Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
Titel des Wettbewerbsbeitrags
Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
Key-Person-Projekt für junge drogenabhängige Aussiedler
1. Ausgangslage und Problemstellung
Der Landkreis Emsland hatte bis zum 01.03.1996 einen überproportional hohen Zuzug von Aussiedlern (überwiegend aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion) zu verzeichnen. Der Spätaussiedleranteil an der Bevölkerung im Landkreis Emsland beträgt zurzeit 7,02%, d.h. über 21.000 von rund 302.000 Einwohnern sind Aussiedler.
Der Zuzug erfolgte in regionale Ballungsbereiche.
Die Samtgemeinden Werite (17,36%), Spelle (12,64%), Freren (9,1%), Lathen (8,79%), Nordhümmling (8,72%), Sögel (8,29%) und auch die Stadt Lingen (7,89%) haben einen besonders hohen Aussiedleranteil.
Die hohe Zahl von Spätaussiedlern hatte große Auswirkungen auf das öffentliche Leben und war eine besondere Herausforderung für den Landkreis Emsland und die Kommunen.
Viele Eingliederungs- und Hilfemaßnahmen, die der Landkreis Emsland gemeinsam mit den Gemeinden, den Bildungsträgem sowie den Arbeitsämtern, Kirchen etc. durchführte, halfen das Problem zu entschärfen. Durch intensive und umfassende Beratungs- und Fortbildungsmaßnahmen wurden viele Aussiedler in den 1. Arbeitsmarkt vermittelt. Die Arbeitslosenquote bei den Aussiedlern ist geringer als die bei der Gesamtbevölkerung.
Rund 50% der aufgenommenen Spätaussiedler sind jünger als 25 Jahre. Das ist ein Gewinn für den Landkreis Emsland und gleichzeitig eine Verpflichtung, den Jugendlichen eine Perspektive für eine erfolgreiche Zukunft in der Gesellschaft zu verschaffen.
Umfangreiche Sprachfördermaßnahmen für junge Aussiedler haben auch da ihre Wirkung, insbesondere in schulischer und beruflicher Hinsicht nicht verfehlt. Es gibt aber immer noch eine hohe Zahl junger Aussiedler ohne Schul- und Berufsausbildung; viele haben unqualifizierte und befristete Arbeitsplätze bzw. sind arbeitslos.
Die sprachlichen Schwierigkeiten stellen häufig die stärkste Barriere dar. Aussiedlerjugendliche zeigen starke Tendenzen unter sich zu bleiben, sie haben oft Hemmungen, sich nach außen zu öffnen, häufig sind sie nicht in der Lage, neue Sozialkontakte aufzunehmen. Die teilweise Ghettoisierung in russischsprechenden Gruppen verzögert und erschwert wiederum den notwendigen Spracherwerb und die soziale Integration. Mangelnde Sprachkenntnisse sind unter anderem auch ein Grund für eine alarmierende Entwicklung, nämlich die überproportionale Zunahme der Zahl drogenkonsumierender und -abhängiger Aussiedler in den letzten Jahren. Im Landkreis Emsland sind zwischen 300 -350 jugendliche Aussiedler drogenabhängig.
Hier sah der Landkreis Emsland einen erheblichen Handlungsbedarf.
2. Allgemeine Konzeption
Es war zu konstatieren, dass das Konzept der Suchtprävention und Beratung des Landkreises Emsland diesen Personenkreis kaum anspricht, da sie eine andere Mentalität haben. Die Institutionen der Sucht- und Drogenhilfe waren den Aussiedlerjugendlichen und ihren Eltern meist unbekannt bzw. für sie schwer durchschaubar. Die Drogenhilfe wurde oft mit Ämtern bzw. Behörden gleichgesetzt, was bei ihnen großes Misstrauen erzeugte. Wenn Aussiedler das Angebot der Beratungs- und Behandlungsstellen auch in Anspruch nahmen, verstanden sie das Hilfesystem oft nicht richtig. Insofern sahen wir die Notwendigkeit, entsprechend geschulte Aussiedlerpädagogen in diese Arbeit einzubinden.
Im Mai 2001 wurden beim Landkreis Emsland zwei Stellen für das "Key-person-Projekt" für junge drogenabhängige Aussiedler eingerichtet. Vereinfacht gesagt ist es ein Modellversuch, junge drogenkonsumierende und -abhängige Aussiedler und deren Familien, die sich nicht trauen, das Sucht- und Drogenhilfesystem in Anspruch zu nehmen oder die Institutionen dieser Hilfe nicht kennen, durch sogenannte Schlüsselpersonen, die selber Aussiedler sind und sich in beiden Systemen auskennen sowie die deutsche und russische Sprache beherrschen, zu erreichen.
Die Fachkräfte suchen junge suchtmittelkonsumierende Aussiedler vor Ort auf, stellen zu ihnen und ihren Familien Kontakt her, versuchen ein Vertrauensverhältnis aufzubauen, beraten sie, unterstützen sie bei Kontakten zu Behörden, zur Sucht- und Drogenberatung, bei schulischer oder beruflicher Orientierung, bringen diejenigen, die sich für eine Therapie entschieden haben, zur stationären Entgiftung und anschließend in die Therapieeinrichtung, helfen bei sonstigen Schwierigkeiten, die der Drogenkonsum mit sich bringt.
3. Begleitung und Nachsorge
Der Suchtkrankenberater/Suchtkrankenhelfer begleitet während der Therapie den Klienten, um zu ihm aber auch insbesondere zum Therapeuten Kontakt zu bekommen, damit die Nachsorge frühzeitig eingeleitet werden kann. Nach der Entlassung aus der Therapie wird der Klient durch den Suchtkrankenberater/Suchtkrankenhelfer und einen breitgefächerten Netz von ehrenamtlichen Suchtkrankenhelfern betreut. Die Nachsorge im Emsland ist hervorragend durch die hauptamtlichen Suchtkrankenhelfer und speziell im Suchtbereich ausgebildeten ehrenamtlichen Helfer geregelt.
Sprachkenntnisse und die Kenntnisse des soziokulturellen Hintergrundes dieser Schlüsselpersonen machen die Arbeit wesentlich einfacher. Es bedarf aber mehr russisch sprechender Kräfte, um die Zielgruppe der suchtmittelkonsumierenden Aussiedler verstärkt zu erreichen und vor Ort Suchtprävention zu machen.
Es gab aber zu wenig mit der Suchtproblematik vertraute Personen. Aus diesem Grund wurden 14 Fachkräfte (davon 11 Aussiedler) flächendeckend aus verschiedenen Gemeinden des Emslandes, die in der Jugend- und Aussiedlerarbeit tätig sind, zum Suchtkrankenhelfer ausgebildet. Diese Schulung wurde mit 120 Unterrichtsstunden angesetzt und von den Mitarbeitern der Sucht- und Drogenberatung des Diakonischen Werkes Emsland durchgeführt.
Inhalte der Weiterbildung waren u.a. Beschreibung und Wirkung verschiedener Suchtmittel, Abhängigkeitserkrankungen und ihre Behandlungsformen, rechtliche Grundlagen, Gesprächsführung, Erklärungs- und Hilfeansätze in der Drogenarbeit, das Hilfesystem in Deutschland.
Zugleich orientierte sich die Ausbildung an den Bedürfnissen und Sachfragen der Teilnehmer. Im Anschluss an diese Schulung sollen weitere Fortbildungsseminare stattfinden.
Dieser Kurs hat eine weitere, noch engmaschigere Vernetzung verschiedener Institutionen ermöglicht und zu einer guten Zusammenarbeit der Teilnehmer geführt. Die meisten drogenabhängigen Aussiedler haben die erste Bekanntschaft mit Drogen in Deutschland gemacht. Ihr Wissen über die Folgen und Gefahren des Drogenkonsums war sehr gering, sie hatten kaum eine Hemmschwelle bezüglich des Konsums jeglicher illegaler Drogen und sind somit sehr schnell mit "harten" Drogen in Kontakt gekommen und bereits nach kurzer Zeit massiv abhängig geworden. Auch die Eltern von süchtigen jugendlichen Aussiedlern wissen in der Regel über die Abhängigkeit und deren Folgen und die Möglichkeiten der Abhilfe schlecht oder gar nicht Bescheid.
Deshalb wurde dafür im Suchtkrankenhelferkurs Informationsmaterial in russischer Sprache entwickelt, dass durch inhaltliche Gestaltung die Betroffenen und deren Angehörigen (insbesondere die Eltern und hier speziell die Mütter) besonders ansprechen soll. Dieses Material wurde gedruckt und ist in allen Städten und Gemeinden, Berufsschulen, Kirchen etc. zugänglich gemacht worden. Schnell vergriffen werden die Flyer in russischsprachigen Geschäften, wo unsere Zielgruppe sich vielfach aufhält.
4. Kooperation / Vernetzung
Ein weiteres Anliegen des Projektes ist die Zusammenarbeit mit allen Partnern, die bei der Integration der Jugendlichen/jungen Erwachsenen mitwirken, damit eine eventuelle Suchtgefährdung frühzeitig erkannt wird. Durch entsprechende Gespräche und Aufklärung wird interveniert, um bei erstauffälligen Drogenkonsumenten die Drogenkarriere zu verhindern. Das sind hier u.a. Serviceagentur für Beschäftigung und Beratung des Landkreises Emsland, Jugendgemeinschaftswerk, Schulen, Jugend- und Sozialämter, Bildungsträger, der Caritasverband und das Diakonische Werk.
Da die Arbeitslosigkeit bei vielen Jugendlichen zum vermehrten Konsum von Alkohol und Drogen führt, versucht der Landkreis Emsland, die arbeitslosen Jugendlichen in Zusammenarbeit mit der Serviceagentur für Beschäftigung und Beratung, der Berufsberatung, Arbeitsvermittlung, den Bildungswerken, Jugendwerkstätten, Jugendberufshilfe etc. in Beschäftigung zu bringen und so nachhaltig zu integrieren.
Diese Arbeit ist auch für Jugendliche, die eine Therapie abgeschlossen haben oder eine Entgiftung gemacht haben sowie während bzw. nach der Substitution von großer Bedeutung, da die Integration der suchtmittelabhängigen Aussiedler in das Erwerbsleben eine Verbesserung ihrer gesamten Lebenssituation herbeiführt und langfristig ein Leben ohne Suchtmittel ermöglicht.
5. Erste Projekterfolge
Durch die enge Vernetzung der Key-Persons mit den hiesigen Hilfesystemen sowie durch den engen Kontakt zu den Suchtmittelabhängigen ist es gelungen, zu einer Vielzahl der Aussiedler ein enges Kontakt- und Hilfeverhältnis aufzubauen. Die Key-Person hilft den Aussiedlern, die bisher nicht erreicht wurden, und vermittelt sie in eine entsprechende Therapie (ambulant u. stationär). Die Zahl der von den Key-Person betreuten Personen liegt höher als 50% der suchtmittelabhängigen Aussiedler. Der Aufbau einer Selbsthilfe- und Elterngruppe ist in Vorbereitung.
Es kann erwartet werden, dass wir in absehbarer Zeit das Problem mit den suchtmittelabhängingen Aussiedlern im Landkreis Emsland in den Griff bekommen.
Fragen zum Wettbewerbsbeitrag
- den Einstieg in den Konsum von Suchtmitteln zu verhindern bzw. hinauszuzögern
- den frühzeitigen Ausstieg aus riskanten Konsummustern zu fördern
- einen suchtmittelfreien Lebensstil zu fördern
- Integration der suchtmittelabhängigen Aussiedler in das Erwerbsleben
nein
- Verwaltung
nein
Hohe Suchtmittelabhängigkeit junger Aussiedler
Diese Gruppe ist schwierig einzubeziehen. Da sie über mangelnde/schlechte Deutschkenntnisse verfügen, wurden als Sozialarbeiter zwei pädagogisch ausgebildete Aussiedler eingestellt, die die Sprache der Betroffenen sprechen und insbesondere ihre Mentalität kennen.
Die Familie hat bei Aussiedlern einen hohen Stellenwert. Ca. 90% der Suchtmittelkonsumenten leben bei ihren Eltern.
- Ärzte / Ärztinnen
- Ausbilder / Ausbilderinnen
- Eltern (Mütter/Väter) (Schwerpunkt)
- Fachöffentlichkeit
- Jugendarbeiter / Jugendarbeiterinnen
- Kirchengemeinden
- Kursleiter / Kursleiterinnen
- Lehrer / Lehrerinnen
- russische Kaufhäuser (deren Verkäufer)
- Sozialpädagogen / Sozialpädagoginnen
- Sportvereine
ja, auf
- Betriebe und Ausbildungsstätten
- Gesundheitsförderung
- Jugendarbeit und Jugendhilfe (Schwerpunkt)
- Musikszenen und Jugendkultur
- Schulen
- Sportvereine
- Gesundheitsamt
- Jugendamt
- Sozialamt (federführend)
- andere Vereine
- Betriebe / Ausbildungsstätten
- Freie Träger
- Institutionen bzw. Fachkräfte der Suchtprävention
- Kirchliche Einrichtungen
- Polizei
- Sportvereine
2000
2001
Das Projekt ist zunächst auf drei Jahre befristet. Eine Fortführung ist geplant.
gesichert
ja, Einsatz von Key-Personen und Ausbildung von 14 Suchtkrankenhelfern.
keine Antwort
Spezielles Eingehen auf die Bedürfnisse und Gefühle der jungen Aussiedler. Die Familie (insbesondere Mütter) haben bei den Aussiedlern einen ganz anderen, hohen Stellenwert.
ja, 2000
ja, Überproportionaler Hartdrogenkonsum bei jungen Aussiedlern.
- Förderung von Alternativen zum Substanzmissbrauch
- Informationsvermittlung
- Konzept der Gesundheitsförderung
- Konzept der Lebenskompetenzförderung
- Spezielle Familienarbeit
- Andere, Kennenlernen des Hilfesystems in Deutschland. Stärkung der Familie. Ausbau der Netzwerke.
Gruppenarbeit, Sportvereinsarbeit, Flyer, Zeitungen, Gemeindehefte
Suchtkrankenhelfer, Seminare
ja, bis zu 3 Jahre
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