Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
Titel des Wettbewerbsbeitrags
Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
Anlass und Ausgangssituation
Im Jahr 2004 wurde auf dem Rotweinfest in Ingelheim eine steigende Zahl der alkoholisierten Kinder und Jugendlichen beobachtet. Diese Entwicklung ließ sich ebenfalls den Kirmesveranstaltungen der umliegenden Ortsgemeinden beobachten. Im Rahmen des Rotweinfestes kam es in gestiegenem Maße zu Auffälligkeiten von alkoholisierten Jugendlichen, wie z.B. gewaltsamen Ausschreitungen, Vandalismus, Zerstörung von Schausteller-Wohnwagen und Fahrgeschäften. Parallel dazu ließ sich beobachten, dass sich sehr viele Jugendliche an einem Zugang zum Festplatz trafen, dort mitgebrachten Alkohol konsumierten und gleichzeitig Erwachsene begannen, Umwege in Kauf zu nehmen, um nicht an den Jugendlichen vorbeigehen zu müssen.
Aus (nicht repräsentativen) Umfragen der Beratungsstelle im Rahmen von Präventionsveranstaltungen in der Gruppe der 12-13-jährigen ergibt sich, dass ca. 75% der Kinder Erfahrungen mit Alkohol (Alcopops, Wein, Bier) haben und sie sich Alkohol leicht beschaffen können. Das Rotweinfest in Ingelheim ist zudem für viele Jugendliche das Fest, auf dem sie das erste Mal Erfahrungen mit übermäßigem Alkoholkonsum machen.
Nach Beratung im Kriminalpräventiven Rat wurde eine Projektgruppe mit dem Thema: "Rotweinfest - Jugendschutz geht alle an!" gebildet.
Aufgabe war es, sowohl Maßnahmen für Jugendliche zu entwickeln, Jugendschutz zu thematisieren und Zivilcourage zu fördern.
Ziele
Auf Grundlage der beschriebenen Ausgangssituation erarbeitete die Projektgruppe folgende Ziele:
- Reduzierung der alkoholbedingten Auffälligkeiten bei Jugendlichen (Suchtmittelkonsum, Vandalismus, Gewalttätigkeiten)
- Integration der Jugendlichen auf dem Festplatz (Jugendbereiche definieren, Angebote zur Verfügung stellen)
- Handlungsalternativen zum Alkoholkonsum aufzeigen
- Thematisierung des Jugendschutzes unter Jugendlichen und Erwachsenen
Zielgruppe
Gesamtbevölkerung, Kinder und Jugendliche, die das Rotweinfest besuchen, Eltern, Multiplikatoren
Umsetzung
Die Projektgruppe entwickelte die Idee eine Jugendschutzkampagne durchzuführen und durch die Bereitstellung eines Jugendzeltes (Green Room) die Jugendlichen auf dem Festplatz zu integrieren. Für die Umsetzung der Jugendschutzkampagne wurden alle Fachkräfte vor Ort mit eingebunden (Polizei, Ordnungsamt, Sucht- und Jugendberatung, Jugendhaus, Stadtjugendpflege, Jugendschützer, Präventionsbeauftragte, Schulen…). Die Partizipation von Jugendlichen an diesem Projekt wurde nach der Auswertung des ersten Green Rooms implementiert und ist nun fester und wichtiger Bestandteil dieses Projektes. Im ersten Green Room wurden alle Angebote von der Projektgruppe geplant, organisiert und durchgeführt. Ebenso wurden die Dienste im Zelt hauptsächlich von Mitgliedern des Kriminalpräventiven Rates, den Kooperationspartnern und Lehrern abgedeckt. Die vereinzelt eingebundenen Jugendlichen meldeten zurück, dass sie sich wünschten, im Green Room nicht auf ihre Lehrer zu treffen. Dies war Anlass zur Entwicklung eines Konzeptes zur Partizipation von Jugendlichen. Der Green Room wird jedes Jahr sowohl im Kreis der Hauptamtlichen als auch gemeinsam mit den im Green Room engagierten Jugendlichen ausgewertet und weiter entwickelt sowie den aktuellen Bedürfnissen und Interessen der Jugendlichen angepasst.
Das Projekt Green Room basiert auf den folgenden 4 Säulen:
- Sensibilisierung
- Kontrollen
- Integration
- Partizipation
1. Säule: Sensibilisierung
Zunächst startet kurz vor dem Rotweinfest die Kampagne "Jugendschutz geht alle an!". In diesem Rahmen werden Flyer für Erwachsene und Eltern, Aushänger für Verkaufsstellen und Flyer für Eltern von alkoholisierten Kindern und Jugendlichen erstellt. Die Kampagne beginnt mit einem Pressegespräch, an dem sich der Bürgermeister, als Schirmherr der Aktion, beteiligt.
Die Materialien zur Öffentlichkeit werden so erstellt, dass sie auch über den Zeitraum des Rotweinfestes aktuell sind und genutzt werden können.
- Kampagne: "Jugendschutz geht alle an!" / Verteilung von Flyern (Information über das Jugendschutzgesetz und Beratungsstellen) in Gremien, an den Schulen, auf dem Rotweinfest an die Verkaufsstellen, Eltern, Multiplikatoren
- Schirmherrschaft des Bürgermeisters
- Kooperationsgespräche mit dem Ordnungsamt und der Polizei
- Pressegespräche
- Information an die Ständebetreiber / persönliches Gespräch und Verteilung von Aufhängern / Plakaten (Stopp! Kein Verkauf von Alkohol an Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren) durch Bürgermeister, Präventionskoordinatorin, Sucht- und Jugendberater
2. Säule: Kontrollen
In Kooperation mit dem Ordnungsamt und der Polizei werden im Rahmen des Rotweinfestes sowohl die Ständebetreiber überprüft, ob der Jugendschutz eingehalten wird, als auch im speziellen die Jugendlichen auf ihr Alter hin kontrolliert.
- Das Ordnungsamt kontrolliert die Ständebetreiber und weist sie auf die Einhaltung des Jugendschutzgesetzes hin.
- Die Polizei, das Ordnungsamt und das Jugendamt kontrollieren gemeinsam Kinder und Jugendliche auf Alkohol und andere Suchtmittel und konfiszieren diese gegebenenfalls.
- Ermahnung und Bußgelder bei nicht Einhaltung des Jugendschutzgesetzes.
Bei auffälligen Jugendlichen, die auf Grund des Konsums ins Krankenhaus gebracht werden, bzw. von den Ordnungskräften den Eltern zugeführt werden, bekommen die Eltern einen Elternflyer mit dem Angebot sich mit der Beratungsstelle in Verbindung zu setzen und sich zum Thema Alkohol beraten zu lassen.
3. Säule: Integration
Auf dem 10tägigen Rotweinfest wurde erstmalig im Jahr 2005 ein Zelt für Jugendliche eingerichtet. In dieser Zeit schließt das Jugendhaus, das Jugendzelt ist dann Anlaufstelle für die Jugendlichen. Das Jugendzelt erhielt den Namen: Green-Room- Feiern im grünen Bereich-. Unter dem Motto "Hier bist du der VIP" können Jugendliche im Alter von 12-23 Jahren am Wochenende von 16- 24 Uhr und unter der Woche von 16-21 Uhr die Angebote des Jugendzeltes nutzen, sich darin aufhalten und Musik hören. Green Room ist eine Bezeichnung für den VIP-Bereich, bzw. den Backstage Bereich von Musikern. Im Green Room finden die Jugendlichen niedrigschwellige Angebote vor, die sie bei Betreten des Zeltes nutzen können (Kicker, Musik, Playstation, alkoholfreie Cocktails, Jugendzeitschriften…). Ebenso können sie an anderen zeitlich begrenzten Angeboten teilnehmen (Deine Chance on Stage, Karaoke, Bandauftritt...).
Angebote:
- Alkoholfreie Cocktails (Caipirinha, Bitter Grape)
- Täglich wechselndes Programm, z.B.
- Airbrush-Tattoos
- Jonglage
- Singstar-Wettbewerb
- Bandauftritt
- Spielekonsolen, Kicker, Jakolo
- Foto-Kontaktwand (Meet and Greet), seit 2008
- Jugendzeitschriften, seit 2008
- Alkohol-Quiz
- Rauschbrillen
- Internet-Rallye
4. Säule: Partizipation
Die 4. Säule Partizipation wurde auf Grund der Auswertung des ersten Green Rooms implementiert. In die Planung und Umsetzung des Green Rooms sind jedes Jahr 20-25 Jugendliche im Alter von 14-23 Jahren beteiligt. Die Jugendlichen werden von den Hauptamtlichen aus der Projektgruppe akquiriert und kommen aus unterschiedlichen Freundeskreisen und Schulen:
- Schülermultiplikator/innen
- Hauptschule, Realschule, Gymnasium
- Besucher/innen des Haus der Jugend
- Jugendlichen aus dem Beratungssetting
- Teilnehmer/innen von Angeboten der Stadtjugendpflege
Die Jugendlichen werden regelmäßig zu Treffen zur Programmplanung eingeladen. Es werden Arbeitsgruppen gebildet und einzelne Projekte / Angebote ausgearbeitet. Ebenso wird der Staff 2-4 Wochen vor dem Rotweinfest zu einem Schulungswochenende eingeladen.
Im Green Room übernehmen sie dann folgende Aufgaben:
- Thekendienst
- Alkohol-Quiz
- Rauschbrillen-Parcours
- Werbung für den Green Room auf dem Festgelände
- Streitschlichtung bei Konflikten im Zelt
- Einhaltung der Regeln im Zelt (Rauch- und Alkoholverbot)
- Angebote
Nach dem Rotweinfest wird der Green Room mit den Jugendlichen ausgewertet.
Öffentliches Interesse
Die Maßnahme wird von den verschiedenen Kooperationspartnern des RAK als auch den Mitgliedern des Kriminalrates Ingelheim voll unterstützt. Auf politischer Ebene ist die Unterstützung durch die Stadt und den Kreis gegeben. Die Jugendschutzkampagne soll stetig weiterlaufen und gegebenenfalls regional erweitert werden.
- Regionales und überregionales Interesse
- Umsetzung des Konzeptes in anderen hessischen und rheinland-pfälzischen Gemeinden
- Kreisverwaltung Mainz Bingen hat verschiedene Ausstattungsgegenstände zur Ausleihe angeschafft
- Der Staff Green Room 2007 erhielt bei der Verleihung des Präventionspreises "Nicht mit Uns" des Landkreises Mainz-Bingen den 3. Platz
Finanzierung
- Zuschuss aus Landesmittel
- Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V.
- Kommunale Mittel
- der Stadt Ingelheim
- Zuschuss Kreis Mainz-Bingen
- Sponsoring
- Geldspenden
- Sachspenden
Kooperationspartner
- RAK
- Präventionskoordinatorin der Stadt Ingelheim
- Sucht- und Jugendberatung Ingelheim
- Haus der Jugend Ingelheim
- Jugendabteilung der Stadt Ingelheim
- Jugendschutzbeauftragte des Landkreises Mainz-Bingen
- Jugendsachbearbeiter der Polizei
- Jugendamt Landkreis Mainz-Bingen
- Beratungslehrer/innen für Suchtprävention
- Kriminalpräventive Sicherheitspartnerschaft, AK Jugend sowie
- Ordnungsamt
- Kulturamt
- Weiterführende Schulen
- Ehrenamtliche Privatpersonen
Fakten
- Öffnungszeiten 16.00 – 21.00 Uhr an 4 und von 16.00 – 24.00 Uhr an 5 Tagen
- Insgesamt an 9 Tagen 60 Stunden geöffnet
- 25 Mitarbeiter/innen Staff GreenRoom
- 12 Hauptamtliche ca. 220 Stunden
Fazit
- Tagesbesuch am Eröffnungstag 2008: 145 Besucher innerhalb von 4 Stunden
- Bewertung und Akzeptanz des Angebotes der jugendlichen Besucher ist durchweg positiv
- Besondere Beachtung fanden die Jugendschutzkampagne und der Green Room bei Eltern und Erwachsenen - dadurch wurde Jugendschutz sowohl in den Familien, als auch auf dem Festplatz vielfach diskutiert
- Sensibilisierung der Gesamtbevölkerung zum Thema Einhaltung des Jugendschutzes, im Speziellen zum Thema Alkohol und Zigaretten
- Positive Bewertung des Einsatzes von Polizei und Ordnungsamt, die Präsenz zeigten und damit demonstrierten, dass der Jugendschutz ernst zu nehmen ist
- Deutliche Reduzierung der Auffälligkeiten auf dem Festplatz, was die wenigen akuten Einsätze von Polizei und Erste-Hilfe-Maßnahmen belegen
- In Ingelheim gelang eine von vielen Gremien und politisch Verantwortlichen unterstützte und gemeinsam getragene Maßnahme zum Schutz der Jugend