Stadt Frankfurt am Main

Foto der Preisträger

Auszug aus der Wettbewerbsdokumentation

Kommune und Wettbewerbsbeitrag im Überblick

Einwohnerzahl 664.8381
Bundesland Hessen
Titel des Beitrags CaBS - Casemanagement und Beratung für Cannabis konsumierende Schülerinnen und Schüler
Schwerpunkt des Beitrags Frühzeitige Einzelfallbetreuung und Beratung für riskant Cannabis konsumierende Schülerinnen und Schüler an berufs- und allgemeinbildenden Schulen
Kontakt Renate Lind-Krämer
Drogenreferat der Stadt Frankfurt
Bereich Prävention
Berliner Straße 25
60311 Frankfurt am Main
Tel.: 069/21230125
E-Mail: renate.lind-kraemer@stadt-frankfurt.de

Anlass und Ausgangssituation

Das Drogenreferat der Stadt Frankfurt beauftragt seit 2002 wissenschaftliche Studien zur Analyse der Ausgangssituation und der Bedarfe im Bereich Suchtprävention und -hilfe. Hervorzuheben ist insbesondere die jährlich vom Center for Drug Research der Goethe-Universität Frankfurt durchgeführte MoSyD-Studie (Monitoring-System Drogentrends). Die darin enthaltene repräsentative Schülerbefragung - beteiligt sind ca. 1.500 Schülerinnen und Schüler aller Schultypen - belegte bereits 2003, dass insbesondere Schülerinnen und Schüler berufsbildender Schulen in Frankfurt vergleichsweise häufiger und riskanter Cannabis konsumieren als Schülerinnen und Schüler anderer Schulformen. Gleichzeitig konnte durch die Studie nachgewiesen werden, dass Personen mit einem riskanten Cannabiskonsum erst sechs Jahre nach Konsumbeginn ambulante Hilfen aufsuchen. Dies gilt als Beleg dafür, dass die bestehenden Angebote der Sucht- und Drogenhilfe wenig akzeptiert sind, was die Stadt Frankfurt zu Maßnahmen veranlasste, die auf eine verbesserte Früherkennung und -intervention zielen. Vor diesem Hintergrund initiierte das Drogenreferat der Stadt Frankfurt das Projekt CaBS.

Konzeption und Ziele

Das Projekt CaBS wendet sich an Schülerinnen und Schüler berufs- und allgemeinbildender Schulen in Frankfurt, die Verhaltensauffälligkeiten im Zusammenhang mit Cannabiskonsum (z.B. Suchtmittelmissbrauch und -abhängigkeit, depressives und aggressives Verhalten, psychische Probleme, familiäre Konflikte) zeigen. Ebenso richtet sich das Projekt an die Bezugspersonen bzw. Familien der Jugendlichen.

Inhaltlich zielt das Projekt auf die Reduzierung des Cannabiskonsums bei Jugendlichen bzw. das Erreichen von Abstinenz bei einer vorhandenen Suchtmittelabhängigkeit. Zudem will es Jugendliche darin unterstützen, ihre Leistungsfähigkeit zu verbessern und ihre sozialen Kompetenzen zu erweitern. Bei Bedarf bietet es ein unterstützendes Konfliktmanagement für Lehrkräfte und Angehörige an und fördert die Wiedereingliederung in die Schule. Das Angebot nutzt etablierte Netzwerke von Schule sowie Sucht- und Drogenhilfe, um den Konsumentenkreis möglichst frühzeitig zu erreichen.

Vorgehen und Umsetzung

Das Foto zeigt zwei Menschen in einem BeratungsgesprächIm Mittelpunkt des Angebots steht die intensive Einzelbetreuung. Die Vermittlung der Einzelbetreuung in CaBS findet häufig über Angehörige und Lehrkräfte statt. Bei Verhaltensauffälligkeiten haben Angehörige, Lehrkräfte sowie Sozialarbeiter die Möglichkeit, die CaBS-Mitarbeiter zu kontaktieren. CaBS ermöglicht erste und zeitnahe Gespräche direkt vor Ort (zu Hause bzw. an den Schulen) oder in der Beratungsstelle. Gemeinsam mit dem Jugendlichen werden die Probleme und der Hilfebedarf ausführlich analysiert, wobei die Intensität und Häufigkeit der Gespräche am Bedarf der Jugendlichen ausgerichtet ist. Wenn die Einzelfallbetreuung nicht zum Erfolg führt oder ausreicht, kann die Vermittlung in weiterführende Hilfe eingeleitet werden.

Das Projekt startete im November 2005. Seit Projektbeginn hat sich die Zahl der Jugendlichen, die regelmäßig in Betreuung sind und das Gesprächsangebot von CaBS nutzen, kontinuierlich erhöht - von 46 Jugendlichen in 2006 auf 107 Jugendlichen in 2010. In etwa einem Fünftel der Fälle sind die Eltern in die Beratung miteingebunden, auf Wunsch der Jugendlichen findet eine Beratung der ganzen Familie statt. Fast die Hälfte der erreichten Jugendlichen (etwa 45 Prozent) hat einen Migrationshintergrund (in anderen Einrichtungen der Suchthilfe beträgt ihr Anteil nur fünf Prozent). Die meisten der Jugendlichen besuchen die integrierte Gesamtschule, die Berufsschule oder befinden sich in gar keiner Schulform. Nahezu die Hälfte der Jugendlichen weisen neben einem riskanten Cannabiskonsum oder einer Cannabisabhängigkeit massive psychische Störungen (Komorbidität) auf. Das Durchschnittsalter der Jugendlichen, die CaBS aufsuchen, liegt bei 19 Jahren. Da das durchschnittliche Alter beim Erstkontakt zum Hilfesystem ansonsten in der Stadt Frankfurt bei 23 Jahren liegt, kann über das Projekt CaBS die Zielgruppe deutlich früher erreicht werden.

Das Projekt CaBS hat auf die positiven Erfahrungen des Projektes FreD - Frühintervention bei erstauffälligen Drogenkonsumenten - zurückgreifen können. FreD ist ein Bundesmodellprojekt, das 14- bis 18-jährigen Jugendlichen und jungen Erwachsenen bis zum 25. Lebensjahr, die zum ersten Mal wegen des Konsums illegaler Drogen polizeilich auffällig geworden sind, ein Hilfsangebot bereitstellt. In Frankfurt werden mittlerweile mehr Jugendliche in CaBS als in FreD vermittelt.

Begründung der Prämierung

Die Stadt Frankfurt verfolgt bereits seit 15 Jahren mit ihrer "Jugendberatung und Suchthilfe" das Ziel, suchtgefährdete Jugendliche über zielgruppenspezifische Angebote zu erreichen. Die Bemühungen der Stadt, insbesondere des Drogenreferates, sind nachhaltig und zielorientiert.

Besonders zu würdigen ist die intensive Zusammenarbeit des Drogenreferates der Stadt Frankfurt mit wissenschaftlichen Einrichtungen. Dies führt dazu, dass für die Thematik (Drogenmissbrauch/-gebrauch) regelmäßig Ausgangslage, Bedarfe und Zielgruppen ermittelt werden und die Arbeit des Drogenreferates entsprechend bedarfsorientiert ausgerichtet wird.

Der vom Drogenreferat der Stadt eingereichte Beitrag knüpft an ein besonderes Suchtproblem von Jugendlichen an (Cannabismissbrauch). Durch die inhaltliche Ausrichtung des Projektes sowie durch die Einzelfallbetreuung gelingt es, eine Gruppe von jungen Menschen früher und besser als bislang durch Beratungs- und Hilfsangebote zu erreichen.

Wenngleich die besondere Lebenslage von Jugendlichen nicht explizit in der Projektkonzeption verankert ist, ist es durch die Ausrichtung und den methodischen Ansatz des Projektes sowie die beteiligten Institutionen und Partner in hohem Maß gelungen, junge Menschen anzusprechen, die sich in schwierigen Lebenslagen befinden. Das Angebot wird überdurchschnittlich häufig von Jugendlichen mit psychischen Problemen, von Migranten und von jungen Menschen mit Problemen im Elternhaus und in der Schule wahrgenommen.

Positiv hervorzuheben ist zudem, dass Eltern und Familien intensiv in die Beratung und Hilfe miteinbezogen werden und so die Lebenswelt Familie in den Mittelpunkt rückt, die häufig in ursächlichem Zusammenhang mit den Problemen und Belastungen der Jugendlichen steht.

Zu würdigen ist ebenso, dass der Verlauf der Projektarbeit kontinuierlich beobachtet und regelmäßig ausgewertet wird. Hierdurch liegen nicht nur Erkenntnisse darüber vor, dass die Nachfrage für das Angebot stetig zunimmt, sondern auch, dass durch das Angebot gerade junge Menschen, die sich in besonderen Lebenslagen befinden (schwierige Familiensituation, psychische Probleme, Migrationshintergrund), erreicht werden.

Durch das personelle und finanzielle Engagement des Drogenreferates der Stadt Frankfurt kann das Projekt seit nunmehr über fünf Jahre qualitativ hochwertige Arbeit leisten und ist langfristig gesichert. Aufgrund der Vernetzung mit dem "Suchthilfeverbund Jugendberatung und Jugendhilfe" ist zudem der Transfer des Projekts ins Umland der Stadt Frankfurt gelungen.

Fotos: Beratungsstelle

 

Zum Originalwettbewerbsbeitrag der Stadt Frankfurt am Main.

 

1 Die Einwohnerzahlen der prämierten Kommunen wurden folgender Quelle entnommen: Statistische Ämter des Bundes und der Länder (2010): Statistik Lokal. Daten für die Gemeinden, Kreisfreien Städte und Kreise Deutschlands. Ausgabe 2010. Gebietsstand 31.12.2008 (CD-ROM).