Die Wunderdose aus Böblingen
Suchtaufklärung zum Anfassen für siebte Klassen
Böblingen. Sie ist rund, sie ist rot und sie steckt voller Überraschungen. Die "Red Box", die im Schuljahr 2004/2005 an rund 200 siebte Klassen im Kreis Böblingen verteilt wurde, ermöglicht einen neuen Zugang zur betroffenen Altersgruppe, um sich mit dem Thema Jugendschutz und Alkoholmissbrauch auseinanderzusetzen. Im laufenden Schuljahr wurde die Aktion fortgesetzt und auch künftig sollen alle Siebtklässler eine rote Dose erhalten.
Information und Kontrolle sind die Kernbereiche der gemeinsamen Konzeption "Jugendschutz - Alkoholgefährdung von Kindern und Jugendlichen", die in Böblingen von den Kooperationspartnern Kreisjugendring, Kreisjugendreferat, dem Suchtbeauftragten des Landkreises sowie der Polizeidirektion entwickelt wurde. Dazu gehören Aufklärungsbroschüren und Themenflyer für Vereine und Institutionen als Festveranstalter oder für Verkaufsstellen von Alkohol sowie Informationsveranstaltungen für Eltern und Erziehende über die Jugendschutzbestimmungen und Präventionsangebote.
Was jedoch fehlte, war eine intensive Auseinandersetzung mit der konkreten Ziel- und Konsumgruppe der 12- bis 16-Jährigen. Um ein "Standing" zu schaffen, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen und dann über Jugendschutz, Alkoholkonsum und Suchtgefahr diskutieren zu können, entwickelte der Suchtbeauftragte des Landkreis Böblingen, Jörg Litzenburger, die "Red Box" mit einem interessanten Inhalt:
- Ein Stück Traubenzucker - gedacht als Gesprächseinstieg und Übergang zu den zuckerhaltigen, kalorienreichen und alkoholreichen Alcopops.
- Ein Kondom - Aufhänger für die Aids-Problematik und das Verhütungsthema.
- Ein Paar Ohrenstöpsel. Für Jugendliche deshalb interessant, weil sie bei Konzerten nicht selten viel zu dicht an der Bühne stehen.
- Ein Infoheft Jugendschutz mit einem verständlich beschriebenen Überblick der geltenden Bestimmungen und einer Auflistung regionaler Beratungsstellen und Hilfseinrichtungen. Die interessante optische Aufmachung soll die Jugendlichen dazu motivieren, das Faltblatt einzustecken, um es dann dabei zu haben, wenn sie notwendige Informationen brauchen.
- Ein "Infoheft Alkohol" mit Hintergrundwissen über Alcopops, Energiedrinks und Alkohol.
"Der Vorteil der Red Box ist, dass sie veränderbar ist" sagt ihr Erfinder, Jörg Litzenburger, um so auf aktuelle und besondere Probleme eingehen zu können. Im Schuljahr 2006/2007 soll die rote Dose einen erweiterten Inhalt bekommen: ein Chip ist denkbar, um auf das Thema Internet/Chatroom überzuleiten, und auch auf das Problem Cannabis soll ein Bezug hergestellt werden.
Kombiniert wurde die rote Dose mit dem Angebot einer Unterrichtseinheit von 90 Minuten, die bisher von speziell geschulten Einsatzbeamten der 5. Bereitschaftspolizeiabteilung Böblingen übernommen wurde. Großen Wert wurde dabei darauf gelegt, dass Parallelklassen möglichst zeitgleich unterrichtet wurden, damit der Inhalt der Dose nicht schon früher die Runde machte und der Spannungseffekt nicht verpuffte. Mittlerweile wird die Aktion auf "breiteren Schultern getragen", wie Jörg Litzenburger berichtet. Beamte der Polizeidirektion Böblingen, Jugendreferenten, Suchtpräventionslehrer und speziell geschulte pädagogische Honorarkräfte teilen sich die Unterrichtsauftritte. Ziel ist es, dass künftig jeder Schüler der siebten Klasse im Landkreis Böblingen die Red Box erhält und um ihre Inhalte weiß.
Bislang konnte die Red Box bereits an mehr als 5.000 Schülerinnen und Schüler aller Schularten verteilt werden. Das Projekt selbst wurde von 80 Prozent der Teilnehmer in einer abschließenden Befragung positiv bewertet. Die Unterrichtseinheit selbst sogar von über 95 Prozent.
Das Projekt wurde mit FJK-Fördermitteln der Landesstiftung Baden-Württemberg und der Unterstützung der Kreissparkasse Böblingen sowie der AOK Böblingen finanziert.