Humor und Folgen – Ambivalenzen im Karneval
Karneval bietet sowohl Erwachsenen als auch Kindern und Jugendlichen einen gesellschaftlich akzeptierten Rahmen sich Masken aufzusetzen und darunter verborgen grenzenlose Freude zu suchen und die eine oder andere Grenze des Erlaubten auszutarieren. Oftmals bedarf es aber schon einiges an Mut, sich eine Maske aufzusetzen, um dann in einem Meer aus Gleichgesinnten auf den Wogen der Freude zu schwimmen.
Um in diesem Meer nicht unterzugehen hält unsere gut funktionierende Leistungs- und Konsumgesellschaft einen gut zugänglichen Rettungsring und ein Schmiermittel zur Lösung der Schwimmblockaden bereit.
Es ist der Alkohol, der mit einer großzügigen staatlichen Unterstützung von 258 Millionen DM im Jahr 1999/2000 (DHS, Jahrbuch Sucht 2002, Geesthacht 2001, S.22) subventioniert und leicht zugänglich angeboten wird.
Weniger humoristisch ist für manchen Jugendlichen oder Erwachsenen der sprichwörtliche „Kater“, wenn die erlittenen rauschhaften Abstürze im Karneval, meist Aschermittwoch, ins Bewusstsein dringen.
Die Schlägerei vor der Kneipe, die alkoholisierte Autofahrt oder die fehlende Verhütung beim Sex sind exzessive Auswüchse des karnevalistischen Treibens und haben nicht selten gravierende Folgen. Spezielle präventive Aktivitäten bilden in diesem Rahmen eher eine Ausnahme, schließlich soll der Spaß am Karneval ja nicht verdorben werden und Prävention steht hierbei häufig im Ruf der „Spaßbremse“.
Da die familienfreundliche Stadt Mülheim an der Ruhr den jugendlichen und erwachsenen Karnevalisten weder den Spaß verderben, noch bei den Alkoholexzessen und Abstürzen tatenlos daneben stehen und zuschauen wollte, wurde im Rahmen der kommunalen Suchtprävention unter dem Motto „Feiern statt reihern“ ein spezielles Maßnahmenbündel zur Prävention des Alkoholmissbrauchs in der Karnevalszeit geschnürt. Umgesetzt wurde dies mit aktiver Beteiligung von Politik und Verwaltung. Die Schirmherrschaft übernahm Frau Hannelore Kraft, Wissenschaftsministerin des Landes NRW.
Ziele
Unter dem Motto „Feiern statt reihern“ sollte dem Alkoholmissbrauch während der Karnevalszeit in Mülheim an der Ruhr entgegengewirkt werden. Zur Umsetzung dieses Ziels sind eine Fülle aufeinander abgestimmter Aktivitäten zur Suchtvorbeugung entwickelt und umgesetzt worden, die wiederum differenzierte Feinziele verfolgten:
- Auf der strukturellen Ebene sollte über die Einbindung des „kommunalen Arbeitskreises Suchtvorbeugung“ die Vernetzung der im Bereich Prävention tätigen Institutionen und Personen in Mülheim weiter verbessert werden. Unter Federführung des Gesundheitsamtes, des Amtes für Kinder, Jugend und Schule und dem ginko e.V. sollte dies eine bessere Nutzung der zur Verfügung stehenden Ressourcen ermöglichen und sowohl qualitätsorientierte als auch zielgruppen-spezifisch ausgerichtete Maßnahmen ermöglichen.
- Die öffentlichkeitswirksamen Elemente sollten zur Sensibilisierung der Bürger/innen zum Thema Alkohol in der Karnevalszeit beitragen, um auf einen bewussteren und risikominimierenden Umgang mit Alkohol aufmerksam zu machen .
- Maßnahmen für Alkoholverkaufsstellen sollten die Beachtung und Einhaltung des § 9 Jugendschutzgesetzes sicherstellen.
Durch die zielgruppenspezifische Anlage der unterschiedlichen Maßnahmen ergaben sich weitere Teilziele, wie z. B die Risikominimierung durch die Ansprache von Führerscheinneulingen als Gruppe mit erhöhtem Unfallrisiko. Weitere Ziele lagen z.B. im Bereich der Verkehrssicherheit während der Karnevalszeit, die durch spezielle Plakataktionen an Tankstellen und im öffentlichem Nahverkehr umgesetzt wurden.
Projektbeschreibung
Dem komplexen Rahmen mit vielen Akteuren/innen und Handlungsfeldern entsprechend, wurde über den Arbeitskreis Suchtvorbeugung der kommunalen Gesundheitskonferenz ein Maßnahmenbündel selektiver und universeller präventiver Aktivitäten mit zielgruppenspezifischen und öffentlichkeitswirksamen Elementen initiiert und realisiert. Die Federführung und Koordination der Aktivitäten lag bei der Steuerungsgruppe, bestehend aus dem Gesundheitsamt, dem Amt für Kinder Jugend und Schule und der Fachstelle für Suchtvorbeugung im ginko e.V.