretischen Grundlagen erarbeitet und der Alltag im Kindergarten einer Reflexion unterzogen. Sowohl der Arbeitskreis wie auch die Teamfortbildungen wurden evaluiert und es fand eine große Elternbefragung in den Kindergärten statt.

Eine große Tagung für alle Kolleginnen in der Region unter dem Titel "Kinder brauchen Werte" fand großen Anklang und vertiefte den Komplex "gesellschaftliche Rahmenbedingungen".

In den Projektkindergärten führten die Präventionsfachkräfte Elternabende zu folgenden Themen durch, die durchweg gut besucht wurden:

  • Kinder stark machen - was Eltern dafür tun können
  • Was hat das Kind denn bloß? Über den Umgang mit Aggressionen
  • 7 Regeln gegen Sucht
  • Sexueller Mißbrauch - warum es gut ist, nein sagen zu können

1997 lag der Schwerpunkt in der Erarbeitung, Durchführung und Dokumentation eines eigenen Projekts. Das Thema des Jahres lautete: Suchtprävention hat viele Möglichkeiten - wir geben der Phantasie Flügel.

Das Projekt sollte:

  • gesundheitsbezogen und suchtpräventiv sein,
  • über einen längeren Zeitraum laufen
  • die Kinder und Eltern aktiv in die Planung und Durchführung einbeziehen
  • im Kindergarten in allen Gruppen zeitgleich durchgeführt werden.

Nun wurde es schwierig:
Die Umsetzung guter Ideen war problematischer als gedacht, weil in etlichen Kindergärten strukturelle Mängel zutage traten.

  • Die Eltern waren bisher kaum in die inhaltliche Arbeit einbezogen worden, es gab Tür-und-Angel-Gespräche, aber keine Zusammenarbeit im Sinne einer Beteiligung und
  • Die Kolleginnen hatten inzwischen gute Kontakte zu den Kolleginnen aus den anderen Kindergärten entwickelt, es existierte gewissermaßen ein Netzwerk der Multiplikatorinnen, die sich gegenseitig unterstützten und berieten. Einige wußten aber nicht, was im Gruppenraum nebenan passiert.

Der Themenschwerpunkt im Arbeitskreis lag in der Projektplanung, -durchführung und Dokumentation: Themenfindung, Materialsammlung, die Rolle der Erzieherin in einem Projekt, Kinder- und Elternbeteiligung in der Planungsphase, Öffentlichkeitsarbeit, die konkrete Durchführung,

Etwas, was man eigentlich heute für selbstverständlich hält, dass nämlich der Kindergarten ein Netzwerk zwischen Erzieherinnen, Eltern und Kindern in einer Gemeinde ist, das offen nach innen und außen ist, das Ressourcen nutzt, die Eltern und Kommune bieten, stellte sich plötzlich als z.T. gering entwickelt, zum Teil als nichtexistent heraus.
In den Teamfortbildungen drehten sich viele Tage dann um die Zusammenarbeit zwischen den Erzieherinnen untereinander und der Beteiligung der Eltern am Geschehen im Kindergarten.:

  • Was nützt uns die Ottawa-Charta in unserem Kindergarten, in unserem Dorf? Wie und was können wir als Team vor Ort etwas umsetzen, das Langzeitwirkung hat? Wie können wir unsere Kompetenzen stärken und Profil gewinnen? Welches Berufsbild vermitteln wir unseren Eltern? Welche Lebenskompetenzen brauchen wir, um sie Kindern mitgeben zu können?
  • Geschlechtsbezogene Suchtprävention
  • Kinder brauchen Werte
  • Genuß und Lebenslust im Kindergarten
  • Sprache - Kommunikation - Werte

Großen Worten wie "lebenslange Lernbereitschaft" oder "Konfliktfähigkeit" als Lebenskompetenzen ist leicht zuzustimmen. Aber im Detail:

  • Zwei Kolleginnen im Team wollen das praktische Projekt nicht durchführen, es sei "zu aufwendig" und "das haben wir ja noch nie gemacht"
  • Die Eltern sind skeptisch: Gesundheitsförderung und Suchtprävention ja, aber deswegen mit Rauchen aufhören?

Alle Kindergärten haben Projekte durchgeführt, bis auf zwei wurden alle dokumentiert.
Themen waren u.a.:

  • Spielzeugfreier Kindergarten
  • Ich bin stinksauer
  • Kinder brauchen Freunde
  • Zirkus - die Gefühle des Clowns
  • Das Müllmuseum
  • Spiele und Spielzeug gestalten und neu erfinden
  • Sehen - hören - fühlen

In den Projektkindergärten führen die Präventionsfachkräfte Elternabende zu den Projektthemen durch, die für die Eltern den Zusammenhang zur Suchtprävention und Gesundheitsförderung herstellen und vertiefen.

Die Präventionstagung unter dem Titel "Willi, Pipi und Huckleberry Finn - wir geben der Phantasie Flügel" war für die Multiplikatorinnen ein zweiter wichtiger Meilenstein des Jahres: In Vorträgen, Arbeitsgruppen und einer Ausstellung wurden die Projekte der Fachöffentlichkeit vorgestellt und alle bekommen für die Arbeit Anerkennung und Bestätigung. Die Kolleginnen sind stolz, zufrieden und erschöpft und werden noch einmal durch die wiss. Begleitung befragt.

Zwischen den verschiedenen Interessen zu vermitteln, die Idee der Vernetzung nach innen und außen umzusetzen, ein langfristiges Projekt gemeinsam inhaltlich zu planen, umzusetzen, zu reflektieren und zu dokumentieren, hat die Teams sehr gefordert und gefördert.

Die Präventionsfachkräfte haben deshalb ein - zunächst nicht geplantes - drittes Projektjahr 1998 angehängt: "Probleme erkennen - Lösungen finden" und erarbeiteten für konkrete Problemstellungen innerhalb der Kindergärten konkrete Lösungen. Zum einen ging es um konkrete Einzelthemen:

  • Kinder und Medikamente (hier besonders um Ritalin bei Kindergartenkindern)
  • Kinder substanzabhängiger Eltern
  • Kinderängste und Suchtprävention

Zum anderen wurde es noch einmal interessant, weil die Qualität der Arbeit im Kindergarten in das Zentrum des Interesses rückte. Qualitätsstandards sind in Konzeptionen leichter zu benennen, als langfristig umzusetzen und durchzuhalten. Qualitätsentwicklung ist ein langwieriges und mühsames Geschäft. Gesundheitsförderung und Suchtprävention kann ein Qualitätsmerkmal in einem Kindergarten sein, bedarf aber der ständigen Reflexion.

3. Bilanz

Die Teams der beteiligten Kindergärten haben einen großen inhaltlichen Schritt vorwärts getan. Es ist allen deutlich geworden, das Gesundheitsförderung und Suchtprävention alltagsorientiert ist, die Projekte 1997 waren für viele Teams der Einstieg in die Projektarbeit überhaupt und ist heute Alltag. Einige Teams dokumentieren jetzt auch häufiger ihre Projekte und bekommen damit viel Anerkennung durch die Eltern und in der Fachöffentlichkeit. Die Zusammenarbeit innerhalb der Teams hat sich verbessert, es wird mehr gruppenübergreifend gearbeitet, es gibt gemeinsame Planungen und auch das Klima in den Besprechungen hat sich verbessert.
Die Multiplikatorinnen sind selbstsicherer und selbstbewußter geworden: so führen sie heute eigene Fortbildungen für Kolleginnen durch. Eltern werden nicht mehr nur als "Lieferanten" von Kindern, Nägeln oder Problemlagen gesehen: Sie sind eine Gruppe der Auftraggeber, ohne Eltern keine Kinder, ohne Kinder kein Kindergarten. Eltern werden mehr einbezogen und wenn sie es denn wollen: zu Partnern.
Die Kinder sind weniger Adressaten von pädagogischen Einfällen oder Bastelmanien, sondern werden ebenfalls aktiver beteiligt, was unter anderem die Beobachtung zur Folge hatte, wie selbständig sie doch sind.

Die Präventionsfachkraft wird als Moderatorin genutzt, für Teamsupervisionen, für die Entwicklung von Konzeptionen, für Fragen der Qualitätsentwicklung, für die Initiierung von Runden Tischen oder Stadtteilkonferenzen, in denen sich die Kindergartenteams in ein Gesamtkonzept zur Gesundheitsförderung und Suchtprävention in der konkreten Kommune eingliedern. Da die Kindergärten Vorreiter waren, haben sie ein großes Interesse, das das, was sie begonnen haben, in den Schulen, in der Jugendarbeit, in den Vereinen usw. fortgeführt wird. Sie gewinnen in der Gemeinde an Profil und Bedeutung. Sie sind nicht mehr "das Teuerste", wie mancher Bürgermeister stöhnte, sondern der Kern einer Initiative, an der sich alle Erwachsenen beteiligen müssen. Gesundheitsförderung und Suchtprävention ist eine Gemeinwesenaufgabe und ein Qualitätsmerkmal der in der Gemeinde arbeitenden sozialen Dienste und Institutionen.

Der Arbeitskreis "Suchtprävention im Elementarbereich" hat sich 1999 umbenannt und heißt heute "Gesundheitsförderung im Elementarbereich" und trifft sich nach wie vor - allerdings nur noch zweimal jährlich. Die Kontakte sind geblieben, der fachliche Austausch fruchtbar und wegweisend. Das Netz hat gehalten.

Die Initiative des "Kommunalen Arbeitskreises Sucht" hat viel bewegt und war erfolgreich:

  • Drei Kommunen haben über fünf Jahre gemeinsam an einem Projekt gearbeitet.
  • Es ist gelungen, im Elementarbereich eine stabile Vernetzung herzustellen
  • Das Thema "Suchtprävention und Gesundheitsförderung" ist heute Bestandteil vieler Konzeptionen von Kindertagesstätten in der Region.
  • Die Einrichtungen verzichten auf kurzfristige Aktionen, sondern führen auch heute noch langfristige Projekte durch
  • Die am Projekt beteiligten Kindertagesstätten unterstützen sich auch heute noch gegenseitig

Fragen zum Wettbewerbsbeitrag

Welche Ziele werden mit dem Wettbewerbsbeitrag angestrebt?: 
  • den Einstieg in den Konsum von Suchtmitteln zu verhindern bzw. hinauszuzögern
  • einen suchtmittelfreien Lebensstil zu fördern
Gibt es Minimalziele?: 

ja, - den Alltag unter suchtpräventiven Gesichtspunkten zu reflektieren - Ggf. Wissen erwerben - Eigene Einstellungen erkennen, überprüfen, und ggf. verändern - Die eigene Handlungskompetenz erweitern

Von wem ist die Initiative für Ihr Präventionsprojekt ausgegangen?: 
  • Kommunaler Arbeitskreis Sucht (Landkreise Lüneburg und Harburg, Stadt Lüneburg, Fachstelle für Suchtprävention der drobs Lüneburg(DW), Polizieinspektion-, Universität-, Bezirksregierung Lüneburg)
Wenn sich Ihr Wettbewerbsbeitrag an Kinder und Jugendliche richtet, wurden dieses Zielgruppen in die Entwicklung des Angebots ei: 

nein

Welche Gründe waren für die Auswahl der Zielgruppe ausschlaggebend?: 

Suchtprävention im Rahmen von Gesundheitsförderung sollte unserer Auffassung nach früh beginnen. Der Kindergarten ist der erste Ort öffentlicher Erziehung, ErzieherInnen sind die zentrale Gruppe, die Erziehungsziele und -konzepte professionell erarbeitet und umsetzt.

Wie wird sichergestellt, dass die Zielgruppe sich beteiligt?: 

Durch eine Vereinbarung mit den einzelnen Teams voe Beginn der Maßnahme über die Mitarbeit an den einzelnen Bausteinen

An welchen Bedürfnissen der Zielgruppe wird angeknüpft?: 

An dem Interesse, die Arbeit professionell und zukunftsweisend zu gestalten, - einen Beitrag zur Gesunderhaltung und Suchtprävention zu leisten, - an dem Bedürfnis, sich mit anderen KollegInnen über die Arbeit auszutauschen und sie weiterzuentwickeln

Wenn der Wettbewerbsbeitrag sich an Multiplikatoren richtet, welche sind das?: 
  • Eltern (Mütter/Väter)
  • Erzieher / Erzieherinnen (Schwerpunkt)
Zielt der Wettbewerbsbeitrag auf spezielle Substanzen? : 

nein

Auf welche Handlungsfelder der kommunalen Suchtprävention zielt der Wettbewerbsbeitrag?: 
  • Kindergärten und Kindertagesstätten (Schwerpunkt)
Welche Ämter/Dienstellen der Stadtverwaltung kooperieren in Ihrem Wettbewerbsbeitrag?: 
  • Jugendamt (federführend)
Welche Institutionen/Akteure ausserhalb der Verwaltung sind darüber hinaus in die Organisationsstruktur Ihres Wettbewerbsbeitrag: 
  • Freie Träger
  • Institutionen bzw. Fachkräfte der Suchtprävention
  • Kindergärten / Kindertagesstätten
  • Polizei
  • Sonstige
Welche überörtlichen Institutionen/Akteure sind in die Organisationsstruktur Ihres Wettbewerbsbeitrags eingebunden? : 
  • Interkommunale Zusammenarbeit
  • Land
  • Landkreis
Wie ist die Zusammenarbeit geregelt?: 
  • Arbeitsgemeinschaft
In welchem Jahr wurde mit der Entwicklung Ihres Wettbewerbsbeitrags begonnen?: 

1990

Seit wann ist besteht sein Angebot in der Praxis?: 

1993

Die Finanzierung in den kommenden vier Jahren ist:: 

offen

Setzen Sie in Ihrem Beitrag Verfahren der Suchtprävention ein, die in Ihrer Kommune neu sind?: 

ja, - Interkommunale Zusammenarbeit - Trägerübergreifende Zusammenarbeit - Methodenvielfalt

Sprechen Sie mit Ihrem Beitrag in Ihrer Kommune neue Zielgruppen der Suchtprävention an?: 

ja, - ErzieherInnen im Elementarbereich - Eltern von Kindergartenkindern - Kindergartenkinder

Welche anderen Neuerungen der Suchtprävention in Ihrer Kommune enthält der Wettbewerbsbeitrag darüber hinaus? : 

- Interkommunale Zusammenarbeit - Trägerübergreifende Zusammenarbeit - Langfristiges Vorgehen

Gibt es eine schriftliche Konzeption der Suchtprävention in Ihrer Kommune?: 

ja, 1992

Sind eigene Bedarfserhebungen für die Bestimmung der Zielgruppe der Suchtpävention angefertigt worden?: 

nein

Welchem konzeptionellen Modell lässt sich der Wettbewerbsbeitrag nach seinem Schwerpunkt zuordnen?: 
  • Informationsvermittlung
  • Konzept der Gesundheitsförderung
  • Konzept der Lebenskompetenzförderung
Auf welche Ansatzpunkte beziehen sich die Präventionsmassnahmen?: 
  • Protektive Faktoren, siehe Anlagen
  • Risikofaktoren, siehe Anlagen
Welche Materialien und Medien kommen zum Einsatz?: 

Grundsätzlich wurden Medien und Materialien zielgruppenspezifisch eingesetzt. Durch die Dauer des Projektes und die unterschiedlichen Zielgruppen kann man die eingestzten Medien und Materialien kaum naoch auflisten. In den Berichten und Dokumentationen wird dies aber deutlicher und anschaulicher. Materialien: - Alle zu damaligen Zeitpunkt verfügbaren Materialien: Deutsche Behindertenhilfe, Aktion Sorgenkind e.V.: Kindergarten-Kit, Was tun gegen Sucht, 7 Vorschläge für Eltern und Erzieher, BzgA: Kinder stark machen; Kinderbücher; Elternratgeber (die Präventionsfachkräfte erstellen eine kommentierte Literaturliste); Liederbücher ( die Präventionsfachkräfte erstellen ein Liederbuch); der Kindergartenrundbrief "Durchblick" siehe Berichte der Präventionsfachkräfte) Zum Teil wurden eigene Materialien erstellt, die aber z.T. vergriffen sind, bzw. siehe Anlage) Medien: - MC: die Präventionsfachkräfte stellten 2 Mc'en für die beteiligten Kindergärten zusammen, die aus ihrer Sicht "suchtpräventive Themen" aufnahmen (Gefühle z.B.), darüberhinaus wurden MC mit Entspannungsmusik und - geschichten genutzt - Filme (z.B.: "Mein Freund Arno" zum Thema "Kinder aus Suchtfamilien") - Theaterstücke und Mitmachaktionen für Kinder im Rahmen der Tagungen und der Projekte, zum Teil von Bernd Plake selbst entwickelt und durchgeführt (Piratenreise, Freunde) z.T. wurden kindertheater eingeladen

Welche Fortbildungsangebote für die Multiplikatoren werden angeboten?: 

- Monatlich regelmäßig tagender Arbeitskreis mit konkreten Themen (siehe Pkt. 2) - 1996 und 1997 je eine 2tägige Fortbildung für das gesamte Team der beteiligten Kindergärten (einschließlich der jeweiligen MultiplikatorIn): 1996: 1. Tag: Was tun wir bereits suchtpräventiv und gesundheitsfördernd und wollen wir auch weiterhin tun (Reflexion); 2.Tag: spezielles Thema aus dem Bereich: Kinder und Gewalt; Sinneswahrnehmung, Sucht im Kindesalter, Konsumverhalten, Förderung des Selbstwertgefühls, Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern u.a. 1997: Vertiefung eines bestimmten Schwerpunktes im Zusammenhang mit dem durchgeführten Projekt: Geschlechtsbezogene Suchtprävention, Kinder brauchen Werte, Genuß und Lebenslust im Kindergarten, Sprache - Kommunikation - Werte - Pro Jahr eine 3tägige Tagung zu speziellen Themen mit ausgewählten ReferentInnen und Arbeitsgruppen zu den relevanten Bereichen: 1994: Kinderwelten - Suchtprävention im Elementarbereich im Rahmen der Europäischen Wochen der Suchtprävention (nicht dokumentiert) 1995: Kleine Zicken - kleine Macker, geschlechtsspezifische Suchtprävention (siehe Anlage) 1996: Kinder brauchen Werte (siehe Anlage) 1997: Willi, Pipi und Huckleberry Finn: Wir geben der Phantasie Flügel (siehe Anlage) Fortbildungen zu speziellen Themen für alle ErzieherInnen der Region, einschließlich der MultiplikatorInnen (Psychomotorik, Ängste bei Kindern, Elternabende, Spiele im Kindergarten, Spielzeugfreier Kindergarten, Kinder aus Suchtfamilien), diese Fortbildungen umfaßten in der Regel 4-6 Tage, verteilt über mehrere Wochen und "Hausaufgaben" für die Zwischenzeiten.

Gibt es eine Zeitplanung für den Wettbewerbsbeitrag?: 

ja, 3 Jahre und mehr