Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
Titel des Wettbewerbsbeitrags
Kurzfassung des Wettbewerbsbeitrags
Schwerpunkt ist eine konkrete Gesamtstrategie für die Suchtprävention mit Fokus auf Alkohol, Nikotin und Cannabis in der Altersgruppe der 13–18-jährigen, die verschiedene aufeinander abgestimmte und dem zuvor erfassten Bedarf entsprechende Maßnahmen umfasst, Verantwortlichkeiten regelt und auch die benötigten und für den Planungszeitraum abzusichernden Ressourcen in den Blick rückt. Ziel ist ein gemeinsam abgestimmtes Vorgehen, das sich auf die Beobachtungen und Bedarfe aus dem Jugendbereich bezieht, Erfahrungen und Fachexpertise der Akteure aufnimmt, in Fach- und politischen Gremien bestätigt und unterstützt wird. Suchtprävention soll nicht ein punktuelles Reagieren durch einzelne Akteure, sondern ein planvolles und vor allem nachhaltiges gemeinsames Handeln sein. Daher stehen evidenzbasierte Maßnahmen und Ansätze und eine gute Netzwerkarbeit im Mittelpunkt des Konzeptes.
Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
Anlass und Ausgangssituation
Das Konzept suchtpräventiver Aktivitäten 2019/2020 in Jena ist das Ergebnis eines insgesamt sechsjährigen Prozesses, in dem ausgehend von den Bereichen des Gesundheitsamtes, des Jugendschutzes, der Jugendarbeit und der ambulanten Suchthilfe große offene Bedarfe in der Suchtprävention bezüglich Ausstattung sowie einer nachhaltigen, planvollen Gesamtstrategie bearbeitet wurden. Über einen Zeitraum von vier Jahren wurden in mehreren Workshops die Bedarfe der unterschiedlichen Altersgruppen über die gesamte Lebensspanne betrachtet und Empfehlungen zu nachhaltiger Suchtprävention in Form einer Rahmenkonzeption (siehe Anhang) inkl. eines Projektwegweisers erarbeitet.
Konkreter Anlass war eine Umstrukturierung des Beratungssystems der ambulanten Suchthilfeträger, in dessen Rahmen die Suchtprävention einem anderen Träger übertragen und an die Vorgaben der Rahmenkonzeption angepasst wurde. Der Wechsel von einer für Institutionen einfach abrufbaren Dienstleistung hin zu Projekten, die nur bei einer Einbettung in institutionseigene Arbeit durchgeführt werden, um Nachhaltigkeit sicherzustellen, verursachte zunächst Irritation und Unsicherheiten, besonders mit Fokus auf Schulen, und erforderte ein klar gefasstes, konkretes Konzept.
Konzeption, Ziele und Zielgruppen
Hauptzielgruppe des Konzeptes ist die Altersgruppe der 13–17-jährigen Schüler in Jena, für die insbesondere durch die geänderte Herangehensweise der größte Bedarf gesehen wurde. Schulen sollte ein Übergang und Unterstützung ermöglicht werden, um die eigene Arbeit an die neuen Anforderungen anzupassen. Das Konzept fokussiert vor allem auf substanzbezogene Prävention zu Alkohol, Tabak und Cannabis und die hierfür notwendigen Lebenskompetenzen. Gemeinsam mit den Schulen sollen für die Jugendlichen gute Voraussetzungen für ein gesundes Heranwachsen ohne Abhängigkeitsentwicklungen geschaffen werden. Hierfür wurden aufeinander abgestimmte, evidenzbasierte Maßnahmen festgelegt:
1. Unterstützung schulbasierter Präventionsprogramme
Bisher werden in den Schulen der Stadt Jena kaum schulbasierte Präventionsprogramme eingesetzt. Es existieren viele Programme, die ihre Wirksamkeit nachweisen konnten, ansprechend aufbereitet sind und mit denen Schulen sehr gut arbeiten könnten. Zum bereits vorhandenen Präventionswegweiser wurde für die Zielgruppe durch den Jugendschutz ein umfassender Projektkatalog entwickelt, der fortlaufend aktualisiert wird. Außerdem werden im Rahmen von Präventionsveranstaltungen und Informationsschreiben schulbasierte Programme empfohlen und Materialien an Schulleiter*innen, Lehrer*innen und Schulsozialarbeiter*innen ausgegeben.
2. Multiplikator*innenschulungen
Die (un-)mittelbaren Bezugspersonen der Schüler*Innen werden zu themen- bzw. substanzspezifischen Methoden weitergebildet, die dann ohne größeren Vorbereitungsaufwand eigenständig mit Schülergruppen durchgeführt werden können. Hierfür stehen dem Präventionsteam beispielsweise verschiedene für den Einsatz an Thüringer Schulen entwickelte interaktive Ausstellungen zur Verfügung, die durch die Schulen direkt vor Ort ausgeliehen werden können. Um Unsicherheiten in der Anwendung abzubauen, besteht die Möglichkeit, dass die erste eigene Anwendung der Methoden durch eine Fachkraft begleitet wird. So besteht die Möglichkeit, eine flächendeckende Suchtprävention zu den wichtigsten Themen zu gewährleisten. Die Schulungen sind auf Lehrkräfte, Schulsozialarbeitende und Mitarbeitende aus der Jugendarbeit ausgerichtet.
3. Modellhafte Suchtprävention direkt mit der Hauptzielgruppe
Die direkte suchtpräventive Arbeit mit der Hauptzielgruppe erfolgt vor allem, um erfolgreich erprobte Methoden in die Praxis zu tragen. So erhalten die Multiplikator*innen nach ihren Schulungen, um Unsicherheiten in der Anwendung abzubauen, die Möglichkeit, dass die erste eigene Anwendung der Methoden durch eine Fachkraft begleitet wird. Ebenso werden mit Schulen gemeinsam individuell zugeschnittene Projekte geplant und durchgeführt, wenn die Schule eine entsprechende Vor- und Nachbereitung absichert. Dazu ist ein konkretes Vorgehen festgelegt. Kann eine Schule den Eigenanteil aktuell nicht leisten, ist nicht von Nachhaltigkeit auszugehen und es wird keine Präventionsveranstaltung durchgeführt; in diesem Fall erhalten bereits entsprechend auffällig gewordene Jugendliche ein Gesprächsangebot in der Suchtberatungsstelle. Im Rahmen der indizierten Prävention bestehen ebenfalls unterschiedliche Kurs- und Gruppenangebote. Zum Teil werden individuelle Veranstaltungen auch in Jugendzentren durchgeführt.
4. Präventionstage
Es wird ein regelmäßig stattfindendes großes Projekt zur Suchtprävention etabliert, an dem Schulen unkompliziert teilnehmen können und in dessen Rahmen größere Schülerzahlen und auch Lehrer*Innen und Schulsozialarbeitende erreicht werden können. Es soll auf Modellprojekte zurückgegriffen werden, die bereits evaluiert wurden und attraktive Materialien zur Verfügung stellen. Vorgesehen ist nach erfolgreicher Erprobung in 2018 die weitere Durchführung der von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung entwickelten JugendFilmTage inklusive einer Fortbildung für Lehrer*Innen und Schulsozialarbeitende und eines Elternabends. Dabei sollen die JugendFilmTage in der Planung inhaltlich an die jeweils jährlich zu prüfenden aktuellen Bedarfe angepasst werden. Durch das unkompliziert mögliche Teilnehmen am Projekt sollen auch die Schulen erreicht werden, die bisher noch offene Bedarfe in der Suchtprävention haben und den Zugang zur neuen Herangehensweise oder zu den Multiplikatorenschulungen noch nicht gefunden haben.
Für die Umsetzung wird die Suchtberatungsstelle mit einem angepassten Personalschlüssel ausgestattet und der Anteil an Präventionsarbeit vertraglich neu in höherem Umfang festgelegt. Außerdem werden zusätzlich finanzielle Mittel über den Jugendschutz zur Suchtprävention zur Verfügung gestellt. Der Einsatz der Ressourcen wird im Konzept klar benannt. Auch die weitere interdisziplinäre Planung und Fortführung des Konzeptes nach dem Ende des Planungszeitraumes wird bereits geregelt
Vorgehen und Umsetzung
Die Bedarfsfeststellung erfolgte unter Einbeziehung der Jenaer Jugendstudie und weiterer aktueller Berichte, Rückmeldungen aus der Praxis der Jugendarbeit und der Suchthilfe sowie in Abstimmung mit den themenbezogenen Arbeitsgremien. Auf Leitungsebene wurde mit den Fachbereichen des Dezernates 4 Familie, Bildung und Soziales ein gemeinsames Vorgehen entsprechend der Bedarfe abgesprochen und sich auf die hierfür notwendigen Ressourcen und Verantwortlichkeiten verständigt. Das Konzept wurde im Gemeindepsychiatrischen Verbund, im Sozialausschuss und im Jugendhilfeausschuss bestätigt.
Die Prozessbegleitung erfolgt in enger Zusammenarbeit zwischen Suchtberatung, Jugendschutz und Psychiatrie- und Suchthilfekoordination. In der ersten Phase der Umsetzung stand der Aufbau und Ausbau der benötigten Netzwerkstrukturen im Vordergrund. Es wurden die Multiplikator*innenschulungen zu den verschiedenen interaktiven Ausstellungen durchgeführt, die Zusammenarbeit mit den Schulen intensiviert und eine Vielzahl an individuellen Projekten mit Schulklassen und auch Elternabenden durchgeführt. Die JugendFilmTage wurden gemeinsam mit dem benachbarten Saale-Holzland-Kreis im Rahmen eines Kooperationskreises geplant, überarbeitet und mit Hilfe von Sponsorengeldern erneut veranstaltet. Die nächsten Präventionstage werden als Theatertage mit Einbeziehung eines Mitmachparcours geplant um verschiedene Methoden anbieten, um die Akzeptanz in der Zielgruppe beobachten zu können. Perspektivisch ist die Beteiligung der Zielgruppe bei der inhaltlichen Vorbereitung der Präventionstage beabsichtigt, um Anpassungen der Projekte auf die Bedürfnisse der Jugendlichen abzustimmen. Die Bewerbung der schulbasierten Präventionsprogramme wird von den verschiedenen Akteuren anlassbezogen vorgenommen. Nach einem ersten Zwischenstand im Herbst 2019 werden im ersten Quartal 2020 die Vorgehensweisen noch einmal geprüft und die Umsetzung entsprechend der bisher gesammelten Erfahrungen angepasst. Zudem erfolgt die Erarbeitung des Konzeptes für den nachfolgenden Zeitraum ab 2021 nach einer interdisziplinären Bedarfsanalyse und den Ergebnissen der nächsten Jenaer Jugendstudie.
Ergebnisse und Erreichtes/Wirkungen
Nach dem erfolgten Zwischenstandsbericht haben sich die Vorgehensweisen bezüglich der modellhaften Suchtprävention direkt mit der Hauptzielgruppe bewährt. Es ist gut gelungen, den neuen Ansatz in den Schulen zu etablieren und diese zu einer intensiveren Vor- und Nachbereitung zu bewegen. Die Projekte werden gut in Anspruch genommen und die Lehrkräfte und Schulsozialarbeitenden profitieren von der direkten Einbeziehung der Suchtpräventionsfachkräfte. Der Bedarf an Multiplikator*innenschulungen ist geringer als angenommen; die interaktiven Ausstellungen und andern Methoden werden vorwiegend von den Schulsozialarbeitenden umgesetzt und entsprechende Nachschulungen sind daher nicht im zuvor angenommenen Umfang notwendig. Die Präventionstage konnten ebenfalls erfolgreich umgesetzt werden und eine Vielzahl von Schüler*innen und Lehrkräften erreichen. Die Kooperation mit dem benachbarten Landkreis und den Sponsoren wurde dadurch gefestigt und ermöglicht auch perspektivisch eine Absicherung attraktiver Großprojekte für die Region; zudem profitieren die Akteure vom gebietsübergreifenden Austausch. Die Bewerbung der schulbasierten Projekte hat bisher leider nicht zu einer wesentlichen Verbreitung an den Jenaer Schulen beigetragen. Hier zeigt sich, dass neue Strategien erarbeitet und umgesetzt werden müssen. Die von den Schulsozialarbeitenden durchgeführten Lebenskompetenztrainings in allen fünften und sechsten Klassen ermöglichen jedoch eine gute Basis, auf denen die aktuellen substanzbezogenen Maßnahmen aufbauen können. Insgesamt konnten mehr Schüler*innen erreicht werden als angenommen und der Eindruck aller Beteiligten ist, dass im Rahmen des Konzeptes die Suchtprävention bei der Zielgruppe in guter Qualität und mit verantwortungsvollem Einsatz von Ressourcen und auch nachhaltig wirksam erfolgt ist. Eine genaue Auswertung erfolgt am Ende des Konzeptzeitraumes. Seitens der verschiedenen Akteure und Partner entstehen auch aktuell noch neue Bedarfe nach Abstimmung und Vernetzung, die bearbeitet werden müssen und zu einem noch genaueren Überblick über die Bedarfe der unterschiedlichen Zielgruppen in der Stadt, noch besser abgestimmten Strategien und der Umsetzung von Suchtprävention als gesamtgesellschaftliche Aufgabe führen sollen.
Erfüllung der Wettbewerbskriterien
Das Konzept ist in die beiliegende Rahmenkonzeption Suchtprävention eingebunden, ausgerichtet auf die interdisziplinär erfassten Bedarfe der Suchtprävention bei den 13 – 17jährigen Jugendlichen und gestützt durch die Ergebnisse der Jenaer Jugendstudie 2017. Es ist ganzheitlich angelegt, indem es verschiedene Maßnahmen in einen aufeinander abgestimmten Zusammenhang bringt (um möglichst flächendeckende und nachhaltige suchtpräventive Aktivitäten im Stadtgebiet zu ermöglichen) und dabei sowohl universelle als auch indizierte Präventionsangebote enthält. Bei der Auswahl der Projekte für den Konzeptzeitraum wurde Wert auf erwiesene Wirksamkeit und Akzeptanz für die Zielgruppe gelegt; die individuelle Weiterentwicklung der Angebote schließt eine Einbeziehung der Zielgruppe mit ein. Sowohl die schulbasierten Programme als auch die individuell durchgeführten Projekte rücken den Fokus auch auf die Verhältnisprävention (z.B. angenehmes Klassenklima, Raum für Bewegung und Entspannung, klare Regeln zum Umgang mit Suchtmitteln in der Schule). Die Vernetzung ist auf mehreren Ebenen verbindlich geregelt; es besteht eine klare Regelung zu den Absprachen zwischen den verschiedenen Fachbereichen der Stadtverwaltung Jena, die verbindliche Kooperation über den Gemeindepsychiatrischen Verbund und die im Delegationsvertrag festgeschriebene Verpflichtung zur Ausrichtung der Suchtpräventionsaktivitäten der hiesigen Suchtberatungsstelle an der Rahmenkonzeption. Kommunalpolitisch wurde das Konzept sowohl im Sozialausschuss als auch im Jugendhilfeausschuss bestätigt und nach dem bereits erfolgten Zwischenbericht auch weiter unterstützt.
Fragen zum Wettbewerbsbeitrag
C 1 Fragen zur gesamtkommunalen Einbindung des Wettbewerbsbeitrags
C 2 Fragen zur Konzeption und Ausrichtung des Wettbewerbsbeitrags
C 3 Fragen zur Umsetzung des Wettbewerbsbeitrags
Einzelprojekte
Einzelprojekt Nr. 1
Die Präventionstage sollen die suchtpräventiven Bemühungen der Schulen ergänzen und eine unkomplizierte Teilnahme für möglichst viele Schüler*innen ermöglichen. Gleichzeitig sind sie ein Zugangsweg zu Schulen, mit denen bisher noch keine oder wenig Zusammenarbeit besteht und geben Aufschluss über dort eventuell noch offene Bedarfe. Bereits vor Beginn des Konzeptzeitraumes wurden die „JugendFilmTage – Nikotin und Alkohol, Alltagsdrogen im Visier“, ein von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung entwickeltes Projekt, im Rahmen der bundesweiten Tour durchgeführt und als Hauptprojekt ausgewählt und bereits in Kooperation mit dem benachbarten Landkreis veranstaltet. Bei den JugendFilmTagen werden den Schülern im Kino themenbezogene und jugendgerechte Spielfilme gezeigt, nachdem sie in einem Mitmachparcours Wissenswertes zu Alkohol und Nikotin erfahren und zum Nachdenken über deren Stellenwert im eigenen Leben angeregt werden. Parallel dazu erhalten Lehrkräfte und Schulsozialarbeitende an einem Infopoint einen Input zu Methoden für die Nachbereitung im Unterricht und zu empfehlenswerten Möglichkeiten und Programmen der Suchtprävention. Ebenso ist eine ausführliche Lehrerfortbildung und ein thematischer Elternabend vorgesehen.
In 2019 erfolgte im Rahmen des Verstetigungsprozesses die erste eigenständige Planung und Durchführung. Dabei konnte an die bereits begonnenen, kreisübergreifenden Kooperationen angeknüpft werden und auch eine feste Zusammenarbeit mit den Sponsoren, durch die das Projekt dauerhaft gesichert ist, etabliert werden. Die Ergebnisse der ausführlichen Auswertung aus dem Vorjahr flossen in die Vorbereitung und die inhaltliche Gestaltung ein und führten zu ersten Anpassungen des Projektes an die lokalen Bedürfnisse, die für die Fortsetzung des Projektes noch weiter ausgebaut werden sollen. Durch die kreisübergreifende Durchführung konnte auch in diesem Jahr genügend Fachpersonal die Betreuung der Mitmachaktionen übernehmen und es wurden wieder rund 800 Schüler*innen und 60 Lehrkräfte erreicht.
Außerdem ist aktuell ein großes Theaterprojekt geplant, um die Möglichkeiten und Akzeptanz eines anderen Formates für die verschiedenen Klassenstufen auszuprobieren und für das als Ergänzung der Klarsicht-Parcour (ebenfalls ein Angebot der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung) vorgesehen ist. Nach der Auswertung soll gemeinsam mit den Kooperationspartnern und den Schulsozialarbeitenden entschieden werden, welche Angebote die Klassenstufen, in denen der größte Bedarf vorhanden ist, am besten erreichen und in welchem Turnus diese durchgeführt werden sollten.