Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
Titel des Wettbewerbsbeitrags
Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
Selbsthilfeverein Senftenberg e.V. Projekt: Kinderzirkus "HARLEKIDS" An der Hochkippe 01 01968 Hörlitz
Modellprojekt:
Primäre Suchtvorbeugung in Schule und Freizeit durch das Medium "Zirkus"
Ein Praxisbeitrag zur primären Suchtvorbeugung
Vorgelegt vom SHVS Projekt: "HARLEKIDS", Gesundheitsamt Senftenberg und der 2. Gesamtschule Senftenberg
Projektzeitraum: Schuljahr 2002/2003
Einführung: "Man muss nicht immer über Sucht reden, um gegen Sucht etwas zu tun"
Süchtig oder abhängig wird ein Mensch nicht einfach von heute auf morgen. Dies ist das Ergebnis einer langen Entwicklung und einer oft schmerzhaften Lebensgeschichte.
Niemand wird bestreiten, dass die Wurzeln von Abhängigkeit und süchtigem Verhalten bis in das Kindes- und Jugendalter zurückzuführen sind. Es gilt daher, an den Beginn von abhängigmachenden Prozessen und Biographien der jungen Menschen zu schauen. Das Jugendalter ist die Lebensphase des Menschen in der er am intensivsten mit Suchtstoffen experimentiert. Dadurch erhält das Thema Suchtprävention eine besondere Bedeutung in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen.
Dieses Projekt, als eine nicht stoffbezogene Form der Suchtvorbeugung, geht von der Annahme aus, dass die Stärkung der kindlichen Persönlichkeit, die Entwicklung von Kompetenzen und selbstverantwortetem Verhalten Grundlagen dafür sind, in problematischen Situationen, auch in bezug auf Suchtmittet, angemessener reagieren zu können. Das Kinder-/Jugendzirkusprojekt setzt daher an den vorhandenen positiven Möglichkeiten und Eigenschaften der Kinder an und versucht diese in besonderem Maße zu verstärken. Die Adressaten, also die Kinder und Jugendlichen, werden ernstgenommen und stehen im Vordergrund. Die anderen Beteiligten (Lehrer, Pädagogen) sollen nicht an ihnen, sondern mit ihnen leben und arbeiten.
Die unmittelbare Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen in Form der Kommune, der Institution Schule, aber auch der Eltern, Geschwister, Nachbarschaft und Freizeit sollen ausdrücklich mit in das Projekt einbezogen werden, da lebensgeschichtlich betrachtet hier große Einflussmöglichkeiten im Hinblick auf spätere Verhaltensmuster bestehen. Suchtverhalten greift oft zeitgleich in mehrere Lebensbereiche ein. Den Aussagen des 5. Familienberichtes der Bundesregierung ist daher uneingeschränkt zuzustimmen, wenn es heißt, dass "Prävention sich weniger auf das Verhältnis zu spezifischen Suchtmitteln als auf die Disposition zu süchtigem Verhalten und ihre Entstehungsgeschichte zu konzentrieren hat."
Das Bewusstsein, dass 'Vorbeugen besser als Heilen" ist, hat sich in den letzten Jahren erst sehr allmählich durchgesetzt. Dieses Projekt ist daher so angelegt, dass es das Übel an der Wurzel und nicht erst bei den »Blüten und Früchten" angeht.
Maßloses Konsumieren ist häufig eine Ersatzhandlung, die Einsamkeit, Langeweile, mangelnde Ich-Stärke und fehlende Anerkennung kompensieren soll. Die Bedürfnisse nach aktivem Erleben, Kontakt und Anerkennung bleiben oft unbefriedigt, tägliche Gewalterfahrungen können nicht verarbeitet werden und lohnende Berufe- und Lebensperspektiven werden zunehmend nicht gesehen.
Aus der Entwicklungspsychologie wissen wir, dass liebevolle Zuwendung, klare Orientierung und konstruktive Konfrontation (Grenzen setzen), verknüpft mit kreativen Aufgabenstellungen, Unterstützung von Gefühlsäußerungen etc., vor allem Kinder in ihrer Krisenfestigkeit und Belastbarkeit stärken können. Kinder, die gelernt haben mit Konflikten konstruktiv umzugehen, ihre Gefühle zu leben, Widersprüche auszuhalten, Probleme zu benennen und an ihnen zu arbeiten statt sie herunterzuschlucken, werden in Lebenskrisen nicht einfach "ausflippen" und auf einen kompensatorischen Konsum angewiesen sein.
Prof. Dr. Jonny Kiphard schreibt:
»Unser Alltag ist arm geworden an außergewöhnlichen, spannenden und aus der Eintönigkeit herausragenden Ereignissen. Vor allem den Jugendlichen mangelt es an herausfordernden, risikoreichen Situationen, in denen sie sich bewähren können." »Der pädagogische Wert des »sanften Abenteuers" Zirkus liegt in der Erziehung zur Selbsterziehung. Die Motivation geht vom Kinde aus. Es erzieht sich selbst dazu, standhaft, beständig und tragfähig zu sein, Haltung zu bewahren, um damit anderen Halt zu geben und den Zusammenhalt in der Gruppe zu unterstützen. Dabei nimmt jeder Mitwirkende ein kalkulierbares Risiko auf sich. Die Pyramide kann wackeln und in sich zusammenfallen. Aber irgendwann steht sie - ein Werk der Gemeinschaftsleistung. Das sind Spitzenerlebnisse, Highlights und Sternstunden der Bewährung und des Abenteuers."
Quelle:E.J. Kiphardt, Kinderzirkus als erlebnispädagogisches Element, in: Zeitschrift für Erlebnispädagogik, Institut für Erlebnispädagogik e.V., Lüneburg
Hier setzt unser Projekt an.
Was haben die Kinder und Jugendliche von der Teilnahme am Projekt?
Zwei Pädagogen des Kinder- und Jugendzirkus "HARLEKIDS" werden zusammen mit einem oder zwei Lehrern für zwei Schulstunden pro Woche in den regulären Schulunterricht kommen und folgende verschiedenen Zirkustechniken anbieten:
Jonglieren, Akrobatik, Tellerdrehen, Einradfahren, Kugellaufen und Seillaufen. Schüler die bis dahin ungern zur Schule gekommen sind werden mit großer Wahrscheinlichkeit zumindest am "Zirkustag" mit einer wesentlich höheren Motivation zur Schule kommen.
Die teilnehmenden Schüler werden im Laufe des Schuljahres einige Fähigkeiten erlernen, die Ihre Mitschüler nicht können. Diese Fertigkeiten, wie Jonglieren oder Einradfahren, werden bei verschiedenen Anlässen in der Schule vorgeführt. Die Teilnehmer werden somit ihren Stand in der Klassengemeinschaft neu definieren. Alle Jugendlichen werden das Angebot bekommen, nach der Schule in ihrer Freizeit bis zu dreimal wöchentlich in den laufenden Kinderzirkusbetrieb zu kommen. Somit bekommen sie ein attraktives wie auch sinnvolles Freizeitangebot.
Was hat die Schule und die Lehrer von der Teilnahme am Projekt?
Es wird eine Projektauswertung mit allen Teilnehmern geben, die darauf abzielt dieses Projekt zu einem dauerhaften Instrument der Suchtprävention in unserer Region zu machen. Den Lehrern wird durch die aktive Teilnahme am Schulfach "Zirkus" Rüstzeug mit auf den Weg gegeben werden, Kindern und Jugendlichen Wege aufzuzeigen mit Alltagssituationen in vielfältigster Weise umzugehen, ohne den pädagogischen Zeigefinger zu erheben. Hierzu einige Beispiele:
Faire Konkurrenz einüben
Konkurrenz als Bestreben, den Sieg über den Rivalen zu erringen, gehört zur Triebhandlung der Aggression. Bei Kindern kommt dieses Verhatten noch unreflektiert zum Ausdruck: Wettkämpfe jeder Art - vom Wettrennen über das Wettspucken bis hin zum Ringkampf sind an der Tagesordnung. Erzieht man zu einem fairen Konkurrenzverhalten - wobei mit "Fair" gemeint ist, den Gegner nicht zu erniedrigen und den Sieg durch eigene Leistungen zu erringen - so kann Konkurrenz auch im Kinder/Jugendzirkus durchaus zu einem kulturell und gesellschaftlich akzeptablen Abbau von Aggressionspotentialen beitragen.
Funktionslust erzeugen
Die Erzeugung von Funktionslust besteht darin, Fertigkeiten - Jonglieren, Zaubern, Akrobatik etc. - bis zu jenem Grad zu perfektionieren, bei dem die Ausübung der Fertigkeiten mehr Lust bereitet als die Anstrengung. Wer das Jonglieren hinreichen beherrscht, wird sich beim Spiel mit den Bällen zwar immer noch anstrengen müssen, die Lust am "Funktionieren", am gekonnten Bewegungsablauf, überwiegt jedoch gegenüber der mit Unlust verbundenen Anstrengung.
Oft bringen gekonnte Fertigkeiten noch weitere positive Erlebnisse mit sich: Anerkennung. Kooperation. Bindung.
Neugiertrieb einsetzen
Beim Menschen ist der "Neugiertrieb" in besonders hohen Maße entwickelt. Setbstgewonnene Erkenntnis ist mit einem tieferen Lustgefühl verbunden als die "vorgekaute".
(Vgl. Pädagogik, Handbuch für Studium und Praxis / Leo Roth (Hrsg.), Mönchen: Ehrenwirth, 1991)
Da der Zirkus gezielt mit den Lehrern zusammen ca. 20 -25 Schüler der Klassenstufen acht und neun aussucht, ist gewährleistet, dass Schüler aus sozialen Brennpunkten am Projekt teilnehmen. Es wird zwei aufeinanderfolgende Schulstunden pro Woche geben in der die Schüler am Zirkusprojekt teilnehmen. Lehrer haben die Möglichkeit, ihre Schüler in einer ganz anderen Arbeitsweise kennen zu lernen. Ein wesentlicher Punkt wird die verbäte Kommunikationsebene sein, Lehrer werden ein Gesprächsthema finden(das Zirkustraining) was nicht unbedingt mit Schule und Schulleistung zu tun hat.
Training und Inhalt
Es wird zwei aufeinanderfolgende Schulstunden pro Woche geben, in der die Schüler am Zirkusprojekt teilnehmen. Die Schüler haben am Anfang des Schuljahres die Möglichkeit alte Zirkustechniken auszuprobieren und entscheiden sich dann für maximal zweit davon. Diese werden dann im Schuljahr trainiert. Ein Teilziel im Training soll sein, das die Schüler befähigt werden ihr erlerntes Wissen an andere Schüler weiterzugeben (z.B. Schulprojekttage).
Übertragbarkeit der Projektidee
Die dokumentierte Begleitung, die Ausarbeitung und zur Verfügungsstellung einer für alle Institutionen offenen »Zirkuswerkstatt" werden Träger der Suchthilfe, der Jugendhilfe, Jugendämter, und Kinder/Jugendfreizeiteinrichtungen in die Lage versetzen, mit den zur Verfügung gestellten Materialien, dem Konzept und einem verhältnismäßigen finanziellen Aufwand, die Projektidee für die jeweilige Stadt bzw. Region auch in die Tat umzusetzen.
Für Schulprojekttage/Wochen an anderen Schulen wird von der Projektberatung bis hin zur Umsetzung alles von den "HARLECIDS" angeboten werden, angefangen von der Vernetzung ortsansässiger Institutionen, die mit dem Thema Sucht zu tun haben -Gesundheitsamt, Polizei, Jugendschutz, Drogenberatungsstelle u.a. - bis hin zur praktischen Umsetzung des Zirkusworkshops. Zu folgenden Themen können auch einzelne Workshops angeboten werden:
Jonglieren, Diabolo, Zaubern, Clownerie, Rola-Bola, Kugellaufen, Akrobatik, Seillaufen, Menschenpyramiden, Fakirtechniken. Einradfahren, Tellerdrehen und vieles mehr.
Fragen zum Wettbewerbsbeitrag
- den Einstieg in den Konsum von Suchtmitteln zu verhindern bzw. hinauszuzögern
- einen suchtmittelfreien Lebensstil zu fördern
nein
- Verwaltung
ja, folgendermassen: über das schon bestehende Projekt des Kinder- und Jugendzirkus
Ergebnisse unserer Grundlagenstudie von 1997 (Projekt Lebenswelt-Schule; Befragung von Schülern)
Konkrete Vorabsprachen mit Schulamt, Schule, Schulsozialarbeiter und betreffende Klassenstufen
aktives Erleben und Gestalten, Kontakte, Anerkennung, "Ausprobieren" im positiven Sinne von eigenen Fähigkeiten
- Gleichaltrige / Peers (Schwerpunkt)
- Lehrer / Lehrerinnen
nein
- Jugendarbeit und Jugendhilfe
- Schulen (Schwerpunkt)
- Gesundheitsamt (federführend)
- Jugendamt
- Schulamt
- Freie Träger
- Schule
- bedarfsgerechte Kooperation
- gemeinsame Projektentwicklung
1998
1998
offen
ja, Aktives Gestalten in einem bestimmten Medium; erlebnisorientierter Ansatz (s. Projektbeschreibung)
nein
regelmäßige Kontakte (2 Schulstunden/Woche) über einen längeren Zeitrahmen; darüberhinaus ist ein weiters Mitagieren von einzelnen Schülern i.S. einer Freizeitgestaltung realistisch
nein
ja, Studie "Lebenwelt-Schule" von 1997
- Förderung von Alternativen zum Substanzmissbrauch
- Konzept der Lebenskompetenzförderung
- Konzept des sozialen Lernens
- Protektive Faktoren, s. Projektbeschreibung
Zirkusmedium mit versch. Aktivitäten (s. Projektbeschreibung)
entstehen im Projekt selbst mit
ja, bis zu 3 Jahre
22.5