Auszug aus der Wettbewerbsdokumentation
Kommune und Wettbewerbsbeitrag im Überblick
Einwohnerzahl | 587.0101 |
Bundesland | Nordrhein-Westfalen |
Titel des Beitrags | Umsetzung erfolgreicher Suchtprävention im Rahmen einer kommunalen Gesamtstrategie |
Schwerpunkt des Beitrags | Der Dortmunder Beitrag beschreibt die kommunale Gesamtstrategie der Suchtprävention sowie ausgewählte Umsetzungsbausteine als Einzelprojekte. Die Gesamtstrategie führt die Angebote verschiedener öffentlicher und freier Träger zusammen, und die Einzelmaßnahmen werden durch das Zusammenwirken der Akteure im Handlungsfeld zu lebensphasen- und institutionsübergreifenden Präventionsketten fortentwickelt. Das zugrunde liegende Rahmenmodell wird beschrieben und eine Planungsmatrix „Erfolgreiche Suchtprävention“ erläutert. |
Einzelprojekte | Ausweitung des Programms „Klasse 2000“ in Dortmunder Grund- und Förderschulen in Sozialräumen mit besonderem Präventionsbedarf Gesamtstrategie Prävention von Alkoholkonsum in der Schwangerschaft |
Kontakt | Stephan Siebert Stadt Dortmund Gesundheitsamt Psychiatrie- und Suchtkoordination Hoher Wall 9-11 44122 Dortmund Tel.: +49 231 50-25483 E-Mail: ssiebert@stadtdo.de |
Anlass und Ausgangssituation
Abhängigkeitserkrankungen sind gesamtgesellschaftliche Probleme, die viele Menschen in Deutschland betreffen. Sie sind chronische Krankheiten, die häufig zu erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen, sozialer Verelendung und vorzeitiger Sterblichkeit führen. Ebenso wie für den Abhängigen selbst sind Abhängigkeitserkrankungen auch für Familienangehörige und Freunde eine erhebliche Belastung und können mit schweren persönlichen Schicksalen verbunden sein. Hinzu kommt die gesellschaftliche Dimension, wie etwa der durch Suchterkrankungen verursachte volkswirtschaftliche Schaden. Entsprechend kommt der Prävention von Suchterkrankungen eine hohe Bedeutung zu
Vor diesem Hintergrund ist Suchtprävention seit 1991 ein wichtiges Handlungsfeld in Dortmund. 1992 fand die erste Dortmunder Präventionskonferenz „Sucht“ statt. Als ein Ergebnis dieser Konferenz gründete sich der „Arbeitskreis Suchtprävention“, der bis heute eine Struktur für die Abstimmung der im Handlungsfeld tätigen Akteure sowie der Planungen und Angebote zur Suchtprävention bietet. Aus einzelnen suchtpräventiven Angeboten hat sich so ein synergetisches Zusammenwirken im Sinne erfolgreicher Suchtprävention entwickelt, das in einem gesamtstädtischen Suchtpräventionskonzept zusammenfließt.
Konzeption und Ziele
Grundlage für die Bedarfsermittlung ist die Suchtberichterstattung des Dortmunder Gesundheitsamts, in deren Rahmen mindestens alle fünf Jahre Bestandsaufnahmen und Bedarfsanalysen erfolgen. Darüber hinaus werden aktuelle Problemanzeigen und kurzfristige Bedarfe im Arbeitskreis Suchtprävention besprochen, und schließlich wertet das Gesundheitsamt Daten zu den durchgeführten Maßnahmen aus. Die daraus abgeleiteten Bedarfe und Handlungsempfehlungen bieten für das Gesundheitsamt die Grundlage für die Maßnahmenplanung. Zusätzlich erfolgt eine Abstimmung suchtpräventiver Maßnahmen im Arbeitskreis Suchtprävention sowie weiteren fachlichen und kommunalpolitischen Abstimmungsgremien. Ziel der Dortmunder Gesamtstrategie ist der Aufbau kommunaler, lebensphasen- und institutionsübergreifender Präventionsketten.
Rahmenmodell für die Dortmunder Gesamtstrategie ist der Gesundheitspolitische Aktionszyklus (Public Health Action Cycle) mit einer Schrittfolge aus Bedarfs- und Ressourcenermittlung, Maßnahmenplanung, Maßnahmenumsetzung sowie Evaluation und Dokumentation. Letztere mündet im Sinne eines fortlaufenden Qualitätsentwicklungskreislaufs wieder in eine neue Bedarfs- und Ressourcenermittlung.
Vorgehen und Umsetzung
Grundsätzlich richtet sich die Suchtprävention damit an Bürger*innen aller Altersstufen. Die Angebote öffentlicher und freier Träger sollen zusammengeführt und über Altersgruppen und Lebensphasen hinweg so aufeinander abgestimmt werden, dass die verfügbaren Mittel möglichst wirkungsvoll eingesetzt werden. Die vorhandenen Bausteine zur Suchtprävention werden sowohl nach universeller als auch selektiver und indizierter Prävention sowie nach dem jeweiligen Setting (Kita, Schule, Betrieb usw.) in eine Präventionsmatrix einsortiert. Auf diese Weise entsteht eine Übersicht über bereits vorhandene Präventionsketten sowie die noch fehlenden Bausteine.
Anknüpfend an das 2017 vom Rat der Stadt verabschiedete erste Dortmunder Kindergesundheitsziel „Alle Kinder in Dortmund wachsen – auch unter schwierigen Lebensbedingungen – gesund auf“ liegt allerdings ein Schwerpunkt der Suchtpräventionsarbeit auf den Zielgruppen Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene sowie auf den Settings Kita, Grundschule und weiterführende Schule bzw. Ausbildung. Sozial benachteiligte Zielgruppen werden dabei besonders in den Blick genommen.
Um diese Zielsetzung zu verdeutlichen, wurde die Ausweitung des Programms „Klasse 2000“ als ergänzendes Einzelprojekt eingereicht. „Klasse 2000“ ist ein Programm zur Gesundheitsförderung und Suchtprävention in Grundschulen und zielt auf die Stärkung von Gesundheitskompetenzen, des Selbstwertgefühls sowie allgemeiner Lebenskompetenzen. Die Teilnahme am Programm kostet pro Schulklasse und -jahr 220 Euro, die Finanzierung erfolgt über Paten – häufig sind dies die Eltern. Da sich die finanzielle Patenschaft der Eltern in benachteiligten Quartieren als schwierig erwiesen hat, gleichzeitig jedoch insbesondere in diesen Sozialräumen ein besonderer Bedarf an Suchtpräventionsarbeit besteht, hat die Stadt mit der Bereitstellung der entsprechenden Haushaltsmittel die Möglichkeit der Kostenübernahme geschaffen. Bereits im ersten Jahr kamen 66 Schulklassen zusätzlich ins Programm, das Ziel der flächendeckenden Umsetzung in den benachteiligten Quartieren bis 2022 erscheint realistisch.
Begründung der Prämierung
Der Dortmunder Wettbewerbsbeitrag zeigt die langjährige, strukturierte und schlüssig aufeinander aufbauende Gesamtkonzeption der Suchtprävention, die für unterschiedliche Alters- und Zielgruppen verschiedene, adäquate Zugänge wählt. Die Basis dafür sind regelmäßige Datenanalysen im Zuge der Suchtberichterstattung und die Evaluierung der Maßnahmen. Die Koordination und Bündelung der vielfältigen Präventionsangebote von öffentlichen und privaten Trägern durch die Stadt wird im systematischen Aufbau von Präventionsketten deutlich. Durch den Arbeitskreis Suchtprävention sind dauerhafte Strukturen gesichert.
Ziele und Zielgruppen der Gesamtstrategie sind detailliert festgelegt. Mit Bezug auf das erste Kindergesundheitsziel wird ein Schwerpunkt auf Kinder und Jugendliche gelegt. Mit der Gründung eines Netzwerks für Medienkompetenz und dem Ausbau von Maßnahmen zur Prävention von Mediensucht wird seit 2014 ein jüngeres Thema der Suchtprävention in den Fokus gerückt. 2019 wurden der Baustein FreD für Menschen mit Fluchthintergrund weiterentwickelt und eine Methodentasche „Sucht-Flucht-Jungenarbeit“ für die suchtpräventive Arbeit mit männlichen Jugendlichen mit Migrations- oder Fluchthintergrund zur überregionalen Nutzung entwickelt.
Perspektivisch sind weitere Maßnahmen geplant, um die suchtpräventive Arbeit auszubauen. So wird ein Netzwerkbasiertes Qualitätsmanagement (NBQM) angestrebt mit dem Ziel, die bestehende Vernetzung und Kooperation wesentlicher lokaler Akteure in Form schriftlicher und verbindlicher Kooperationsvereinbarungen festzuschreiben. Ein möglichst flächendeckender Ausbau der Suchtprävention bereits ab dem Setting Kita (Programm Papilio) über Grundschulen bis hin zu den weiterführenden Schulen wird angestrebt, ebenso wie die Wiederholung bzw. Ausweitung öffentlichkeitswirksamer Plakatkampagnen. Geplant ist auch eine stärkere Bearbeitung des Themas „Sucht im Alter“.
An der Umsetzung der Dortmunder Gesamtstrategie zur Suchtprävention sind viele Akteure beteiligt: Auf städtischer Seite sind das Gesundheitsamt, die Suchtpräventionsstelle und das Jugendamt sowie der Oberbürgermeister und der Stadtrat eingebunden. Des Weiteren ist eine große Bandbreite verwaltungsexterner Akteure an der Konzeption und Durchführung der vielfältigen Maßnahmen beteiligt. Diese reichen von Suchtberatungsstellen, Wohlfahrtsverbänden, Krankenhäusern, Arztpraxen und Apotheken über Polizei, Einrichtungen der Jugendarbeit, Betriebe und Ausbildungsstätten bis zu lokalen Medien und Sponsoren.
Die feste kommunalpolitische Verankerung der suchtpräventiven Bestrebungen der Stadt zeigt sich in mehreren Aspekten: dem Aufbau weiterer, dauerhafter Personalkapazitäten für suchtpräventive Aufgaben (z.B. 2016 für Cannabisprävention, 2018 für den Ausbau der Suchtprävention an weiterführenden Schulen), der Verabschiedung des ersten Dortmunder Kindergesundheitsziels sowie dem Stadtratsbeschluss, die flächendeckende Umsetzung des Präventionsprogramms „Klasse 2000“ an den Grund- und Förderschulen in benachteiligten Quartieren von 2019 bis 2022 zu finanzieren.
Zum Originalwettbewerbsbeitrag der Stadt Dortmund.