Auszug aus der Wettbewerbsdokumentation
Kommune und Wettbewerbsbeitrag im Überblick
Einwohnerzahl | 291.7541 |
Bundesland | Nordrhein-Westfalen |
Titel des Beitrags | VOLL ist OUT – eine Kampagne zur Alkoholprävention |
Schwerpunkt des Beitrags | Jugendliche und junge Erwachsene, Handel und Gastronomie sowie Multiplikatoren stehen im Mittelpunkt der Kampagne, in deren Rahmen vor allem zu Karneval eine Reihe verschiedener alkoholpräventiver Maßnahmen mit Blick auf den öffentlichen Raum durchgeführt werden. |
Einzelprojekt | "Voll ist out. Akut" |
Kontakt | Georg Piepel Stadt Münster Amt für Kinder, Jugendliche und Familien Drogenhilfe Hafenstraße 30 48153 Münster Tel.: +49 251 492-5840 E-Mail: PiepelG@stadt-muenster.de |
Anlass und Ausgangssituation
Sowohl die Ergebnisse einer als mehrjährige Längsschnittstudie angelegten Schülerbefragung (Klassen 7-9) der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster als auch Berichte von Polizei und Ordnungsamt über einen Anstieg der Verstöße gegen das Jugendschutzgesetz sowie die bezogen auf den Karneval 2004 in Münster veröffentlichten Zahlen der Sanitäts- und Rettungsdienste zu ambulanten Versorgungen und Krankenhauseinlieferungen Minderjähriger in Folge von Alkoholmissbrauch bestätigten eine Besorgnis erregende Entwicklung des Alkoholkonsums Jugendlicher in Münster. Dies war für die Stadt Anlass, im Jahr 2004 auf Initiative des Amtes für Kinder, Jugendliche und Familien die Kampagne "VOLL ist OUT" zu starten, die seitdem unter Federführung der Drogenhilfe (Fachdienst Suchtvorbeugung) sowie des Kinder- und Jugendschutzes im Schwerpunkt zur Karnevalszeit umgesetzt wird.
Konzeption und Ziele
Ziel der nicht abstinenzfixierten Kampagne sind die Verzögerung des Einstiegsalters in den Alkoholkonsum sowie die Förderung eines frühzeitigen Ausstiegs aus riskanten Konsummustern. Dafür sollen Jugendliche und junge Erwachsene (12 bis 24 Jahre) für ihr Trinkverhalten und damit einhergehende Suchtgefahren sensibilisiert, ihnen eine kritische Haltung zu Alkohol vermittelt sowie die Entwicklung von Verhaltensalternativen gefördert werden. Gleichzeitig geht es darum, Eltern über Informationen und Hilfsangebote in die Lage zu versetzen und darin zu bestärken, ihren Kindern altersgerecht und lebensnah den verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol zu vermitteln. Zudem zielt "VOLL ist OUT" auf eine bessere Einhaltung des Jugendschutzgesetzes und nimmt daher auch Verantwortliche und Verkaufspersonal aus Handel und Gastronomie in den Blick. Schließlich richtet sich die Kampagne an Multiplikatoren aus Schule, Jugendarbeit und Sport.
Vorgehen und Umsetzung
Die Kampagne wird in Kooperation mit vielen verschiedenen Partnern umgesetzt. Als Hauptpartner konnte die Krankenkasse IKK classic gewonnen werden, die seit 2006 die Kampagne finanziell unterstützt. Zu den zielgruppenspezifisch entwickelten Angeboten und Aktionen von "VOLL ist OUT" gehören u.a.:
- Voll-ist-out-Postkarten: In Zusammenarbeit mit einer Werbeagentur und in enger Rückkopplung mit Jugendlichen wurden "Voll ist out"-Postkarten mit "Kurzgeschichten" entwickelt. Die Karten kommen in der Präventionsarbeit an Schulen sowie in der offenen Jugendarbeit zum Einsatz und werden bei Aktionen und an Infoständen verteilt. In der Karnevalszeit werden sie zudem in Szenekneipen ausgelegt. Parallel dazu finden sie als Plakate auf verschiedenen Werbeträgern Verwendung (Litfasssäulen, Leuchtkästen, Stadtbusse u.a.).
- Voll-ist-out-Teams: Junge Studierende der Sozialarbeit werden jeweils zu Beginn der Karnevalssaison zum Thema Alkohol sowie den Inhalten der Kampagne geschult und mit einem Outfit analog zu den Werbeteams der Alkohol- und Zigarettenindustrie ausgestattet. In Zweierteams suchen sie im Karneval und inzwischen auch bei anderen öffentlichen Festivitäten, in Szenegaststätten, in der Innenstadt, in Jugendeinrichtungen, Diskotheken und informellen Jugendtreffpunkten das Gespräch mit Jugendlichen. Ergänzt wird diese "aufsuchende Präventionsarbeit" durch Infostände in der Innenstadt, an informellen Treffpunkten, in Schulen und an Stellen der Jugendarbeit, bei Aktionen/Präventionstagen, in Diskotheken sowie auf Großveranstaltungen.
- Voll-ist-Out. Akut: In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) wurde am Rosenmontag 2009 erstmals eine "Voll-ist-out"-Anlaufstelle unmittelbar neben dem DRK-Einsatzzelt eingerichtet, um Ansprechpartner für die Cliquen zu sein, deren Freund oder Freundin aufgrund von Alkohol behandlungsbedürftig in das Erste-Hilfe-Zelt des DRK gebracht wurde.
- FreAk: Gruppenangebot zur Frühintervention bei erstauffälligen Alkoholkonsumenten (im Rahmen der Jugendgerichtshilfe).
- Jugendschutz: u.a. Jugendschutzsiegel für Alkoholverkaufsstellen, Jugendschutzkarte für Verkaufspersonal, Verteilung von Jugendschutzmaterialien an Veranstalter, Karnevals-Bierstände und Szenekneipen.
- Angebote für Eltern: Faltblatt "Jugendliche und Alkohol", Elternworkshops in Schulen und Jugendeinrichtungen, Elternberatung der Jugendsuchtberatung.
- Angebote für Multiplikatoren: Lehrkräfte-Manual zur Alkoholprävention für die Jahrgangsstufen 7-9, Fortbildungen für Beratungslehrer für Suchtvorbeugung und interessierte Lehrkräfte während der Karnevalssaison, Methodensammlung zur Alkoholprävention für Fachkräfte der Jugendhilfe.
Begleitet wird die Kampagne durch intensive Presse- und Medienarbeit sowie einen umfangreichen und zielgruppenspezifisch aufgebauten Internetauftritt mit interaktiven Elementen und Servicepoint für Multiplikatoren (www.vollistout.de).
Eine erste umfassende interne Evaluation der Kampagne wurde 2006/2007 durchgeführt. Diese erfolgte im Rahmen einer mit einem Gewinnspiel verknüpften Befragung zu Konsummustern und -motiven sowie zum Bekanntheitsgrad und zur Akzeptanz der Kampagne. Auch die entwickelten Materialien (Manual für Schule und Methodensammlung für die Jugendhilfe) wie auch die Kursangebote im Rahmen der Jugendgerichtshilfe wurden mittels Befragungen intern evaluiert. Eine erste externe Evaluation der Präventionskampagne erfolgte 2011/2012. Das Beratungslabor der Arbeitseinheit Entwicklungspsychologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster entwickelte einen ausführlichen Online-Fragebogen, den rund 180 Jungen und Mädchen zwischen 12 und 17 Jahren und weitere 100 junge Erwachsene ausfüllten. Aktuell wird die Wirksamkeit von "VOLL ist OUT"-Maßnahmen an Schulen überprüft.
Die Evaluation der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, bei der Wahrnehmung und Reichweite sowie Akzeptanz der "VOLL ist OUT"-Materialien sowie Förderung von Wissen und Kompetenzen bei Jugendlichen durch die Kampagne untersucht wurden, belegt den Erfolg von "VOLL ist OUT".
Begründung der Prämierung
Die von der Stadt Münster als Beitrag eingereichte Kampagne "VOLL ist OUT" zielt vor allem auf alkoholpräventive Maßnahmen bei öffentlichen Veranstaltungen und Festen im Rahmen des Karnevals; der Beitrag trifft damit den Kern der Wettbewerbsausschreibung.
Mit der Kampagne "VOLL ist OUT" reagiert die Stadt Münster auf eine durch Befragungen sowie Polizei- und Krankenhausstatistiken belegte präventive Bedarfslage im öffentlichen Raum.
Hauptpartner der Kampagne, und dies bereits seit 2006, ist die Krankenkasse IKK classic, die durch ihre nachhaltige finanzielle Beteiligung ein mediales Engagement in dem Umfang und der Professionalität erst ermöglicht.
Es ist der Stadt Münster gelungen, ein breites Akteursnetz aufzubauen, das im Rahmen der Kampagne seit Jahren erfolgreich zusammenarbeitet.
"VOLL ist OUT" verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz. Nicht nur die Jugendlichen und jungen Erwachsenen, sondern auch Eltern, Handel und Gastronomie sowie Multiplikatoren werden in den Blick genommen und für jede Teilzielgruppe der Kampagne eigene Ziele definiert und passgenaue Angebote entwickelt. Zudem ist die Kampagne sowohl verhaltens- als auch verhältnispräventiv ausgerichtet.
Die langfristig und nachhaltig angelegte Kampagne sowie die eingesetzten Materialien und Maßnahmen wurden von Beginn an kontinuierlich evaluiert.
Vorbildlich ist zudem die Öffentlichkeitsarbeit zur Kampagne, was durch eine Dokumentation der umfangreichen Presseberichterstattung belegt ist.
Positiv hervorzuheben ist schließlich der hohe Transfergehalt des Beitrags: Konzeptionelle Bausteine der Kampagne wurden in diverse Kommunen übertragen (u.a. Borken, Dortmund).
Zum Originalwettbewerbsbeitrag der Stadt Münster.
1 Die Einwohnerzahlen der prämierten Kommunen wurden folgenden Quellen entnommen: Statistisches Bundesamt: Gemeindeverzeichnis online, https://www.destatis.de/gv/ (Abruf Februar 2013); Statistische Ämter des Bundes und der Länder: Regionaldatenbank, https://www.regionalstatistik.de (Abruf Februar 2013).