Ausgangslage:
Die Statistik der Suchtberatungsstellen zeigt, dass der Kontakt zur Suchtberatung erst im späten Erwachsenenalter erfolgt, wenn bereits eine schwere Abhängigkeitserkrankung vorliegt. In den meisten Fällen ist ein suchtmittelfreies Leben nicht mehr möglich. Zudem kommen Risikogruppen, wie Kinder suchtkranker Eltern, kaum in den Beratungsstellen an. Hierzu gehören Kinder aus suchtkranken Familien, die zu 30-40% gefährdet sind, selbst an einer Sucht zu erkranken. Sowie auch Jugendliche, die bereits sehr früh einen riskanten und besorgniserregenden Konsum von Suchtmitteln aufzeigen.
Zielsetzung
Um junge Menschen und deren Eltern frühzeitig in ihren Lebenswelten zu erreichen sowie deren Lebens- bzw. Erziehungskompetenzen zu stärken, müssen Angebote der Suchthilfe weiterentwickelt werden. Als ein zentraler Handlungsort kann das System Schule benannt werden. Hier steht die lebensweltorientierte Vernetzung von Präventions- und Beratungsangeboten zwischen dem schulischen Kontext und der Suchthilfe im Vordergrund. Mit Hilfe eines Projektes, beginnend an zwei Modellschulen, sollen die schulischen Strukturen nachhaltig verändert und Hemmschwellen zur Suchtberatung abgebaut werden.
Mit dem Modellprojekt "Suchtberatungsstellen an den Schulen" sollen Erkenntnisse für allgemeine Handlungsempfehlungen zur Suchtpräventions- und Beratungsarbeit an Schulen erschlossen werden. Mit dem Schuljahr 2011/12 wurden zwei sozialpädagogische Fachkräfte aus der Suchthilfe mit jeweils 25% an den zwei Modellstandorten Elly-Heuss-Knapp-Grund- und Hauptschule und Staufenbergschule eingesetzt. Mit einem städtischen Zuschuss in Höhe von 30.000 Euro wird das Projekt jährlich für insgesamt vier Jahre gefördert. Es ist geplant, das Projekt nach den ersten zwei Jahren auf weitere Schulen auszuweiten.
Umsetzung der Projektbausteine:
Erhebung der bestehenden und erforderlichen Angebote zur Suchtprävention/-beratung vor Ort an der Schule
- Durchführung einer Bestandsaufnahme der bisher eingesetzten Suchtpräventionsmaßnahmen sowie die Annahme von regionalen Beratungsangeboten
- Erhebung des individuellen Bedarfs der jeweiligen Schule (ggf. Fragebögen) unter Einbezug der SchülerInnen, (Suchtpräventions-) Lehrkräfte, Schulsozialarbeit
- Entwicklung einer abgestimmten und individuellen Maßnahmenplanung zwischen Schule und der Fachkraft aus der Suchtberatung
- Auffangen von anfallenden Beratungs- und Unterstützungsanfragen von Seiten der Schule bereits zu Beginn des Projekts
Förderung einer schuleigenen und nachhaltigen Präventionsarbeit
- Es werden Maßnahmenkataloge und Suchtcurriculums zur Präventionsarbeit im Unterricht erarbeitet.
- Es finden gezielte Präventionsveranstaltungen z.B. zum Thema Alkohol und Tabak in Schulklassen statt, um über Gefahren und altersgemäßen Umgang aufzuklären.
- Mit alkoholfreien Cocktails und anderen Aktionen wird an den Schulfesten für die Suchtpräventionsarbeit sensibilisiert und der Kontakt zu den Eltern gesucht.
Interdisziplinäre Fallberatung und Unterstützung von Familien mit Suchtproblemen
- Bereitstellung von allgemeinen und spezifischen Informationen und Materialien zum Thema Sucht sowohl für SchülerInnen, als auch für Lehrkräfte und sozialpädagogische Fachkräfte
- Vor Ort Beratung und Begleitung von schulischen Fachkräften, Eltern und Angehörigen bei suchtspezifischen Gesprächssituationen (z. B. Tipps zur Gesprächsführung; Checkliste, ob ein problematischer Suchtmittelkonsum vorliegt)
- Beratungsmöglichkeiten für SchülerInnen in Einzel- und Gruppengesprächen an der Schule auf Anfrage (ggf. auch Online-Beratung für SchülerInnen) oder z.B. bei Verstößen gegen die Schulordnung im Zusammenhang mit Suchtmitteln
- Abklärung der Suchtgefährdung bei problematischem Konsum- und Verhaltensweisen durch zeitnahe vor Ort Beratung von SchülerInnen und deren Familien
- Ganzheitliche Diagnostik durch interdisziplinäre Teams an der Schule (Schulsozialarbeit, Erziehungsberatungsstelle, Suchtberatung, etc.) bei einer vorhandenen Suchtgefährdung der SchülerInnen bzw. Suchtproblemen in der Familie
Netzwerk- und Multiplikatorenarbeit
- Lehrkräfte nutzen die Fachkräfte zur Unterstützung bei Gesprächen mit riskant konsumierenden oder suchtauffälligen Familien.
- An den Schulen wurden Begleitkreise eingerichtet, in denen regelmäßig über die Entwicklung und Umsetzung der Projektbausteine berichtet wird.
Fazit:
Erfahrungen aus der Schulsozialarbeit und Erziehungsberatung an der Schule zeigen, dass die Implementierung eines neuen Angebotes im Schulkontext einer längeren Anlaufphase bedarf. Der Kontaktaufbau zum Lehrerkollegium, zu den Schülern und Eltern befindet sich nach wie vor im Aufbau. Über Präventionsveranstaltungen, Einzelkontakte und regelmäßige Präsenzzeiten vor Ort soll das Beratungsangebot an der Schule gefestigt werden. Insbesondere der Zugang zu Schülern und Eltern muss verstärkt angegangen und die Hemmschwelle zur Annahme des Gesprächsangebotes abgebaut werden (siehe Anlage: Flyer Suchtberatung).