Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
Titel des Wettbewerbsbeitrags
Kurzfassung des Wettbewerbsbeitrags
In unserem Projekt ging es uns im Wesentlichen um drei Aspekte. Erstens um die Sensibilisierung möglichst vieler Menschen allen Alters für das Thema Alkoholprävention und ein sinnvolles Trinkverhalten. Hierzu haben wir in Schulen und bei unserem Altstadtfest einen Stand mit Informationen und Aktionen rund um das Thema Alkoholkonsum durchgeführt. Zweitens um die Etablierung einer attraktiven erschwinglichen Alternative zum Alkohol bei Festen oder geselligem Beisammensein. Hierzu haben wir gemeinsam mit einem Festwirt einen alkoholfreien Cocktail den "Kespercocktail" kreiert und beworben. Dieser Cocktail wurde u.a. beim Altstadtfest angeboten. Der dritte Aspekt bezog sich auf die Einhaltung des Jugendschutzgesetzes. Hierzu haben wir die Alterskontrollbändchen als Hilfestellung für Gastronomen entwickelt und Informationsveranstaltungen hierzu durchgeführt.
Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
Anlass und Ausgangssituation
Die Mitglieder des Runden Tisches Jugendarbeit in Witzenhausen haben sowohl in ihren Arbeitszusammenhängen als auch in ihrer privaten Lebenswelt beobachtet, dass der Alkoholkonsum junger Menschen eklatant ist. Daher wissen sie, dass viele Jugendliche Alkohol konsumieren und dies teilweise in Mengen, die als problematisch angesehen werden müssen.
Im Jahr 2009 wurden 34 Jugendliche unter 18 Jahren mit einer Alkoholintoxikation in Krankenhäuser des Kreises eingeliefert (davon 16 Fälle in Witzenhausen).
Bei der näheren Beschäftigung mit diesem Thema, ist der Runde Tisch schnell zur Ansicht gelangt, dass dies nicht nur ein Jugendphänomen ist. Erwachsene spielen im Umgang mit Alkohol eine gewichtige Rolle. Sie sind mit ihrer Einstellung zum Alkohol Vorbild für Jugendliche – im positiven wie im negativen Sinne.
Daher ist der Runde Tisch der Meinung, dass es nicht zielführend ist, wenn sich ausschließlich in der Arbeit mit Jugendlichen mit diesem Thema beschäftigt wird. Es erfordert einer Sensibilisierung innerhalb von Witzenhausen.
In der Bundesrepublik gab und gibt es bereits interessante Ansätze zu diesem Thema.
Einen dieser Ansätze - "Eine schöne Festkultur" - wollte der Runde Tisch auf Witzenhausen übertragen und bei der stadtbekannten Kesperkirmes ausprobieren, weil dieses Fest für die Stadt spezifisch und ein touristisches Aushängeschild ist.
Anliegen und Ziele sowie Zielgruppen
Das Anliegen ist, einen verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol bei Jugendlichen und Erwachsenen in Witzenhausen zu fördern.
Jugendliche sollen mit Altersarmbändchen und einem attraktiven alkoholfreien "Kespercocktail" direkt erreicht werden. Daneben sollen Erwachsene auf das Thema aufmerksam gemacht werden. Sie sollen für ihre Vorbildwirkung und ihren eigenen Konsum sensibilisiert werden.
Ziel ist es, auf den Stadtfesten, preisgünstige attraktive alkoholfreie Getränke zu verkaufen, sowie Altersarmbändchen zu verteilen, die dem Verkaufspersonal helfen, das Alter der Jugendlichen schneller zu erkennen. Weiterhin soll durch bekannte Persönlichkeiten (z.B. die Witzenhäuser Kirschenkönigin) das Thema immer wieder ins Gespräch gebracht werden.
Konzeption "Eine schöne Festkultur für Witzenhausen"
Um das Anliegen und die Ziele umzusetzen, hat der Runde Tisch "Eine schöne Festkultur für Witzenhausen", sowie konkrete Umsetzungsmöglichkeiten entwickelt.
Eine schöne Festkultur für Witzenhausen:
Wir wollen eine gute Atmosphäre auf unseren Festen in Witzenhausen, deshalb gilt:
Wir halten das Jugendschutzgesetz (JuSchG) ein.
- Wir schenken keinen Alkohol an unter 16-Jährige aus.
- Wir geben keine Spirituosen (Whisky, Rum, Wodka usw.) und branntweinhaltige Mixgetränke an unter 18-Jährige ab.
- Wir fragen nach dem Ausweis und/oder verteilen farbige Armbänder, die das Alter kennzeichnen.
Wir bieten attraktive, alkoholfreie Getränke an.
- Wir bieten mindestens 2 attraktive, alkoholfreie Getränke (z.B. alkoholfreie Cocktails) an, die nicht teurer sind als das günstigste alkoholische Getränk. Das wird auf der Preisliste besonders hervorgehoben.
Wir übernehmen Verantwortung und sind Vorbild
- Als Veranstalter und Alkoholausschenker sind wir uns unserer Vorbildfunktion bewusst und bleiben nüchtern.
- Wir schenken keinen Alkohol an Betrunkene aus.
- Bei Schwierigkeiten informieren wir die Polizei, das Deutsche Rote Kreuz oder das Ordnungsamt.
- Wir sorgen für einen sicheren Heimweg, in dem wir Freunde/Eltern ansprechen oder ein Taxi rufen.
Umsetzungsmöglichkeiten:
Öffentlichkeitsarbeit durch Bürgermeisterin, Kirschenkönigin u.a. Witzenhäuser Prominente
- Kesper-Cocktail und Logo
- als Zeichen "Wir machen mit bei einem verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol bzw. bei der Umsetzung des JuSchG"
- Hervorheben der alkoholfreien Alternativen
- Alterskontrolle durch verschiedenfarbige Bändchen
- Aushang des JuSchG
- Info-Stand bei der Kesperkirmes
Der Runde Tisch hofft in Witzenhausen eine "schöne Festkultur" in Gang zu bringen und möglicherweise Vorbild für weitere Kommunen zu sein.
Vorgehen und Umsetzung
Im Oktober 2010 beschloss der Runde Tisch Jugendarbeit in Witzenhausen1 , sich mit dem Thema Jugendliche & Alkohol auseinanderzusetzen. Hierzu wurde die Fachstelle für Suchtprävention des Diakonischen Werkes hinzugezogen.
Dann entwickelten die Mitglieder gemeinsam ein Konzept für "Eine schöne Festkultur in Witzenhausen", sowie Umsetzungsmöglichkeiten.
Im April 2011 wurde die Bürgermeisterin und das Stadtmarketing zum Runden Tisch eingeladen, um das Konzept zu präsentieren. Daraufhin lud die Bürgermeisterin im Mai 2011 alle Gastronomen der Stadt Witzenhausen und Umgebung ins Rathaus ein, um auch ihnen das Konzept vorzustellen und zu diskutieren. Ein Festveranstalter der stadtbekannten Kesperkirmes entwickelte den alkoholfreien Cocktail so, dass er an jedem Bierstand preiswert verkauft werden konnte. Der Cocktail als attraktive Alternative und Altersarmbändchen sollten entwickelt und verbreitet werden. Im Juni 2011 startete dann die erste PR-Kampagne mit der Witzenhäuser Kirschenkönigin. Das Anliegen rund um den Cocktail und die Altersbändchen wurde der Öffentlichkeit präsentiert.
Vom 8.-10. Juli 2011 fand dann die Kesperkirmes statt. Der Runde Tisch Jugendarbeit präsentierte sich mit einem Stand und verteilte die Altersarmbändchen. Weiterhin gab es Aktionen zur Sensibilisierung des eigenen Alkoholkonsums (Rauschbrillen-Parcours, Promille-Rechner u.v.m.). Der Kespercocktail konnte an mehreren Ständen auf dem Fest erworben werden. Sowohl der Cocktail als auch die attraktiven Altersarmbändchen kamen gut an.
Ende des Jahres wurde das Projekt mit der Bürgermeisterin und dem Mitarbeiter des Ordnungsamtes ausgewertet. Es wurde beschlossen, dass bei jeder Ankündigung einer Veranstaltung, das Ordnungsamt ein Informationsschriftstück zu der schönen Festkultur für Witzenhausen und den Altersarmbändchen mit ausgibt. Ziel ist es, dass möglichst viele des Verkaufspersonal über die Altersbändchen bescheid wissen, da das Bändchen das ganze Jahr über anbehalten werden kann.
2012 wurden die Altersarmbändchen bereits im Juni in den verschiedenen Schulen der Stadt verteilt, so dass noch mehr Jugendliche angesprochen werden konnten. Neben der Ausgabe der Bändchen, konnten die Jugendlichen noch mehrere kleine suchtpräventive Aktionen, z.B. mit der Rauschbrille, durchführen.
Neben der Kesperkirmes wurden die Bändchen auf weiteren Festen der Stadt und der Stadtteile verteilt (Come 2gether-Festival, Erntefest, Bärenkirmes in Unterrieden).
Dies soll im Jahr 2013 noch weiter ausgebaut werden.
1 Die Mitglieder des Runden Tisches Jugendarbeit in Witzenhausen setzen sich wie folgt zusammen: Stadtjugendförderung, Schulsozialarbeit, Jugendrat, Jugendgruppe Cognito, Kreisjugendring, Sportjugend, VHS, Fachstelle für Suchtprävention.
Ergebnis und Erreichtes
Der Jugendrat – das Witzenhäuser Beteiligungsprojekt – stellte für die Finanzierung der Alterskontrollbändchen einen Antrag an die Stadtverordnetenversammlung, die hierfür im Haushalt Geld bereitgestellt hat. So konnten die Bändchen und Werbematerialien (Plakate und Flyer) für das Projekt erstellt werden. Das Thema war dadurch auch Diskussionsgegenstand in einer Ausschusssitzung und dem Stadtparlament.
Mit dem Alkoholpräventionsprojekt wurden etwa 80 Schüler/innen der Johannisbergschule Witzenhausen über und unter 16 Jahren und etwa genauso viele Schüler/innen der Beruflichen Schulen Witzenhausen über 16 Jahren erreicht. Diese haben sich direkt mit dem Projekt der Altersbändchen beschäftigt, Informationen eingeholt und, wenn sie alt genug waren, auch oft das Bändchen angezogen.
Daneben haben noch mehr Personen die Aktionen wahrgenommen. Es wurden durch Presseartikel, Bändchenvergabe in den Schulen und auf öffentlichen Veranstaltungen weitere Schüler/innen, Lehrer/innen, Eltern, Festveranstalter und die Öffentlichkeit erreicht.
Auf der Kesperkirmes der Stadt Witzenhausen im Sommer 2011 wurden an Jugendliche und Erwachsene über 16 Jahren mindestens 100 Bändchen verteilt.
Auch Erwachsene, die weit über 18 Jahre alt sind, informierten sich über die Aktion und wollten ein Bändchen tragen, um die Sache zu unterstützen und weiter zu verbreiten.
Durch die Pressearbeit wurde die Öffentlichkeit auf die Aktion der Altersbändchen aufmerksam. Immer mehr Festveranstalter fragten von sich aus, ob sie die Bändchen bei ihrer Veranstaltung austeilen dürften. Diese bekamen sie dann kostenfrei vom Runden Tisch "Jugendarbeit in Witzenhausen".
Im Internet als Reaktion auf die Zeitungsartikel und auch auf den Veranstaltungen, auf denen die Bändchen und der Cocktail angeboten wurden, haben sich viele Menschen mit dem Thema und den Bändchen auseinandergesetzt, sie sind im Gespräch und es wird darüber diskutiert. Jüngere Schüler/innen unter 16 werden durch diese Aktion zum Nachdenken gebracht.
Ebenso sind wir Vorbild für weitere Kommunen, zum Beispiel Bad Sooden-Allendorf, die nun das Konzept der Altersbändchen auch umsetzt.
Möglicherweise wird es ein kreisweites Gesamtkonzept geben und der Cocktail soll an weiteren Verkaufsstellen etabliert werden.
Auch an den Zahlen des Krankenhauses Witzenhausen, wie viele minderjährige, bis zur Bewusstlosigkeit betrunkene Jugendliche mit einer Alkoholvergiftung dort eingeliefert wurden, sieht man, wie sehr das Konzept dort schon Positives bewirkt hat.
2010 wurden 10 Jugendliche ins Krankenhaus eingeliefert, 2011 waren es 7 und 2012 (Stand September) waren es nur noch 3 Jugendliche, die mit einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus behandelt wurden. Auch im Kreiskrankenhaus Eschwege sind die Zahlen sinkend.
Das Projekt soll auch im nächsten Jahr fortgeführt werden. Es gibt eine Auswertung zu den bisher gelaufenen Aktionen, 2013 wird es Schulungen für Interessierte und Personen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, z.B. Verkaufspersonal, Lehrer/innen, etc., geben.
Erfüllung der Bewertungskriterien des Wettbewerbs
Die Wettbewerbskriterien werden erfüllt, weil das Konzept "Eine schöne Festkultur für Witzenhausen" konzeptionell in das bundesweite suchtpräventive HaLT-Projekt eingebunden ist. Die Koordinatorin von HaLT im Werra-Meißner-Kreis begleitete den Prozess von Anfang an. Es gab eine Ausgangslage, die durch die Zahlen der Krankenhäuser im Landkreis untermauert wurden. Es wurde ein Ziel formuliert, an der Kesperkirmes 2011 ein Ergebnis in Form eines attraktiven preisgünstigen Cocktails, PR mit der Krischenkönigin und Altersarmbändchen zu präsentieren. Diese Ziele wurden erreicht und konnten sogar im Folgejahr ausgebaut werden. Ein weiteres Ziel, Vorbild für andere Kommunen im Landkreis zu sein, wurde ebenfalls erreicht. Ergebnisse wurden ausgewertet und angepasst. Der attraktive alkoholfreie Kespercocktail ist innovativ und ansprechend.
Weiterhin hat das Konzept eine ganzheitliche Ausrichtung. Das zeigt sich darin, dass verschiedene Multiplikatoren und Jugendliche (Zielgruppe) zusammen das Konzept entwickelt und umgesetzt haben. Die Kombination von Verhaltens- und Verhältnisprävention ist gegeben. Auch haben suchtpräventivferne Multiplikatoren, wie VHS, Stadtmarketing und Gastronomen mitgewirkt.
Durch die Einbindung der Bürgermeisterin und später des Ordnungsamtes konnten die kommunalen Einflussmöglichkeiten ausgenutzt und das Konzept langfristig und nachhaltig in der Kommune implementiert und verankert werden. Dies wird ständig weiter entwickelt und kommuniziert. Der Transfer findet ständig statt.
Fragen zum Wettbewerbsbeitrag
C 1 Fragen zur gesamtkommunalen Einbindung des Wettbewerbsbeitrags
C 2 Fragen zur Konzeption und Ausrichtung des Wettbewerbsbeitrags
Schulen
C3 Fragen zur Umsetzung des Wettbewerbsbeitrags
Alterskontrollbändchen in Nachbargemeinde