Hamburg

Typ: 
kreisfreie Stadt
Einreichende Dienststelle: 
Behörde für Umwelt und Gesundheit /Fachabteilung Drogen und Sucht G3261
Name des Ansprechpartners: 
Sven Kammerahl
Funktion des Ansprechpartners: 
Fachreferent Suchtprävention, Ambulante Projekte, illegale Drogen
Straße/Postfach: 
Behörde für Umwelt und Gesundheit, Tesdorpfstraße 8; 20148 Hamburg
Postleitzahl: 
20038
Bundesland: 
Hamburg
Telefon des Ansprechpartners: 
040 428482256
Telefax des Ansprechpartners: 
040428482086
E-Mail des Ansprechpartners: 
Sven.Kammerahl@bug.hamburg.de
Internetadresse der Kommune: 
http://www.hamburg.de

Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags

Titel des Wettbewerbsbeitrags

Circusschule "Die Rot(z)nasen"

Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags

Circusschule "Die Rot(z)nasen"
Thadenstr. 147
22767 Hamburg
Fon/Fax: 040/43 25 12 55
e-mail: Michaela-Hille@t-online.de

Die Circusschule "Die Rot(z)nasen" e.V. wurde 1991 von engagierten StudentInnen ins Leben gerufen. Als freizeitpädagogische Einrichtung bietet der Verein Kindern und Jugendlichen von 6 bis 16 Jahren regelmäßigen wöchentlichen Unterricht und Workshops in Circustechniken (z.B. Jonglieren, Drahtseilbalance, Clownerie, Trapez), gemeinsame öffentliche Auftritte (ca. 15 pro Jahr), Mitmachcircus und Wandercircusse. Das Angebot konzentriert sich auf die sozial schwachen Hamburger Stadtteile St. Pauli und Altona und will im Rahmen sinnvoller Freizeitgestaltung jungen Menschen den dringend benötigten Raum für Kreativität, Persönlichkeitsentfaltung und soziale Kontakte bieten.

Circusschule Die Rot(z)nasen

Ein freizeitpädagogisches Angebot für Kinder und Jugendliche in Hamburg

1. Die Zielgruppen

Das Angebot der Circusschule "Die Rot(z)nasen" richtet sich vor allem an Kinder und Jugendliche im Altern von 6 bis ca. 16 Jahren aus den sozial schwachen Hamburger Stadtteilen Altona und St. Pauli (Angebot: Unterricht, Wandercircus), sowie ihre Familien (Angebot: Familienworkshops für Eltern und Kinder).

Mit gezielten Workshops und integrativen Mitmachcircusaktionen erreichen wir außerdem Kinder und Jugendliche aus Asylbewerberunterkünften und anderen sozialen Brennpunkten im Hamburger Stadtgebiet.

MultiplikatorInnen wie LehrerInnen, SozialpädagogInnen etc., die Kindercircus als (freizeit-)pädagogisches Mittel einsetzten möchten bieten wir offene Workshops oder spezielle Angebote auf Anfrage.

2. Das Angebot

A. Regelmäßiger Circusunterricht in drei verschiedenen Altersklassen

Das regelmäßige Unterrichtsangebot besteht zur Zeit aus 4 Gruppen, die sich nachmittags für 2 Stunden zum Training treffen:

Die Rot(z)näschen, 6-9 Jahre, trainieren einmal pro Woche mit 2 Unterrichtsstunden. Die Rot(z)nasen, 9- ca.13 Jahre, trainieren zweimal pro Woche mit 2 Unterrichtsstunden. Die fortgeschrittenen Jugendlichen, ab 13 Jahren, trainieren einmal pro Woche ebenfalls mit 2 Unterrichtsstunden. Jede Gruppe wird von zwei CircuslehrerInnen betreut.

Regelmäßige Stundenprotokolle der Circuslehrer sind die Grundlage der inhaltlichen und pädagogischen Unterrichtsplanung, sorgen für einen Überblick über die Leistungen und das Verhalten der Kinder und ermöglichen die Beobachtung individueller Besonderheiten und Entwicklungen.

B. Circustheater, Shows und Straßenauftritte mit den Vereinskindern

Je nach Saison, Gelegenheiten bzw. Anfragen von außen werden Auftritte auf Straßenfesten, Circusfestivals, Veranstaltungen (z.B. Kindercircusfestival, Zelttheaterwochen), und abendfüllende Shows (z.B. im Hamburger Kulturzentrum Fabrik) durchgeführt.

Die Nummern und Circustheaterstücke werden im Unterricht gemeinsam mit den Kindern entwickelt und geprobt.

C. Wandercircus und Gauklertouren

Jedes zweite Jahr veranstalten wir mit den Vereinsmitgliedern eine 10- bis 12-tägigen Gauklertour mit Zelten, Trecker und Pferdewagen in das Hamburger Umland mit Vorführungen in 3 bis 4 Kleinstädten sowie spontanen Straßenauftritten.

Auslandsreisen zur Begegnung mit anderen Kindercircusses, bisher Kopenhagen und Marseille, waren für die teilnehmenden Kinder absolute Höhepunkte und sollen weiter ausgebaut werden.

Schulcircusprojekt Schule Thadenstrasse

In Kooperation mit der Schule Thadenstrasse (Altona) findet für SchülerInnen der Klassen 3 und 4 ein kostenloses regelmäßiges Nachmittagscircusangebot statt. Für jeweils ein Schuljahr wird mit einer Gruppe von 20 interessierten Kindern eine kleinen Aufführung erarbeitet, die vor allen SchülerInnen, LehrerInnen, Freunden und Eltern präsentiert wird.

D. Mitmachcircus, Workshops und Fortbildungen für Nichtmitglieder

Je nach Anfrage führen wir Mitmachcircusse und Workshops für Kinder und Workshops und Fortbildungen für MultiplikatorInnen (LehrerInnen und SozialpädagogInnen), oft in Zusammenarbeit mit Schulen, Stadtteilzentren und behördlich betreuten Jugendtreffs etc. durch.

Die Eltern der Vereinskinder sind die Mitglieder des Vereins. Sie zahlen z.Z. 40,- bzw. 70,- DM (je nach Alter des Kinder) im Monat. Um das Angebot niedrigschwellig zu halten und auch sozial schwache Familien zu erreichen, wird der monatliche Mitgliedsbeitrag bei Härtefällen verringert.

3. Konzept und Zielsetzung des Projektes

3.1 Die gesellschaftlichen Hintergründe

Kinder und Jugendliche wachsen heute in einer Welt auf, die geprägt ist durch Medienüberflutung, Werteverlust und Auflösung der Familienstrukturen. Besonders Kinder aus sozial schwachen Großstadtvierteln sind oft in ihrer Persönlichkeit stark verunsichert. Ihnen fehlen positive soziale Vorbilder und Kontakte. Sie haben oft nicht gelernt, sich sinnvoll zu beschäftigen, ihre eigenen Stärken zu erkennen und selbstbewusst einzusetzen.

Die zunehmende Gewaltbereitschaft bei jungen Menschen, Gleichgültigkeit und Suchtanfälligkeit sind drohende Anzeichen dafür, dass Kinder und Jugendliche in unserer Gesellschaft nicht genügend Raum und Respekt erfahren, um sich zu selbstbewussten Erwachsenen entwickeln zu können.

Die Sozialisationsinstanzen Familie, Schule und der Freundeskreis sind mit diesen Problemen, so stellen Erziehungswissenschaftler zunehmend fest, überfordert. Die Circusschule "Die Rot(z)nasen" will besonders für Kinder und Jugendliche der Großstadt Abenteuer- und Erlebnisraum schaffen und ihnen helfen, in diesem Schonraum ihre Bedürfnisse zu leben und ein gesundes Selbstbewusstsein aufzubauen.

3.2 Beschreibung des soziales Umfelds

Die Bevölkerungen der Hamburger Stadtteile St. Pauli und Altona weisen einen hohen Anteil an Sozialhilfeempfängern und ausländischen Mitbürgern auf. Viele Kinder und Jugendliche werden von ihren Bezugspersonen vernachlässigt oder haben es aufgrund von Sprachproblemen schwer, soziale Kontakte aufzubauen.

Ein weiteres Großstadtphänomen sind die modernen, oft kinderunfreundlichen Familienstrukturen. Vielen berufstätigen oder alleinstehenden Eltern verbleibt oft wenig Zeit für ihre Kinder. Oder die Kinder pendeln zwischen den getrennt lebenden Elternteilen hin und her und fühlen sich nirgends zuhause. Die Angebote für Kinder und Jugendliche (Spielplätze, Jugendtreffs, Stadtteilzentren) reichen oft nicht aus, um ihren Bedürfnissen gerecht zu werden.

Statistiken der Stadt Hamburg über die Bezirke Altona und St. Pauli mit Hamburg gesamt im Vergleich

 

Altona

St. Pauli

Hamburg gesamt

Ausländeranteil

31,2

30,4

16,1

Sozialhilfeempfänger

12,8

15,3

7,4

Arbeitslose

10,9

13,7

7,5

Quelle: www.hamburg.de, Stand 1999

3.3 Kindercircus als Primärprävention

Primärprävention zielt auf die Erhaltung und Förderung der Gesundheit vor allem durch Erziehungs-, Bildungs- und Aufklärungsarbeit sowie durch Förderung einer sinnvollen Freizeitbeschäftigung.

Der Stärkung der Persönlichkeit von Kindern und Jugendlichen kommt inzwischen ein hoher Stellenwert zu, weil erkannt wurde, dass eine ganzheitliche und früh ansetzende Förderung der Lebenskompetenzen junger Menschen den Missbrauch von Drogen zur Lebensbewältigung deutlich mindert.

Kindercircus als freizeitpädagogisches Angebot bietet Kindern und Jugendlichen eine altersgerechte Auseinandersetzung mit ihren eigenen Fähigkeiten und ihrer Umwelt.
Die Hauptziele dieses Präventionsansatzes sind:

  • Entwicklung von Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen
  • Förderung der Kontakt- und Beziehungsfähigkeit
  • Förderung der Konfliktfähigkeit
  • Entwicklung der Erlebnis- und Genussfähigkeit ohne Drogen.

3.4 Kindercircus als freizeitpädagogisches Konzept

Das ganzheitliche Konzept der Circusschule "Die Rot(z)nasen" will viele Aspekte des menschlichen Daseins ansprechen, die in der Kindheit für das spätere Leben geprägt werden. Im Einzelnen lassen sich fünf Schwerpunkte beschreiben:

A. Stärkung des Selbstbewusstsein

Gerade das spielerische Lernen circensischer Künste wie z.B. Einradfahren, Jonglieren, Clownerie ermöglicht das Entdecken persönlicher Stärken und Schwächen. Die individuellen Besonderheiten der Kinder werden positiv wahrgenommen und fügen sich im Circus zu einem Mosaik einzigartiger künstlerischer Leistungen zusammen. Für die kindliche Selbstachtung gibt es nichts Schöneres als die Anerkennung in der Gruppe und den Applaus des Publikums.

B. Körperliche Bewegung und Förderung der Psychomotorik

Die motorische und psychische Entwicklung stehen bei Kindern in enger Wechselwirkung zueinander. Besonders Stadtkinder können ihren natürliche Bewegungsdrang oft nicht ausleben und sind in ihrem emotionalen Ausdrucksvermögen gehemmt. Circus fördert die Sinneswahrnehmung und vermittelt die wichtige Fähigkeit, Bewegungshandlungen steuern und miteinander koordinieren zu können.

C. Sucht- und Kriminalitätsprävention

Kinder und Jugendliche greifen oft aus Langeweile zu Drogen oder suchen den letzten Kick in der Kriminalität. Auch Videos, Fernsehen und Computerspiele können ihr Bedürfnis nach authentischem Erleben und Abenteuer nicht ersetzen. Circus fordert Fantasie, Geschicklichkeit und das Zulassen von Gefühlen. Beim Jonglieren mit dem Feuer z.B. liegen Mut und Angst nah beieinander. Im Circus machen Kinder rauschhafte Erfahrungen, sogenannte "flow"-Erlebnisse, und lernen dabei Alternativen zum Gebrauch von Drogen kennen.

D. Soziales Lernen

Nicht nur Partnerübungen und Circusnummern erfordern ein hohes Maß an gegenseitiger Sensibilität und Aufmerksamkeit. Und die Aufführungen klappen nur, wenn alle mit anfassen und sich als Teil der Gruppe verstehen.

E. Begegnung von Kulturen

In der Circuswelt sind Sprache, Hautfarbe, Alter und Größe eine Bereicherung der Gemeinschaft. Unsere integrativen Aktionen mit Kindern aus Asylbewerberheimen zeigen, dass sich Kinder verschiedener Kulturen im Circus auf spielerische Weise mit viel Neugier und Respekt annähern.

Auf unseren Circustouren nach Dänemark und Frankreich erfahren die Rot(z)nasen selbst, was es bedeutet, in einer Kultur fremd zu sein. Im Training mit ortsansässigen Circusschulen und bei Straßenauftritten lernen sie, Kontakte zu knüpfen und erleben die Gepflogenheiten des Gastlandes. Der Verein unterhält Kontakte mit den Kindercircusschulen "Cirqu'en Bulles", "S.C.O. - Sainte Marguerite" (Frankreich), "Tryllehaven" und "Vildskud" (Dänemark).

Das spielerische Erlernen und anschließende Beherrschen von Circustechniken, die aufregenden öffentlichen Auftritte und das intensive Gemeinschaftsgefühl bei gemeinsamen Aktionen sind elementare Erfahrungen, die das Selbstverständnis und ein positives Weltbild der Kinder und Jugendlichen nachhaltig prägen.

Der ganzheitliche Ansatz der "Rot(z)nasen" geht weit über den Spaß an der Sache und über die akute Hilfe bei körperlichen und sozialen Schwächen hinaus. Kinder und Jugendliche können bei den Rot(z)nasen lernen, ihre Freizeit sinnvoll und mit viel Spaß zu gestalten und für sich und andere Verantwortung zu übernehmen (Sucht und Gewaltprävention). Die Erlebnisse und Rituale sind außerdem grundlegende Kindheitserfahrungen, die sich langfristig positiv auf die geistige und soziale Entwicklung der jungen Menschen auswirken.

5. Potentialabschätzung

5.1 Freizeitpädagogische Angebote in St. Pauli und Altona

Es bestehen in den o.g. Hamburger Stadtteilen verschiedene freizeitpädagogische Angebote für Kinder und Jugendliche:

  • Sportvereine, Jugendtreffs, Stadtteilzentren und öffentlichen Spielplätze.

Sie sprechen verschiedene Bedürfnisse der Zielgruppe an:

  • Bewegung und Gemeinschaft (Sportvereine, Spielplätze) sowie
  • Freizeitbeschäftigung und soziale Kontakte (Jugendtreffs, Stadtteilzentren).

Vorteile dieser Institutionen sind die

  • z.T. regelmäßige Erreichbarkeit für ihre Klientel (z.B. Stadtteilzentren, Spielplätze)
  • feste Strukturen (z.B. Sportvereine)
  • professionelle AnsprechpartnerInnen bei Problemen und Konflikten (SozialarbeiterInnen im Jugendtreff etc.)

Nachteile der Angebote

  • Die Angebote stehen i.d.R. fest ohne Möglichkeiten der Mitgestaltung durch die Kinder und Jugendlichen
  • Die Angebote sind i.d.R. zeitlich begrenzt auf wenige Stunden
  • Keine Einbindung der Eltern
  • Veraltete Angebote (Sportvereinen bieten oftmals keine Trendsportarten wie Hip-Hop, Breakdance o.ä.)
  • Vernachlässigte Freizeitanlagen (Spritzen und Hundekot auf Spielplätzen, defekte Spielgeräte etc.)
  • Sie sprechen nur einzelne Aspekte an (Bewegung oder Musik oder Soziales)
  • Sie können den Bedarf der Kinder und Jugendlichen quantitativ und qualitativ nicht ganzheitlich decken

5.2 Differenzierungsmerkmale der Circusschule Die Rot(z)nasen

Die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen nach Bewegung, Gemeinschaft, Freizeitbeschäftigung und sozialen Kontakten bedient die Circusschule "Die Rot(z)nasen" ähnlich wie die o.g. Institutionen: Beim Jonglieren, Akrobatik, Spielen etc. können sich die Kinder- und Jugendlichen austoben. Sie lernen Gleichaltrige kennen und teilen mit ihnen ein Hobby. Direkte professionelle Hilfe durch Sozialarbeiter und Pädagogen kann und will die Circusschule dagegen nicht leisten.

Das Angebot der Circusschule "Die Rot(z)nasen" unterscheidet sich in zwei grundlegenden Voraussetzungen von den anderen Angeboten: Ganzheitlichkeit und Gemeinschaft.

GANZHEITLICHKEIT

A. Anerkennung der persönlichen Erfolgserlebnisse auf drei Ebenen

Beherrscht ein Kind die Circustechnik z.B. Einradfahren, so wird es im Unterricht (1) vom Betreuer und den Gruppenmitgliedern gelobt. Alle Kenntnisse der Kinder und Jugendlichen werden bei regelmäßigen Auftritten (2) auf der Straße, bei Veranstaltungen oder im eigenen Zelt der Öffentlichkeit präsentiert. Dabei steht der Spaß am Zeigen vor der perfekten Aufführung!

Damit zeigen die jungen Künstler nicht nur ihren (3) Eltern, Lehrern und Freunden, was sie können, sondern haben auch dem Mut, sich einem fremden Publikum zu stellen. Für die kindliche Selbstachtung gibt es nichts Schöneres als den Applaus des Publikums.

B. Mitgestaltung und Kreativität

der Kinder und Jugendlichen sind die Grundlage für den Unterricht und die Aufführungen. Alle Circusnummern und Showprogramme werden zusammen mit den Kindern und Jugendlichen entwickelt und ausgearbeitet. Dabei können sie ihren Träume und Wünschen Ausdruck verleihen und pubertäre Probleme (Schüchternheit, Verliebtheit etc.) spielerisch umsetzen (z.B. mit Partnerübungen oder selbst erdachten Geschichten). Die Kinder sollen sich ernst- und wahrgenommen fühlen anstatt lediglich zu konsumieren.

C. Selbsterfahrung im sozialen Kontext

Die Wahrnehmung der persönlichen Leistungen wird durch die Bestätigung von außen und die Beteilung der Kinder und Jugendlichen an der Gestaltung und Organisation der Circusaktivitäten bestärkt. Der persönliche Erfolg steht immer im Zusammenhang der gesamten Gruppe. Eine akrobatische Partnerübung etwa erfordert ein sensibles und koordiniertes Miteinander. Und große Aufführungen funktionieren nur, wenn sich alle an die Regeln halten und kräftig mithelfen.

GEMEINSCHAFT

"Die Rot(z)nasen" sind mehr als ein Verein. Sie haben was von Familie. Dies gilt vor allem für die Kinder, aber auch für die Eltern", schreibt ein Elternpaar in der neuen Broschüre des Vereins. Besonders die jährlichen Wandercircustouren sind ein großes Abenteuer der Gemeinschaft.

Beispiel Wandercircus: Mit Circuswagen, Schlafzelten, Traktor, Fahrrädern und dem circuseigenen Zelt gehen die Rot(z)nasen regelmäßig auf Wandercircustournee. Für ein bis zwei Wochen ziehen sie durch die Dörfer und Städte im Hamburger Umland oder begeben sich auf Gauklerfahrt nach Frankreich und Dänemark. Planung, Organisation und Durchführung übernehmen die Kinder, ihre Eltern und die Betreuer gemeinsam. Dabei lernen und erfahren die Kinder und Jugendlichen:

A. Verantwortung für sich selbst und für die Gruppe

Beim Wandercircus müssen sich die Kinder und Jugendlichen als Großgruppe organisieren und als Gemeinschaft beweisen. Sie sind an den Reisevorbereitungen beteiligt und müssen auf der Tour gemeinsam alltägliche Aufgaben wie Kochen, Waschen, Zelte auf- und abbauen und die Koordination der Auftritte bewältigen. Dafür müssen alle Verantwortung übernehmen, miteinander kommunizieren und Konflikte konstruktiv lösen.

B. Geborgenheit und Freundschaft

Mit einer Mitgliederzahl von ca. 50 Kindern und Jugendlichen ist die Circusschule "Die Rot(z)nasen" überschaubar. Jeder kennt jeden und alle organisatorischen und kreativen Aufgaben sollen gemeinsam bewältigt werden. Besonders durch die gemeinsamen Reisen entstehen in einem geschützten Rahmen Vertrauensstrukturen und intensive Freundschaften zu anderen Kindern, aber auch zu den Betreuern und den begleitenden Eltern.

C. Familienanschluss und Freiwilligenarbeit

Eine wichtige Säule bei den Rot(z)nasen ist die freiwillige Mitarbeit der Eltern. Ohne ihre organisatorische und personelle Unterstützung würde der Verein nicht auskommen. Es gibt regelmäßige Reparaturwerkstätten (Reparaturen von Requisiten, Kostüme nähen etc.) und Elternstammtische zum Kennen lernen und Organisieren der Auftritte und Reisen. Durch ihre Beteilung an der Vereinsarbeit, ihrem Engagement und den gemeinsamen Wandercircusreise nehmen die Eltern Teil an der Welt ihrer Kinder und erfahren eine neue Qualität des Familienlebens.

"Wir fühlen uns in unserer Erziehungsarbeit unterstützt" ist ein Satz, den wir oft von den Eltern hören.

6. Ausblick

Prognosen und Einschätzungen von Sozialwissenschaftlern und Pädagogen bestätigen, dass sich die genannten Probleme (Armut, Vereinsamung ...) für Kinder und Jugendliche weiter verschärfen werden. Außerdem haben die bestehenden Sozialisationsinstanzen wie Schule und Familie immer weniger Einfluss auf die jungen Menschen. Ihre Möglichkeit, Sicherheiten und Strukturen zu vermitteln bzw. die grundlegenden Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen zu befriedigen, werden weiter abnehmen.

Die Circusschule "Die Rot(z)nasen" e.V. bietet z.Z. in seinen kontinuierlichen Gruppen ca. 50 Kindern und Jugendlichen einen Platz. Hinzu kommen verschiedene zeitlich begrenzte Projekte, wie Wandercircus, Mitmachcircusse und Workshops. In den letzten 10 Jahren haben ca. 600 Kinder und Jugendliche die Angebote der Rot(z)nasen wahrgenommen.

Das außerordentlich große Bedürfnis nach sinnvoller Freizeitbeschäftigung zeigt sich immer wieder an der starken Nachfrage der Angebote und der Mitgliedschaft im Verein "Die Rot(z)nasen". Und obwohl in den letzten Jahren wegen des hohen Bedarfs in Altona weitere Circusschulen (z.B. Mignon, TriBühne ...) gegründet wurden, stehen bei allen Circussen jeweils mehr als hundert Kinder auf der Warteliste für einen Platz.

Fragen zum Wettbewerbsbeitrag

Welche Ziele werden mit dem Wettbewerbsbeitrag angestrebt?: 
  • einen suchtmittelfreien Lebensstil zu fördern
Gibt es Minimalziele?: 

ja, Kinder und Jugendliche sollen bei den Rot(z)nasen Selbstbwusstsein, Selbstständigkeit, Verantwortungsgefühl und soziale Kompetenzen entwickeln, die sie in ihren Alltag

Von wem ist die Initiative für Ihr Präventionsprojekt ausgegangen?: 
  • private Initiative
Wenn sich Ihr Wettbewerbsbeitrag an Kinder und Jugendliche richtet, wurden dieses Zielgruppen in die Entwicklung des Angebots ei: 

ja, folgendermassen: Die Form des nachmittäglichen Unterrichts (je 2 Std.) wurde vorgegeben. Sofern die Kapazitäten der Circustrainer es zulassen, wird das Angebot der Nachfrage der Kinder angepasst. So wurden aufgrund vielfachen Wunsches im Mai 1994 eine Nachwuchsgruppe für 6- bis 9-Jährige, die Rot(z)näschen, eingerichtet. Die inhaltliche Mitgestaltung des Unterrichts und der Circusnummern ist wichtiger Bestandteil der freizeitpädagogischen Arbeit. Fantasie und Kreativität haben Vorrang vor Leistung und Perfektion. Äußern Kinder den Wunsch, eine eigene Circusnummer zu entwickeln oder bestimmte Circustechniken zu lernen, so werden diese Anregungen von den AnleiterInnen unterstützt und nach Möglichkeit in den Unterricht einbezogen. Ebenso erarbeiten die TrainerInnen gemeinsam mit den Kindern pro Jahr ein Circus-theaterstück. Hier werden Ideen und Wünsche der Kinder berücksichtigt und gemeinsam mit den Kindern in Rollen, Nummern und Geschichten umgesetzt.

Welche Gründe waren für die Auswahl der Zielgruppe ausschlaggebend?: 

Zunächst richtete sich das Angebot an 9- bis 16-jährige Jugendliche in St. Pauli und Altona, da hier der Bedarf dieser Altersgruppe an erlebnis- und bewegungsorientierter Freizeitgestaltung als besonders hoch eingeschätzt wurde. Die Möglichkeiten, beim Erlernen von Circustechniken die eigenen Grenzen und Stär-ken auszuprobieren und die Fertigkeiten anschließend in Auftritten vor fremdem Publi-kum darstellen zu können, bieten gerade dieser Altersgruppe Raum, ihre eigene Per-sönlichkeit zu entdecken und ihre Wirkung und Bedeutung im sozialen Kontext zu er-proben. Der spielerische Aspekt der Circusarbeit sprach besonders jüngere Kinder an, so dass 1994 aufgrund der großen Nachfragen eine Kindergruppe (die Rot(z)näschen) für 6- bis 9-Jährige eingerichtet wurde.

Wie wird sichergestellt, dass die Zielgruppe sich beteiligt?: 

Bereits seit Beginn des Unterrichtsangebots stießen wir auf großes Interesse und Neu-gier bei den Kindern und Jugendlichen. Die drei wöchentlichen Kurse sind sehr gut be-legt. Frei werdende Plätze können problemlos sofort vergeben werden. Seit ca. 6 Jah-ren stehen auf der Warteliste regelmäßig mindestens hundert (!) Kinder, die in den Ver-ein eintreten möchten. Zum Ausgleich bieten wir in regelmäßigen Abständen offene Schnupperkurse und Workshops an. Angesichts dieser großen Resonanz gibt es keinen gesonderte Ansprache der Ziel-gruppe. Die öffentlichen Auftritte der Circusschule und die Mundzumundpropaganda unter Kindern und Eltern sorgten bisher für eine hohen Bekanntheitsgrad.

An welchen Bedürfnissen der Zielgruppe wird angeknüpft?: 

Bedürfnis nach sozialer Anerkennung von Gleichaltrigen und Erwachsenen Die Circusschule Die Rot(z)nasen bietet ein Stück Geborgenheit in einem geschützten Rah-men, wo jede/r akzeptiert wird, wie sie/er ist, unabhängig davon, was sie/er kann oder nicht kann. Bei öffentlichen Auftritten können die jungen Künstler wiederum ihren Eltern, Ver-wandten und Lehrer zeigen, was in ihnen steckt. Bedürfnis, kindliche/pubertäre Probleme zu artikulieren In einzelnen Circusnummern und in den Circustheaterstücken, an deren Entwicklung die Kinder maßgeblich beteiligt sind, können Themen wie Cool sein, Ängste, Sexualität, Konflikte etc. spielerisch umgesetzt und so ein Stück verarbeitet werden. Bedürfnis nach dem Kennen lernen des eigenen Körpers Jede Circustechnik fordert die Körper- und Sinneswahrnehmung auf ganz spezifische Weise und förderte die Fähigkeit, Bewegungshandlungen miteinander koordinieren zu können. Für akrobatische Partnerübungen muss man z.B. eine hohe Sensibilität nicht nur für den eige-nen, sondern auch für den Körper des Partners entwickeln und lernen, die eigene Kraft ge-zielt einzusetzen. Bedürfnis nach Spiel und Toben Im Unterricht werden viele Spiele und Tanz- und Theaterimprovisationen angeboten, bei denen die Kinder ihren Bewegungsdrang ausleben und ihre Spannungen abbauen können. Bedürfnis nach Gemeinschaft Die Rot(z)nasen sind eine relativ überschaubare Gruppe mit ca. 50 Kindern und Jugendli-chen mit hohem Identifikationswert. Kinder und CircuslehrerInnen kennen sich alle persön-lich. Prinzipiell werden die Kinder an der Organisation und inhaltlichen Gestaltung der Auftritte und des alljährlichen Wandercircusses beteiligt, so dass sie sich als wichtiges und aktives Mitglied der Gemeinschaft erfahren.

Wenn der Wettbewerbsbeitrag sich an Multiplikatoren richtet, welche sind das?: 
  • Eltern (Mütter/Väter)
  • Erzieher / Erzieherinnen
  • Gleichaltrige / Peers (Schwerpunkt)
  • Lehrer / Lehrerinnen
  • Sozialarbeiter / Sozialarbeiterinnen
  • Sozialpädagogen / Sozialpädagoginnen
Zielt der Wettbewerbsbeitrag auf spezielle Substanzen? : 

nein

Auf welche Handlungsfelder der kommunalen Suchtprävention zielt der Wettbewerbsbeitrag?: 
  • Schulen
  • Sonstige Freizeitaktivitäten (Schwerpunkt)
Welche Ämter/Dienstellen der Stadtverwaltung kooperieren in Ihrem Wettbewerbsbeitrag?: 
  • Jugendamt
  • Kulturbehörde
Welche Institutionen/Akteure ausserhalb der Verwaltung sind darüber hinaus in die Organisationsstruktur Ihres Wettbewerbsbeitrag: 
  • andere Vereine
  • Freie Träger
  • Kirchliche Einrichtungen
  • Private Spender / Sponsoren
  • Schule
Welche überörtlichen Institutionen/Akteure sind in die Organisationsstruktur Ihres Wettbewerbsbeitrags eingebunden? : 
  • Deutsch-Französisches Jugendwerk
Wie ist die Zusammenarbeit geregelt?: 
  • Fallweise Kooperation im Bedarfsfall
In welchem Jahr wurde mit der Entwicklung Ihres Wettbewerbsbeitrags begonnen?: 

1990

Seit wann ist besteht sein Angebot in der Praxis?: 

1991

Die Finanzierung in den kommenden vier Jahren ist:: 

offen

Setzen Sie in Ihrem Beitrag Verfahren der Suchtprävention ein, die in Ihrer Kommune neu sind?: 

ja, siehe Selbstdarstellung Punkt 5

Sprechen Sie mit Ihrem Beitrag in Ihrer Kommune neue Zielgruppen der Suchtprävention an?: 

nein

Welche anderen Neuerungen der Suchtprävention in Ihrer Kommune enthält der Wettbewerbsbeitrag darüber hinaus? : 

siehe Selbstdarstellung Punkt 5

Gibt es eine schriftliche Konzeption der Suchtprävention in Ihrer Kommune?: 

ja,

Sind eigene Bedarfserhebungen für die Bestimmung der Zielgruppe der Suchtpävention angefertigt worden?: 

nein

Welchem konzeptionellen Modell lässt sich der Wettbewerbsbeitrag nach seinem Schwerpunkt zuordnen?: 
  • Förderung von Alternativen zum Substanzmissbrauch
  • Konzept der Lebenskompetenzförderung
Auf welche Ansatzpunkte beziehen sich die Präventionsmassnahmen?: 
  • Protektive Faktoren, Selbstwertgefühl, Erkennen persönlicher Stärken und Grenzen, Kreativität und Fantasie, Verantwortung für sich und andere, soziale und interkulturelle Kompetenz
Welche Materialien und Medien kommen zum Einsatz?: 

Circusmaterial wie z.B. Einräder, Trapez, Stelzen, Jonglierausrüstung (Keulen, Bälle etc.), Laufkugeln, Kostüme etc.

Welche Fortbildungsangebote für die Multiplikatoren werden angeboten?: 

Ca. zwei mal pro Jahr werden in der Fabrik Altona Wochenendworkshops für LehrerInnen, SozialpädagogInnen etc. angeboten, in denen jeweils eine oder zwei Circustechniken erlernt und entsprechende Gestaltungsmöglichkeiten mit den Geräten/Fähigkeiten vermittelt werden.

Gibt es eine Zeitplanung für den Wettbewerbsbeitrag?: 

nein

Wie gross ist die Anzahl der regelmäßig teilnehmenden Personen der Zielgruppe?: 

50