Oberbergischer Kreis

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Foto von der Preisverleihung durch Gernot Kiefer (GKV-Spitzenverband) an den Oberbergischen Kreis © BZgA, Foto: Christoph Petras/pr bild
Preisverleihung durch Gernot Kiefer (GKV-Spitzenverband) an den Oberbergischen Kreis © BZgA, Foto: Christoph Petras/pr bild

Auszug aus der Wettbewerbsdokumentation

Kommune und Wettbewerbsbeitrag im Überblick

Einwohnerzahl 272.4711
Bundesland Nordrhein-Westfalen
Titel des Beitrags Prävention für Kinder und Jugendliche mit psychisch oder suchtkranken Eltern im Oberbergischen Kreis
Schwerpunkt des Beitrags Es werden Präventionsangebote unter der Koordinierung des Gesundheitsamts gebündelt, die betroffene Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern kostenfrei in ihrer schwierigen Lebenssituation unterstützen und in ihren Kompetenzen stärken. Der Fokus liegt auf der Stärkung der Resilienz.
Einzelprojekte Verrückt? Na Und! Seelisch fit in der Schule (VNU)
LEBENSFARBEN – Hilfen für Kinder und Jugendliche e.V.
Kontakt Rabea Riesewieck
Oberbergischer Kreis
Gesundheitsamt
Am Wiedenhof 1-3
51643 Gummersbach
Tel.: +49 2261 88-5348
E-Mail: rabea.riesewieck@obk.de
1 Die Einwohnerzahlen der prämierten Kommunen wurden den folgenden Quellen entnommen: Gemeindeverzeichnis-Online sowie "Daten aus dem Gemeindeverzeichnis.Kreisfreie Städte und Landkreise nach Fläche, Bevölkerung und Bevölkerungsdichte. Statistisches Bundesamt, 2019". Beide Quellen beziehen sich auf den Stichtag 31.12.2018.

Anlass und Ausgangssituation

Kinder mit psychisch und/oder suchtkranken Eltern sind häufig extremen Stresssituationen mit gesundheitlichen und psychosozialen Risiken ausgesetzt. Ihre Not und Irritation signalisieren diese Kinder häufig durch Hilferufe in Form von Entwicklungs- und Verhaltensauffälligkeiten. Kinder und Jugendliche mit psychisch und/oder suchtkranken Eltern sind verstärkt von depressiven Störungen, Angst- und Anpassungsstörungen, gestörten Emotionsregulationen, Schulversagen, frühen sexuellen Kontakten, problematischem Suchtmittelkonsum und wiederkehrenden Beziehungsproblemen betroffen. Wissenschaftliche Untersuchungen bestätigen zudem ein deutlich erhöhtes Suizid-Risiko. Der daraus resultierende hohe Präventionsbedarf wurde auch durch Analysen im Oberbergischen Kreis bestätigt, deshalb wurden dort vielfältige Präventionsbemühungen initiiert.

Konzeption und Ziele

Unter der Koordinierung des Gesundheitsamts des Oberbergischen Kreises werden Präventionsangebote für Kinder und Jugendliche mit psychisch kranken und/oder suchtkranken Eltern gebündelt, die die betroffenen Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern kostenfrei in ihrer schwierigen Lebenssituation unterstützen und in ihren Kompetenzen stärken.

Wichtigste Ziele sind das Empowerment der Kinder und Jugendlichen und die Stärkung ihrer Resilienz. Mit bedürfnisorientierten Präventionsmaßnahmen sollen psychosoziale Belastungsfaktoren reduziert und individuelle sowie soziale Schutzfaktoren gestärkt werden, um eine normale Entwicklung und Widerstandskraft gegenüber belastenden Faktoren zu ermöglichen und eine Suchtentwicklung sowie Verhaltensauffälligkeiten seitens der betroffenen Kinder zu verhindern.

Vorgehen und Umsetzung

Die Präventionsmaßnahmen werden in unterschiedlichen Settings angeboten und umfassen sowohl verhaltens- als auch verhältnispräventive Aspekte. Sie adressieren die Kinder ebenso wie deren Mütter und/oder Väter und sollen den betroffenen Familien zudem den Weg ins Hilfesystem erleichtern.

Dazu gehören Präventionsangebote für Jugendliche wie das Projekt „Verrückt? Na Und! Seelisch fit in der Schule (VNU)“, das sich an Schüler*innen ab 14 Jahren sowie deren Lehrkräfte richtet, um das schwierige Thema „Seelische Krisen“ im Klassenverband zu besprechen. Das Projekt „LEBENSFARBEN – Hilfen für Kinder und Jugendliche e.V.“ ist ein Patenprogramm für Kinder und Jugendliche, deren Eltern sich in existentiellen Belastungssituationen wie psychischen und/oder Suchterkrankungen befinden. Die ehrenamtlichen Paten unterstützen und begleiten die Kinder und Jugendlichen entsprechend ihrer individuellen Bedarfe. An Familien richtet sich das Angebot von Familienpat*innen, die ausgebildet und qualifiziert werden, um junge und werdende Eltern für die neuen Herausforderungen innerhalb ihrer schwierigen Alltagssituation zu stärken. Angeboten wird außerdem eine intensive bindungsfördernde Beratung für Mütter (und ggf. ihre Partner), um frühzeitig ein feinfühliges Verhalten und eine sichere Eltern-Kind-Beziehung zu schulen. Das Projekt „Drachenflieger“ richtet sich an Familien, in denen Kinder psychisch kranker und/oder suchtkranker Eltern leben. Die Projekte werden von den Trägern evaluiert. Es zeigt sich eine hohe Inanspruchnahme der Angebote. Aus den unterschiedlichen Evaluationen geht zudem hervor, dass sich die Angebote positiv auf die Resilienz und Selbstwirksamkeit der Kinder auswirken.

Das Gesundheitsamt als untere Gesundheitsbehörde übernimmt in der Präventionsarbeit für Kinder und Jugendliche eine mehrfache Schnittstellenfunktion mit amtsärztlichem Dienst, Kinder- und Jugendgesundheitsdienst, zahnärztlichem Gesundheitsdienst sowie den sozialen Diensten, bei denen Kinder und Jugendliche mit Verhaltensauffälligkeiten frühzeitig bekannt werden. Das Gesundheitsamt koordiniert die kreisweite Vernetzung, bündelt unterschiedliche Präventionsmaßnahmen und übernimmt eine Lotsenfunktion für die vulnerable Zielgruppe. Die Arbeit erfolgt in Kooperation mit weiteren Akteuren des Kreises (z.B. Kommissariat Vorbeugung der Polizei, DAK, AOK, Bildungsnetzwerk Oberberg, Kreisjugendamt, Volkshochschule Oberberg, weitere Bildungsträger und Jugendhilfeeinrichtungen, Ehrenamtliche).

Begründung der Prämierung

Bereits seit 2002 ist der Landkreis in der Prävention für Kinder psychisch und/oder suchtkranker Eltern engagiert. Hinter diesem Engagement stehen ein umfassendes Konzept zur Suchtprävention insgesamt und zusätzlich ein spezifisches Konzept zur Prävention für Kinder und Jugendliche mit psychisch kranken und/oder suchtkranken Eltern. Beide Konzepte sind auch theoretisch mit (zum Zeitpunkt der Erarbeitung) aktuellen Forschungsergebnissen fundiert. Die Ziele der suchtpräventiven Arbeit sind detailliert festgelegt, ebenso die Zielgruppen, die neben Kindern und Jugendlichen jeglichen Alters mit psychisch und/oder suchterkrankten Eltern und den betroffenen Eltern auch Lehrkräfte, Multiplikatoren und Fachkräfte anderer Institutionen umfassen.

Die Angebote verknüpfen suchtspezifische Themen mit der Stärkung der Selbstwirksamkeit. Im Vordergrund steht das Empowerment der Kinder und Jugendlichen. Die suchtpräventive Arbeit umfasst ein Qualitätsmanagement, das dem Public Health Action Cycle folgt. Vorab festgelegte Qualitätsziele werden nach erfolgten Präventionsbemühungen bewertet und zur Weiterentwicklung und zielgerichteten Justierung der Angebote genutzt. Zudem erfolgen eine externe Evaluation und die Überprüfung auf Bedarf und Akzeptanz der Zielgruppe und Stakeholder. Die Kriterien guter Praxis werden als Beitrag zur Qualitätsentwicklung bei der Erarbeitung und Umsetzung aller Präventionsarbeiten eingesetzt.

Die Arbeit basiert auf einer breiten Kooperation öffentlicher und freier Träger sowie Ehrenamtlicher. Das Gesundheitsamt koordiniert und bündelt diese starken Vernetzungsstrukturen im Kreisgebiet und übernimmt eine Lotsenfunktion. Mit den Vernetzungsaktivitäten sind mittel- bis langfristige Strukturen entstanden.

Hervorzuheben sind die Bemühungen, durch vielfältige Öffentlichkeitsarbeit einen Beitrag zur Entstigmatisierung von psychisch und/oder suchtkranken Menschen mit ihren Angehörigen im Kreisgebiet zu leisten und durch niedrigschwellige Angebote einen leichteren Zugang ins Hilfesystem zu ermöglichen.

Zum Originalwettbewerbsbeitrag des Oberbergischen Kreises.